Phil Collins Live Aid mit Led Zeppelin

Phil schreibt unter anderem, er sei Led Zep-Fan der ersten Stunde (und auf deren allererstem Gig gewesen) und hätte lediglich vor dem Gig eine Frage zu einem Drumfill (in Stairway) gehabt, die man/ Page ihm nicht beantwortet hat. Außerdem schreibt Phil, wie Plant ihn gebeten hatte, ihn mit aufs Line-Up zu holen und dass es dabei nie um eine Led Zeppelin-Reunion ging. Dabei schreibt Phil auch, er hätte von Anfang an gesagt, er würde gern mit beiden spielen (Plant und Page), hätte aber keine Zeit für Proben im Vorfeld.

Auf den Gig mit Clapton (und dessen Drummer) hat Phil sich übrigens genauso wenig vorbereitet und der Auftritt ist tadellos.

Zitat von townman

Es kann ja sein, dass Page scheiße gespielt hat an dem Tag (der Gitarrensound auf YT ist derart schlecht, dass ich das Meiste überhaupt nicht verstehe, was er spielt), aber dass er anmerkt, dass beide Drummer das Set nicht (gut genug) kannten, entspricht dem, was faktisch zu hören ist. Beschimpfungen?

Wenn man sich diverse Live-Bootlegs und Videos von Zep anschaut, muss man schockiert feststellen, dass Page ziemlich oft ziemlich scheiße gespielt hat. Ein toller (Live)Gitarrist ist und war er nie gewesen.

Sich dann über Phil auszulassen, der sich höchst selten im Konzert etwas zu Schulden hat kommen lassen, ist kleingeistig und absolut unprofessionell.

Hallo.
Ohne mich hier profilieren zu möchten, aber vll hilft ja vll eine Einschätzung von einem Drummer. Dazu muss ich erst einen kleinen Exkurs machen um einen Vergleich zu ziehen: ich spiele z.B. seit über 30 Jahren, auch öfters werde ich mal gebucht für Gigs, wo vorher nicht geprobt wird zusammen. Ich höre mir die Songs raus, bzw transkribiere mir sie als Lead-Sheets oder gar komplett. Dann übe ich die Songs zuhause mit Kopfhörer und beim Gig macht man vorher einen Soundcheck bzw man spielt sie einfach durch.

Wenn man mich jetzt morgen anrufen würde für Led Zeppelin zu spielen müsste ich mich gewiss vorbereiten auf die Stücke, weil ICH kein Zeppelin Fan bin, damit ich die Abläufe und Breaks kenne, technisch gesehen wäre da allerdings nichts dabei, das ich nicht spielen könnte. Bei Genesis wäre es anders: hier könnte ich "vermutlich" bis auf zu "The Lamb" alles "adhoc" spielen, einfach weil ich die Musik schon seit meiner Kindheit höre und x-mal mitgetrommelt habe, ausgecheckt habe. Die Gabriel Alben mit Stücken wie "The Battle of Epping Forest" sind wirklich vertrackt und Phils Drumming ist höchst komplex, hier müsste ich mich definitiv nochmals extra vorbereiten. Müsste ich jetzt Coldplay spielen und hätte den Ablauf im Kopf, könnte ich es auch direkt alles adhoc spielen, weil es technisch nicht anspruchsvoll ist. Und Adele könnte ich wahrscheinlich schon spielen, bevor ich es jemals gehört habe, einfach weil ihre Songs gewissen Schemen und Formen folgen, und. man alles schon erahnen kann, und man sich einem gewissen Pop-Drumming Vokabular bedienen kann, und damit 100% Sicherheit gut liegt.

Phil kannte 1985 die Zeppelin Alben seit ihrem Erscheinen, für ihn ist das alles technisch super easy, da Bonham (obwohl vom Feeling und Sound überragend und auch stilprägend) bei Led Zeppelin weitaus "einfachere" Musik bedienen musste als zB Phil bei einer Progressive Rockband Genesis mit ungeraden Taktarten und ewig langen Stücken mit Tempowechsel, schnellen und komplexen Tutti-Passagen.

Dass hier was daneben ging, lag ganz einfach an den fehlenden Opportunitäten zu gemeinsamen Proben, und dann auch noch 2 Schlagzeuger...

