Die Gretchenfrage


  • Nun, leider passiert im Namen der Religion, die ja nichts anderes ist als der organisierte Glaube, zu viel Scheiße in der Welt. Aber das hatten wir ja schon.


    Jo! Und deshalb ersparen wir und jetzt auch den Hinweis auf Tier-und Menschenversuche,die im Namen der Wissenschaft vorgenommen wurden;).


    Zitat

    Auch interessant, diese Feststellung. Kann das etwa daran liegen, dass Kinder wesentlich offener sind in ihrer Geisteshaltung als Erwachsene? Und wenn das so ist, was können wir dagegen tun? ;)

    Nichts. Bitte Nichts. Lassen wir die Menschen sich ganz von alleine ins Verderben stürzen.



    Zitat

    Doch. Ich. Sobald mir jemand einen einzigen Beweis für die Existenz Gottes präsentiert, werde ich sofort umschwenken und sein glühendster Anhänger werden. Gäbe es Theisten mit ähnlicher Bereitschaft, gäbe es keine Theisten mehr!

    Ah! Ein schönes Schlusswort, denn diese Einsicht füht zwangsläufig die Aussichtslosigkeit des missionarischen Unterfangens(gezielte Stichelei) ans Licht!



    Zitat

    Wie gut dass das Thema Beschneidung vom Tisch ist.

    Also, um da nochmal nachzuhaken.....es liegt noch unterm Tisch. Ich sehe es noch, es krabbelt am Tischbein langsam wieder nach oben.....ne,jetz ist es wieder abgerutscht!:huhu:

    Hier steht nichts wichtiges! Trotzdem danke für's Lesen.

    6 Mal editiert, zuletzt von revelation ()

  • Physiker Witz:


    Physik ist wie in einem dunklen Raum mit verbundenen Augen eine schwarze Katze fangen zu wollen.
    Philosophie ist wie in einem dunklen Raum mit verbundenen Augen eine schwarze Katze fangen zu wollen, die es nicht gibt.
    Theologie ist wie in einem dunklen Raum mit verbundenen Augen eine schwarze Katze fangen zu wollen, die es nicht gibt und zu rufen: "Hab sie! :)


    Oder Diether Hildebrandt zur Mathematik:


    Mengenlehre ist: Wenn von 21 Schülern 25 aus dem Klassenzimmer gehen, müssen 4 zurück, damit das Zimmer leer ist.


    Autor unbekannt:


    Wenn man einen Hund so dressiert hat, dass er über einen See fliegen kann, dann gibt es sicher ein paar Neider, die das Tier für wasserscheu halten

  • Verflucht und gerade da funktionierte das WLAN meines Raumschiffes nicht... Naja, werd ich wohl mal heimfliegen und ne bessere Antenne replizieren müssen.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • Der Grad der Wahrscheinlichkeit ist eine objektiv messbare Größe, die sich an den verfügbaren Informationen, Daten und Fakten orientiert.


    In der Stochastik ja,
    es gibt aber nicht nur den mathematischen Begriff der Wahrscheinlichkeit.
    Gut, nennen wir es dann ab jetzt vielleicht besser Möglichkeit.


    Frühkindlich massivst Gehirngewaschene haben leider keine wirkliche Entscheidungsfreiheit.


    Davon wurde ich zum Glück verschont.
    Ermöglicht dir deine schlechte Erfahrung mit einer bestimmten Religion überhaupt noch einen objektiven Blick auf das Thema?
    Ich habe keine bestimmte Religion im Auge, es soll durchaus Gläubige geben, die nicht daran gebunden sind.


    Frag aber mal einen US-Evangelikalen.


    Es soll aber tatsächlich auch vernunftbegabte Gläubige geben, habe ich mal gehört.
    Du wirst das wahrscheinlich gleich als widersprüchlich zurückweisen. [Blockierte Grafik: http://1.1.1.4/bmi/www.genesis-fanclub.de/it-forum/images/smilies/wink.gif]


    das WIE ist wesentlich interessanter, weil man es direkt erforschen kann.


    Zumindest ist DIESE Frage dadurch einfacher zu beantworten.
    Interessanter, weil spannender finde ich schon die Frage nach dem WARUM.


    Die Frage nach dem WARUM impliziert ja bereits die Annahme, dass die Existenz von Leben auf dem Planeten Erde einem höheren Ziel folgt.


    ...und eben das könnte doch sein.


    Das ist aber auch nur eine von vielen Ideen des Menschen, die nie beweisbar sein werden. Möglicherweise ist man deshalb da schon auf dem Holzweg.


    Weil es eine Idee des Menschen ist, die nie beweisbar sein wird, ist man auf dem Holzweg?
    Ich finde die Frage nach einem Beweis im Zusammenhang mit Glauben absurd.
    Wenn es Beweise gäbe, würde ich wissen und nicht glauben.
    Es ist ja gerade die Ungewissheit, das Unbekannte, eben die Möglichkeit, die Menschen glauben lässt.


    Der Kollege war nachgewiesenermaßen Atheist und bei dem Zitat ging es um den Zufallsfaktor in der Quantenmechanik. Es ist allerdings ein weit verbreiteter Irrtum, dass aus der Evolutionstheorie abgeleitet werden könne, dass das Leben "zufällig" entstanden sei. Sie besagt eigentlich das genaue Gegenteil.


