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it: Wie kam es zur Zusammenarbeit
mit Peter Gabriel bei seinem ersten Soloalbum, und wie war es für
dich, das Album mit ihm aufzunehmen?
Tony: Das ist schon lange her, und ich weiß nicht,
ob ich mich an alles erinnere. Ich wurde nicht von Peter gefragt, ob
ich auf dem Album spielen wolle. Damals kannten wir uns natürlich
noch nicht. Bob Ezrin, der Produzent, fragte mich. Mit ihm hatte ich
schon vorher Alben von Alice Cooper und Lou Reeds "Berlin"-LP
gemacht. Bob dachte, es sei eine gute Kombination. Bei diesen ersten
Gabriel-Sessions traf ich Robert Fripp, mit dem ich später viele
Jahre lang zusammen gespielt habe. Die Zusammenarbeit mit Peter zu beginnen,
war also eine sehr gute Entscheidung. Die Sessions waren großartig.
Wir verbrachten, glaube ich, mindestens einen Monat in Toronto. Es war
aufregend. Ich hatte vorher noch nie etwas von Peters Musik gehört.
Wir waren eine ungewöhnliche Gruppe von Musikern, und es war eine
Menge Arbeit. Aber das Endergebnis war großartig.
it: Du hast bisher bei fast jedem Gabriel-Soloprojekt
mitgewirkt. War das Zufall, oder hast du dir immer die Zeit dafür
freigehalten?
Tony: Es gab nur ein Album, bei dem ich nicht viel gespielt
habe, weil ich keine Zeit hatte, und bei einer einzigen Tour, Peters
Amnesty International-Tour, konnte ich nicht mit dabei sein, weil ich
mit Paul Simon unterwegs war. Ich stecke immer in vielen verschiedenen
Musik-Projekten, aber Peter hat für mich seit etwa 1976 oberste
Priorität. Wenn ich also glaube, dass er ein Album oder eine Tour
plant, versuche ich, dafür zur Verfügung zu stehen.
it: Was ist für dich das Besondere an Peter? Weshalb
hast du schon so oft mit ihm zusammengearbeitet?
Tony: Es gibt mehrere Gründe. Peter ist eine Kombination
aus vielen Dingen. Er hat viel Talent zu kommunizieren und einen sehr
ungewöhnlichen Musikstil. Es ist seine ganz eigene Musik. Sie unterscheidet
sich sowohl in der Art, wie er singt, als auch wie er spielt, von dem,
was andere machen. Für einen Musiker wie mich, der es mag, mit
vielen verschiedenen Leuten zu tun zu haben, ist das ein großer
Anreiz. Immer wenn ich mit Peter zusammenarbeite, ist das einzigartig.
Außerdem macht er nicht ständig das Selbe. Es gab über
all die Jahre eine Weiterentwicklung, und er hat seinen Stil oft gewechselt.
In der Rock'n'Roll-Gemeinde hat er viele beeinflußt, insbesondere
mit dem vierten Album, bei dem er afrikanische Rhythmen und ein Schlagzeug
ohne Becken verwendete. Bei So machte er dann wieder andere
Dinge. Es ist toll, bei so etwas mitzuwirken. Ein weiterer Grund dafür,
dass es mir so viel Spaß macht, mit Peter zu arbeiten, ist, dass
er ein großartiger Kerl ist. Er versucht, nicht nur Pop-Musik
zu machen. Ich fühle, dass seine Musik Sinn und Bedeutung hat,
und damit auch seine Liveauftritte. Das ist ein wichtiger Grund für
mich, mit ihm weiter zu arbeiten.
it: Es gibt viele Gerüchte um die Sessions zu Gabriels
Album Up
die etwa acht Jahre dauerten. Offensichtlich ist viel Material von den
Aufnahmen übrig geblieben. Kannst du dich erinnern, wie viele Stücke
insgesamt aufgenommen wurden?
Tony: Ich erinnere mich an die ersten Sessions in 1996.
Damals waren es etwa zwanzig Songs. Ob ich aber bei späteren Sessions
wieder bei den selben Stücken spielte oder bei neuen, kann ich
nicht sagen
it: Wieviel Einfluß hast du am Entstehen von Peters
Songs was das Schreiben der Musik angeht?
Tony: Ich denke nicht, dass Bassspielen wirklich etwas
mit dem Schreiben der Songs zu tun hat. Es geht darum den richtigen
Basspart zu finden, und ein Stück zu vervollständigen. Das
ist mein Job. Es geht mir nicht darum, beim Songwriting witzuwirken.
it: Die Growing Up Tour begann letztes Jahr in Nordamerika.
