Vor 25 Jahren: PHIL COLLINS verlässt Genesis | wie seht ihr das heute?

  • Die Nachricht hat mich damals nicht überrascht - irgendwie war es für mich nach WCD und "Fading Lights" (vor allem in der Live Version) das Ende des Abschnitts erreicht.

    Mehr überrascht hat mich die Meldung mit Ray weiter zu machen.


    Es ist Teil meiner Geschichte: ich war "stuck" in Chicago als ich CAS in einem CD-Laden dort kaufte. In den einsamen Abenden im Marriott Chicago hörte ich das Album wieder und wieder (portable CD-Player) und habe für mich eine All-time playlist zusammengestellt. 6 (für mich) super Songs, der Rest Schrott. Ich hoffte Genesis machten weiter, aber das Feedback in USA war verheerend. Passte irgendwie zu meiner Situation. Daher habe ich zu CAS ein besonderes Verhältnis.


    Mir tat Ray schon Leid, guter Sänger aber am falschen Ort zu falschen Zeit im Zwist zwischen Mike und Tony. Es hätte was Großes werden können.


    Die Zeit mit Phil war für mich vorbei, schade das es keine Weiterentwicklung mit Ray gab.

    Leave a big hole in the wall

    Just where you are looking in

  • Als ich hörte, dass Phil nicht mehr bei Genesis ist, war mir das damals egal.

    Ich hatte nicht wirklich Bock auf eine weitere "We can't dance" Platte, obwohl ich die beim Erscheinen durchaus gut gefunden hatte.

    Das mit dem neuen Sänger war in meinen Augen vom Anfang an zum Scheitern verurteilt. Ich war nicht offen dafür, habe das Album ignoriert. Das hatte alles nichts mit Ray Wilson zu tun, mir waren einfach zwei langjährige Mitglieder zu wenig. Hätten sie einen neuen Bandnamen gewählt, wäre es für mich etwas anderes gewesen.

    • Offizieller Beitrag

    Wie ich die Nachricht vernommen habe, weiß ich heute gar nicht mehr. Es waren damals ja noch sehr analoge Zeiten. Überrascht hat sie mich wie die meisten hier auch nicht wirklich. Phil durchlief vor allem vor, während und nach der Both Sides-Phase inkl. -Tour eine sehr bewegte Zeit. Privat war vieles - sagen wir es mal neutral - im Umbruch und musikalisch suchte er auch neue Wege, sich selbst zu verwirklichen. Der Schritt des Austritts aus der Band war daher nachvollziehbar und konsequent.


    Die späteren Jahre haben ebenso wie die Geschichte früherer Bandaustritte gezeigt, dass solche Entscheidungen nicht für immer sein müssen. Das belegt auch die Tatsache, dass nur ca. drei Jahre später Phil an einer neuen Version von Carpet Crawlers mitwirkte. Von daher kann man das zumindest rückblickend sehr relativ sehen. Dennoch war es eine Zäsur, was den kreativen Output von Genesis angeht. Was folgte, war ein von den Fans sehr ambivalent aufgenommenens Album ohne Phil. Und danach war bis heute Schluss.


    Die große und gleichzeitig hypothetische Frage ist, was von Genesis noch gekommen wäre, wenn Phil dabei geblieben wäre. Hätte es ein weiteres Album gegeben? Vermutlich. Aber wie wäre es stilistisch gewesen? We Can't Dance sehe ich genau wie andere hier auch als würdigen Abschluss. Es enthält prog-angehauchte Stücke, damals zeitgemäße Hits und leider auch viel Füllstoff. Was davon hätte eine Nachfolgealbum dominiert? Eher wieder mehr proggige Songs? Noch mehr Mainstream-Pop? Oder immer mehr verblassende Durchschnittsware? Oder wäre es ein besseres Calling All Stations-Album geworden? Viele Fragezeichen, keine Antworten.