    Also ist das Leben bewusst entstanden, durch wen oder was? [Blockierte Grafik: http://1.1.1.4/bmi/www.genesis-fanclub.de/it-forum/images/smilies/wink.gif]
    kleiner Schwerz.


    Einstein hat mit dem Zitat angemerkt, dass wir, nur weil wir nicht alle Parameter eines Teilchens genau bestimmen können, diese nicht als zufällig annehmen dürfen. Er glaubte, nein besser, er war davon überzeugt, dass alles einen Zusammenhang hat, bezog dies natürlich auf Materie, sprich jedes Teilchen im Universum ist mit jedem Teilchen in selbigen auf irgend eine Weise verknüpft. Somit sind auch alle Parameter bestimmt. Diese Ansicht ist nach wie vor umstritten und auch wir, hier im Genesis-Forum, noch dazu im Glaubens-Thread werden die Gültigkeit der Annahme wohl nicht beweisen oder widerlegen können. Mir erscheint der Standpunkt aber durchaus plausibel. In diesem Zusammenhang noch ein paar Fragen zum Nachdenken:


    Ist der Ort meines Subwoofers zufällig, weil ich ihn nicht orten kann?
    Ist der verschwommene Fleck auf der Sehtest-Tafel ein beliebiges Zeichen nur weil ich eigentlich eine Brille brauche?
    Sind Anfang und Ende eindeutig oder eineindeutig verknüpft?


    Hältst du es nach Abwägung aller gesichert vorliegenden Information für hochgradig wahrscheinlich, dass es ein neues Album geben wird, oder ist es reines Wunschdenken, das dich zu dieser Überzeugung führt?


    Mir liegen einfach nicht genügend Informationen vor, um das einschätzen zu können.
    Wünschen würde ich es mir, das macht es aber für mich nicht wahrscheinlicher.
    Die Möglichkeit besteht aber, oder?

  • Es besteht die Möglichkeit, dass wir alle in der Matrix leben und sämtliche unserer Wahrnehmungen von einem riesigen Computerprogramm gesteuert werden. Blödsinn? Aber sicher doch, aber niemand kann das Gegenteil beweisen, warum nicht daran glauben?.

    Ich bin überzeugt, dass ich der einzige Mensch, das einzige Lebewesen im Universum bin. Alle anderen Menschen, Tiere und Pflanzen habe ich mir nur eingebildet, damit ich mich nicht so einsam fühle. Blödsinn? Beweise mir das Gegenteil!

    Außerirdische sind vor ein paar Hundert Millionen Jahren auf unserem Planeten gelandet und haben uns als "Gemüsegarten" angepflanzt. In ein paar Monaten kommen sie, um uns endlich "abzuernten". Bon Appetit! Blödsinn? Ja warum denn?

    Ein zeitloses und raumloses Wesen ohne Ursprung mit Allmacht erschafft Zeit und Raum und installiert organisches Leben auf einem Planeten, wovon eine Gattung anfängt, das Wesen anzubeten. Blöds... :ratlos: :gruebel:

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

    Einmal editiert, zuletzt von Eric ()

  • Nachdem ich den aktuellen Teil dieser Debatte nochmal studiert habe - ich kleckere da manchmal ein bißchen hinterher - bestaune ich eine gewisse Tendenz zur unergiebigen Kreisbewegung an der Stelle, an der die Wissenschaft zur Religion abgegrenzt werden soll, bzw. umgekehrt. Aus einigen Beiträgen lese ich eine nahezu (Entschuldigung) religiös anmutende Rigorosität heraus, ein Weltbild zu verteidigen, das einzig auf der Überprüfbarkeit rationaler Prämissen fußt. Das ist mir nicht so behaglich. In einer hochgekochten Debatte mit durchgeknallten Glaubensfanatikern mag dieses Mantra angebracht sein, hier jedoch fehlt mir da ein bißchen das Verständnis für die Schärfe oder, anders gesagt, mehr Gelassenheit.

    Ich selbst wollte mit dem Zitat (# 234) deutlich machen, mit welch grotesker Metaphorik bisweilen der Vorwurf der Blasphemie gegen die Freiheit geführt wird. Wir dürfen sehr froh sein, in einer Gesellschaft zu leben, deren Säulen unverrückbar auf dem Boden von Aufklärung und Säkularisierung fußen. Die sehe ich derzeit trotz bedenklichen extremistischen Gebarens nicht in Gefahr, und wenn dies der Fall wäre, sollten wir sie schützen. Intoleranz ist nicht verhandelbar.

    Meinem Eindruck nach wurzelt aber die Heftigkeit, mit der hier z.T. die Möglichkeit des Transzendenten bestritten wird, in einem grundlegenden Mißverständnis: Alles, was den Menschen ausmache, sei sein Verstand. Daraus folgt unweigerlich die zweite verhängnisvolle Prämisse: jeder, der diese Einschätzung nicht teilt, müßte doch mit eben jenen Mitteln des Verstandes davon zu überzeugen sein.
    Das ist gewissermaßen ein Paradoxon. Und, wie ich finde, ein überflüssiges, denn in dieser Diskussion wurde doch der Wert der Wissenschaft zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt. Da noch nicht einmal theologisch argumentiert wurde, verstehe ich den Verteidigungsreflex nicht. Von dem Gläubigen zu erwarten, er möge einen wissenschaftlichen Gottesbeweis liefern, ist genauso pfiffig, wie sich beim Wissenschaftler zu beschweren, seine These enthalte zu wenig Mythologie.