Es gibt also schon einige Erfahrungen. Kannst du uns sagen, ... <Red.:
In diesem Moment kommt Peter Gabriel mit einem kleinen Fahrrad (das
er bei Solsbury Hill benutzt) den Gang entlang gefahren, ein
Notebook unter dem Arm. Ein kurzes "Hello!" als er Tony und
uns sieht und schon verschwindet er im Büro des Tourmanagements.>
... was die Unterschiede zur letzten Tour sind?
Tony: Eigentlich ist alles anders. Nur ein paar Sachen sind gleich,
wie, dass es ein großes Spektakel, eine große Produktion
mit vielen komplexen Bühnen- und Lichteffekten ist. Ansonsten ist
es völlig neu, die Funktionen der Bühne usw. Ich mag die Musiker,
die früher zur Band gehörten. Aber es ist auch ein gutes Gefühl,
wenn neue, frische Leute die Musik spielen. Daraus entsteht eine andere
Form von Energie, und das ist toll. Die Bandmitglieder singen bei dieser
Tour sehr viel mehr im Background. Das ist alles was mir dazu einfällt.
Es macht einfach viel Spaß.
it: Gefällt es dir auf einer runden Bühne in
der Hallenmitte zu spielen?
Tony: Ja sicher. Ich stand in meinem Leben schon oft auf
runden Bühnen, aber noch nie mit dem Gesicht zur Bühnenmitte.
Das ist ungewöhnlich und im ersten Moment schwierig, denn ... das
ist schwer zu beschreiben ... man will ja mit den Zuschauern Kontakt
haben. Man muß nichts zu ihnen sagen, oder Augenkontakt haben,
aber es ist ein gewohntes Gefühl das vom Publikum ausgeht. Wenn
man denen, die nahe vor einem stehen, den Rücken zuwendet, weil
man die sehen will, die weiter weg sind, ist das schon etwas anders.
Aber nach ein oder zwei Wochen fingen wir alle an, uns daran zu gewöhnen.
it: Habt ihr für diese Tour Stücke geprobt,
die momentan nicht zum Programm gehören, und sind irgendwelche
Änderungen des Sets geplant?
Tony: Wir hatten nur sehr wenig Zeit, für diese Tour
zu proben. Deshalb wird es keine Veränderungen geben. Vielleicht
irre ich mich, aber so weit ich weiß, gibt es keine Extra-Songs,
es sei denn wir finden irgendwie die Zeit, welche zu proben.
it: Also habt ihr z. B. Shock The Monkey gar nicht
geprobt?
Tony: Nein, aber wir könnten das - oder Come Talk
To Me - bei einem Soundcheck proben, wenn Peter es möchte.
Möglich ist das schon, aber eher unwahrscheinlich.
it: Du hast auch mit Steve Hackett gearbeitet. Kannst
du uns etwas darüber erzählen?
Tony: Das war leider nur ein kurzer Besuch. Es war sehr
ungewöhnlich und interessant. Ich kam zu ihm in sein Homestudio,
spielte ein wenig bei dem Stück und ging wieder. Normalerweise
habe ich mehr mit einem Album zu tun und auch über längere
Zeit. Es war eine Ehre, mitwirken zu dürfen, aber die große
Rolle habe ich bei dem Album nicht gespielt. Der Stick ist kein normaler
Baß, und er eignet sich gut für Musik wie die in der Art
von Genesis, für jede Art progressiver Musik. Er erzeugt eine besondere
Stimmung.
it: Wie gefällt dir die Musik von Genesis?
Tony: Ich höre mir nicht sonderlich viel Rockmusik
an.
it: Vor einigen Jahren nahmst du mit der Band Spin 1ne
2wo, in der u. a. auch Paul Carrack war, ein Album auf. Danach hörte
man nichts mehr von dem Projekt. Gab es Pläne für eine Tour
oder ein zweites Album?
Tony: Es war mal im Gespräch, aber daraus wurde nichts.
Vor ein oder eineinhalb Jahren hörte ich von einem der Bandmitglieder,
dass er versuche, die Band wieder zusammen zu bekommen. Es ist immer
schwierig, in einer Art "Collaborative"-Band - so würde
ich es nennen - zu sein. Es sind alles hervorragende Musiker, die aber
nicht vorrangig dieser Band verpflichtet sind. Es ist nur ein Projekt.
