Roger Waters

  • Samstag spielt Mr Waters in Berlin. Wer geht hin? Ich bin dabei und äußerst gespannt. Das wäre dann nach Gilmour vor zwei (?) Jahren in Wiesbaden mein zweiter Floyd. :)

    und im September hast du die Chance mit Mason auf den dritten Floyd

    mehr geht leider nicht , die Gelegenheit kommt nie wieder


    Kein Geist ist in Ordnung, dem der Sinn für Humor fehlt.

    Samuel Taylor Coleridge


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  • Heute Roger Waters, gestern Thom Yorke im Tempodrom. Künstlerisch liegen Welten dazwischen, politisch wohl auch. Radiohead wurden von Waters massiv angefeindet, weil sie in Israel aufgetreten sind. Der kleinste gemeinsame Nenner dürfte sich in dem vollbärtigen Barden mit rosa Perücke und Minirock finden, der gestern gegen Mitternacht vor dem S-Bahnhof Warschauer Straße auf einer alten Klampfe "Wish you were here" runtergedroschen hat. :thumbup:

  • Das Konzert gestern in Berlin hat mir gut gefallen.


    Auf meinem Platz im Oberrang Reihe 1 kam mir der Sound anfangs etwas mau und wenig raumfüllend vor. Das lag möglicherweise entweder am Platz oder ist dem Surroundkonzept geschuldet, welches in der Saalmitte am besten wirken sollte. Dafür war der Platz ideal, um die Projektionen in der zweiten Konzerthälfte zu verfolgen. Falls ihr mal in der Mercedes Benz-Arena seid, nehmt aber nicht die erste Reihe im Oberrang, da dort eine Brüstung die Sicht etwas einschränkt (je nach Größe).


    Gespielt wurde ein schöner Mix aus Solo- und Floyd-Songs, der mir auch von der Dramaturgie sehr gefallen hat. Höhepunkte waren natürlich die üblichen Verdächtigen (Another Brick In The Wall, Wish You Were Here, Comfortly Numb etc.), aber auch die Stück vom letzten Solo-Album passten sich gut ein. Hier gefiel mir insbesondere "Smell The Roses". Die ganzen Projektionen und das fliegende Riesenschwein waren natürlich sehr imposant. Gerade die Screens verfehlten ihre Wirkung nicht. Das war schon sehr beeindruckend.


    Auf das ganze Politik-Gedöns kurz vor Schluss und in der Pause hätte ich zwar verzichten können. Aber gut, wenn ihm das wichtig ist, soll er machen. Insgesamt würde ich aber sagen, dass ich so ein Waters-Konzert im Gegensatz zu Gilmour nicht noch einmal bräuchte. Es war toll, aber letztgenannter hat mich emotional dann doch mehr gepackt. Gilmour-Gitarre kann halt doch nur Gilmour. ;)

  • Gilmour hab ich selbst noch nicht live erlebt, kenne und mag aber sehr die Konzertfilme. Allerdings muss ich sagen, dass mir die Versionen von Waters doch noch etwas besser gefallen. Waters hat ebenfalls grandiose Gitarristen dabei, die sich vor Gilmour auch nicht unbedingt verstecken müssen. Vor allem aber empfinde ich die Versionen von Waters als kraftvoller, rauher und weniger weichgespült. Man fühlt Rogers Zorn in jeder Note.

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

  • Im Oberrang ganz oben war Samstag der Sound am Anfang auch nicht ganz so gut, wurde dann aber schnell besser. Die Show ist Spektakel und sein Geld in der Relation zu den heutigen Ticket-Preisen auf jeden Fall wert. Schön wäre es, wenn Waters in ironischer Absicht die Show so aufgebaut hätte, dass die hochpreisigen Plätze ganz vorn in der Mitte zwar seine Falten aber nicht das visuelle Gesamtkonzept zu sehen bekommen hätten. Aber so subtil ist er nicht gestrickt.

    Waters ist ein unfassbarer Egomane. Das merkt man zu jeder Zeit. Und er ist so abgekocht, dass er genau weiß, wie er mit Mimik und Gestik den Applaus vor "Comfortably numb" minutenlang zieht, und er genießt das. Jeder andere würde bei dem entsprechenden Solo von Kilminster im Hintergrund der Bühne verschwinden, Waters stiehlt seinem Gitarristen die Show und macht gut beleuchtet Handshakes mit der ersten Reihe.

    Eigentlich kann man dabei gut sehen, dass das Zerwürfnis zwischen ihm und dem Rest von PF so kommen musste, wie es kam. Waters hat unbestritten großen Anteil, an dem was PF so groß gemacht hat, wenn nicht gar den größten, aber Gilmour, Mason und vorallem Wright waren unverzichtbar, eben die anderen Teile der Gesamtsumme. Ob er das bis heute in vollem Umfang erkennt, ist fraglich.

    Sein politisches Engagement fällt dementsprechend auf. Leise und differenziert geht nicht. Manches darf durchaus laut und radikal gesagt werden. Trump is a pig wird mit zahlreichen Zitaten auf den Screens belegt. Aber die Organisation BDS, die von ihm so eifrig unterstützt wird, sollte in mancher ihrer Ansichten besser hinterfragt werden. Der WDR bekam sein Fett weg, weil der Sender seinen Toursupport wegen Antisemitismusvorwürfen gegen Waters eingestellt hat. Er deutete an, sie sich in Köln mal vorzuknöpfen. Das auf dem fliegenden Schwein bei früheren Tourlegs der Davidstern zu sehen war, hat er wohl ausgeblendet. Der rbb hat es dem WDR gleichgetan. In Berlin blieb das unkommentiert. Vielleicht kriegen die in Köln ihre Meinung vorgehalten. Mal sehen............

