Vor 25 Jahren: PHIL COLLINS verlässt Genesis | wie seht ihr das heute?

    • Offizieller Beitrag

    Heute ist es 25 Jahre her, dass die it-Redaktion ein Fax des Genesis Managements bekam.


    Den Inhalt des denkwürdigen Faxes in englischer und deutscher Sprache (das Nachlesen lohnt sich!) könnt ihr hier nachlesen:

    https://www.genesis-fanclub.de…e-Hintergruende-s186.html


    collins-ausstieg490.jpg


    Wie seht ihr das heute? Hat es euch damals überrascht? Welche Erwartungen hattet ihr? Wie sehr ihr es heute?

  • Überrascht hat es mich damals nicht. Schon WCD machte irgendwie den Eindruck einer Letztalbumlichkeit. Traurig war ich indes aber auch nicht, eher gespannt, was der Neue für einer sein würde. Heute denke ich, man hätte nach der Trennung Schluss machen sollen. Und zwar richtig Schluss. Kein neuer Sänger, keine Selection of Shows mit abgehalfterten Rockopas, keine Domino-Domina Tour (die mit etwas Glück aber ohnehin ausfällt). Das wäre vermutlich für alle besser gewesen: Ray Wilson hätte sich den ganzen Mist ersparen können, Collins hätte mit gesundem Rücken zur Flasche greifen dürfen und Genesis wären in Morpheus Armen friedlich weggeschlummert. Nun, es hat nicht sollen sein, also hilft es auch nichts, darüber zu jammern.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • Mich hatten ab 1982 die immer größer werdenden Pausen zwischen den Alben beunruhigt. Das waren für mich klare Anzeichen, dass es zu Ende geht; die Begründungen mit "haben alle Solo-Projekte, Filmmusik, usw." bei einem workaholic wie Phil waren für mich nur Ausreden. Überraschend war es eher, wie lange es dann noch hielt, sodass ich die Band 1992 zum Glück mit Phil auf dem Maifeld in Berlin erleben durfte. 1987 war ich in Berlin, aber irgend jemand hatte so eine blöde Mauer errichtet, sodass ich einfach nicht rüber zum Reichstag kam.


    Zitat

    Da wäre zunächst die etwas merkwürdige Überschrift, die uns mitteilt, dass Genesis nun ein ,,20jähriges Experiment" beenden (war es nicht mehr als das?) und sich entschlossen haben, Peter Gabriel als Sänger zu ersetzen (hatten sie das nicht schon 1975?). Dann wäre da noch die Tatsache, dass sich Tony und Mike offenbar nicht sonderlich von der Tatsache beirren lassen, auf Phil in Zukunft verzichten zu müssen, und stattdessen einen neuen Sänger suchen.