Ich mag so etwas, und mache viele solcher Sachen. Mit Bozio/Levin/Stevens
und Bruford Levin Upper Extremities mit Bill Bruford läuft das
aber genauso. Das Problem ist, Termine zu finden, wo jeder in der Band
keine anderen Verpflichtungen hat. Das ist sehr schwierig. Jeder von
uns ist oft "on the road", wie in meinem Fall mit Peter Gabriel
und King Crimson oder mit meiner eigenen Band. Ich selbst habe kaum
mal einen Monat für so etwas frei. Und die Chance, dass dann auch
Paul Carrack oder Steve Ferrone Zeit haben, ist sehr gering. Ein weiteres
Album ist denkbar. Wir würden auch gerne live spielen, auch damals
beim ersten Album schon, aber es klappte einfach nicht.
it: Vor einigen Jahren gab es Gerüchte über
ein ähnliches Projekt namens The Power Trio, in dem du mit Stewart
Copeland und Andy Summers von The Police gespielt haben sollst. Was
kannst du uns darüber erzählen?
Tony: Wir sollten zusammen auf Tour gehen, aber das verlief
im Sand, weshalb weiß ich nicht. Mit Andy Summers arbeitete ich
auf ein paar seiner Alben, mit Stewart jedoch nicht. Ich weiß
gar nicht, ob Stewart zugesagt hatte. Ich glaube, Andy wollte die Tour
machen, und sein Agent fragte mich, ob ich auch Zeit hätte, und
ich sagte zu. Aber dann wurde nichts daraus. So etwas passiert des öfteren.
Das hätte Spaß gemacht, obwohl ich nicht weiß, was
musikalisch dabei heraus gekommen wäre. Wir hatten ja noch nicht
mal zusammen geprobt. Die Tour sollte zur Sommerzeit stattfinden, aber
im Januar wurde bereits alles abgesagt.
it: Ein Markenzeichen von dir sind die Funk Fingers, mit
denen du oft den Baß schlägst. Wie kam es zu dieser außergewöhnlichen
Spielweise?
Tony: Wenn ich für jemanden Baß spiele, werde
ich zum Fan seiner Musik. Ich versuche daher, nicht überall das
selbe Instrument zu benutzen und überall gleich zu spielen. Es
macht mir Spaß, viele Möglichkeiten zu haben. Es ist nicht
so, dass ich einen Plan habe, was ich bei welcher Musik spiele, oder
dass ich etwas Bestimmtes für mich selbst tun muß. Ich halte
mir einfach gerne so viele Optionen wie möglich offen. Über
die Jahre habe ich mir daher die verschiedensten Bässe zugelegt,
die alle sehr unterschiedlich klingen, wie den Chapman Stick oder den
NS Electric Upright. Bei der aktuellen Gabriel-Tour spiele ich auch
ein elektrisches Cello. Die Funk Fingers, ich nenne sie so, sind kleine
Drumsticks an meinen Fingern. Sie bieten eine zusätzliche Möglichkeit,
den Baß besser zu schlagen, und mit ihnen klingt es auch irgendwie
einzigartig. Aber die Funk Fingers benutze ich nur, wenn ich bei den
Aufnahmen eines Songs das Gefühl habe, dass diese Art zusätzlicher
Perkussion dazu passen würde. Es gibt eben viele verschieden Möglichkeiten.
Ich habe auch noch einige andere besondere Instrumente, so dass ich
nicht bei jedem Song den selben Baß spielen muß.
it: Stimmt es, dass die Funk Fingers deine Idee waren?
Tony: Nun, bei Big Time von Peters Album So
schlug Jerry Marotta, der Drummer, die Saiten meines Basses mit Drumsticks,
während ich die Fingerarbeit machte. So nahmen wir einen kleinen
Teil dieses Songs auf. Als wir dann im nächsten Jahr auf Tour waren,
versuchte ich diesen Part alleine zu spielen, indem ich selbst mit einem
Drumstick den Baß schlug. Das war aber, ehrlich gesagt, ein ziemlicher
Kampf. Eines Tages kam Peter während eines Soundchecks zu mir herüber
und schlug mir - in seiner Art, Dinge aus einer anderen Perspektive
zu sehen - vor, Drumsticks irgendwie an meinen Fingern zu befestigen.
Also war es genau genommen Peters Idee. Es dauerte eine Weile, die richtige
Länge und Stärke zu finden, um den gewünschten Sound
zu erzeugen. Aber es funktionierte.
it: Auf deiner Website sind Fotos zu sehen, die du während
Liveauftritten gemacht hast, insbesondere solche, die das Publikum zeigen.
Ist das ein Faible von dir?