    So wie Phil nach Both Sides weitergemacht hat (Dance Into The Light, Big Band, Disney), hätte sich vermutlich auch Genesis irgendwie weiterentwickelt. Ob positiv oder negativ ist zum Einen reine Mutmaßung und zum Anderen wäre es so oder so Geschmacksache gewesen. Wobei Phil zumindest bis We Can't Dance nicht der große Macher und Antreiber hinsichtlich Songideen und Stilrichtung war. Da hatten Mike und Tony immer ein gewichtiges Wörtchen mitzureden und haben so den stilistischen Wandel der Band ja auch federführend mitgeprägt. Wer Phil allein die "Schuld" an der Entfernung vom klassischen Prog gibt, tut ihm unrecht. Der Beleg dafür ist Calling All Stations. Wäre Phil der große Hemmschuh gewesen, hätten Mike und Tony damals ein eher klassisches Progalbum raushauen können. Haben sie aber nicht.


    Nach wie vor wäre ich allein aus purer Neugier an neuem Genesis-Songmaterial interessiert. Egal, was da rauskommt. Selbst wenn ich es hassen würde, wäre ein Stück weit meine Neugier befriedigt, wo die Reise nach all den Jahren musikalisch hingegangen ist. Aber Genesis haben nach 1998 nur noch Aufgüsse geliefert. Ob das eher gut oder schlecht ist, möge jeder für sich selbst entscheiden. Um Monty Python zu zitieren: also gut, einigen wir uns auf unentschieden.

  • Spannende Frage! Interessant zu erfahren, wie es anderen damit ging. Die bisherigen Antworten lassen sich folgendermaßen gliedern:

    1. damals, mit dem Weggang von Phil

    2. damals, mit dem Neu-Beginn und dem neuen Sänger

    3. heute, rückblickend

    Zu 1: Ich habe den Weggang von Phil nicht mitbekommen, weil ich WCD ohnehin für das letzte Album von Genesis hielt. WCD klang ja auch irgendwie wie ein Abschieds-Album, und zwar je mehr es dem letzten Stück, Fading Lights, entgegen läuft. Jedenfalls erwartete ich danach nichts mehr von denen und dachte damals all die Jahre, die Band hätte sich aufgelöst. Ich war mit dem zeitgenössischen und alten Progrock sowie mit ganz anderer anspruchsvollen Musik gut bedient.

    Zu 2: Ich erfuhr davon, weil ein Patient von mir in der Sucht-Klinik (nach der Entzugsphase) beim sog. "Ausgang" die CD kaufte und diesen Kauf in der Gruppentherapie als "Highlight" der Woche für sich bezeichnete. Ich war erstaunt, dass Genesis noch was rausgebracht hatten und hielt diese CD dann schließlich auch mal in der Hand, voller Neugier. Ich hatte jedoch Angst vor Enttäuschung (schon das Cover fand ich höchst befremdlich) und kaufte sie mir lange nicht. Dann wurde die Tour angekündigt und ich las in der Zeitung von Phils "offiziellem Austritt" und war dann doch sehr irritiert. Ich dachte ja, dass nach WCD sowieso Schluss war, aber dass Genesis dann doch weiter gemacht hat, und das auch noch ohne Phil, überraschte mich extrem!!! Ich wollte diesem neuen Sänger auch gar keine Chance geben, auch deshalb kaufte ich diese CD nicht. Das kann ja nur nach hinten losgehen, dachte ich, und in kommerzieller Hinsicht tat es dies ja auch. Ich ging auch nicht zur Tour, was ich heute allerdings bedaure, wie so manches im Leben. Einmal saß ich in der Mittagspause in Leverkusen in einem Bistro, da meinte ich die CD laufen gehört zu haben. Ich kannte zwar nicht den Sänger, aber die Musik konnte ich vom Sound her identifizieren. Das musste sie also sein! Rückblickend (oder - hörend) waren es vor allem der Titeltrack, Uncertain Weather und the Dividing Line, die mir besonders gut gefielen. Der Gesamteindruck war durchweg positiv und so ging ich befriedigt aus der Mittagspause wieder zur Arbeit.

