"Beatles vs. Stones vs. Mozart" - Sinn und Unsinn von Ranking-Listen und Spekulationen über zukünftige Rezeption klassischer Rockmusik...

  • Was die Beatles betrifft, würde ich indes sogar eine größtmögliche Objektivität für mich beanspruchen.

    Objektivität? Schwer möglich, wenn es um Musikgeschmack geht. Musikhistorisch schon eher, so wie wir hier über ihre Bedeutung für spätere Entwicklungen in der Rockmusik sprachen. Aber aus heutiger Sicht, würde man die Musik der Beatles von objektiven Kriterien her mit der Musik späterer Progrock - Bands vergleichen, würde ihre Musik doch recht simpel aussehen. Das ist in der klassischen Musik ähnlich, Beispiel Mozart. Für seine Zeit war er genial, aus späterer Zeit betrachtet eher trivial. Subjektiv bedeuten mir die Beatles jedenfalls mehr als "eigentlich" ihre Musik in meinen heutigen Ohren hergibt. Mozart war in meiner Kindheit auch enorm wichtig, heute nicht mehr.

    “It doesn`t have to be like this. All we need to do is make sure we keep talking"

    Stephen Hawking

    (Zitat aus dem Song "Keep Talking" von Pink Floyd, mit Stephen Hawking`s Stimme)

  • Objektivität? Schwer möglich, wenn es um Musikgeschmack geht. Musikhistorisch schon eher, so wie wir hier über ihre Bedeutung für spätere Entwicklungen in der Rockmusik sprachen. Aber aus heutiger Sicht, würde man die Musik der Beatles von objektiven Kriterien her mit der Musik späterer Progrock - Bands vergleichen, würde ihre Musik doch recht simpel aussehen. Das ist in der klassischen Musik ähnlich, Beispiel Mozart. Für seine Zeit war er genial, aus späterer Zeit betrachtet eher trivial. Subjektiv bedeuten mir die Beatles jedenfalls mehr als "eigentlich" ihre Musik in meinen heutigen Ohren hergibt. Mozart war in meiner Kindheit auch enorm wichtig, heute nicht mehr.

    Ja, deswegen schrieb ich auch "größtmögliche" Objektivität... Objektivität ist eigentlich immer ein großes Wort und natürlich kaum einmal, wenn überhaupt einmal erreichbar und realistisch. Aber es gibt zwischen mir und en Beatles eine so etwas wie eine gewisse emotionale Distanz, die jedenfalls größer ist als zu anderen Musikern. Umso erstaunlicher, dass ich sie schätze.

    Deine Bewertung von Mozart als trivial aus heutiger Sicht finde ich recht gewagt. Du erweckst da jetzt den Eindruck, als ob das eine objektive, unumstößliche Beurteilung wäre. Ebenso bei den Beatles. Da schreibst Du dann immerhin, dass das in Deinen Ohren so klingt. Ich wüsst ansonsten nicht, warum Beatles-Musik heute unumstößlich weniger hergeben sollte als sagen wir mal ein Album aus den 70ern wie Trick Of The Tail oder ein aktuelles wie das neue Album von Steve Hackett, das Du ja schätzt.

  • Ja, deswegen schrieb ich auch "größtmögliche" Objektivität... Objektivität ist eigentlich immer ein großes Wort und natürlich kaum einmal, wenn überhaupt einmal erreichbar und realistisch. Aber es gibt zwischen mir und en Beatles eine so etwas wie eine gewisse emotionale Distanz, die jedenfalls größer ist als zu anderen Musikern. Umso erstaunlicher, dass ich sie schätze.

    Deine Bewertung von Mozart als trivial aus heutiger Sicht finde ich recht gewagt. Du erweckst da jetzt den Eindruck, als ob das eine objektive, unumstößliche Beurteilung wäre. Ebenso bei den Beatles. Da schreibst Du dann immerhin, dass das in Deinen Ohren so klingt. Ich wüsst ansonsten nicht, warum Beatles-Musik heute unumstößlich weniger hergeben sollte als sagen wir mal ein Album aus den 70ern wie Trick Of The Tail oder ein aktuelles wie das neue Album von Steve Hackett, das Du ja schätzt.