    Ich würde nie auf die Idee kommen, einem Menschen, der sich im streng geschlossenen wissenschaftlichen Weltbild eingerichtet hat, einreden zu wollen, er habe Erkenntnisdefizite, und ihm fehlten religiöse Erfahrungen. Ebenso fremd ist mir aber eine Haltung, die mich zu der Einsicht nötigen will, die Vernunft sei das Maß aller Dinge.
    Der Gläubige mag die verschiedensten Gründe für seine Überzeugung haben, aber rechtfertigen oder erklären muß er sich nicht. Erst wenn er selbst in den missionarischen Ring steigt, sollte er gute Argumente haben.

    Der Mensch besitzt die Freiheit, irrational zu sein. Das sollte kein Nachteil sein, solange diese Freiheit nicht die Freiheit von anderen einschränkt. Ich würde behaupten, die meisten relevanten Entscheidungen, die ich in meinem Leben getroffen habe, waren letztlich nach klassischen Maßstäben irrational. Allerdings habe ich vorher meistens lange und vernünftig darüber nachgedacht.

    Forschung und Wissenschaft haben die Menschheit zu Recht stolz gemacht und uns einen vergleichsweise komfortablen Lebensstandard ermöglicht. Das sollte man keineswegs gering schätzen.
    Im Namen von Vernunft und Wissenschaft geschehen aber auch nicht eben wenige unschöne Dinge. So ist beispielsweise die Erfindung der Atombombe nicht das Produkt religiösen Wahns extremistischer Irrer, sondern wurde von kühl kalkulierenden Forschern mit den Mitteln ihres effizient funktionierenden Hirnapparates ersonnen. Von Massenvernichtungswaffen steht, soweit ich weiß, in keiner heiligen Schriftrolle geschrieben.
    Kürzlich hat sich ein Buch sehr gut verkauft, in dem ein ehemaliger Finanzsenator nicht ohne Erfolg mit vermeintlich wissenschaftlicher Methodik den Bürgern dieses Landes versucht hat zu erklären, wieso einige Bevölkerungsgruppen genetisch bedingt blöder sind und bleiben als andere. Sowas ähnliches gab's schon mal.
    Stanley Milgram hat wissenschaftlich bewiesen, daß ein Großteil von Versuchsteilnehmern bereit wäre zu töten, sofern er dafür wissenschaftliche Absolution erhält, wir sprachen kürzlich an anderer Stelle darüber.
    Die Liste ist noch länger.

    Unser tägliches Leben ist geradezu durchsetzt von Unvernunft und Aberglauben.
    Wenn schon das uneingeschränkte Hohelied auf die Wissenschaft gesungen wird, vermisse ich die Konsequenz:
    Familiensinn und Fortpflanzung sind unter dem Gesichtspunkt globaler Überbevölkerung völlig irrational und sollten kritisch hinterfragt werden.
    Von romantischem Unsinn wie Liebe etc. bleiben unter wissenschaftlichem Lichte betrachtet nur chemische Reaktionen und Synapsenverknüpfungen. (Und Fortpflanzungstrieb, aber dazu s.o.).
    Der Glaube an eine glückliche, stabile Paarbeziehung und funktionale Familien ist aus statistischer Sicht einigermaßen lächerlich, aber das hält uns nicht davon ab, es immer wieder zu versuchen. Klug ist das nicht.

    Ob es klug wäre, den Feind zu umarmen, wie in der Bergpredigt vorgeschlagen, mag unter alltagstauglichen Gesichtspunkten strittig sein. Ich halte den Gedanken trotzdem für revolutionär. Wo er herkommt, wer ihn überliefert und irgendwann aufgeschrieben hat, ist vielleicht tatsächlich, wie TM sagen würde, irrelevant.

    Im Gegensatz zu TM habe ich durch das Angebot einer Kirchengemeinde, dem ein politisch äußerst progressiver Pfarrer vorstand, in jungen Jahren sehr anregende Impulse für mein Leben bekommen. Die dort etablierten Inhalte wie Frieden und Humanität würde ich jederzeit zur Weitergabe als wertvoll empfinden.
    Allerdings braucht man dafür freilich keinen Gott. Gemeinsinn und moralische Werte lassen sich prima unabhängig von religiöser Erziehung vermitteln.


    Nebenbei war die Kirche in der DDR, soweit ich das von außen beurteilen kann, für viele eine Art Hafen und wichtiger Bestandteil der Opposition gegen ein unfreiheitliches System.

    Bis heute kenne ich eine Reihe von Leuten, die sich sehr unaufgeregt im Namen des Glaubens engagieren und mein Leben (und vermutlich auch das von anderen) bereichert haben. Ich kann nicht erkennen, wem damit gedient wäre, wenn sie das nicht täten. Das hindert mich nicht daran, mich gegen missionierende Ideologien zu verwahren.

    Ein (entschieden atheistischer) Freund von mir sagt gern: Das, was ich nicht weiß, wird immer größer sein als das, was ich weiß.
    Vielleicht können sich darauf sogar mehr oder weniger alle einigen.