    Nach einer einwöchigen Konferenz in Toronto (1999) verbrachte ich auch ein paar Tage in New York. Dort kaufte ich mir CAS dann endlich. Ich hörte sie ständig mit meinem CD-Walkman auf den langen U-Bahn-Fahrten und auch sonst. Die Musik verband sich auf eigenartige Weise mit dieser Stadt, mit den langen U-Bahn-Fahrten, mit der Stimmung in dieser Stadt und mit meiner eigenen Stimmung (nach einer Trennung). Ich war richtig dankbar für diese CD. Mit dieser Musik fühlte ich mich nicht so allein. Selbst im Flugzeug hörte ich sie wieder. Ich fand sie sofort besser als WCD, die ich mir übrigens nie selbst kaufte.

    zu 3: CAS ist vom musikalischen Standpunkt zwar vergleichsweise schwach, aber die Stimmung hatte was, und ich kann mich denen anschließen, die da auch zumindest bei einigen Stücken mehr Tiefe erleben als bei WCD. Ich finde CAS nicht schwächer als WCD. Beide Alben finde ich aus heutiger Sicht überwiegend schwach, aber ganz anders schwach. WCD war hochproduziert, technisch perfekt umgesetzt, auf Hochglanz poliert, aber es fehlte an Tiefe; CAS war hingegen sehr schwach produziert, technisch schwach umgesetzt, aber hatte mehr Tiefe, wie ich finde.

    In dem Buch von Mike las ich, dass Tony gerne weiter gemacht hätte, aber er nicht mehr wollte. Schade, dachte ich. Das nächste Album wäre bestimmt besser geworden. Rückblickend sehe ich sehr viel Potenzial bei diesem Neu-Start von Genesis mit neuem Sänger. Ich verstehe nicht, dass da nicht kreativere, mehr inspirierte Ideen, noch mehr beseelte Klangkunst, mehr Virtuosität und einfach noch "mehr Genesis" bei rausgekommen ist. Ich gehöre nicht zu denen, die glauben, dass dies an dem Weggang von Phil lag. Ich glaube, Mike und Tony hätten ein sehr beachtliches Album komponieren können, wenn sie einfach von Anfang an mit mehr Herzblut, Einsatz, Hingabe und Mut an diese tolle Herausforderung herangegangen wären. Sie hätten diese einzigartige Chance, mit einem so einmaligen und begnadeten Sänger wie Ray es nun mal ist, viel besser nutzen können, sollen und müssen! Er hat es spielend leicht, ja ich würde sagen phänomenal/herausragend hinbekommen, sowohl die Collins-Hits (z.B. Mama oder No son of mine) wie auch die alten Gabriel-Stücke zu singen, und die CAS-Songs natürlich noch dazu!

    Ich habe nochmal in Mikes Buch reingeschaut. Mike sah das so: "Ray Wilson machte einen guten Job als Sänger, doch man kann ihn schwerlich als Songwriter beschreiben (m.A.: das gleiche hatte er auch schonmal über Steve Hackett geschrieben, natürlich als Gitarrist statt als Sänger). Ohne einen dritten Songschmied fehlte Tony und mir aber das verbindende Glied: Wir hatten niemanden, der uns in die Mitte ziehen konnte, ähnlich einem günstigen Venn-Diagramm. Erst bei diesem Album bemerkte ich die große musikalische Distanz zwischen Tony und mir. Nun dämmerte es mir, dass Phil uns immer an den Zügeln genommen hatte, das Beste auswählte und eine ideale Umgebung dafür fand. (...) Tony und Ray wollten weitermachen, doch ich wusste, dass wir einen neuen Songwriter benötigten. Ich hatte das Gefühl, dass es vernünftig war, an dieser Stelle aufzuhören - ohne einen Schaden angerichtet zu haben." (Rhythmen des Lebens, S. 289). Ging es wieder mal darum, bloß keinen Schaden anzurichten? Sind sie deshalb so vorsichtig, ängstlich-zurückhaltend bei den CAS-Sessions gewesen? Aber genau das ist der Weg, Schaden anzurichten!!! Und ich muss ehrlich sagen, dass ich diese Ausrede nicht akzeptiere. Klingt für mich wie eine billige Entschuldigung im Nachhinein für den ausbleibenden kommerziellen Erfolg dieses Albums. Als ob kommerzieller Erfolg alles wäre, für so inzwischen reiche Musiker. Seit wann reichen denn zwei Songwriter nicht aus? In vielen guten Gruppen gibt es sogar nur einen Songwriter. Hätte denen es überhaupt gefallen, wenn der neue Sänger, egal wer, mehr eigene Kompositionen beigesteuert hätte? Und bei drei Stücken komponierte Ray mit, zwei davon finde ich sogar recht gelungen. Hatten Banks und Rutherford nicht schon damals Steve Hackett einerseits vorgeworfen, er hätte zu wenig eigenes Material beigetragen und auf der anderen Seite seine (relativ vielen) Song-Ideen verworfen? Und nun zur Ausrede der "musikalischen Distanz" zwischen den beiden Köpfen: Mike und Tony kennen sich seit so langer Zeit, sowohl menschlich, wie auch in der Zusammenarbeit gemeinschaftlichen Komponierens, dass es nur eine Erklärung für die halbgare CAS-Musik gibt: Halbherzigkeit! Hätten sie sich mehr Zeit gegeben, sich neu zu finden, in einem neuen Kompromiss zwischen dem Mut kreativer Herausforderung und dem konservativen Qualitätsgarant der bisherigen Rezepturen und Stilmittel, wäre ein zweites Album mit Ray sicher eine Wiedergutmachung und definitive Steigerung zu WCD und CAS gewesen.

