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Weitere Infos
In den Jahren 1986-1998 hat es vier große Musikevents gegeben, die zum Ziel hatten, Amnesty International zu unterstützen, weiter bekannt zu machen und für die politischen Rechte der Menschen zu werben. Nachdem im Mai 2013 bereits Auszüge dieser Konzerte als Doppel-DVD herausgebracht wurden, ist nun eine Box erschienen, auf deren 6 DVDs alle vier Konzerte in der vollen Länge enthalten sind, wie sie in Fernsehübertragungen zu sehen waren.
Grund, diese Box auf unserer Webseite vorzustellen, ist natürlich Peter Gabriel, der wiederholt auf ihr in Erscheinung tritt. Aber es gibt auch viel anderes lohnenswerte zu erleben. Die DVDs sind eine Reise in die Vergangenheit, in die Zeit, in der unsere Musikhelden noch jung und energetisch waren und in der politische Aussagen zu machen, sich sozial zu engagieren, eine zentrale Selbstverständlichkeit war. Und es ist auch eine Reise in die Zeit, in der so manche modische Sünde grassierte...
Die Menschenrechts-Konzerte
Die Tradition, dass sich Musiker für Amnesty International engagieren, hatte ihre Anfänge bei den sogenannten Secret Policemens Balls. 1986 sammelte Bono dann Stars für eine eher kurze Tour durch die USA, um den Amerikanern das Wirken von AI näher zu bringen. Der Erfolg war enorm. 1988 übernahm dann Gabriel die Aufgabe des Versammlers und brachte fünf Solokünstler für eine weltweite Tour zusammen. Auf ihr musste Chile ausgelassen werden, das immer noch unter der Pinnochet-Diktatur litt. Erst 1990 war es möglich, auch dort ein zweitägiges Festival zur Feier der Befreiung des Landes stattfinden zu lassen. 1998 gab es schließlich einen weiteren großen Event zum 50jährigen Jubiläum der Unterzeichnung der Deklaration der Menschenrechte in Paris. Stets waren bei diesen Anlässen Rock- und Popmusiker dabei, die teilweise eindrucksvolle (und oft einmalige) Performances präsentierten. Diese sind jetzt hier erstmalig versammelt dokumentiert.
Äußeres
Die Box erscheint im sogenannten "Foldout Digipak" im Pappschuber. Die 6 DVDs sind auf ihrem Träger nicht an einem Mittelclip, sondern durch kleine Greifer am Rand befestigt. Wie es um die Langlebigkeit dieses Greifer-Systems steht, wird sich noch erweisen müssen. Neben einem Beiblatt mit den Tracklisten gibt es noch ein Booklet, das hier wirklich ein Büchlein mit 40 Seiten ist. In ihm erklärt ein sehr ausführlicher Artikel (auf Englisch), weshalb sich Musiker für Amnesty auf diese Weise einbringen und auch, wie es zu den vier Konzerten kam.
Bild
Als Ausgangsmaterial für die DVDs wurden die Archivbänder der jeweiligen Fernsehausstrahlung verwendet. Diese sind den Qualitätsstandards der jeweiligen Zeit entsprechend und man darf nicht zu viel erwarten, zumal die Übertragungen meist ohne große Showproben unter Livebedingungen entstanden. Es gibt also weder heutige Bildauflösungen (insbesondere nicht bei den frühen Konzerten) noch ausgefeilte Kameraeinstellungen. Man muss das eher als Dokumentation von einmaligen Ereignissen sehen. Das Bildformat ist NTSC und 4:3.
Ton
Auch beim Ton konnte nur auf die Spuren des Fernsehmaterials zurückgegriffen werden. Es steht neben einer Stereo-Spur auch eine in 5.1 zur Verfügung, größere Surroundeffekte sind aber nicht zu hören. Dafür ist der Ton den Umständen entsprechend gelungen aufgearbeitet, präsent und klar.
Menüs
Nach dem Einlegen der DVD erscheint jeweils das Logo von EagleRecords (was einem bei 6 DVDs ziemlich auf den Senkel gehen kann), dann ist man schon im schlichten, aber ausreichenden Hauptmenü. Dieses ist immer mit Bildern von Konzertpublikum unterlegt, begleitet von Applaus und gelegentlich Musikstückchen. Viel auszuwählen gibt es nicht: 'Play', 'Songselection' und 'Audio Options', und schon geht es los.