    Nicht unumstößlich, aber relativ: Im Vergleich zur zeitgenössischen Musik damals war Mozarts Musik sehr komplex und anspruchsvoll, im Vergleich zu moderner (klassischen) "ernsten Musik" (Alexander Skrjabin, Gustav Mahler, Arnold Schönberg etc) ist seine Musik noch objektiven Kriterien beurteilt einfacher strukturiert, zugänglicher, eingängiger. Es ist aber auch durchaus eine objektive Tatsache, dass Mozarts Musik im Vergleich zum Zeitgenossen Beethoven einfacher ist. Ich würde sagen, Mozarts Musik ist überwiegend kindgerecht, da können Kinder in der Regel mehr mit anfangen als mit Beethoven. Trotzdem ist seine Musik genial. Und auch nach ganz objektiven, musikwissenschaftlichen Kriterien ist die Musik auf Foxtrot viel komplexer und verlangt dem Hörer wesentlich mehr ab als so ziemlich alles von den Beatles.

    “It doesn`t have to be like this. All we need to do is make sure we keep talking"

    Stephen Hawking

    (Zitat aus dem Song "Keep Talking" von Pink Floyd, mit Stephen Hawking`s Stimme)

  • Nicht unumstößlich, aber relativ: Im Vergleich zur zeitgenössischen Musik damals war Mozarts Musik sehr komplex und anspruchsvoll, im Vergleich zu moderner (klassischen) "ernsten Musik" (Alexander Skrjabin, Gustav Mahler, Arnold Schönberg etc) ist seine Musik noch objektiven Kriterien beurteilt einfacher strukturiert, zugänglicher, eingängiger. Es ist aber auch durchaus eine objektive Tatsache, dass Mozarts Musik im Vergleich zum Zeitgenossen Beethoven einfacher ist. Ich würde sagen, Mozarts Musik ist überwiegend kindgerecht, da können Kinder in der Regel mehr mit anfangen als mit Beethoven. Trotzdem ist seine Musik genial. Und auch nach ganz objektiven, musikwissenschaftlichen Kriterien ist die Musik auf Foxtrot viel komplexer und verlangt dem Hörer wesentlich mehr ab als so ziemlich alles von den Beatles.

    Mhm, anspruchsvoll ist schonmal ein schwammiger Begriff. Und dann glaube ich nicht, dass Beschreibungen wie einfache Strukturen und komplexe Strukturen überhaupt geeignet sind für eine qualitative Unterscheidung. Das kommt mir recht bildungsbürgerlich vor. Wenn das so genannte Einfache so einfach wär, hätten wir mehr davon auf hohem Niveau. Man müsste auf der anderen Seite auch unterscheiden zwischen Komplexität und Umständlichkeit. Ich zum Beispiel empfinde - mal nebenbei - eine Menge Retro- und Neo-Prog, etwa von Spock's Beard/More, Flower Kings oder anderen eher als umständlich.

    Es kommt doch auch auf die Absicht an. Ich glaube nicht, dass Mozart, wie Du sagtest, heute als trivial gilt. Und dass andere danach komplexere Strukturen geschaffen haben, kann kein Kriterium dafür sein und ist es ja auch nicht. Das wäre ja ein Höher, Schneller, Weiter - das in der Kunst nix zu suchen hat. Da könnte man umgekehrt auch sagen, dass ein Leonardo der definitiv bessere Künstler war als ein Warhol.

    Klar, man kann sagen, dass ein Schönberg recht komplexe Musik geschaffen hat. Das kann man so feststellen und als Verdienst würdigen. Aber das erhebt ihn doch nicht über Mozart, der eine andere Absicht hatte, offensichtlich eingänigere Struktutren von großer Tiefe zu schaffen (die Jahrhunderte überlebt haben). Mozart ist ja kein Gescheiterter, der eigentlich nur wollte, was ein Schönberg später verwirklicht hat. Und die Beatles sind bitteschön auch keine gescheiterten Genesis :)

  • Mhm, anspruchsvoll ist schonmal ein schwammiger Begriff. Und dann glaube ich nicht, dass Beschreibungen wie einfache Strukturen und komplexe Strukturen überhaupt geeignet sind für eine qualitative Unterscheidung. Das kommt mir recht bildungsbürgerlich vor.

    Aus der Nummer, dass wir gebildet sind, kommen wir glaub ich nicht mehr raus. Der Zug ist abgefahren. ^^

    Aber Deine mir scheinbar unterstellten Bewertungen, so in dem Sinne, dass komplexer "besser" wäre, geben meine eigenen Texte eigentlich nicht her. Ich finde auch, dass es auf etwas Subjektives hinaus läuft. Ich höre auch gerne einfache Sachen. Wie Du sagst, haben einfachere oder weniger komplexe Stücke manchmal mehr Tiefe als komplexere.