    “It doesn`t have to be like this. All we need to do is make sure we keep talking"

    Stephen Hawking

    (Zitat aus dem Song "Keep Talking" von Pink Floyd, mit Stephen Hawking`s Stimme)

    • Offizieller Beitrag

    Die große und gleichzeitig hypothetische Frage ist, was von Genesis noch gekommen wäre, wenn Phil dabei geblieben wäre. Hätte es ein weiteres Album gegeben? Vermutlich. Aber wie wäre es stilistisch gewesen? We Can't Dance sehe ich genau wie andere hier auch als würdigen Abschluss.

    Meine These dazu: Es wäre ähnlich wie CAS geworden, nur "leichter" im Arrangement, weniger düster und fluffiger im Drumming. Aber ein Hit-Album wäre es ebenfalls nicht mehr geworden (so wie auch die Collins-Alben der 90er spätestens ab "Dance into the light" keine Hit-Alben mehr waren. Einer der Gründe hatte Mike mal beschrieben, dass in Sachen Radio-Airplay zeitlich ca. 1994 nach dem damaligen Mechanics Album "eine Tür zufiel", diese Art von Musik wurde schlicht nicht mehr so gespielt, sie war nicht mehr Mainstream, die Musik von Genesis / Collins / Mechanics (und auch Gabriel & Co.) war nicht mehr "trendy". Es regierten Eurodance, Boygroups und Brit-Pop.


    Zum Thema:

    Collins' Abgang hab ich damals tatsächlich im jugendlichen Leichtsinn mit einer gewissen Freude zur Kenntnis genommen, war ich damals doch noch der (verbreiteten, aber falschen) Meinung, dass es seine Schuld gewesen sei, dass Genesis zu einer "Kommerz-Pop-Gruppe" mutiert waren. WCD - obwohl mein Einstieg in die Welt von Genesis - klang in meinen Ohren immer mehr nach "Collins Solo mit 2 Begleitmusikern und 3-4 proggigeren Alibisongs" je mehr ich von den älteren Genesis Alben kannte.

    Insofern war sein Ausstieg verbunden mit der freudigen Hoffnung "yeah jetzt können sie sich einen neuen Musiker suchen und endlich wieder Genesis sein - also das machen, was sie bis ca. Duke gemacht hatten".

    Diese Hoffnung wurde auch durch ein Interview von Mike & Tony genährt, in welchem sie feststellten, dass das neue kommende Album wieder mehr mit Alben wie "Wind&Wuthering" zu tun hätte als z.B. eben WCD.


    Die geschickt zusammengestellten damaligen sehr kurzen Soundclips aus dem neuen Album, welche man sich damals per minutenlangem Modemdownload von der damals noch vorhandenen offiziellen Webseite herunterladen konnte, näherten dann auch die Hoffnung, dass da starkes, düsteres, rockiges und proggiges Songmaterial kommen würde.


    Also fluchs bei Erscheinen das Album gekauft, sehr oft gehört aber schnell wurde mir klar: nee das war kein "Wind&Wuthering", kein neues "Duke" oder generell kein "Prog-Album". Sondern vielmehr ein (düstereres) WCD Part 2 mit mehr Gitarren, viiieeeeel langweiligerem Drumming, weniger Instrumentalparts und über weite Strecken deutlich uninsprierterem Songwriting.