Wenn ich vor einem Gig merke dass die Band nicht so richtig eingespielt ist (das kommt im professionellen Umfeld weitaus häufiger vor als vermutet da oft Musiker angerufen werden um schnell einzuspringen und jmd zu ersetzen oder weil sich schnell irgendwo eine Gelegenheit geboten hat Geld zu verdienen) übernehme ich als Schlagzeuger gerne vor dem Konzert die Verantwortung und sage allen Bandmitgliedern davor: schaut mich an, ich gebe die Cues für Anfänge, Schlüsse und Umbrüche. Damit übernehme ich sozusagen die musikalische Leitung. Nicht umsonst gibt es in einem Orchester auch einen Dirigenten: er leitet die (einzeln sehr guten, aber im gesamten doch vielen individuellen) Musiker, so dass alles an einem Strang zieht um am Ende ein gutes kohärentes Ergebnis dabei raus kommt. Darum sind ja auch gute. Dirigenten so begehrt, weil sie sich in jeden einzelnen Musiker hineinversetzen können müssen, um wiederum die Gesamtkomplexität verstehen zu können und aufzulösen.

Mit 2 Drummern ist das ohne vorherige Absprache nahezu unmöglich, da 2 Dirigenten am Werk sind. Der Drummer gibt nämlich "wortwörtlich" den Takt vor: und in dem Led Zep Fall wollte Tony Thompson den Takt vorgeben, weil er mit der Band vorher schon geprobt hatte und sich von Phil nicht die Show stehlen lassen. Dann kam hier noch ein komplett zugedröhnter Jimmy Page hinzu, der auch nicht mit Plant eingespielt war; das Ganze war zum Scheitern verurteilt. Man hätte hier auch Vinnie Colaiuta oder Jeff Porcaro schicken können, mit einem 2.Drummer der dagegen zieht, kann so etwas nur schief gehen. Mehr ist es nicht: Phil wurde gefragt, und dann war plötzlich noch ein 2.Drummer dabei. Er hat ja auch gesagt er wäre am liebsten schon vorher von der Bühne gegangen, aber dafür war es schon zu spät.

Abschließend möchte ich aber jetzt auch noch sagen, dass wir hier vll ein bisschen das Gesamtspektrum verlieren und durch Selbstselektion denken, die misslungene "Led Zeppelin Reunion" sei jetzt wieder ein "Thema".

Nun, wir sind hier im Genesis Forum und bewegen uns in einem Rahmen ganz gezielter Interessen, insofern erhält jeder von uns auch maßgeschneiderte Suchergebnisse und Vorschläge in den sozialen Medien: Da draussen hat die Hälfte der Bevölkerung Live Aid nicht miterlebt weil noch nicht geboren, von der Hälfte hat sich wiederum 99% nicht dafür interessiert, wie jetzt Led Zeppelin bei Live Aid gespielt hat, und davon nochmals 99% nicht wie Phil da in den 10 Minuten seines 70jährigen Lebens Drums gespielt hat. Will damit sagen: wir analysieren grade den Kackhaufen eines Regenwurms auf den Färöer Inseln: das juckt ausser uns ziemlich wenig Leute (ausser Jimmy Page vll)

Zitat von rivanov

wir analysieren grade den Kackhaufen eines Regenwurm auf den Färöer Inseln: das juckt ausser uns ziemlich wenig Leute (ausser Jimmy Page vll)

Zitat von rivanov

Will damit sagen: wir analysieren grade den Kackhaufen eines Regenwurms auf den Färöer Inseln: das juckt ausser uns ziemlich wenig Leute (ausser Jimmy Page vll)

Außer man hat als Hobbies Regenwürmer, Färöer Inseln, Humusbildung allgemein und Humusbildung unter extremen Klimabedingungen so wie ... wir ? na .. ich jedenfalls. Alle viere

Mein like hast Du... von nerd zu nerd ... für die liebevolle und freundliche Erläuterung der Schlagzeuger-Position. Ich bin da ungebildet, kenne es aus Hobby-Bands, dass auch Frontmänner oder Leadguits als "Dirigenten" im Einsatz sein können. Na, danke jedenfalls, ich tauche dann mal wieder ab in meine nerdische Forschergruft

Zitat von Get-in-to-get-Out

ich glaub, sowas hatten wir exakt schon mal vor ein paar Jahren.  

Weiß ich nicht mehr... Aber ich hatte jetzt schon den Anfang nicht verstanden und dann eben auch den entscheidenden Satz zu Phil.

Zitat von Get-in-to-get-Out

Übersetzt meint Page wohl: Die Komponisten / Besitzer / langjährigen Im-Schlaf-Spieler der Stücke brauchen sich nicht vor dem Gig abzustimmen und die Fortschritte zu checken.

Qualität ist, wenn jemand zu jemandem sagt, der drummer kenne das Material.