  • Nachdem ich den aktuellen Teil dieser Debatte nochmal studiert habe - ich kleckere da manchmal ein bißchen hinterher - bestaune ich eine gewisse Tendenz zur unergiebigen Kreisbewegung an der Stelle, an der die Wissenschaft zur Religion abgegrenzt werden soll, bzw. umgekehrt. Aus einigen Beiträgen lese ich eine nahezu (Entschuldigung) religiös anmutende Rigorosität heraus, ein Weltbild zu verteidigen, das einzig auf der Überprüfbarkeit rationaler Prämissen fußt. Das ist mir nicht so behaglich. In einer hochgekochten Debatte mit durchgeknallten Glaubensfanatikern mag dieses Mantra angebracht sein, hier jedoch fehlt mir da ein bißchen das Verständnis für die Schärfe oder, anders gesagt, mehr Gelassenheit.



    Ich kann nicht ganz verstehen, was du meinst. Ähnliche "Vorwürfe" gegen atheistische Positionen wurden hier schon mehrfach angebracht. Aber bisher wurde noch keinem Gläubigen mit Scheiterhaufen oder Steinigung gedroht ;) . Spaß beiseite. Der Thread heißt nunmal Gretchenfrage, sprich: "Wie hältsts du's mit der Religion?" Soll man sich als Atheist aus der Diskussion raushalten und seine Meinung lieber nicht begründen? Jeder kann hier seine Meinung, seine Positionen vorbringen und seine Argumente auf den Tisch legen. Forenmitglieder mit anderen Meinungen nehmen eben dazu Stellung und bringen Gegenargumente bzw. versuchen die vorgebrachten Argumente zu widerlegen. Das nennt man normalerweise Diskussion :D . Der eine oder andere mag hierbei auch etwas leidenschaftlicher bei der Sache sein. Aber warum sollte das zum Problem werden, solange man die Forumsregeln einhält und niemanden persönlich angreift?

    Ich selbst wollte mit dem Zitat (# 234) deutlich machen, mit welch grotesker Metaphorik bisweilen der Vorwurf der Blasphemie gegen die Freiheit geführt wird. Wir dürfen sehr froh sein, in einer Gesellschaft zu leben, deren Säulen unverrückbar auf dem Boden von Aufklärung und Säkularisierung fußen. Die sehe ich derzeit trotz bedenklichen extremistischen Gebarens nicht in Gefahr, und wenn dies der Fall wäre, sollten wir sie schützen. Intoleranz ist nicht verhandelbar.



    Nun, ich finde es schon sehr besorgniserregend, was in der Welt so abgeht. Wenn ernsthaft in angeblich aufgeklärten Ländern der westlichen Welt darüber debattiert wird, die Schöpfungsgeschichte gleichberechtigt zur Evolutionstheorie in naturwissenschaftlichen Fächern wie Biologie und Physik zu an der Schule und an Universitäten zu lehren, macht unsere Gesellschaft nicht nur ein paar Schritte, sondern gleich einen Marathon zurück in der Entwicklung. Und das ist ja noch verhältnismäßig harmlos im Vergleich dazu, dass Menschen umgebracht werden, weil sie sich über einen schlechten, dämlichen Film ärgern, oder wenn Länder mit der gegenseitigen Ausrottung drohen und dem anderen Land wegen der falschen Religion das Existenzrecht absprechen. Das ist alles gar nicht so weit weg, wie uns lieb wäre. Natürlich sind wir erheblich liberaler, fortschrittlicher und freier. Dennoch haben Kirchen und Religionsgemeinschaften einen enormen Einfluss auf Staat und Politik. Sie bestimmen Lehrinhalte an öffentlichen Schulen und darüber, wer diese als Lehrer unterrichten darf. Das ist in etwa so, als dürfe Franz Beckenbauer über die Entlassung eines Sportlehrers entscheiden, weil dieser den "Kaiser" als Deppen tituliert hat.
    Bischöfe und Kardinäle werden vom Staat bezahlt aus Steuergelder (gemeint ist NICHT die Kirchensteuer), weitreichende Sonderregelungen für die Kirchen im Arbeitsrecht, die bei deren Beschäftigten nicht nur faktisch die Religionsfreiheit aufheben, sondern auch deren Privatleben reglementieren dürfen. Deutschland ist alles andere als ein säkularer Staat.

    Meinem Eindruck nach wurzelt aber die Heftigkeit, mit der hier z.T. die Möglichkeit des Transzendenten bestritten wird, in einem grundlegenden Mißverständnis: Alles, was den Menschen ausmache, sei sein Verstand. Daraus folgt unweigerlich die zweite verhängnisvolle Prämisse: jeder, der diese Einschätzung nicht teilt, müßte doch mit eben jenen Mitteln des Verstandes davon zu überzeugen sein.
    Das ist gewissermaßen ein Paradoxon. Und, wie ich finde, ein überflüssiges, denn in dieser Diskussion wurde doch der Wert der Wissenschaft zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt. Da noch nicht einmal theologisch argumentiert wurde, verstehe ich den Verteidigungsreflex nicht. Von dem Gläubigen zu erwarten, er möge einen wissenschaftlichen Gottesbeweis liefern, ist genauso pfiffig, wie sich beim Wissenschaftler zu beschweren, seine These enthalte zu wenig Mythologie.