    Trotzdem war es ein unterhaltsamer Abend mit toller Musik und famosen Visuals.

  • Ich war auch da am Samstag in Berlin, mein erstes Konzert bei einem der Floyds, und hatte großen Spaß mit der Show, die Waters da abgeliefert hat. Bei dem Konzert gibt es meiner Ansicht nach wirklich nichts zu bemängeln. Großartige Musiker, mit denen er da unterwegs ist, eine rundum gelungene Setlist (mit großem Moon und Animal-Anteil, aber auch was von seinem letzten Solo-Album) und natürlich eine wahnsinns Show. Ich saß seitlich im Innenraum und konnte das ganze Spektakel gut überblicken.

    Was mich aber dann doch etwas störte: Klar, es handelt sich um ein Sitz-Konzert, aber dass ich bei "Another Brick in the wall" gefühlt als Einziger im Innenraum stand und dann von hinten eifrig darum gebeten wurde, ich solle mich doch hinsetzen, da man sonst nichts sehe, hat mich dann doch sehr gewundert. Und auf meine Bemerkung hin, man sei hier doch auf einem Konzert und könne ja auch mal aufstehen, wurde ich so bestürzt angesehen, dass mir klar war, dass hier niemand hinter mir ebenfalls aufstehen würde und ich mich also wieder hinsetzte, um niemanden die Sicht zu nehmen. Es hat dann bis zum letzten Song gedauert, bis plötzlich alle standen und man seinen Stuhl mal verlassen durfte. Ich gehöre mit meinen 22 Jahren zugegebenermaßen zu einer Minderheit der jüngeren Konzertbesucher, aber dennoch kann ich das Verhalten nicht ganz nachvollziehen. Da rockt ein über 70jähriger die Bühne, motiviert das Publikum immer wieder zum Mitmachen und die breite Masse im Innenraum vor der Bühne sitzt dann da wie im Kinosaal oder in einer Schlagershow zum Mitklatschen. Klar, bei Pink Floyd gibt es viele lange Sachen, bei denen man gerne sitzen bleibt, aber bei "the wall"? Nee, diese Sitzplätze sind nichts für mich, auch wenn ich bei anderen Konzerten ebenfalls ohne Stehplätze schon bessere Stimmung erlebt habe. Das sollte mir den Abend aber nicht vermiesen ;)

    Und ja, ich finde es gut, dass Waters nach wie vor so politisch ist. Es sollten sich viel mehr Musiker offen politisch positionieren, in der heutigen Zeit kann man gar nicht politisch genug sein. Aber es war mir schon klar, dass die Zeitungen im Nachhinein von "einem Eklat" schreiben würden, wenn Waters am Ende des Konzertes wieder mit seiner Israel-Kritik kommt. Das ist nunmal sein politisches Thema und etwas, für das er sich seit Jahren engagiert. Klar, die BDS sollte man sicherlich kritisch sehen und vieles hier ist auch in meinen Augen höchstproblematisch. Aber eine Mitgliedschaft bei dieser Vereinigung heißt nicht, dass man Antisemit ist. Und einen Staat und seine Politik zu kritisieren, fällt nunmal unter die freie Meinungsäußerung und darf kein Tabu sein, auch wenn man sich wünschen würde, dass die Kritik differenzierter stattfinden würde (und Waters hat es nicht so sehr mit Subtilität, das merkt man auch seiner Musik immer wieder an). Was aber die Medien in ihren Berichten in den letzten Monaten daraus gemacht haben (wohlgemerkt in der Regel ohne darüber zu berichten, worum es Waters eigentlich dabei geht), sehe ich als absolut diskreditierend und falsch an, wobei das Verhalten des WDR hier als öffentlich-rechtliches Medium weit heraussticht. Wenn sich Waters nämlich in Folge dessen dazu verpflichtet fühlen muss, sich auf die Bühne zu stellen und nochmals zu wiederholen, dass er sich gegen einen Staat und seine (in seinen Augen) menschenrechtsverletzenden Handlungen richtet und nicht gegen Juden ("Ich bin kein Antisemit"), dann läuft hier definitiv irgendetwas falsch.

  • Es ist leider insbesondere in Deutschland nicht möglich den Staat Israel und seine Politik zu kritisieren ohne dafür Antisemit genannt zu werden. Eine Unterscheidung Israel/Juden ist nicht zulässig. Waters ist da ja nicht der einzige dem das passiert.

  • ...

    . Waters ist da ja nicht der einzige dem das passiert.

    Wem denn zum Beispiel noch?:gruebel:

    Vielleicht kann man das ja auch im Thread "Politik und Musik" oder so weiter diskutieren...

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  • Es ist ja nicht so, dass Waters zensiert wird. Er darf immer und überall seine Ansichten und Meinungen äußern, und er darf überall auftreten. Scheint zu funktionieren, diese Redefreiheit. Was Nick Cave, BonJovi und Radiohead betrifft, scheint dieses Prinzip in seinen Augen nicht zu gelten. Da hagelt es massive Kritik, wenn diese in Israel auftreten. Insbesondere Nick Cave wurde von BDS-Kreisen so massiv bedrängt, dass er erst recht in Israel auftrat, um dieser Bevormundung etwas entgegenzusetzen. Diese sehr einseitige Radikalität ist schon bedenklich. Das mehrere öffentliche Rundfunkanstalten dann lieber aus dem Boot der Tourunterstützung aussteigen, sollte man akzeptieren können. Auch die haben ein Recht auf ihre Meinung.


    Demnächst tritt er in St. Petersburg und Moskau auf. Dort soll es ja Probleme mit Rechten von Minderheiten, der Pressefreiheit und besetzten Landstrichen geben.