Konzert-DVDs - 5.0 vs 5.1 Surround

    • Offizieller Beitrag

    Mahlzeit


    Ein wenig angeheizt von der Diskussion im Thread zu Ray Wilsons neuer DVD habe ich von Yogi Lang (Produzent / RPWL) mal die Meinung eines Fachmannes eingeholt.



    Yogi Lang erläutert den Unterschied zwischen 5.0 und 5.1


    Der LFE Kanal im 5.1 Surround Format ist ein reiner Effekt-Kanal. Den musikalischen Bass-Anteil im Subwoofer der Anlage regelt das Bass Management der jeweiligen Home Surround Anlage. Deshalb wird ja auch das Stereo Format in 2.0 beschickt und nicht in 2.1! Auch hier regelt das Bass Management den Bass Anteil.
    Beschicke ich bei der Mischung den LFE Kanal würde das, kombiniert mit dem Bass Management der Anlage, zu einem beliebigen und unkontrollierten Bass-Anteil führen. In anderen Bereichen macht das eben gerade Sinn: Wenn man einen Schwarzenegger-Film schaut und die Explosionen den Nachbarn aus dem Bett hebeln - so ist das gut und auch so gedacht für den LFE-Kanal: Ein Bass Effekt Channel, der aber für Musik absolut unbrauchbar ist. Vor allem im Live Musik DVD Bereich: Je mehr Bass Anteil ich dem LFE Kanal zuordnen würde, desto mehr würde die Anlage diesen Anteil verfälschen.
    Die Frage ist ja vielmehr, warum dann auf vielen Live DVDs, wie zum Beispiel der überragend klingenden David Gilmour live in Gdansk, trotzdem 5.1 steht, anstatt der korrekten Bezeichnung 5.0? Natürlich wird auch hier der LFE Bereich nur über das Bass Management der Anlage beschickt, der LFE Kanal selber ist leer, eine klassische 5.0 also. Ich denke, das Format ist den meisten einfach als 5.1 geläufig und vertraut.
    Nun, natürlich kann es aber Ausnahmen geben: Zum Beispiel könnte es tatsächlich sein, dass irgendwo während der 2 Stunden ein „Krawumm" eines Effekt-Drum-Sounds oder einer FX-Einspielung kommt, ein Hubschrauber, eine Explosion etc. Aber das ist ja bei Ray nicht der Fall.


    Bei einem Surround Studio Album im SACD oder Blu-ray Format könnte man da vielleicht einen anderen Weg gehen, vorausgesetzt es handelt sich am Ende wirklich um eine komplett diskret aufgebaute Signalkette beim Endverbraucher Dabei bleiben dann aber die Besitzer einer "normalen" Surround Anlage mit dem Sound auf der Strecke: wir erinnern uns an den ausgehebelten Nachbarn ;)
    Ein Beispiel, wie es mit LFE Kanal funktioniert ist das Peter Gabriel Studio-Album "Up". Aber das gibt es dann auch entsprechend nur als SACD (DSD - Sony Super Audio) und nicht für den gemeinen DVD Player.
    Das war die technische bzw. mischtechnische Erklärung, warum Musik meiner Meinung nach immer 5.0 und nie 5.1 sein sollte. Die meisten sind es ja auch, obwohl dann letztendlich 5.1 draufsteht. Ich glaube ja, wenn eine Live-DVD tatsächlich einen LFE Anteil besitzt, ist sie lediglich von Stereo auf 5.1 gematrixt. Dazu gibt es Effekteinheiten die das machen. Vorteil: das ist mal richtig billig und klingt auch entsprechend.....


    Vielleicht nochmal zusammengefasst:
    Zum einen: 5.0 heisst nicht, dass da kein Bass-Anteil ist, sondern lediglich derjenige Bass-Anteil, für die der Hersteller die individuelle Anlage optimiert hat. Wir mischen uns nicht ein, der Bass Anteil hat das vorgesehene Verhältnis. Der Endverbraucher selbst weiss ja nicht wo der Bass herkommt. ob LFE, also .1, oder Bass Management.
    Zum anderen: Musik ist meist in 5.0, nur schreiben es die wenigsten drauf, weil das Format im allgemeinen als 5.1 bekannt ist. Es gibt aber durchaus auch Beispiele, die es korrekt dokumentiert haben, das sind aber die wenigsten.
    Zum Abschluss muss man vielleicht noch erwähnen, dass die künstlerische Ästhetik einer Mischung natürlich auch ein wenig Philosophie ist, oder auch: Willkommen zur Sendung 10 Produzenten - 10 Meinungen ;)

  • Ähhm... Bahnhof? :ratlos:


    Ich versuche, das mal für "normale" Menschen mit beschränktem Technikverständnis (so wie ich einer bin :p) zu übersetzen:


    Der Mensch ist fähig, räumlich zu hören und (obwohl er nur zwei Ohren hat) die unterschiedlichen Klangquellen bei einer Surroundanlage (Center, 2 Frontspeaker und 2 Backspeaker) differenziert auseinanderzuhalten. Bei tiefen Tönen versagt jedoch dieser räumliche Ortungssinn. Ab einem bestimmten Frequenzbereich kann man eben nicht mehr ausmachen, wo genau die Töne herkommen. Deswegen ist es prinzipiell wurscht, aus welchem Speaker genau die tiefen Töne kommen. 5.1 hätte demzufolge keinen wirklichen Vorteil gegenüber 5.0. Im Gegenteil kann aber das "Auseinanderziehen" der tiefen und hohen Frequenzen (wenn man die tiefen Frequenzen auf den .1-Kanal legt) zu einer Verfälschung des von den Produzenten eigentlich gedachten Klangbilds führen.