    “It doesn`t have to be like this. All we need to do is make sure we keep talking"

    Stephen Hawking

    (Zitat aus dem Song "Keep Talking" von Pink Floyd, mit Stephen Hawking`s Stimme)

  • Aus der Nummer, dass wir gebildet sind, kommen wir glaub ich nicht mehr raus. Der Zug ist abgefahren. ^^

    Aber Deine mir scheinbar unterstellten Bewertungen, so in dem Sinne, dass komplexer "besser" wäre, geben meine eigenen Texte eigentlich nicht her. Ich finde auch, dass es auf etwas Subjektives hinaus läuft. Ich höre auch gerne einfache Sachen. Wie Du sagst, haben einfachere oder weniger komplexe Stücke manchmal mehr Tiefe als komplexere.

    Yes - and "That's all" ;)

    Einmal editiert, zuletzt von SquireFish () aus folgendem Grund: In der ersten Version falsches Zitat eingefügt

  • Ich finde auch, dass es auf etwas Subjektives hinaus läuft.

    So ist es. Einem eingefleischten Rock‘n‘Roll-Fan kann man noch so sehr erklären, warum experimentierfreudige Ansätze mit orchestralen Elementen oder indischen Sitar-Klängen ganz neue Welten eröffnet haben. Es wird sich ihm nicht zu 100% erschließen, weil er eine andere Vorstellung von Musik hat. Und dass wir alle so unterschiedlich ticken, ist ja auch total gut.


    Ich persönlich bin großer Fan der Beatles und finde es genial, was sie alles erschaffen haben. So viele unglaublich gut geschriebene und auch unterschiedliche Songs. Den Stellenwert ihrer Musik kann man meiner Meinung nach gar nicht hoch genug einschätzen und gleichzeitig erreichen mich viele ihrer Songs auch emotional. Trotzdem sind aber auch die Stones nicht unberechtigt da, wo sie sind. Die ewige Frage ob Stones oder Beatles ist aus meiner Sicht völlig blödsinnig. Genauso könnte man sich auch die Frage stellen, ob Weiß- oder Rotwein besser ist. Warum nicht einfach beides als etwas jeweils ganz Eigenes betrachten? Solche Vergleiche führen zu nichts.

  • Welche Spuren die Beatles im Film hinterlassen haben, bis heute, zeigt die Blow up Doku bei Arte - Die Beatles im Film. Bestimmt an die 100 Filme werden in 27 Minuten gestreift. Sehr kurzweilig schön. Wer es noch nicht gesehen hat.


    Blow up - Die Beatles im Film - Film in voller Länge | ARTE
    Wie wäre es bei Blow up mit einer neuen und verbesserten Folge über die Beatles im Film? Denn bei einem Streamingdienst gibt es demnächst die lang erwartete…
    www.arte.tv

    Genesis seit 1974

    Jethro Tull seit 1971

    ELP seit 1970

    Beatles seit 1969

    Drafi Deutscher 1966 😁

  • An der sehr vollständigen Doku auf Arte spiegelt sich gut unser heutiges gebrochenes Verhältnis zum Thema. Oberflächlich nutzt der Sprecher aus dem OFF einen irgendwie "ironischen" Tonfall. Weil wir immer gleich mitdenken, wie die Jüngeren und wie Nicht-Fans darüber denken könnten. Genauso vorsichtig bleibt die Doku inhaltlich, in die Tiefe wagt sich die Doku nicht. Es ist eine gut recherchierte Aufzählung von Funden, wie ein Glossar ohne Erklärung. Ohne das, was ein Kurator machen würde, also ohne Einordnung. Was machte das Anspielen eines Beatles Liedes denn generell so besonders und was hatte genau dieses Lied mit der Zeit der Film-Entstehung oder dessen Inhalt zu tun?

    Ein Sinnbild für die Brüche der Beatles-Verehrung. Mich erinnert das an etliche Beiträge im Wikipedia zu vielen Beatles-Themen, z.B. naheliegend zum Cover von Sgt. Peppers. (Deutsch existiert kein Beitrag) Da werden eifrig die einzelnen Abbildungen nummeriert und bis in feinste Details aufgezählt (Marcello Mastroianni nur die Spitze vom Hut). Warum aber waren die Beatles so fasziniert von Shirley Temple (3 x) ? Wollten sie die Stones ärgen? Die Bedeutung DAMALS, die Hintergründe geben uns heutige, moderne Forscher, Jäger und Sammler der Internetzeit nicht hier und nicht öffentlich zu wissen, sondern nur in speziellen, schwer zu bekommenden und teils teuren Abhandlungen. (Klassendenken? Keine Perlen vor die Effegriesfans?