Werfen wir nun einen Blick auf die vier Konzerte und deren Präsentation. Um die Dimensionen dieses Artikels nicht vollkommen zu sprengen, wird im Folgenden auf die Shows und einige der auftretenden Künstler nur kurz eingegangen. Ausführlicher ist jeweils die Beteiligung von Peter Gabriel besprochen. Ein komplettes Tracklisting der 6 DVDs steht am Ende des Artikels.
Das Konzert zog sich beinahe über den ganzen Tag hin und wurde für die Box auf zwei DVDs aufgeteilt. Es stand am Ende einer kurzen, sechs Termine umfassenden Tour durch die USA, und wurde am 15. Juni 1986 aus dem New Yorker Giant Stadium live von MTV übertragen. Vor ca. 75.000 Zuschauern traten eine Vielzahl von Künstlern auf, auch Schauspieler und andere Promis, die die Ankündigungen übernahmen. Das Ganze war ein ähnlich großes Ereignis wie LiveAid, das ein Jahr vorher stattfand.
DVD 1
Auf der ersten DVD präsentieren sich kurze Auftritte verschiedener Künstler aus dem ersten Konzertteil, der sich über den ganzen Nachmittag erstreckte. Viele sind nur mit einem Song oder zweien dabei - ein längeres Set kommt nur von Jackson Brown.
Bemerkenswertes: Die schlichte Darbietung von Peter, Paul and Mary, die mit ihren folkigen Liedern, dargeboten in 60er-Jahre-Bewegungslosigkeit, schon damals rührend anachronistisch wirkten; die Einlage von Yoko Ono, bei der man sich wirklich fragt, wieso der jemand eingegeben hat, sie müsse Popmusik machen; Miles Davis mit seinem in diesem Umfeld ungewöhnlich anspruchsvollem Jazz; Joan Baez, die zwar keinen eigenen Song singt, das aber herzerfrischend und intensiv.
DVD 2
Auf dieser DVD sind längere Sets von sechs Künstlern, die meist mit jeweils sechs Songs die Headliner auf der Tour darstellten.
Da wäre Lou Reed, der seine punkartige Musik mit einem jazzigen Saxophon aufgepopt hat; Bryan Adams, der gradlinig und gutgelaunt rockt; Joni Mitchell, von der es nur zwei Songs gibt, die mit ihrem coolen Jazzpop aber ein schönes, beruhigendes Moment einbringt; U2, die einen blutjungen Bono zum Frontmann haben und in beinahe aufgekratzter Weise drei eigene Stücke (noch aus dem Repertoire vor Jushua Tree) und drei gecoverte bringen; und schließlich The Police (mit kleiner personeller Erweiterung), derem letzten Konzert für die nächsten 21 Jahre man hier beiwohnt. Was sie darbieten ist routinierte Erfolgsarbeit und eine Setlist, auf der aus all ihren Alben ein Song vertreten ist.
An zweiter Stelle (nach Lou Reed) hat hier Peter Gabriel seinen ersten Auftritt. Gezeigt wird sein komplettes Set, wenn auch zwischen den Songs Schnitte wahrnehmbar sind (vermutlich wurden die Ansagen gekürzt). Die Conspiracy Of Hope Tour fand knapp vor der Tour zu So statt. Dementsprechend ist hier noch nicht deren vollständige Bandbesetzung vertreten: mit dabei sind Rhodes und Katché sowie Larry Klein am Bass (schon auf So dabei) und Ian Stanley von Tears For Fears an den Keyboards. Sie haben in nur vier Probentagen eine kraftvolle, aber naturbedingt nicht vollkommen ausgefeilte Umsetzung der Songs einstudiert. Gabriels Vorstellung ist dynamisch und geradezu sportiv. Man spürt seinen großen Willen, seine Stücke mit ganzer Persönlichkeit zu performen. Das hebt sich deutlich von den Darbietungen der anderen ab. Man merkt, wie besonders er war.
Red Rain wird druckvoll gespielt. Es ist angesichts dessen nicht zu verstehen, weshalb sich so sehr das Gerücht hält, auf der So-Tour sei der Song musikalisch gescheitert. Shock The Monkey war vor So Gabriels größter Hit. Peter flitzt dazu wild über die Bühne - allerdings sind seine Bewegungen eher emotionalisiert, denn koordiniert. Auf Point Of Viewspäter sahen seine Aktionen strukturierter aus. Und die Idee, auf der Bühne Seidenhemden zu tragen, wurde nach diesem Auftritt sicher verworfen: die Schweißspuren sind einfach zu überdeutlich.