    Und der Meinung bin ich heute noch: CAS ist eine Art düstereres Schwester-Album von WCD nur lust- und einfallsloser und sowohl ohne Hits als auch ohne spannende Instrumentalparts. Wo WCD noch "No Son of Mine", "Jesus he knows me" oder "I can't dance" hatte, hatte CAS nur "Congo", "Shipwrecked" (zäh wie Kaugummi) und "Not about us" zu bieten. Wo dort "Driving the last spike", "Dreaming while you sleep" und "Fading lights" waren, war hier nur ein (zugegeben tolles) "Dividing Line" und "There has to be some other way". Alleine der Vergleich der Instrumentalparts von "Fading Lights" zu "THTBSOW" sagt vieles.


    Rückblickend hätten sie es entweder mit WCD und Phil's Ausstieg gut hätten sein lassen sollen ODER die Chance wirklich ergreifen sollen und mit Ray einen wirklichen Neuanfang hätten wagen sollen. D.h. wirklich Elan in das Songwriting und die Produktion von CAS stecken sollen UND danach weitermachen sollen. Oder s.o. wenn man merkt, dass einem dazu der Antrieb und der Dampf fehlt, es eben lassen sollen. Und das hört man CAS an: der Dampf fehlte (es war schon auf WCD hörbar, dass der Dampfdruck am Abnehmen war; aber bei CAS brannten Mike & Tony hörbar nicht mehr).

  • Tja, Collins verlässt GENESIS...

    WCD hat mich ein GENESIS - Fan werden lassen. Ich fand diese Mischung perfekt. Zeitgemäße, witzige aber chartfähige Hits wie "ICD" und "JHKM", (damit war man auch bei seinen Kumpels "hipp" :) ) dazu das ernstere, rockige und ebenfalls sehr trendige "NSOM". Dazu die für mich damals (ich war kurze Charthits gewohnt) langen, epischen aber ungemein spannenden, die tatsächlich tolle Geschichten erzählenden Longtrack-Balladen wie "DTLS" und "DWYS" und natürlich nicht zu vergessen das epische, das Ende vorweggreifende "FL"... Und ich fand auch die tiefsinnigen, kürzeren Lieder wie "TMW", das wunderbar dramatische "SILY" und "LF" vollkommend ins Konzept der WCD passend. Mit "WOTW" konnte ich auch gut leben... "HOMH" verstand ich immer als die "Collins'sche Schnulze" die auf's Album musste, weil Collins' Wiedererkennungsfaktor mittlerweile einfach zu groß war...

    Einzig "NAT" war, ist und wird immer mein "Problem" sein, weil mir seine Daseinsberechtigung stets unklar schien. Warum GENESIS ausgerechnet auch noch diesen, den deutlich schlechtesten Song des Albums, als Single auskoppeln mussten, wird mir mein Lebtag ein Rätsel bleiben...


    Natürlich war ich, obgleich seinerzeit die GENESIS-Biografie gerade erforschend, schon während der Tour interessiert, wie es nach dem WCD Klamauk weitergehen würde.

    So schrieb ich damals die BRAVO an. Deren Auskunft war lapidar. Man arbeite an Live-Alben und die Mitglieder an ihren Solo-Projekten. Na toll, so schlau war ich damals auch schon...


    Collins' Abschied empfand ich als traurig und Ray's Einstieg als Trotzreaktion von Banks und Rutherford. Aber dieses großartige Projekt GENESIS durfte - ich war ja gerade erst Fan geworden - nicht sterben. Insofern stimmte ich in den Trotz mit ein und musste per se ein Anhänger der Wilson-Zeit werden. Und dieser Ray Wilson war ja zweifelsohne ein toller Musiker. CAS krankte ja bekanntermaßen an seiner unausgereiften Produktion die es unter Collins vermutlich so nie gegeben hätte, unter dem Zeitdruck und vor allem unter dem Manko, dass Ray's Einsatz sich auf den Job des bezahlten Sänger beschränkte. GENESIS' Potential mit Wilson als gleichberechtigtes Mitglied ist NIE ausgelotet worden. Das empfinde ich heute noch als Schande.

    Die Musik auf CAS war anders als ich sie von GENESIS kannte. Mit gewissen Sachen konnte ich durchaus etwas anfangen, aber in der Summe krankte das Album halt an obig genannten Mängeln.


