SdW [31.08.-06.09.09]: GENESIS - Mama

  • Und ich habe „Mama“ erst neulich wieder in 5.1 genossen und mich riesig gefreut. Der Song haut mich jedes Mal auf neue um, das ist in meinen Augen ein ganz großer Moment im Genesis-Kosmos, ähnlich wie „Supper’s Ready“, „The Cinema Show“ oder „The Knife“. Das Album ohne Seele? Gefühlslos? Dem kann ich nicht zustimmen. Besonders der hier thematisierte Song ist sehr atmosphärisch und entwickelt eine ungeheure Kraft mit sehr viel Gefühl. Tonys Tastenarbeit macht übrigens genau das, was es soll: Eine ungeheure Stimmung entwickeln und besonders die Steigerung und Hinwendung zu Dur-Akkorden zum Ende hin ist grandios! Nö, ich bleib bei meinen 15 Punkten. ;) :P

    The girl from all those songs
    Who made everything feel right
    She came in like an angel, into your lonely life
    And filling your world with light
    Oh, and everybody told you "you're oh so lucky"
    ___
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  • ...Am Schlimmsten aber ist wohl die Produktion des Ganzen. Das ganze Album klingt dermaßen nach Plastik und Bonbongeknalle, dass man dem werten Herrn Padgham (ich hoffe, der schrieb sich so) vor die Füße kotzen möchte....


    Das trifft es für mich sehr gut. Mama ist der Beginn eines unsäglichen Albums, auf dem massig Bontempi-Sounds zu hören sind. Ich weiß ja nicht wieviele zehntausend Pfund teuer die Keyboardburg von Tony oder die Stratocaster von Mike waren, aber die verwendeten Sounds hätte es auch im damaligen Quellekatalog für ein paar DM in der Spielzeugabteilung gegeben. Die dünne Produktion setzt dann noch eines drauf. Mit wenigen Ausnahmen ist der markante Phil-Drumsound einfach wegproduziert und total flach gemacht worden. Mein persönlicher Tiefpunkt im Werk von Genesis ist dann "That´s all"...


    Mama baut sich zwar irgendwie dramaturgisch auf, aber einen richtigen Höhepunkt hat es nicht. Der extrem im Vordergrund stehende Gesang, bzw. das Geschrei von Phil, nervt gegen Schluss nur noch. Und die Lache fand ich von Anfang an peinlich. Etwas Abwechlung bietet dann der Einsatz der Drums, die mit ihrem einzigartigen Sound das Ganze etwas aufpeppen. Gut ist, dass das wie immer dünne Gitarrensolo von Mike doch recht schnell ausgeblendet wird. Dann gleich ein Skip-Kandidat, bevor das einzig brauchbare Doppelstück des Albums "Home by the sea/Second..." kommt.


    Ne, das ist heute nix mehr für mich. Ich habe mir damals 1983 sogar die Maxis gekauft, aber immer nur wegen der B-Seiten. Man glaubt es nicht, "That´s all" wurde mit "Firth of Fifth" kombiniert, so nahe können in diesem Fall Schatten und Licht beieinander liegen. FoF in einer Stuermer-Version von 1981...da war der Stilbruch dann wenigstens nicht ganz so groß...


    3 Punkte, da für mich nicht ausreichend und leider auch kein "Klassiker" über den ich mich freue, wenn er heute gelegentlich im Radio gespielt wird :(

  • Was für ein Kracher.
    Als "Mama" im ausgehenden Sommer 1983 im Radio erschien, gab es nichts größeres. Es hatte eine dunkle schwere Kraft, es steigerte sich von Beginn an, und schließlich explodierte es. Und das war - wie sich herausstellte - nur die kastrierte Single-Fassung. Auf der Maxi wurde das Stück nochmal um einiges gehaltvoller.
    Für einige Wochen undenkbar, daß ein Tag ohne "Mama" verging. Andere Drogen waren völlig überflüssig. Es stand felsenfest: die Band war (mal wieder) zurück.

    Mit Erscheinen der LP bekam man längenmäßig einen gesunden Kompromiß zwischen 7" und 12" und bemerkte gleichzeitig etwas ernüchtert, daß diese Platte ihren Höhepunkt gleich am Anfang erlebte und danach etwas unentschlossen umhermäanderte. (Gehört wurde sie trotzdem wie verrückt, und schließlich ließ sich sogar "Illegal Alien" irgendwas abgewinnen. War ja ganz lustig).
    Was das Album für die Karriere der Band bedeuten würde, war uns damals noch nicht klar. Dafür umso mehr, daß dieser Song das beste war, was Genesis als Trio jemals veröffentlicht hatte. Dabei ist es bis heute geblieben.

    Im Beiheft zur "Sum Of The Parts"-DVD verrät Mike Rutherford, was er zum Erfolg des Songs beigetragen hat:

    "I programmed that through the very first big Linn drum machine. And I did something the Americans would never do. I put it through my guitar amplifier, a small one, and I turned it up so loud that it was jumping up and down on the chair. What the English do well is take a sound and fuck it up. That is a prime example. It’s just a horrible but great sound."


    Erstaunlicherweise habe ich dieses atmosphärische Sound-Wunder live reproduziert nie als so recht überzeugend empfunden. Auch der Schlagzeug-Einsatz erreichte nie diesen Wumms, keine Ahnung, warum.
    Bis ich irgendwann festgestellt habe, daß ich dieses Lied gar nicht auf der Bühne sehen möchte. Es wirkt am besten ohne Inszenierung, ohne fertige Bilder, dann entfaltet es seinen unheimlichen Sog ungehindert, noch nach dem x100. Mal.