Family Snapshot, dieser theatralische Song mit seinen unterschiedlich dynamischen Abschnitten, wird hier sehr emotional vorgetragen. Das hebte sich spürbar von den üblichen Rock/Pop-Nummern ab, die den restlichen Tag über zu hören waren. Sledgehammer wird peppig mit Gast-Saxophonisten dargebracht. Auch hier flippt Gabriel konfus aber energiereich über die Bühne. - Disqualifizierend jedoch die Stimme einer Kommentatorin, die kurz zu hören ist und aufklärt, dass man 'Gabriel on stage in the Giant Stadium' sehe! So etwas darf es auf einer Kauf- und Musik-DVD nicht geben! (Ist aber wahrscheinlich wieder dem Problem des zugrundeliegenden Fernsehmaterials geschuldet...)
San Jacinto gibt Gabriel gestisch ausgeprägt und ohne Lightshow. Zur Schlusspassage wird es allerdings sowohl vom Sound als auch vom Übergang her etwas grob. Witzig: man kann am Bühnenrand kurz Armando Gallo beim Fotografieren sehen. Biko schließlich wird inklusive 'the rest ist up to you' dargeboten. Ein ungewöhnlich beherrschender Schluss auf einer solchen Veranstaltung.
DVD 3
Nach dem Erfolg der Conspiracy Of Hope Tour wurde eine weitere Amnesty-Aktivität beschlossen: Die Human Rights Now! Tour sollte diesmal weltweit für die Existenz der Deklaration der Menschenrechte und die Aktivitäten von AI werben. Diesmal war es Gabriel, der die fünf Headliner versammelte, die in sechs Wochen fünf Kontinente bereisten und für die dies offenbar ein eindrucksvolles und prägendes Erlebnis war.
Auf der DVD ist die Fassung des Fernsehzusammenschnitts festgehalten, der so auch in Deutschland übertragen wurde. Er ist über drei Stunden lang und seine Ausstrahlung war damals durchaus ein Ereignis.
Das Konzert vom 15. Oktober 1988 in Buenos Aires ist zwischen den Acts immer unterbrochen von Dokumentationsteilen, Ausschnitten der Pressekonferenzen, Statements der Künstler, Impressionen der Reise, den Animationen von Aardman Production und ganz allgemein von politischen Inhalten zur Deklaration der Menschenrechte. Leider gibt es dazu keine hilfreichen Untertitel für die nicht Englisch sprechenden.
Die Musikperfomances sind in der Auftrittsreihenfolge der Headliner zu erleben (die klar einer Dramaturgie der Bedeutsamkeit folgt). Interessant ist aber, dass sich die Künstler immer wieder durchmischen, fast jeder mit jedem gemeinsam einen Song singt und sich auch die Bandbesetzungen überkreuzen.
Von Youssou N'Dour sind zwei tolle Songs in einer vitalen Darbietung vorhanden. Es ist gut und wichtig, dass er dabei ist. Tracy Chapman ist mit vier Stücken vertreten, die sie Solo an der Gitarre vorträgt. Ihr Auftritt ist stimmungsvoll und eindrücklich, aber natürlich nicht so temporeich.
Dann der Beitrag von Peter Gabriel. Die Amnesty-Tour fand kurz nach den So-Konzerten statt und er ist mit der fast vollständigen, eingespielten Band unterwegs (nur Tony Levin fehlt und wird von Stings ehemaligem Bassisten Daryl Jones ersetzt - dafür ist Shankar an der Geige noch mit dabei). Ungünstig wirkt sich jetzt allerdings aus, dass auf der DVD-Box die jeweiligen Fernsehübertragungen der Veranstaltungen genutzt werden, denn das bewirkt, dass von Gabriel viele Songs mehrfach vorhanden sind (weil sie ständig für fernsehwirksam angesehen wurden). So erleben wir hier ein zweites Mal Sledgehammer und Biko. Anderes aus dem damaligen Kurzset wäre sicher interessanter gewesen - beispielsweise Games Without Frontiers. Sledgehammer ist hier indes mit einem wundervollen Saxophonsolo von Gastmusiker Branford Marsalis aus Stings Band versehen, das sich lohnt. Und inzwischen bewegt sich Gabriel zum Song auch vollkommen durchchoreografiert. In Your Eyes (das wir später auf der Box auch nochmal erleben werden) gibt es mit Percussion-Verstärkung durch Youssous Leute, der selbst auch dabei ist. Das ganze ist routiniert schwungvoll. Biko beginnt anders als gewohnt: keine kraftvollen Drums sondern eine wehmütige Vokalimprovisation steht am Anfang. Unerwartet und sehr schön. Im Ganzen wirkt Gabriel mit seinem stark geschminkten Gesicht hochmotiviert aber auch beschwert. Eventuell wirkt hier noch der Stress seiner Ehescheidung (ist er auch dicker geworden?). Zudem ist seine Frisur alles andere als günstig.