    1) Habe ich das soweit richtig verstanden?


    2) Was genau verursacht die "Verfälschung"?

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

  • @ Eric:

    So wie ich Yogi Lang verstehe sorgt der Verstärker (Bass Management) dafür dass die Bässe zum Subwoofer gelangen, dazu braucht man keinen separaten Kanal (".1") auf dem Datenträger. Dieser ist ohnehin nicht für Bässe in der Musik gedacht sondern für Effekte in Filmen - er heißt ja auch LFE (Low Frequency Effects).

    Davon dass man bei Bässen nicht orten kann woher diese räumlich kommen hat er ja nix geschrieben.


    Nachtrag:
    Ich sollte vielleicht noch dazu schreiben dass ich von der Technik keine Ahnung (aber Interesse) und keine Surround Anlage habe. Tom könnte das sicher besser erklären.

    http://de.wikipedia.org/wiki/LFE-Kanal

    5 Mal editiert, zuletzt von HoHoHo () aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Gut, dann habe ich also wirklich nichts verstanden :p.


    Aber danke für die Erklärung! Jetzt erst hab ich das geschnallt, dass man zum separaten Ansteuern des Subwoofers keinen eigenen Kanal braucht.

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

  • Dieses 5.1 kommt ja ursprünglich aus dem Kino und da hatte der LFE-Kanal tatsächlich nur die Funktion, bestimmte Effekte möglichst laut und tief wiederzugeben.


    Mit der These, dass es sich üblicherweise bei Musik-DVDs um 5.0 handelt, kann ich mich allerdings nicht anfreunden.
    Ich habe bei Musik-DVDs schon öfter die einzelnen Kanäle ausgelesen und im LFE-Kanal lag immer ein Tiefpass-Signal.


    Das Beispiel mit der Stereo-Quelle hinkt meines Erachtens auch,
    da ich ja normalerweise am Surround-Dekoder bewusst auf Stereo umschalte und mir dieser dann das Basssignal aus den beiden Quellen holt (im übrigen Standard-mäßig auch noch für die Surround-Boxen was erzeugt). Echtes Stereo beliefert tatsächlich auch nur die beiden Frontboxen. Eine Möglichkeit zur Umschaltung auf 5.0 ist (zumindest bei meinen Geräten) gar nicht vorhanden.


    Vorstellen könnte ich mir, dass beim Mix nichts bewusst auf den LFE-Kanal gelegt wird,
    dieser aber bei der Abmischung oder Herstellung dann aus den übrigen Kanälen mit einer festen Trennfrequenz erzeugt wird.


    Warten wir´s mal ab, ich bin gespannt auf die Ray-DVD...

    • Offizieller Beitrag

    @ sunrise
    Yogi nannte Konzert-DVDs, nicht Musik-DVDs. Und er sagte auch, dass es bei Ray keine so tiefen Bässe gibt (wie bei Explosionen), die eine Verlagerung in den .1 Kanal rechtfertigen würden.


    Wa das Stereo angeht, so sprach er auch nicht davon, daraus ein 5.0 zu machen, sondern lediglich darüber, dass Stereo-Abmischungen auch keinen Subwoofer-Kanal bei der ABmischujng nutzen. Was du beschrieben hast, ist eben dieses Bassmanagement.


    Ergo: Konzert-DVDs sind i.d.R. in 5.0 abgemischt, das Bassmanagement füttert dann den Subwoofer.


    Ich hab dieses "Problem" übrigens überhaupt nicht, ich hab nämlich keinen Subwoofer - und brauche auch keinen

  • @ sunrise
    Yogi nannte Konzert-DVDs, nicht Musik-DVDs.


    Ich meine generell DVDs, die Musik enthalten
    (als Abgrenzung zu Spielfilmen, wo der LFE-Kanal ja, wie bereits erwähnt, anders genutzt wird).
    Konzert-DVDs enthalten im allgemeinen Musik und sind deshalb von mir durch den Begriff "Musik-DVDs" mit eingeschlossen. ;)


    Und er sagte auch, dass es bei Ray keine so tiefen Bässe gibt (wie bei Explosionen), die eine Verlagerung in den .1 Kanal rechtfertigen würden.


    Ja, das habe ich verstanden.


    Wa das Stereo angeht, so sprach er auch nicht davon, daraus ein 5.0 zu machen


    Ich auch nicht!:gruebel:


    Was du beschrieben hast, ist eben dieses Bassmanagement.
    Ergo: Konzert-DVDs sind i.d.R. in 5.0 abgemischt, das Bassmanagement füttert dann den Subwoofer.