    Ich habe gerade abgestimmt und möchte nun noch die Zeit nutzen, bis der Lynchmob vor der Tür steht...


    Wie bist Du denen denn damals entwischt?

  • Öh, ich schon wieder. Wenn man auch immer wieder auf was neues stößt.
    Neues altes in dem Fall. Phil Collins äußerte sich im "Turn It On Again"-Fan-Chat im November 2004 zum Entstehungsprozeß des Stückes:

    "The origin of this song came from a drum machine rhythm on a Linn that Mike had. It was put through an AMS effects unit, which had been designed to replicate my Non Linear Gated drum sound from ITAT and Intruder etc. We started jamming along on this rhythm, and Tony plugged into an early midi connection at the back of the machine and that gave him the triggered organ rhythm....hope I've not lost anyone yet !!!.... With all that going on, I started singing along with a Lennon delay on my voice.....and it took off from there. Hugh Padgham had brought in a copy of Grandmaster Flash's "The Message" and we were loving it.....and I ripped off the laugh from that. The lyrics were mine, and they were as someone already said, about an elderly prostitute whom our hero has an infatuation with. I have to add that all the references to "getting so hard" etc are not meant to be sexual !!! I say that before someone starts THAT story off !!!"


    An Lennon hatte ich ehrlich gesagt noch nicht gedacht, aber wenn man's weiß…

  • 12 Punkte, gut.

    Okay. Mama. Das ist mal außergewöhnlich und düster (das Video sowieso, sehr genial). Und beim Text war mir sofort klar, dass es hier um einen Mann geht, der schon als Kind in seine Mutter verliebt war. Vielleicht hat sie ihn auch nur so distanzlos erzogen und er hat in ihr seine erste große Liebe gefunden. Er hat Fantasien, die er nur in Gedanken ausleben kann. Sie setzt hingegen doch klare Grenzen, die er nicht akzeptieren will.
    Das war das erste, was mir in den Sinn kam und das werde ich einfach nicht los. Eine Art Missbrauch, Blutschande. Die Stories um ein Baby-Abort oder die (vergleichsweise normale) Liebe zu einer Prostituierten kam mir nie in den Sinn. Und diese Erklärungen halfen auch nie, mich davon abzubringen.

    Sei´s drum.


    Mama ist ungewöhnlich, neuartig, grob, intensiv, düster in dichter Atmosphäre. Insgesamt ein toller Song.

    lg mara || fb.com/tamarasparrow


    the pineapple thief: 17. + 18.09.18 || TMB: 23.11.18


    Als Genesis-Fan macht man ja im Grunde den lieben langen Tag nichts anderes als Seelen-Striptease...
    - me.

  • 12 Punkte, gut.
    Okay. Mama. Das ist mal außergewöhnlich und düster (das Video sowieso, sehr genial). Und beim Text war mir sofort klar, dass es hier um einen Mann geht, der schon als Kind in seine Mutter verliebt war. Vielleicht hat sie ihn auch nur so distanzlos erzogen und er hat in ihr seine erste große Liebe gefunden. Er hat Fantasien, die er nur in Gedanken ausleben kann. Sie setzt hingegen doch klare Grenzen, die er nicht akzeptieren will.
    Das war das erste, was mir in den Sinn kam und das werde ich einfach nicht los. Eine Art Missbrauch, Blutschande. Die Stories um ein Baby-Abort oder die (vergleichsweise normale) Liebe zu einer Prostituierten kam mir nie in den Sinn. Und diese Erklärungen halfen auch nie, mich davon abzubringen.


    Ist aber so, ein Stammfreier einer Nutte ist sauer, weil sie gerade mit einem anderen Freier beschäftigt ist, und er sie deshalb nicht finden kann auf dem Strich, oder im Bordell. Und so klagt er sich, wo denn Mama sei, also die Stammnutte, die er Mama nennt. But its getting so hard ist auch schön zweideutig.

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

    Einmal editiert, zuletzt von charles bukowski ()

  • Der ganze Text ist zweideutig, nicht nur diese eine Zeile. Das lässt halt doch gewisse Räume zum Spekulieren..... letztlich egal, worum es wirklich gehen soll. Toll ist er allemal :)

    lg mara || fb.com/tamarasparrow


    the pineapple thief: 17. + 18.09.18 || TMB: 23.11.18


    Als Genesis-Fan macht man ja im Grunde den lieben langen Tag nichts anderes als Seelen-Striptease...
    - me.

  • Der ganze Text ist zweideutig, nicht nur diese eine Zeile. Das lässt halt doch gewisse Räume zum Spekulieren..... letztlich egal, worum es wirklich gehen soll. Toll ist er allemal :)


    Klar, nicht wie früher in der Schule im Deutschunterricht, gilt nur die Interpretation, die der Lehrer hören will....;)
    Finde ich jetzt nicht mehr, aber in einem Interview hat sich wer, der Genesis gut kennt, wer das war, weiss ich auch nicht mehr, gewundert, warum Genesis denn nun ein Stück über den Rotlichtbezirk machen.

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

    • Offizieller Beitrag

    Der ganze Text ist zweideutig, nicht nur diese eine Zeile. Das lässt halt doch gewisse Räume zum Spekulieren.....


    Diesbezüglich hat man beim Song "Silver Rainbow" wohl am meisten doppeldeutigen Spaß, wenn man voraussetzt, dass mit "Silver Rainbow" der Reißverschluss der Hose einer Frau gemeint ist.