Sting spielt seine drei Stücke powervoll, gekonnt und selbstbewusst. Zu They Dance Alone kommt Gabriel mit den im Song besungenen alleine tanzenden Frauen auf die Bühne, deren Männer vom Pinnochet-Regime verschleppt wurden. Im schmissigen Instrumentalschluss tanzen er und Sting jeweils eine kurze Runde mit jeder. Eine emotionale, wenn auch recht plakative Geste.
Schließlich tritt Bruce Springsteen mit der E-Street-Band auf, die eine krachende Rockvorstellung bieten. Am Schluss geben er und die übrigen Headliner zunächst eine mitreißende, nicht enden wollende Partyversion von Twist And Shout und als gefühlvollen Höhepunkt schließlich Chimes Of Freedom bevor alles mit Get Up, Stand Up ausklingt.
Hier sind so viele kraftvolle Musikerpersönlichkeiten in Verbundenheit zu erleben - wer dabei war, hat wohl den Konzertabend seines Lebens mitgemacht.
DVD 4
Teil vier der Box ist in zwei Hälften geteilt: das Konzert An Embrace Of Hope aus Chile und ein Dokumentationsteil, der mit Context Of The Human Rights Concerts Part One betitelt ist.
Zur Feier der Befreiung Chiles von der siebzehnjährigen Diktatur Pinochets fand 1990 der zweitägige Event Un Abrazo a la Esperanza statt. Auch in diesem Zusammenschnitt sind wieder Gespräche und Interviewteile zwischen die Songs geschaltet. Die Filme machen klar: Es steht immer der Inhalt im Mittelpunkt. Leider auch hier keine Untertitelung.
Einge der Musikacts dieser eher unbekannten Veranstaltung sind nicht ganz so geläufig: Inti-Illimani haben lokale Bedeutung in Chile und spielen zwei volkstümliche Stücke mit Knabenchor. Das Jazzensemble um Wynton Marsalis ist mit einer genialen Nummer im guten, alten New-Orleans-Style zu erleben und sorgt für enorme Stimmung in der Arena. Unerwartet die Beteiligung der inzwischen längst verblühten Boyband New Kids On The Block, die mit üblicher Choreografie für Mädchengekreische sorgen - aber natürlich auch ein solchen Publikum an die Ideen und Ziele von Amnesty International heranführen. Ein erster Höhepunkt dürfte dann wohl die gewohnt zwischen Elfe und Punk oszillierende Sinnead O'Connor sein, die eine wirklich emotionsgeladene Darbietung ihres großen Hits Nothing Compares 2 U bietet. Ruban Blades überzeugt mit Latinmusik und Jackson Brown mit seinem Folk- und Country-Rock.
Der Auftritt von Peter Gabriel, der kurz zuvor Passion herausgebracht hatte, findet im Rahmen des Sets von Sting statt. Einige Musiker von Inti-Illimani sind auch dabei. Gemeinsam geben sie (schon wieder) Biko mit einem tollen Vokalintro und knalligen Drums von Vinnie Colaiuta. Insgesamt ist der Vortrag zwar intensiv aber auch kuddelig und unterprobt. Auffällig auch, dass diesmal die Hymnusgeste nicht bis zum Songende durchgezogen wird sondern das Ganze ausklingt (schließlich bleiben Sting und Band ja auf der Bühne).