Tony: Zur Zeit fotografiere ich oft von der Bühne
herunter. Früher habe ich viele Bilder von meinen Mitmusikern gemacht,
insbesondere in Schwarzweiß. In den 80er Jahren habe ich einige
in meinem Buch "Road Photos" veröffentlicht. An einem
weiteren Buch, das Fotos von meinen King Crimson-Shows enthalten wird,
arbeite ich gerade. Es wird hoffentlich nächstes Jahr erscheinen,
aber ich brauche dafür einfach sehr lange, weil ich so viel mit
Musik zu tun habe.
it: Ist "Road Photos" noch erhältlich?
Tony: Nein, es ist vergriffen. Ich werde es auch nicht
neu auflegen lassen, denn dass es nicht mehr im Handel ist, macht es
irgendwie noch interessanter.
it: Hast du gestern in Hamburg auch fotografiert?
Tony: Nicht viel. Ich habe das Publikum aufgenommen -
wie immer. Ich habe auch ein paar Bilder von der Bühne und eine
gute Aufnahme vom Ball gemacht. Meistens werden die Fotos auch nicht
besonders, denn auf der Bühne ist nicht viel Licht. Außerdem
kann ich mir nicht aussuchen, wann ich knipse, denn dass kann ich nur,
wenn ich gerade nicht Bass spiele, und Zeit habe, die Kamera aufzuheben.
Digitalkameras sind nicht sehr hilfreich und machen oft unscharfe Bilder.
Mit Filmkameras hatte ich es viel leichter. Was mir am meisten Spaß
macht, ist, die Publikumsfotos auf meiner Website zu zeigen, so dass
die Leute sich selbst dort sehen können. Das ist eine wunderbare
Möglichkeit, einen Teil der Mauer zwischen Künstler und Publikum
abzubauen. Dadurch, dass die Leute sehen, wie wir sie sehen, verstehen
sie, wie sie uns inspirieren, welche Energie sie ausstrahlen und wie
toll das für uns Musiker ist.
it: Es ist sicher nicht leicht, einen Moment abzupassen,
in dem du fotografieren kannst, oder?
Tony: Natürlich ist das schwierig. Ich kann zwar
mit einer Hand spielen und mit der anderen ein Foto machen. Aber bei
dieser Tour warte ich doch lieber einen günstigeren Zeitpunkt ab.
it: Passiert es oft, dass du deine Kamera vor Peter retten
muß, wenn er bei Growing Up mit dem Zorb-Ball über
die Bühne rollt?
Tony: Die Kamera ist meist nicht in Gefahr, sondern eher
das Cello und mein Baß-Keyboard. Beides wirft er oft um, aber
meistens fange ich die Sachen noch auf. Die Kamera habe ich ja ohnehin
am Boden liegen, wo sie relativ sicher ist. Ich selbst bin da weniger
sicher vor ihm, oder, wie letzte Nacht, sein Keyboard, das er mitten
im Stück streifte.
it: Du bist sehr aktiv, was Computer und Internet angeht,
und hast bereits 1983 online kommuniziert, wie in einer alten Ausgabe
des Gabriel-Fanzine Gabbleratchet zu lesen war. Welches Equipment hast
du damals benutzt?
Tony: Das war ein so genanntes Tandy, ein Radio Shack
TRS-80, ein ganz kleines Teil mit - ich weiß gar nicht mehr -
500 k Speicher.
it: Benutzt du Windows oder Macintosh?
Tony: Macintosh ...
it: Was denkst du über die Zukunft des Internets
und die weltweite Vernetzung?
Tony: Ich weiß nicht. Große Vorhersagen kann
ich keine treffen. Ich bin eher jemand, der etwas darüber liest,
und viel Freude an den guten Seiten des Internets hat, wie etwa Barrieren
zwischen Künstlern und dem Publikum zu brechen. Ich benutze es
oft, um etwas über die verschiedensten Dinge heraus zu finden.
Den kommerziellen Aspekt mag ich nicht, und sehe das nicht gern. Aber
natürlich wird das Internet kommerziell genutzt, und ich muß
dass akzeptieren. Man kann nun sowieso nichts mehr daran ändern.
it: Du warst auch in Peters Projekt mit den Bonobo-Affen
involviert. Wie war das für dich?
Tony: Ich war einen Tag lang mit dabei und jammte mit
den Affen. Es war sehr inspirierend ... sehr schwer zu beschreiben,
denn es ist nicht mit irgend etwas anderem zu vergleichen. Wir spielten
mit den Affen Musik, und sie konnten sich erstaunlich gut mit uns verständigen.