    Die Zeitgenossen, die tatsächlich 66-68 über 14 Jahre alt waren und von erstaunlichen Songs einzelner Bands auf das kommende Progressive vorbereitet wurden, die sind es mittlerweile satt, neugierigen Nachfragern ihre ersten Empfindungen gegenüber der neuen Kunstform zu schildern. Erst allmählich jetzt öffnen sie noch ein letztes Mal in Blogs oder auf fb ihre Archive und erinnern sich an Einzelnes - die Clubszene 66 in London etc. Syd & Paul mit LSD im UFO Club

    (Bin für www sehr dankbar, kann nun doch noch einmal durch die Augen von Zeitzeugen einigem nachspüren. Verklärt vielleicht und oft nur 98% richtig, aber nachvollziehbar.)


    Wir Spätgeborenen ernährten unsere Phantasie ab den 70gern von einzelnen Schnipseln in wenigen guten Musik-Zeitschriften. Was für ein irrer Ritt dann das Internet für uns wurde, als wir eigentlich schon die 40 überschritten hatten. Eine neue, bunte, Welt. Erst seit Ende der 90ger sieht und hört auch die breitere Menge an Fans, wie jede Aufnahme, jede Tape-Aufschrift der Beatles gefilmt, fotografiert und zelebriert worden war. Ich staune immer wieder und finde nerdige Schätze über die Beatles, bei denen echte Kenner alles Suchen nach verlorenen Live-Aufnahmen der PG-Zeit (oder trainspotting) in den Schatten stellen.

    Zum Beispiel Das Mysterium der einen Basslinie auf when my guitar


    Um @townmans Gedanken zum Kunstverständnis aufzugreifen: Museal muss nicht schlecht sein. Die Erfindung von www hat Massen-Fachkenntnis gehoben und unsverfügbar gemacht. www hat rund um die Beatles (und ja, auch um die Stones und um Elvis und viele mehr) ein neues, von Laien- und Hobby-forschern geprägtes, äußerst lebendiges Museum entstehen lassen. Unfassbar, was man heute alles finden kann.


    Den Zugang zu den Videoclips und Artikeln über die Werk-Entstehung, den muss jedes Auge und Ohr und Herz selbst finden. So entstehen neue kleine Folge-Kunstwerke ... ist es nicht faszinierend und eine eigene Form von Kunst, wie sich unsere junger Freund drumdani mit historischer und musikalischer Einordnung von vor 60 Jahren entstandenen Stücken auseinandersetzt und so auf den Punkt bringt?

  • Um @townmans Gedanken zum Kunstverständnis aufzugreifen: Museal muss nicht schlecht sein. Die Erfindung von www hat Massen-Fachkenntnis gehoben und unsverfügbar gemacht. www hat rund um die Beatles (und ja, auch um die Stones und um Elvis und viele mehr) ein neues, von Laien- und Hobby-forschern geprägtes, äußerst lebendiges Museum entstehen lassen. Unfassbar, was man heute alles finden kann.

    Scheint mir, als sollte ich nochmal klar Stellung beziehen: "Museal" ist super! Wenn ich ins Museum gehe, kann ich Vergangenheit anschauen und verstehen.

    Kunstwerke aber, die eine aktuelle Relevanz haben, rezipiere ich im Konzert, in einer Kunstausstellung, in einer Aufführung usw.

    Künstlys, die nur noch museale Bedeutung haben, sind schlichtweg "out". Die Kunstgeschichte ist voll von Namen, die ehemals bedeutend waren und heute vergessen sind. Man begegnet ihnen lediglich, wenn man seinem historischen Interesse folgt.

    Klar, man kann ihre Werke dann auch ganz unmittelbar/direkt rezipieren. Damit das eine intersubjektive Relevanz haben könnte, müssten die Werke aber erst einmal wieder auf die Bühne, in eine Ausstellung usw. wandern.

    Die Beatles haben m.E. ihren musealen Sonderplatz sicher. Und ich denke, dass es keinen popularmusikalischen Act des 20. Jahrhunderts geben wird, der ihnen diesen Platz nochmal irgendwann streitig macht. Weder die Stones noch Elvis.

    Ob die Beatles aber in 200 Jahren noch so relevant sind wie Mozart heute, ist einfach nur spekulativ. Ich bezweifle das jedoch sehr stark, weil ich in Mozarts Opern und Klavierkonzerten so dermaßen künstlerisch aufs Höchste sublimiertes, unglaubliches, zeitloses Erfahrungspotenzial sehe/höre, wie ich es den Beatles bislang nicht zuschreiben könnte.

    (Genesis werden sicherlich vergessen und lediglich im Museumskatalog unter "gehörten zu den führenden Bands des klassischen Progressive Rock" zu finden sein.)