Wenn es schief geht, müssen sich weder Sänger noch Gitarrist um Abhilfe kümmern. Sich umzudrehen und die frisch angeheuerten Neulinge mittels Zeichen oder Kopfnicken oder Körpersprache durch schwierige Stellen und die breaks zu leiten ist demnach mitten im Set nicht möglich.

Ich kann es kaum glauben, dass es für die Hauptband keine Eingreif- und Rettungs-Möglichkeiten gibt. Kenne ich anders, aber als Nicht-Drummer kann ich das nicht beurteilen.

[[ Phil, nur mal so am Rande, arbeitet von vorne aktiv mit seinem Drummer. Aus den Domino-Clips sieht man deutlich, wie er sich mehrfach umdreht und Nic durch Tambourine oder Körpersprache bei bestimmten Passagen unterstützt - nicht dass der das noch so nötig hätte, aber vielleicht zu Sicherheit.]]

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Ich wundere mich halt, dass mit so viel Wonne in diesem Thread von Anfang an etwas in Pages Äußerungen hineininterpretiert wird. Er gibt z.B. hier im Video niemandem Schuld, benennt aber Ursachen, warum das Line-Up in solche Schwierigkeiten geriet. Und das deckt sich mit dem, was zu hören ist. Dem Gig mangelte es an seriöser Vorbereitung. Und ich finde da rivanovs Darstellung absolut nachvollziehbar: Speziell diese Konstellation mit den beiden Drummern war fatal. Insofern würde ich nicht nur sagen, dass es falsch war, Collins zu engagieren, sondern Idiotie. Wenn ich sowas sage, wird das aber im Unterschied zu Page zu keiner Schlagzeile verwurstet, aus der dann ein Collins-Bashing abgeleitet wird.

Aber stellen wir uns mal vor Phil hätte nicht mit gemacht. Was wäre dann besser? Also ich kenne die Antwort. Sollen die doch alle mal locker damit umgehen. Nach dem Motto, hey, wir hatten vor und nach unserem Auftritt fun ohne Ende. Und wer hat sich 1985 wirklich darüber aufgeregt wie es nun mal gelaufen ist. Kein Schwein .

Zitat von Back 07

Aber stellen wir uns mal vor Phil hätte nicht mit gemacht. Was wäre dann besser?

Speziell aus Phils Sicht: eine Scheiß-Erfahrung weniger.

Zitat von townman

Speziell aus Phils Sicht: eine Scheiß-Erfahrung weniger.

Zu Phils Erfahrung - in seinen eigenen Worten (Collins 2007, S. 293-306).

Zitat

Robert Plant und ich treffen uns im Mandalay Four Seasons in Dallas. Ich probe gerade für die Tour zu No Jacket Required […] Es gibt Gerüchte, dass Bob Geldof ein Musikspektakel auf die Beine stellen will, eine „globale Jukebox“ als Nachfolgeevent von Band Aid. […] In Dallas fragt mich Robert: „Machst du bei dieser Show mit, die Geldof gerade auf die Beine stellt?“ - „Ja, ich glaube schon, weiß allerdings noch nicht, wie.“ - „Ah“, sagt Robert. „Kannst du mich da reinbringen?“ […] Darauf sagt Robert: „Du, ich und Jimmy könnten etwas zusammen machen.“

Mir erscheint dieser Vorschlag a) zwanglos und b) durchaus vernünftig. Ich bin viel beschäftigt; ich bin mit allen und jedem aufgetreten […] Wenn ich also ohnehin schon unter eigener Flagge auftrete, kann ich doch auch gleich noch etwas anderes machen. Warum nicht?

Die Silben „Led“ und „Zep“ fallen nie. Es ist keine Rede davon, Led Zeppelin wiederauferstehen zu lassen, die seit dem Tod von John Bonham fünf Jahre zuvor nichts mehr von sich haben hören lassen. Keine Reunion. Also braucht man auch kein großes Aufhebens darum machen, und auch das Proben kann man locker angehen. Ist doch gar nicht nötig: Planty und ich treten gemeinsam auf, weil wir schon etwas zusammen gemacht haben, und Jimmy kommt mit der Gitarre hinzu, damit das Ganze ein bisschen Dampf kriegt. Was soll schon schiefgehen?

[…]

Proben ist das Letzte, was ich tun will, insbesondere, da es in diesem Fall in Amerika stattfinden müsste. Ich komme gerade von einer zweimonatigen Tour und will diesen Sommer ein wenig Zeit mit meinen Kindern verbringen. Obendrein kenne ich die Songs. Ich war beim ersten Gig von Led Zeppelin. Ich bin ein Fan!