    Einspruch! Niemand bestreitet die Möglichkeit! Nur wird darauf hingewiesen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass diese Möglichkeit auch zutrifft, 1. sehr sehr unwahrscheinlich ist und es 2. keinerlei Anhaltspunkte gibt, die rechtfertigen würden, dieser speziellen unwahrscheinlichen Möglichkeit mehr Bedeutung zuzumessen als anderen unwahrscheinlichen Möglichkeiten. Ich kann nochmal mein Bespiel von neulich bringen: Wenn ich behaupte, wir würden alle in der Matrix leben und nichts, was wir wahrnehmen, entspäche der Wirklichkeit, dann landete ich vermutlich in einer gemütlichen engen Weste in einem Raum mit gepolsterten Wänden ohne Türklinke von innen. Ich wüsste nicht, wie man diese Behauptung wissenschaftlich falsifizieren sollte. Vermutlich ist es unmöglich. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Behauptung zutreffend wäre, ist nicht größer oder kleiner als die Behauptung, es gäbe eine allmächtige Gottheit. Trotzdem hält der Papst eine Rede im Deutschen Bundestag vor Bundestagsabgeordneten und eben nicht in einem engen Jäckchen vor imaginären Freunden.

    Ich würde nie auf die Idee kommen, einem Menschen, der sich im streng geschlossenen wissenschaftlichen Weltbild eingerichtet hat, einreden zu wollen, er habe Erkenntnisdefizite, und ihm fehlten religiöse Erfahrungen. Ebenso fremd ist mir aber eine Haltung, die mich zu der Einsicht nötigen will, die Vernunft sei das Maß aller Dinge.



    Wer behauptet denn das? Menschen dürfen und sollen sich durchaus irrational verhalten. Darauf basiert z.B. unser aller gemeinsames Interesse an der Band Genesis und vieles andere wunderbare.

    Der Gläubige mag die verschiedensten Gründe für seine Überzeugung haben, aber rechtfertigen oder erklären muß er sich nicht. Erst wenn er selbst in den missionarischen Ring steigt, sollte er gute Argumente haben.


    Genau daran halten sich Religionsgemeinschaften aber nicht. Der christliche Glaube ist missionarisch ausgelegt. Vor ein paar Wochen haben auch mal wieder 2 Zeugen Jehovas an meine Tür geklingelt. DIe wollten auch nicht nur nach dem Weg fragen. Religionsgemeinschaften sagen nicht: "Ich glaube daran, dass..." oder "Möglicherweise ist das so oder so ...", sondern regelmäßig: "das ist so und so und nicht anders. Und wenn du das nicht glaubst, wirst bis ans Ende aller Tage mit unendlichen, unvorstellbaren Qualen gefoltert!". Das lernen Kinder in der Schule.


    Im Namen von Vernunft und Wissenschaft geschehen aber auch nicht eben wenige unschöne Dinge. So ist beispielsweise die Erfindung der Atombombe nicht das Produkt religiösen Wahns extremistischer Irrer, sondern wurde von kühl kalkulierenden Forschern mit den Mitteln ihres effizient funktionierenden Hirnapparates ersonnen. Von Massenvernichtungswaffen steht, soweit ich weiß, in keiner heiligen Schriftrolle geschrieben.



    Einspruch! "Im Namen der Wissenschaft" passiert gar nichts. Wissenschaft ist keine Ideologie, sie ist eine Methode zur Erkenntnisgewinnung, ein Instrument. Es gibt keine "heilige Schrift" der Wissenschaft, die Waffen propagiert. Das wissenschaftliche Erkenntnisse benutzt werden, um andere Menschen zu töten, ist schrecklich, aber nicht Schuld der Wissenschaft. Genauso könnte man der Sprache vorwerfen, dass hierdurch Menschen beleidigt oder verleumdet werden. Wissenschaft ist keine Religion. Wenn jemand einen Menschen tötet, kann er sich nicht auf die Wissenschaft berufen. Bibel oder Koran hingegen geben explizit die Order Menschen zu töten. Zumindest berufen sich viele Gläubige darauf, wenn sie Kreuzzüge oder Selbstmordattentate oder Steinigungen durchführen.

    Kürzlich hat sich ein Buch sehr gut verkauft, in dem ein ehemaliger Finanzsenator nicht ohne Erfolg mit vermeintlich wissenschaftlicher Methodik den Bürgern dieses Landes versucht hat zu erklären, wieso einige Bevölkerungsgruppen genetisch bedingt blöder sind und bleiben als andere. Sowas ähnliches gab's schon mal.


    Kurze Frage: Hast du das Buch gelesen? Ich jedenfalls nicht. Allerdings habe ich Anlass zur Annahme, dass die meisten Jornalisten, die darüber berichtet haben, das ebenfalls nicht getan haben. Insofern wäre ich mit Urteilen sehr vorsichtig. Unabhängig davon schreibst du das Schlüsselwort ja bereits selbst: Vermeintlich. Man kann nun nicht ernsthaft der Wissenschaft vorwerfen, dass irgendwelcher Blödsinn "wissenschaftlich" genannt wird, der nicht ansatzweise diese Bezeichnung verdient. Im übrigen sind es sehr oft gerade religiöse oder ideologische Gruppen, die gerne mal den Deckmantel der Wissenschaft anziehen. Der Bund Katholischer Ärzte arbeitet ja nach eigenen Aussagen auch mit wissenschaftlichen Methoden und verteilt gerne bunte Faltblätter mit den Ergebnissen der "wissenschaftlichen" Studien. Prost Mahlzeit.