    Das ist wohl der typische Humor von Tony. "Wir mixten Steve raus aus dem Rest vom Album", und bei Paul Russell: "jetzt, wo Anthony aus dem Interview abgegangen ist, kann ich ja zugeben, dass ich ihn raus haben wollte". Es ist hier im Fall von Phil, wie auch vorher beim Verlust von Peter, die von Anna Freud und Marie Bonaparte entdeckte "Identifikation mit dem Agressor" - wohl; um sich den Verlust im Kopf zu reduzieren; nicht allzu sehr vom Schock überwältigt zu werden. So leugnet er im Scherz (der Witz und seine Beziehung zum Unterbewußtsein) die Schwere und Tragweite, indem er das Dasein von Phil als Sänger zu einem "Experiment" reduziert, anstatt zuzugeben, wie fundamental Bandcharakter-verändernd das werden wird, wenn man nun weitermacht. Das Phil gehen würde, wussten Tony und Mike ja nun schon seit 1992, glaube ich. Man wartete die übliche Zeit der langen Pausen zwischen zwei Alben ab, und verkündete das Drama erst, als man sich im Innenverhältnis entschloß, weiterzumachen. Da war es freilich für beide kein Drama mehr, die Emotionen waren lange verflogen. Da spielt er sogar (bewußt?) auch damit, die deswegen verlorenen Peter-Fans plötzlich wieder mit ins Boot zu holen, nach dem Motto "das mit Phil, das war ja nur ein Experiment". Jetzt werden wir wieder dunkler, tiefer, schwerwiegender. (Pause von mir, kurz mal in den Keller, zurück:) Mit dem "Experiment" spielt man auch deshalb, weil es ja 1975 lange gar nicht klar war, wer der neue Sänger wird. Der Satz ist nicht getrennt, sondern als Einheit zu lesen, also "Genesis beenden das 20-jährige Expriment der Entscheidung, Peter als Sänger zu ersetzen". Als es Phil dann mit "Trick" schaffte, war wiederum nicht klar, ob er auch der neue Sänger auf der Tour wird; der Sänger auf dem nächsten Album bleiben wird. Und Mike reagiert ebenso wie bei Anthony 1970, mit seinem typischen "auch gut", wenn auch diffiziler. Wahrscheinlich goß er sich wieder erst einmal einen Whisky ein. Ihm nehme ich die "Herausforderung" eher ab, als Tony. Beide reagieren hartnäckig, ignorieren nach aussen (aber auch nach innen?), dass der Verlust von Phil (addiert zum Verlust von Peter und Steve) der Band nun schon geschätzte 50 % an Identität nehmen würde, wenn sie weitermachen. Das sie weitermachen, und: wie sie weitermachen!, wo man (aus meiner Sicht, einen definitiven Schlußstrich hätte ziehen sollen) - das hat mich überrascht.

  • Ich habe das erst mitbekommen, als das neue Album angekündigt war. Hatte damals Genesis nicht auf dem Radar, da WCD gar nicht mein Ding gewesen war. Den Text der Presseerklärung habe ich erst viel später zu Gesicht bekommen und fand, es ist der Humor, wie ich ihn von den Herren kenne.

    Damals hatte ich noch eine gewisse Abneigung gegen das Spätwerk und von daher wünschte ich mir natürlich, dass die neue Scheibe wieder mehr Richtung Prog geht. Überrascht, dass sie weitermachen, war ich überhaupt nicht. Ant, Peter, Steve gingen und es hat sie nicht veranlasst aufzuhören. Von daher war ich guter Dinge, dass die beiden was Gutes auf die Beine stellen würden. (bin ein ewiger Optimist, ich weiss)

    Zy
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    "The music is the true currency. It's more valuable than the accolades or the money. The relationship is with the invisible muse and you know if she's pleased or if she ain't." - Steve Hackett

  • Ich kann mich kurz fassen.

    Der Ausstieg von Phil war der Anfang vom Ende der Band.

    Alles, was danach kam, hatte kein richtig gutes Niveau mehr und ist somit im Grunde verzichtbar. Die Kreativität kam zum Stillstand und bleibt bis heute verschollen. Nur der Nostalgiezug fährt nach wie vor, wenngleich arg ramponiert, weiter.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Ich war schon etwas geschockt...fand aber CAS richtig geil....finde es immer noch super

  • Ich kann mich kurz fassen.

    Der Ausstieg von Phil war der Anfang vom Ende der Band.

    Alles, was danach kam, hatte kein richtig gutes Niveau mehr und ist somit im Grunde verzichtbar. Die Kreativität kam zum Stillstand und bleibt bis heute verschollen. Nur der Nostalgiezug fährt nach wie vor, wenngleich arg ramponiert, weiter.

    Das sehe ich ähnlich.


    Anders als viele hier halte ich "We Can't Dance" für kein schlechtes Album; bei mir rangiert es weit vor IT oder dem mit den Förmchen. Wie das nächste Album ausgefallen wäre, wenn Phil dabeigeblieben wäre, wäre eine spannende Frage, aber reine Spekulation.