Später finde ich heraus, dass sie auch den ehemaligen Chic-Drummer Tony Thompson gefragt haben, aber Robert will mich trotzdem an Bord haben. Ich frage mich, ob er das vielleicht bloß tut, weil er mich als Freund nicht enttäuschen will. Oder hat ihm [Harvey] Goldsmith schmackhaft gemacht, dass ich bei beiden Shows spiele? Ich weiß es nicht, und ich frage auch nie. Ganz sicher aber weiß ich, dass ich nicht proben möchte, obwohl ich voll und ganz verstehen kann, warum Robert einen kleinen Vorlauf haben will, wenn so viel auf dem Spiel steht. Vielleicht hätte ich anders darüber gedacht, hätte ich nicht unterschätzt, welch ungeheure Eigendynamik die „Led Zeppelin Reunion“ entwickeln würde.

Jedenfalls sage ich zu Robert: „Ihr probt, sagt mir, welche Songs ihr spielen wollt, und ich präge sie mir während des Fluges ein. Ich höre die Songs auf meinem Walkman.

[…]

Dann begebe ich mich zum Wohnwagen von Led Zeppelin. Über der Tür hängt zwar kein Ziegenkopf, aber noch bevor ich eintreffe, sehe ich, dass sich dunkle Wolken zusammenbrauen. Ich will das einmal erklären: Robert alleine: ein netter Typ. Robert und irgendetwas, das mit Led Zeppelin zu tun hat: Ein seltsames chemisches Phänomen tritt auf. Es ist wie eine böse Kettenreaktion. Alles wird sehr dunkel, sogar schwefelig. Es ist sofort offensichtlich, dass Jimmy, sagen wir, gereizt ist. […]

Im Augenblick werde ich John Paul Jones vorgestellt, der stiller ist als eine Kirchenmaus. Dann macht man mich mit Tony Thompson bekannt. Er begegnet mir sehr kühl, aber nicht im Sinne von „cool“. Ich glaube, „frostig“ wäre das treffendere Wort. Ich erwähne ihm gegenüber die Fallstricke beim Spiel mit zwei Schlagzeugern. Ich habe das bei Genesis jahrelang gemacht und weiß daher nur zu gut, wie schlimm so etwas danebengehen kann. Das Geheimnis ist, möglichst einfach zu spielen. […] Tonys Blick lässt jedoch darauf schließen, dass er nicht an den „Tipps“ eines ozeanhüpfenden Karrieristen interessiert ist, der gerade mit der Concorde eingeschwebt ist.

Langsam dämmert es mir: Diese Jungs haben ziemlich hart gearbeitet, um sich auf Live Aid vorzubereiten, und Tony hat seit mindestens einer Woche mit ihnen geprobt. Für alle Beteiligten ist der Auftritt immens wichtig, außer für diesen einen Beteiligten - der, vielleicht aus Naivität - nicht ganz geschnallt hat, wie viel dabei auf dem Spiel steht.

(Fortsetzung bei Gelegenheit - zum Auftritt selbst schreibt Phil auch einiges…)

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Zitat von GgEeNnEeSsIiSs

Zu Phils Erfahrung - in seinen eigenen Worten (Collins 2007, S. 293-306).

Danke, das ist natürlich klasse, das jetzt in diesem Zusammenhang lesen zu können. Es waren wirklich denkbar schlechte Voraussetzungen - eigentlich passte so ziemlich nichts zusammen. Kommunikation schlecht, Stimmung schlecht, Vorbereitung schlecht. Plant bei äußerst schlechter Stimme, Page vernebelt - und zwei Drummer, die nicht nur nullkommanull zusammenpassten, sondern sogar unkooperativ waren. Und Jones als stilles Mäuslein dazwischen.

Was mich wundert, ist die Info, dass Thompson bereits eine Woche mit LZ geprobt haben soll. Echt jetzt? Eine Woche für diese drei Songs? Das müsste eigentlich locker reichen, um Sicherheit zu gewinnen und sie dann auch auf der Bühne auszustrahlen. Wäre es so gewesen, hätte ich Phil umso mehr zugetraut, dass er da einigermaßen souverän mitläuft. Ich meine aber beim Gig gehört zu haben, dass auch Thompson Ablaufschwierigkeiten hatte und Phil und er sich dann gegenseitig angesteckt sowie auch die drei LZs zunehmend verunsichert haben. Ganz davon abgesehen, dass Thompson auch nicht so besonders gegroovt hat und Page ja davon redete, die Drummer hätten das Material nicht gekannt. Verstehe ich alles nicht so ganz.

Aber gerne mehr davon, Niklas! Finde ich sehr interessant!