Sie fingen gerade erst an, Instrumente zu spielen und zu begreifen,
was Musik bedeutet. Ich glaube nicht, dass sie das schon wirklich drauf
hatten. Aber ich konnte sehen, dass es möglich ist, dass sie Musiker
werden. Das ist schon unglaublich, wenn man mal darüber nachdenkt.
it: Wurden Aufnahmen von den Affen für irgendetwas
verwendet?
Tony: Ich glaube nicht. Aber ich weiß es auch nicht
genau. Peter war sehr oft dort. An dem einen Tag, an dem ich mit dabei
war, haben wir nur gejammt.
it: Eine deiner Leidenschaften ist der Espresso. Hast
du deine Espressomaschine auch bei dieser Tour im Gepäck?
Tony: Nein, bei dem europäischen Teil der Tour nicht.
Aber normalerweise habe ich bei jeder Tour ein großes Roadcase
namens "Café Crim" dabei. Darin ist eine große
Espressomaschine mit allem, was man braucht, um einen perfekten Espresso
zu machen. In Europa ist es ehrlich gesagt nicht so schwer einen guten
Espresso zu bekommen, wie in den Vereinigten Staaten. Mein Baßtechniker
Michele stammt aus Sizilien. Er ist ein Kaffee-Experte und weiß
normalerweise, wo man guten Espresso bekommt oder kann dem Catering
sagen, wo man sich eine sehr gute Maschine ausleihen kann. In Europa
brauchen wir meine daher nicht.
it: Und wie sieht es mit deinen anderen Hobbies, Rad-
und Motorradfahren, aus?
Tony: Ich hatte schon eine Weile keine Zeit mehr dafür:
Die letzten zwei Jahre liefen für mich in puncto Musik sehr gut,
und Musik zu spielen ist meine größte Leidenschaft. Wenn
ich damit beschäftigt bin, muß alles andere hinten an stehen:
meine Kunst, meine Fotografie, die Fertigstellung von Büchern.
Sogar meine eigenen Alben sind mir da nicht so wichtig. Ich bin sehr
froh, mit Peter unterwegs zu sein. Es ist für mich die wichtigste
Sache. Ich habe noch ein paar Alben zu machen, und vielleicht kommt
nächstes Jahr wieder etwas mit King Crimson. Aber ich würde
keine Peter Gabriel-Tour ablehnen, um Fahrrad zu fahren oder mich auf
meine Harley Davidson zu setzen. Daher hatte ich dafür eben weniger
Zeit.
it: Wie geht es mit der Gabriel-Tour weiter?
Tony: Im Juni werden wir in den USA auf Tour sein - auf
ganz normalen Bühnen und mit einer normalen Produktion. Sicherlich
wird es nicht so eine große Angelegenheit sein wie hier.
it: Und wie geht es danach weiter?
Tony: Keine Ahnung - ich will Peter dass diese Woche auch
noch fragen, denn ich muß entscheiden, ob ich im Herbst selbst
auf Tour gehen kann. Aber das hängt davon ab, ob er vielleicht
auch touren will. Ich bin da selbst im Ungewissen und wünschte
mir, es wäre anders.
Ich möchte noch eine Sache erwähnen. Auf meinem Livealbum
ist Back In N.Y.C enthalten. Das ist meine direkteste Verbindung
zu Genesis, und von allen Stücken, die ich mit meiner Band spiele,
macht das den meisten Spaß.
it: Warum fiel die Wahl gerade auf diesen Song?
Tony: In meiner Band ist Jerry Marotta der Schlagzeuger.
Jerry und Larry Fast, der Keyboarder, und ich lernten den Song, für
Peter Gabriels zweite Tour. Das war damals die Zugabe. Die Leute verlangten
die ganze Show über Genesis-Songs, und wollten Peters eigene Sachen
nicht hören. Aber er hörte nicht darauf, außer bei der
Zugabe. Als wir uns mit der Tony Levin Band dann auf die erste Tour
vorbereiteten, suchten wir nach Stücken, die zu spielen vielleicht
Spaß machen würden. Dann dachte ich, dass die meisten Leute
im Publikum dieses Stück kaum kennen werden. Aber die wenigen,
die es kennen, würden sich wohl freuen, es wieder von uns zu hören.
Außerdem ist Jerry ein exzellenter Sänger. Er klingt nicht
wie Peter Gabriel, aber er singt das Stück sehr gut. Daher spielten
wir den Titel, und er ist auch auf unserer Live-Doppel-CD Double
Espresso enthalten. Für mich ist das einer der wichtigsten
Tracks auf dem Album.
Interview: Christian Gerhardts / Helmut Janisch
Transkription + Ãœbersetzung: Helmut Janisch
Fotos: Helmut Janisch