    Tja wie würden GENESIS mit Collins heute klingen? Das hab ich mich auch gefragt. Und ja, im Gegensatz zu HERMA und einigen anderen, die GENESIS lieber hätten schon (viel) früher würdevoll sterben lassen, würde mich ein neue Album sehr sehr reizen.

    Der mangelnde Airplay Mitte der Neunziger war wie schon erwähnt ein Problem der neuen, der sich ändernden Musikwelt. Dieses Phänomen betraf aber nicht nur GENESIS und Co. alleine. Auch Bands wie ROXETTE, Die Pet Shop Boys, R.E.M., OMD und viele mehr hatten ihren Zenit erreicht, zumindest was den kommerziellen Erfolg betraf...All jene und viele mehr hatte ich musikalisch auch später noch begleitet.

    Eben genannte Bands machten natürlich auch Veränderungsprozesse durch, ohne stilistisch sich so stark zu wandeln wie es z.B. GENESIS nach der Prog-Phase taten. Die PSB höre ich z.B. immer noch sehr gerne, auch die neueren Sachen, die wie gesagt kaum noch Airplay erhielten.

    Selbiges hätte mich natürlich bei GENESIS auch gefreut.


    Aber back to topic: GENESIS mit Phil wären glaub ich immer noch eine Hochglanz-Popgruppe mit feinen Texten und kreativen Melodien, denn das Songschreiber-Trio Collins, Banks, Rutherford hatte eigentlich immer überzeugt und sich zeitgemäß angepasst, sei es die "NDW" Antwort mit "ABACAB" oder sei es der 80er Sound mit "IT"... GENESIS hätten auch hier noch kreative Ideen gehabt, um auch in die Jahrtausendwende zu gehen. Davon bin ich überzeugt.

    Dies alles hätte allerdings nur funktioniert, wenn die Pausen nicht so überdimensional lang gehalten worden wären, denn ich glaube dass diese "Songwriterchemie" irgendwann den Dreien abhanden ging und jeder den für sich vermeintlich richtigen Weg gingen. Bemerkenswert find ich gerade den Qualitätsabfall der Collins-Platten nach WCD, während Banks und Rutherfords Schaffenswerk sich qualitativ mehr oder weniger im Rahmen hielt.

    Die Reunion in 2007 war für mich damals irgendwie auch nur ein fauler Zauber. Der Nostalgiefaktor die 3, sorry die 5, noch einmal live zu erleben war sicherlich immens, aber qualitativ besser als 91 empfand ich das dennoch nicht.

    Während heute die Chance auf neues Material längst verpasst scheint, hatte ich mich schon damals in 2007 gefragt, wie weit sich die Band davon entfernt hatte, um zusammen zu jammen, neue Lieder zu schreiben, Texte zu verwirklichen und sich musikalisch, in welche Richtung auch immer, sich weiterzuentwickeln...


    Hatten GENESIS in 2007 nichts mehr zu sagen? Hatten sie keine Ideen mehr, welche sie dem großen Publikum vermitteln wollten? Das alles machte mich sehr traurig, denn ich glaubte, dass jeder Künstler in welcher Form auch immer, das Bedürfnis hat, sich seinem Publikum mitteilen zu wollen. Waren da GENESIS anders? Nun gut, ich habe mich damit abgefunden. Eine neuerliche Tour ohne neues Material, das hatte ich ja schon mitgeteilt, ist für mich nicht interessant und hätte allenfalls einen nostalgischen Faktor.

    Wurde die Band jemals gefragt warum es nach CAS kein neues Material mehr gab? Oder ob es je Pläne gab neue Lieder zu schreiben? Christian und Co, ihr wisst doch sicherlich mehr oder?

  • Wurde die Band jemals gefragt warum es nach CAS kein neues Material mehr gab? Oder ob es je Pläne gab neue Lieder zu schreiben? Christian und Co, ihr wisst doch sicherlich mehr oder?

    Phil hat in den 00er Jahren hin und wieder bei Interviews erzählt, das z. B. Mike ihn gefragt hat, wieder ein Genesisalbum aufzunehmen, sogar in der Schweiz. Phil selbst, dachte bei einem Interview zu Archive 2 laut darüber nach, ob die drei nicht unter anderem Namen wieder Musik schreiben sollten, um auch der Erwartungshaltung zu entgehen. Eigentlich eine ausgezeichnete Idee. In seiner Biographie schreibt er, etwa sinngemäß, das er im Nachhinein bei der Tour 2007 eine gewisse Erwartung für ein Album wahrgenommen hat.