    Damals fand ich es gut, dass Phil weg war, weil ich ihn damals nur als denjenigen sah, der den Weg zum Kommerz geebnet hatte (das sehe ich mittlerweile völlig anders). Und dann zeigte CAS in eine Richtung, die mir behagte: weg von den Gute-Laune- und/oder Herzschmerzsongs und zurück zu komplexeren und dunkleren Kompositionen - und das mit einem Sänger, der mich an Peter erinnerte.


    Fakt ist jedoch, dass dieses Konzept - so es das denn so überhaupt gab und nicht lediglich meinem Wunschdenken entsprang - qualitativ nicht so war, wie man es von einer Band wie Genesis erwartet hätte. Das lag schlicht und einfach daran, dass Phil fehlte: als hervorragender Musiker und als Ideengeber. So waren die Kompositionen und die Arrangements unterdurchschnittlich. Tony und Mike sind keine schlechten Musiker, doch sie machen (bestenfalls) zwei Drittel von Genesis (in der Triobesetzung) aus.


    Dies hätte man ausgleichen können, wenn man einen dritten echten "Kopf" hinzugenommen hätte. Ob Ray diese Rolle hätte meistern können, lasse ich mal offen - Phils Fußstapfen waren schon enorm groß. Meines Erachtens hätte es ein sehr vielseitiger und kreativer Musiker sein müssen, der einerseits viel einbringen kann. Und andererseits ein gestandener Musiker, der Rückgrat und eine entsprechende Vita hat, so dass die beiden anderen ihn als wirklichen Partner angesehen hätten. Für ersteres wäre Kevin Gilbert zweifelsohne geeignet gewesen, der ja auch im Gespräch war; ob er sich hätte (partiell) durchsetzen können, steht auf einem anderen Blatt.


    Doch auch dies ist müßig, denn ich bezweifle, dass Tony und Mike dazu überhaupt bereit gewesen wären. Denn schon damals dürften die beiden viel zu bequem gewesen zu sein. Ein wirklicher musikalischer Neustart wäre auch in künstlerischer Hinsicht ein Risiko gewesen.

  • Ich kann mich noch gut erinnern an den Moment, an dem ich die offizielle Verkündung erfahren habe. Aber nicht, weil das ein riesiges Schockerlebnis war, sondern wegen meiner allgemeinen Tendenz, mir für die Allgemeinheit unwichtige Dinge (gerade im Bereich Musik) zu merken.

    Ich absolvierte meinen Zivildienst und saß gerade im Auto auf einer Tour, um älteren Leuten Essen auf Rädern auszufahren. Da kam die Meldung immerhin in den Hauptnachrichten auf NDR2. Ich fand es schade, war aber nicht besonders betrübt. Vor allem, weil ich zu diesem Zeitpunkt eh nicht mehr viel erwartet hatte von den Jungs. Etwas verwundert war ich nur, warum man nicht einfach alles so belässt, um dann entweder gar nichts mehr zu machen, oder einfach irgendwann die Möglichkeit zu haben, ohne große Begründungen weiterzujammen bzw. zu touren (wie es dann 2007 ja letztlich auch war). Und dieselbe Meinung habe ich heute immer noch.


    Schnell wurde klar, dass Tony und Mike ohne Phil weitermachen wollen, was ich gar nicht mal so übel fand. Bin dann nicht gerade voller Euphorie, aber mit einer durchaus vorhandenen Vorfreude in den CD-Laden meines Vertrauens gegangen, um mir die "Calling All Stations" zu sichern. Die ersten Takte des Openers fand ich hervorragend, aber schnell ließ meine Begeisterung nach. In derselben Woche wurde glaub ich auf "VH1" eine Sondersendung mit einigen musikalischen Darbietungen der "neuen" Band sowie Interviews gesendet. Die fand ich dann auch nicht gerade prickelnd.