    Stanley Milgram hat wissenschaftlich bewiesen, daß ein Großteil von Versuchsteilnehmern bereit wäre zu töten, sofern er dafür wissenschaftliche Absolution erhält, wir sprachen kürzlich an anderer Stelle darüber.



    Einspruch! "Absolution" erteilt der Priester. Für alle Sünden. Wer häufiger sündigt, geht öfter beichten und alles ist vergeben und vergessen. "Wissenschaftliche Absolution" gibt es nicht. Stanley Milgram hat gezeigt, wie weit Menschen gehen, wenn sie von vermeintlichen Autoritätspersonen hierzu aufgefordert werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Autoritätsperson ein Wissenschaftler, ein Beamter, ein Offizier oder vielleicht auch ein Geistlicher ist. Dass die "wissenschaftliche Absolution" nicht ausschlaggebend ist, zeigt gerade auch Milgram: In einem weiteren Versuch war "Versuchsleiter" eben nicht der Professor Doktor, sondern ein Student. Plötzlich war der Probant nicht mehr bereit, seinem "Opfer" Stromschläge zu verabreichen. Die Vorgehensweise des Studenten war aber die gleiche wie die des "Professors". An mangelder Wissenschaftlichkeit kann es nicht gelegen haben.


    Unser tägliches Leben ist geradezu durchsetzt von Unvernunft und Aberglauben.
    Wenn schon das uneingeschränkte Hohelied auf die Wissenschaft gesungen wird, vermisse ich die Konsequenz:
    Familiensinn und Fortpflanzung sind unter dem Gesichtspunkt globaler Überbevölkerung völlig irrational und sollten kritisch hinterfragt werden.


    Was ja auch passiert! In China gibt es die 1-Kind-Regel.

    Von romantischem Unsinn wie Liebe etc. bleiben unter wissenschaftlichem Lichte betrachtet nur chemische Reaktionen und Synapsenverknüpfungen. (Und Fortpflanzungstrieb, aber dazu s.o.).
    Der Glaube an eine glückliche, stabile Paarbeziehung und funktionale Familien ist aus statistischer Sicht einigermaßen lächerlich, aber das hält uns nicht davon ab, es immer wieder zu versuchen. Klug ist das nicht.



    Ob irrational oder nicht: Wir können uns gar nicht dagegen wehren. Das entspricht unserer Natur, unseren Bedürfnissen. Diese zu unterdrücken kann böse psychologische Schäden verursachen. Es wäre irrational dieses anzustreben.

    Im Gegensatz zu TM habe ich durch das Angebot einer Kirchengemeinde, dem ein politisch äußerst progressiver Pfarrer vorstand, in jungen Jahren sehr anregende Impulse für mein Leben bekommen. Die dort etablierten Inhalte wie Frieden und Humanität würde ich jederzeit zur Weitergabe als wertvoll empfinden.
    Allerdings braucht man dafür freilich keinen Gott. Gemeinsinn und moralische Werte lassen sich prima unabhängig von religiöser Erziehung vermitteln.



    Du sagst es!

    Nebenbei war die Kirche in der DDR, soweit ich das von außen beurteilen kann, für viele eine Art Hafen und wichtiger Bestandteil der Opposition gegen ein unfreiheitliches System.



    Es gab und gibt unzählige Beispiele für ganz herausragende, vorbildliche oder anerkennungswürdige Leitungen sehr religiöser Menschen, die dies teils auch mit ihrer Religiösität begründen. Andersrum allerdings ebenfalls.

    Bis heute kenne ich eine Reihe von Leuten, die sich sehr unaufgeregt im Namen des Glaubens engagieren und mein Leben (und vermutlich auch das von anderen) bereichert haben. Ich kann nicht erkennen, wem damit gedient wäre, wenn sie das nicht täten. Das hindert mich nicht daran, mich gegen missionierende Ideologien zu verwahren.

    Ein (entschieden atheistischer) Freund von mir sagt gern: Das, was ich nicht weiß, wird immer größer sein als das, was ich weiß.
    Vielleicht können sich darauf sogar mehr oder weniger alle einigen.



    Natürlich können wir das :huhu:.

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

    Einmal editiert, zuletzt von Eric ()

  • Ganz klar und ohne Zögern. Atheist. Mit 18, als ich endlich konnte, sofort den Austritt aus der Kirche gegeben, nie und nimmer bereut und heute noch kopfschütteln ob vieler vieler argumente der kirche(n) und religionen.

    Gruss,
    Phil

  • Das scheint nun zum Zwiegespräch zu mutieren, aber sei’s drum.

    Etwas ungewohnt für mich, sich ausgerechnet in der Rolle eines Glaubensverteidigers wiederzufinden, aber ebenso wenig, wie man Beifall von falscher Seite fürchten darf, wie an anderer Stelle richtig bemerkt wurde, sollte man sich darum scheren, wonach etwas aussieht.