    Aber zu dieser Zeit war Phil ja schon ziemlich angeschlagen, wie man heute weiss.


    Ein Album des Songwritertrios Banks/Collins/Rutherford ohne das Etikett Genesis hätte ich sehr reizvoll gefunden.

    Ich gehöre zwar zu denjenigen, die das Werk der 70er als das wirklich Herausragende der Genesisdiskographie sehen. Nichtsdestotrotz muss man dem Trio attestieren, das sie aus Jams überraschend kompakte Musik destillierten und auch eine wirklich große musikalische Bandbreite hatten. Aber vieles von dem ging leider in dem ganzen Kommerz unter.

  • Ein Album des Songwritertrios Banks/Collins/Rutherford ohne das Etikett Genesis hätte ich sehr reizvoll gefunden.

    Da stimme ich Dir absolut zu. Phil hatte damals recht, denn unter dem Namen Genesis hatten sie schon alles " gesagt". Als ich damals WCD hörte dachte ich " die verabschieden sich gerade " v.a mit Fading Lichts. Aber den Backkatalog wieder zu verkaufen war halt leichter als neues kreatives Songwriting zu probieren.

    Dam di dam di dam dam.......:huhu:

  • Einige Beiträge klingen hier für mich zu sehr nach Denkmalpflege. Da lob ich mir doch Leute wie Steve Hackett oder Steven Wilson, denen die Erwartungshaltung der Fans egal ist und das machen, was sich für sie richtig anfühlt.

    Ich mag CAS. Verglichen mit den meisten anderen Alben schneidet es zwar schlechter ab, aber es ist für mich immer noch hörenswert. Ohne dieses Album wäre mein Leben um einiges ärmer. So hätte ich wahrscheinlich Ray Wilson und sein Soloschaffen nicht wahrgenommen, es hätte keine Zusammenarbeit mit RPWL gegeben (Roses), keine schönen Anekdoten (Phil Collins got his Job back) und dieses Forum profitiert letztendlich auch von seinem künstlerischen Schaffen.

    Des Weiteren hätte ich zwei Konzerterlebnisse weniger (einmal mit Genesis, einmal Solo). Besonders sein Solokonzert als Support-Act von Saga habe ich in schöner Erinnerung, denn es war ein besonderes, weil es Rays letzter Auftritt in dieser Konstellation war und für Künstler und Publikum einige Überraschungen brachte. So vollführten die Jungs von A.C.T., die ebenfalls als Support auftraten, eine kriechende Polonaise im Indianerkostüm um Ray. Während „In The Air Tonight“ schlich sich ein Roadie auf die Bühne und spielte das berühmte Schlagzeug-Solo. Und bei „Carpet Crawlers“ kam schließlich noch Michael Sadler, sang eine Passage des Stücks und sprach anschließend noch ein paar nette Dankesworte. Ray war sichtlich gerührt, das Publikum war klasse und Saga spielten als Hauptact eine tolle Show.

  • Konnte mit dem Weggang von Phil Collins damals umgehen. Ich verband mit Collins immer sehr gut gemachte Pop-Musik, aber keinen wirklichen (progressiven) Rock. Überdrüssig wurde ich schließlich durch seine zahlreichen Solo-Stücke, die seinerzeit wie eine Endlosschleife im Radio liefen. Konnte seine Stimme irgendwann nicht mehr hören. War mir überdies zu viel Herz-Schmerz-Mucke. Und die Genesis-Alben der 80er Jahre (alle noch mit Phil Collins) konnten mich nicht in Gänze überzeugen. Trotz guter Songs, die es (vereinzelt) darauf gab.


    Nun bin ich bekanntlich ein Fan der Genesis-Ära mit Peter Gabriel. Die Alben bis The Lamb lies down on Broadway (1974) laufen bei mir bis heute rauf und runter. Genesis-Scheiben wie Abacab und We can't dance gar nicht mehr. Genesis (1983), Invisible Touch und sogar Calling all Stations ab und zu noch.


    Bedauerlich fand ich Collins' Ausstieg damals insofern, als mir klar war, dass dies wohl das Ende von Genesis bedeuten würde. So kam es dann ja auch.