    Ich denke aber, dass das "Bassmanagement" bei Surround-Mischungen schon vor der Herstellung der DVDs erfolgt, denn auf den DVDs ist ja, wie gesagt, der LFE-Kanal "bespielt" (kenne ich bisher auch nicht anders).
    Folglich wäre dann das auf DVD vorliegende Format 5.1 (ist ja egal, wie es zu den 6 Kanälen gekommen ist).


    Nur als Beispiel:
    Ich mache hin und wieder Surround-Aufnahmen mit einem 4-Kanal-Recorder.
    tatsächlich werden also wirklich zunächst nur 4 Spuren aufgenommen (also 4.0).
    Aus den beiden Front-Signalen lässt sich dann in der Postproduktion auf Wunsch ein Mitten-Kanal erzeugen (wenn man das für nötig hält) und aus allen 4 Kanälen die tiefen Töne für den LFE herausgefiltert, ohne diese in den Kanälen zu entfernen.
    Aus diesem Grund benötigst du für die Wiedergabe von Musik-DVDs (also auch Konzert-DVDs) keinen Subwoofer, da ja noch das komplette Frequenzspektrum in den 4 (bzw. 5) Kanälen enthalten ist. Voraussetzung bei der Wiedergabe ist natürlich, dass die 4 (oder 5) Lautsprecher auch die komplette Bandbreite abbilden. Bei günstigeren Anlagen sind diese Speaker ja dafür nicht geeignet. naja, es ist ein weites Feld...


    Vielen Dank aber für die Mühe, Informationen zu den Aufnahmen zu bekommen.
    Wenn ein Meister, wie Yogi Lang beteiligt ist, dürfte das Resultat überzeugen.
    Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf die DVD (egal was da nun bei den technischen Daten aufgedruckt ist).

    • Offizieller Beitrag

    Hmm. Also irgendwie hast du nun einiges missverstanden und verdreht von dem was Yogi erläutert hat, aber auch dir selbst widersprochen.


    Konzert-DVD / Musik-DVDs.
    Mir ist klar, was du meintest, Yogi hat EXPLIZIT Konzert-DVDs gemeint.


    Zitat

    Echtes Stereo beliefert tatsächlich auch nur die beiden Frontboxen. Eine Möglichkeit zur Umschaltung auf 5.0 ist (zumindest bei meinen Geräten) gar nicht vorhanden.


    Darauf habe ich dann damit reagiert:
    "Was das Stereo angeht, so sprach er auch nicht davon, daraus ein 5.0 zu machen, sondern lediglich darüber, dass Stereo-Abmischungen auch keinen Subwoofer-Kanal bei der ABmischujng nutzen. Was du beschrieben hast, ist eben dieses Bassmanagement."



    Zitat

    Vorstellen könnte ich mir, dass beim Mix nichts bewusst auf den LFE-Kanal gelegt wird,
    dieser aber bei der Abmischung oder Herstellung dann aus den übrigen Kanälen mit einer festen Trennfrequenz erzeugt wird.


    Das macht auch keinen Sinn. Wenn er es in 5.0 abmischt, dann ist es einzig das Bassmanagement, das den Subwoofer füttert.


    Zitat

    Aus diesem Grund benötigst du für die Wiedergabe von Musik-DVDs (also auch Konzert-DVDs) keinen Subwoofer, da ja noch das komplette Frequenzspektrum in den 4 (bzw. 5) Kanälen enthalten ist. Voraussetzung bei der Wiedergabe ist natürlich, dass die 4 (oder 5) Lautsprecher auch die komplette Bandbreite abbilden. Bei günstigeren Anlagen sind diese Speaker ja dafür nicht geeignet. naja, es ist ein weites Feld...


    Brauche ich auch bei Spielfilmen nicht und die Erklärung hast du gleich mitgeliefert. Ich hab zwei Mords-Standlautsprecher mit einer sehr guten Basswidergabe. Diese wollte ich nicht durch einen Subwoofer kastrieren.
    Bei leuten, die am Rechner Brüllwürfel benutzen, ist das ganze natürlich anders zu sehen. Aber da ist es eh wurscht, weil auch kein guter Klang erzeugt wird, so oder so.

  • Auch wenn man Mords-Standboxen hat ist die Einbindung eines Subwoofers keine Kastration sondern eine gute Möglichkeit bei geringerer oder mittlerer Lautstärke die vorhandenen unteren Frequenzen abzubilden, egal ob Live- oder Studioproduktion und egal ob Stereo oder 5.x .

    shine on

  • Sehr interessant. Wieder etwas gelernt.
    Dass auch auf allen Musik Alben 5.1 steht wird marketingtechnisch bedingt sein, da es sich nach mehr anhört als 5.0 und man nicht das Gefühl bekommt, man hat da eine Mager-Variante erhalten.
    Und der Pseudo-Profi hat das Gefühl das ihm der Subwoofer Kanal genommen wird, was er ja nicht will. Klever.

    Zy
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    "The music is the true currency. It's more valuable than the accolades or the money. The relationship is with the invisible muse and you know if she's pleased or if she ain't." - Steve Hackett