    Um zunächst mit einem, wie es scheint, Mißverständnis aufzuräumen:
    Ja, ich weiß, was man gemeinhin Diskussion nennt. Nein, ich trete nicht für ein Diskussionsverbot für Atheisten ein. Ich kritisiere keine inhaltlich atheistische Position, sondern habe versucht auf das m.E. unmögliche Unterfangen hinzuweisen, einen irrationalen Gegenstand (jemand glaubt) rational diskutieren zu wollen. Wenn man sich entschließt, dies trotzdem zu tun, ist Eifer, auch wenn er biographisch motiviert sein mag, wenig zielführend. Das Thema scheint aber dazu einzuladen. Dabei ist mir, wie auch bereits einem Vorredner, aufgefallen, daß die - vorsichtig ausgedrückt - unnachgiebigste Argumentation ungewohnterweise von der atheistischen Front stammt. Der absolute Anspruch, mit dem der wissenschaftlichen Meßbarkeit menschlichen Daseins das Wort geredet wird, provoziert zwangsläufig Widerspruch.
    Tatsächlich auch noch den Grad der (Un)-Wahrscheinlichkeit einer göttlichen Existenz beziffern zu wollen, halte ich für absurd. Es kann mich bestenfalls noch erheitern, erscheint mir aber aus dem genannten Grund völlig sinnlos. Daher verstehe ich auch nicht, warum dies nun mit weiteren oder wiederholten Beispielen geschieht. Erich, ich kann dazu nichts neues mehr sagen.

    Zu ein, zwei anderen Punkten, die sich durchaus jenseits dieser meinetwegen philosophischen Grundsatzfrage befinden, will ich es aber versuchen.

    Als ich davon sprach, die säkularisierte Gesellschaft nicht in Gefahr zu sehen, meinte ich ausdrücklich unsere Situation hier in Deutschland.
    (Bayern würde ich mal ausnehmen, aber die sind ja ein Freistaat und gehören nach eigenem Verständnis bekanntermaßen nicht wirklich dazu).
    Was den Begriff der Säkularisierung angeht, haben wir offenbar verschiedene Definitionen. Der Papst allerdings, da ist Dir uneingeschränkt zuzustimmen, hat im Bundestag nichts verloren.
    Auf heikles Terrain wie den Nahen Osten oder andere Regionen der Welt habe ich mich an dieser Stelle gar nicht erst gewagt - auch wenn wir, wie Du völlig zu Recht bemerkst, betroffen sind, (sei es in Anbetracht hier lebender Muslime oder der offenbaren Unmöglichkeit, als Deutscher israelische Politik zu kritisieren, ohne unter Antisemitismusverdacht gestellt zu werden).
    In Teilen Amerikas, das uns ja kulturell näher stehen könnte, würde ich vermutlich den Teufel tun und diesen Beitrag schreiben, sondern hätte meine Not, die sog. Werte des Abendlandes gegen religiöse Fanatiker zu verteidigen.

    Es stimmt schon, die Zeugen Jehovas fragen seltener nach dem Weg. Meistens wollen sie, wenn ich das richtig verstanden habe, eher Dir den Weg zeigen. Wenn die jetzt aber nur alle zwei Wochen an Deiner Tür klingeln, führst Du nach meinen Maßstäben ein recht ungestörtes Leben . In Berlin kommst Du quasi keine paar Schritte weit, ohne von irgendjemandem behelligt zu werden. Da sind die Zeugen Jehovas jetzt aber auch nicht aufdringlicher als Straßenmusiker, yellostrom, die Obdachlosenzeitung oder die Partei Deines Mißtrauens...
    Als pluralistischer Demokrat mußt Du sogar NPD-Plakatierung oder Salafisten-Büchertische hinnehmen, solange die sich am Grundgesetz entlangschleichen, auch wenn Du sie zum Teufel wünschst.

    Den Glauben der Wissenschaft gegenüberzustellen, war keine Idee von mir. Ich habe, wie eingangs erwähnt, gerade die Art und Weise, wie die Wissenschaft hier gegen den Glauben in Stellung gebracht wurde, aufgegriffen und kritisiert. Für Deine Kritik an dem "Vergleich" bin ich also kaum der richtige Adressat.
    Darüber hinaus halte ich Dein Wissenschaftsverständnis für naiv. Dem Wort haftet i.d.R. eine sehr negative Konnotation an. Streich das weg, und Du landest bei "unschuldig". Ich weiß nicht, ob die Wissenschaft je unschuldig war, jedenfalls ist sie es schon lange nicht mehr. Deshalb wird sie kein intelligenter Mensch ablehnen, aber sie kritisch zu begleiten, scheint mir unabdingbar.
    Ohne Verantwortung, Ethik und Moral oder was man da nun für Kategorien bemühen will, kann sie uns jederzeit ebenso viel Schaden wie Nutzen bringen.
    Natürlich ist die Wissenschaft ein "Instrument", das von Menschen entwickelt / benutzt wird. Wir reden freilich immer, wenn wir nicht von der Natur sprechen, von Ideen, die Menschen hervorbringen und umsetzen. Das enthebt und doch aber nicht von der Pflicht, die Ideen und ihre Umsetzung nach dem uns zur Verfügung stehenden Wertesystem, (ob dies nun religiös oder "einfach" ethisch motiviert ist), zu beurteilen.