Sting bringt mit seiner dreiköpfigen Combo die Songs Little Wing und Gueca Solo - und zwar jeweils auf Spanisch. Bei Letzterem wird auch die Tanznummer von 1988 mit den Frauen wiederholt. Hier jedoch hat die symbolische Aktion deutlich weniger Energie und das ehemals aufrüttelnde Element hat nach Ende der Diktatur eine Spur von Unabwendbarkeit bekommen. Musikalisch ist die Ausführung zudem eher ungelenk und der wohl als Höhepunkt des Konzerts gedachte Abschluss wirkt etwas unrund.
Die zweite Hälfte dieser DVD beinhaltet drei dokumentarische Teile, die jeweil die Konzerte von 1986, 1988 und 1990 näher beleuchten. Hier wurden auch endlich zumindest englische Untertitel eingerichtet. Weshalb man sich anderssprachige gespart hat, ist nicht ganz verständlich, werden doch gerade hier vor allem Amnesty-Inhalte vermittelt.
Beinhaltet 6 Kapitel: #1 Bruchstücke der Livemoderation der Konzertübertragung auf MTV mit Hollywoodschauspielern und anderen VIPs; #2 ein unerträglich kurzatmiger Zusammenschnitt von Aussagen unterschiedlichster Stars; #3 Peters Videoimpressionen die er als Quasi-Tour-Dokumentierer überall backstage festhielt; #4 eine Jam-Session mit Bono und anderen die während der Tour eines Nachts in einem Club stattfand; #5 die Hintergrundgeschichte zu dieser Jam-Session; #6 einen Gesprächsauftritt von u.a. Sting und Gabriel im amerikanischen Frühstücksfernsehen.
Beinhaltet 5 Kapitel: #1 eine Kurzdoku über die Tour, die demonstriert, was das damals für ein Medienaufsehen auf sich gezogen hat; #2 Darbietung von Chimes Of Freedom in Los Angeles mit Bono und Joan Baez; #3 Darbietung von Get Up, Stand Up in Montreal; #4 eine mit unterschiedlichsten Animationen bebilderte Verlesung aller 30 Artikel der Deklaration der Menschenrechte; #5 kurze TV-Spots in denen diverse Promis über Tour und die Menschenrechte sprechen.
Beinhaltet 3 Kapitel: #1 Statements der beteiligten Künstler und Auszüge aus Ansprachen von Kofi Anan und dem Dalei Lama; #2 dokumentarisches Filmmaterial; #3 kurze TV-Spots in denen sich wieder diverse Promis äußern.
DVD 5
Nachdem es längere Zeit keine größeren Konzertereignisse zugunsten von Amnesty gegeben hatte, fand 1998 auf Initiative von unter anderem Peter Gabriel in Paris erneut ein solcher Event statt: The Struggle Continues. Anlass war der 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Deklaration der Menschenrechte (die ebenfalls in Paris stattfand).
Direkt zu Beginn treten die vier anwesenden Headliner der Human Rights Now! Tour auf (Sting fehlt) und singen Get Up, Stand Up, was als Eröffnung ganz sympatisch wirkt.
Direkt danach ist Gabriel mit zwei Songs zu erleben. Seine Band besteht aus Rhodes/Katché/Naimro sowie Habib Fayé am Bass und Jimi Mbaye an der zweiten Gitarre, die beide von der Band von Youssou N'Dour stammen. Zu hören ist zunächst eine frühe Fassung von Signal To Noise, die ziemlich elektrisierend ist. Allerdings wirkt Gabriel unsicher und seine Stimme dünn. Danach gibt es mal wieder In Your Eyes, was dank der Beteiligung von Youssou und seiner Percussionisten wenigstens energiereich und verspielt ausfällt. Gabriel selbst wirkt jedoch reichlich verbraucht. Seit dem Auftritt von 1990 hat er deutlich Gewicht zugelegt und Haare verloren, was ihm beides ein etwas madiges Aussehen verleiht. Vor allem aber wirkt seine Stimme schwach. Öfters ist sie zu leise, bricht ihm weg, er kommt nicht an die Höhen ran. Macht einen eher beunruhigenden Eindruck. Kein Wunder, dass sich viele Fans vier Jahre später fragten, ob er in der Lage sein würde, eine ganze Growing Up Tour durchzustehen.