    An Ray Wilson konnte ich mich einfach nicht gewöhnen und bleibe bei meiner Meinung, dass er weder von der Persönlichkeit noch von seiner Darbietung zu Genesis passt. Und das meine ich überhaupt nicht negativ - er ist aus meiner Sicht einfach ein guter Folk-/ Rocksänger, aber zum Stil unserer Jungs passte er weder vom Typ noch als Sänger. Dazu kam noch sein extremer schottischer Akzent, den er auch beim Singen nicht verbergen konnte/ wollte. Ich liebe die Schotten, auch ihren Akzent finde ich eigentlich ganz cool. Das gilt auch in der Musik, vor allem natürlich beim Folk. Aber auch Bands wie "Glasvegas" gefallen mir teilweise sehr gut. Aber mit Genesis verbinde ich dann einfach doch den etwas steifen, Charterhouse-geprägten Stil gepaart mit Phils kumpelhafter, damals fröhlicher Persönlichkeit. Ray machte auf mich - vielleicht auch verstärkt durch sein Alter und die Herkunft - eher den Eindruck, als wenn er zu damals abgefeierten, "hippen" Bands gepasst hätte. Irgendwie schien er sehr auf "Coolness" aus zu sein, wobei ich im Nachhinein mit eigener hinzugewonnener Lebenserfahrung zum Schluss komme, dass er sicherlich auch einfach unsicher war und einiges kompensieren wollte. Aber das machte das Ganze nicht einfacher, um sich mit dem "Neuen" zu identifizieren.


    Hinzu kam, dass die Substanz der Scheibe einfach nicht allzu viel hergab, was eindeutig Tony und Mike anzukreiden ist/ war. Insofern war ich damals massiv enttäuscht und besuchte auch die Tour nicht. Heutzutage ist mir das alles herzlich egal, wobei ich es prinzipiell für die Jungs schon besser gefunden hätte, wenn sie nach 1996 einen Schlussstrich (dreimal s, bitte nochmal würfeln!) gezogen hätten. Andererseits hätten die Freunde des Albums, die es ja durchaus auch hier gibt, dann einen Spaß weniger gehabt. Und da ich ja ein gönnender Mensch bin, ist es so letztlich dann ja auch okay. ;)

  • Ich glaube, ich habe die Trennung damals über das Radio erfahren. In den Musikzeitschriften wurde die Angelegenheit lediglich beiläufig erwähnt. Das war für mich ein Signal, das die Band so oder so abgemeldet war. Ich selbst mochte WCD durchaus, aber die Genesismaschinerie kam mir immer statischer und unflexibler vor. Zudem habe ich immer mehr andere Musik für mich entdeckt, das sich die Enttäuschung in Grenzen hielt.

    Da Phil für mich, anders als für viele andere Fans, nicht der Schnulzenheini war, der die Band versaute, sondern durch seine Musikalität aufwertete, war ich sehr skeptisch ob es gut weitergehen konnte. Und ich finde heute, zu Recht.

  • Anders als viele hier halte ich "We Can't Dance" für kein schlechtes Album; bei mir rangiert es weit vor IT oder dem mit den Förmchen. Wie das nächste Album ausgefallen wäre, wenn Phil dabeigeblieben wäre, wäre eine spannende Frage, aber reine Spekulation.


    Damals fand ich es gut, dass Phil weg war, weil ich ihn damals nur als denjenigen sah, der den Weg zum Kommerz geebnet hatte (das sehe ich mittlerweile völlig anders). Und dann zeigte CAS in eine Richtung, die mir behagte: weg von den Gute-Laune- und/oder Herzschmerzsongs und zurück zu komplexeren und dunkleren Kompositionen - und das mit einem Sänger, der mich an Peter erinnerte.

    Das sehe ich ganz genauso wie mein Namensvetter Abbacab. Mir hatte, abgesehen von der stilistischen Entwicklung der Genesis-Musik, die sich verändernde Stimme Phil überhaupt nicht zugesagt. Zuweilen fand ich sie störend bis nervig. WCD hatte neben Fading auch High Lights. Ich hielt (und halte) das Album für ein würdiges Schlusskapitel der Band.

    Insofern hat mich Phils Weggang (und das vorläufige Ende von Genesis) weniger betrübt als Jahre vorher der Weggang von Gabriel und Hackett.

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")