    Um der Einfachheit halber bei dem Beispiel der Atombombe zu bleiben, (weil da - anders als bei Gentechnik, Tierversuchen etc. - vielleicht der größtmögliche gesellschaftliche Konsens herrscht):
    Als Väter dieser zivilisatorischen Errungenschaft gelten Teller und Oppenheimer. Während ersterer zeitlebens die These vertreten hat, nicht die Bombe sei gefährlich, sondern der Mensch, in dessen Händen sie liegt, hat Oppenheimer, nachdem er die Folgen seiner Erfindung zur Kenntnis nehmen mußte, an dem moralischen Dilemma gelitten, den "kleinen Jungen", wie die Amis das Ding zärtlicherweise genannt haben, überhaupt geboren zu haben, (wenn ich das jetzt richtig zusammenkriege).
    So ich Dich recht verstehe, ich will nichts unterstellen, hältst Du es eher mit Teller. Ich finde mich da deutlich bei Oppenheimer. Oder bei Einstein, der für die Entwicklung der Bombe zwar nicht verantwortlich ist, sie aber befürwortet und - da bin ich mir relativ sicher - dies später bereut hat.
    Hinter eine solche Zäsur der schmerzhaften Erkenntnis moralischer Verantwortung gibt es kein Zurück.
    Vor diesem Hintergrund bleibt mir die Bedeutung des Satzes "Die Wissenschaft macht gar nichts" vorerst ein Rätsel.

    Mit der Sprache bringst Du einen interessanten Vergleich. Da sehe ich das prinzipiell ganz ähnlich. Sie selbst "kann natürlich nichts dafür", aber es gibt sie ja auch nicht ohne uns Menschen, die sie sprechen. Und wir können damit schmeicheln und verletzen, lobpreisen und brandstiften. Die Sprache kann eine ausgestreckte Hand sein, ein Zeigefinger oder eine Faust.

    Bei Sarrazin zwingst Du mich nun leider zu einem Exkurs, mit dem wir die ursprüngliche Thematik der Rubrik vorübergehend verlassen, aber das haben andere ja auch schon gemacht.
    Das Buch, das ich ansprach, heißt "Deutschland schafft sich ab", dies nur, um Verwechslungen vorzubeugen, es gibt ja inzwischen ein zweites. Die von Dir erwünschte "Vorsicht" im Bezug darauf, sich dazu zu äußern, ohne es gelesen zu haben, scheint mir völlig unangebracht. Würde ich das Buch rezensieren wollen, müßte ich es zweifellos Satz für Satz studieren. Ich habe nun aber genug Quellen im Zitat genießen dürfen, um mir eine Meinung über Aspekte des Buches zu bilden, die mir zutiefst mißfallen. Herr Sarrazin hat sein Weltbild in den Medien verteidigt, Mißverständnisse scheinen mittlerweile weitgehend ausgeschlossen.
    Was die Arbeitsweise der von Dir angesprochenen Journalisten betrifft, weißt oder vermutest Du offenbar mehr als ich, aber das soll nicht mein Thema sein.
    Der Erfolg dieses Buches ist gewiß faszinierend. Sarrazin beschreibt einerseits soziale Probleme, die längst bekannt sind und niemand bestritten hat. Im nächsten Schritt fordert er als Konsequenz nicht etwa das ein, was einem prominenten Menschen seines intelligenten Formats würdig und verantwortungsgemäß wäre, nämlich BILDUNG, sondern führt die beklagten Defizite u.a. auf ethnisch zuzuordnende Merkmale zurück und jongliert mit vermeintlich wissenschaftlichen Thesen zu vererbter Intelligenz - und das ist jetzt wirklich nur ein Komplex seines Buches.
    Jemanden, der so etwas von sich gibt, nennt man gemeinhin einen Rassisten, und ich kann nicht erkennen, wieso man anders verfahren sollte, nur weil einer das "falsche" Parteibuch hat oder Hunderttausende Leute das lesen wollen.
    Da ist mir ein gepflegter NPD-Stammtisch lieber. Deren Gedöns kommt in der Regel rhetorisch so dumpfbackig daher, daß sich da nur die angesprochen fühlen, denen sowieso nicht zu helfen ist. Und wenn da einer in der Lage wäre, ein Buch zu schreiben, wäre es vermutlich Bückware unter’m Ladentisch und kein Bestseller. Jemand wie Sarrazin aber wird durch die Talkshows gereicht, und seine Auflage geht mittlerweile in die Millionen.
    "Vorsicht“ ist vielleicht also geboten, aber anders als Du sie gemeint hast.

    Es gibt Menschen, die gehen einen Schritt weiter. Es wird jetzt etwas ungemütlich.
    Der Regisseur Milo Rau zieht eine Spur von dieser Diskussion nach Oslo. Was er vorhat, wirkt auf den ersten Blick ungeheuerlich. Er will die Rede des Massenmörders Breivik, die dieser anläßlich seiner Gerichtsverhandlung vorgetragen hat, auf die Bühne bringen. Rau behauptet, ein Großteil dieser Rede sei keineswegs abseitig sondern unter dem Begriff "Kulturkampf" längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, sozusagen breiter "common sense" - natürlich nicht mit den bekannten tödlichen Konsequenzen.
    Ich weiß nicht, ob dieses "Experiment" tatsächlich wünschenswert ist. Könnte mir vorstellen, daß die Angehörigen der Opfer dem Mann lieber in den Arsch treten würden als so einer Aufführung zuzustimmen, aber ich fürchte, Rau könnte mit seiner Analyse richtig liegen. Und dann sind unsere Problemchen hier in der Tat harmloses Geplänkel.

    So, ein kleiner Cliffhanger, der besseren Lesbarkeit halber.
    Zeit für Bier oder Popcorn.