Im Folgenden gibt es dann eine ganze Reihe unterschiedlichster Künstler mit meistens zwei oder drei Songs. Mit dabei sind unter anderem Alanis Morisette (frisch und gewinnend), Tracy Chapman mit Band (angenehm unaufgeregt), das Duo Page/Plant (alte Rock-Haudegenschaft), Bruce Springsteen (Solo an der Gitarre mit u.a. einer ungewöhnlichen Version von Born In The USA) und Radiohead (leidenschaftlich und fast schon ungestüm - das auch etwas herausgekehrt, aber dem auffallend jungen Publikum scheints zu gefallen).
Schließlich erscheint Youssou N'Dour mit Band und singt gemeinsam mit Peter Gabriel eine quasi Unpluggedversion von Shaking The Tree. Auch wenn sich beide durch den offenbar nur wenig geübten Song etwas mühen müssen, kann er sich zum Schluss hin noch einmal gut steigern. Die Tanzeinlagen der beiden sind jedenfalls herrlich.
Als Abschluss und Höhepunkt gesellen sich noch Tracy Chapman und Joceleyn Beroard hinzu und alle geben 7 Seconds, was etwas unkordiniert ausfällt: Gabriel kann den Text nicht richtig, Chapman ist zeitweise kaum zu hören, Beroard noch am überzeugendsten. Als Finale wirkt das jedoch mal wieder merkwürdig.
DVD 6
Die letzte DVD der Box wirkt am merkwürdigsten. Sie beinhaltet einen dokumentarischen Teil und eine Zusammenstellung verschiedener Musikclips. Im Ganzen gliedert sich das in 5 Abschnitte.
#1 (37 Minuten) Dies ist eine weitere Fernsehdoku (mit englischen Untertiteln), die offenbar 2013 im Zusammenhang mit der vorliegenden Box entstand. Im wesentlichen wird noch einmal zusammengefasst, was die verschiedenen Konzerte ausmacht und wie es überhaupt zu ihnen kam. Dazu erzählen allerhand Musiker (unter anderem auch Gabriel) in aktuellen Interviews, wie wichtig und verändernd die Erfahrungen für sie waren - und wie sehr man auf Tourneen doch Gleicher unter Gleichen war und alles teilte. Vieles davon hat man inzwischen auf der Box schon (mehrfach) gehört. Merkwürdig ist zudem das leicht gestauchte Bild im 16:9 Format, das als 4:3 dargestellt wird...
#2 (18 Minuten) Ist im wesentlichen ein Gespräch mit Springsteen von 2013, in dem er seine Sicht nochmal genauer verdeutlicht.
#3 (20 Minuten) Ist im wesentlichen ein Gespräch mit Sting von 2013, in dem er seine Sicht nochmal genauer verdeutlicht.
#4 Sind zwei historische Musikerauftritte, die "inspirierend für die AI Konzerte waren": Townshend/Wiliam mit Won't Get Fooled Again (1979) und Sting & "The Secret Police" mit I Shall Be Released (1981). Hier ist übrigens Phil Collins im Hintergrund an Tambourin und Chorgesang zu sehen.
#5 Sind 13 Clips verschiedenster Musiker - unter anderem Bono, David Byrne, Coldplay, Green Day, Seal und viele andere. Meistens sind diese Filmchen Livemitschnitte oder Musikvideos aus der Zeit von 2010 bis 2012. Die Sammlung wirkt etwas wirr, soll aber wohl vor allem das Interesse unterschiedlichster Publikumskreise für die Amnesty-Projekte fördern.
Fazit
Die Box ist sehr, sehr umfangreich. Sie am Stück durchzusehen ist eine Aufgabe. Doch ihr Wert in Sachen politische Statements - aber auch in Sachen Sentimentalität ist enorm. Die Vielzahl versammelter Musiker, die Wucht der Entschlossenheit hinter den Botschaften und die fast überall vorhandene Spielfreude lässt über so manchen Patzer und kuddeligen Auftritt hinwegsehen. Und es ist eine Wiederbegegnung mit Zeiten des sozialen und selbstlosen Engagements, das in dieser Form heute nicht mehr zu erleben ist. Bild und Ton sind nicht immer auf der Höhe unserer Zeit, aber den Umständen entsprechend gelungen. Im Ganzen ist die Box definitiv zu empfehlen.
Komplettes Tracklisting
Compilation mit alternativen Versionen, nur als digitales Album erhältlich.
Neue Biografie (erschienen 2013) von Daryl Easlea über Peter Gabriel.