"Beatles vs. Stones vs. Mozart" - Sinn und Unsinn von Ranking-Listen und Spekulationen über zukünftige Rezeption klassischer Rockmusik...

  • Ich denke, man kann sagen, die Beatles haben die Tür in ganz neue musikalische Welten aufgestoßen - und die Stones gehörten zu denen, die gleich danach mit durchgegangen sind. Was sie für viele interessanter machte als die Beatles war doch vor allem ihre rebellischere Attitüde. Klar, sie waren mehr Rock 'n' Roll, man konnte mit den Stones seine Eltern weit mehr schocken als mit den Beatles. Aber wichtig is doch aufem Plattenspieler.

    Dass Satanic Majesties Request - übrigens knapp sieben! Monate nach Sgt. Peppers erschienen- derart hoch gehandelt wurde, ist mir neu. Ich glaube schon damals, erst recht bei Bewertung durch die Jahrzehnte bis heute hat das Stones-Album kaum eine Rolle als Konkurrenz für die Beatles gespielt. Da sind schon eher Aftermath und Between The Buttons die interessanteren Alben (aber auch nicht auf Höhe der Beatles).

    Die wahren musikalischen Konkurrenten der Beatles waren doch die Beach Boys um Brian Wilson. Rubber Soul hatte die Kalifornier zu Pet Sounds angetrieben - das Alben, für das die verfügbare Studiotechnik so massiv und kreativ genutzt wurde wie nie zuvor. Pet Sounds hat die Beatles sicher zu einem Stück vor allem zu Sgt. Peppers inspiriert (vielleicht auch schon etwas zu Revolver), auch nach eigener Aussage. Und Sgt. Peppers wiederum Brian Wilson zu seinem Smile-Projekt mit den Beach Boys, an dem er dann verzweifelt und in der Zeit regelrecht durchgetickt ist.

    Einmal editiert, zuletzt von SquireFish ()

  • Bis zum Progressive sind die Beach Boys nicht mitgesurft :P Doch doch, Majesties wird mit zu den großen 4 Startern der beginnenden Prog-Zeit gerechnet, nach Are you Experienced, Sgt Pepper's, Syd's Pipers at the Gates of Dawn. 67, Das Höllenjahr des LSD. Mindestens einmal trafen Paul und Syd zu einer Aid-Runde zusammen. Syd blieb letztlich auf dem Trip, die Stones und Jimi wechselten körperlich zu härteren Sachen, die Beatles wandten sich als erstes gegen das Dreckszeug und besuchten Maharishi im August in Wales. Ihr 'Vater' Brian Epstein starb auf seine Art (ganz allein gelassen) auch an Substanzen.


    Dass ausgerechnet Sgt. Peppers bis heute so extrem bekannt und bei Altfans als Klassiker beliebt blieb, das war wohl einer dieser magischen Zufälle, glaub ich, und wohl auch aufgrund der Stellung als "das erste verrückte Psycho Album" einer berühmten Supergroup. Sooo riesig ist der Unterschied zu Majesties nicht wie öffentlich wahrgenommen.


    Aber egal, es ist jedenfals ein journalistisches Unding, dass der Rolling Stone Deutschland aus einem alten Esquire-Interview die bekannt selektive Erinnerung von Keith an 1967 zum Vorwand nimmt, eine Anlock-Schlagzeile zu hunzen.unter Abnutzung der künstlich fabrizierten Stones-gegen-Beatles Erzählung. .


    Ja, toll zusammengefasst!

    Hinter allem aber steht doch die Frage: Wer setzt das Ranking und wann?

    Ich guck immer zuerst auf das Datum, dann auf das "Wer"

    Hier mal einige schöne Begründungen für Ranking im Nur-Beatles-Katalog


    Von 2022, The Independent: Sgt. Pepper's auf Platz 3, das Weisse auf 4

    Von 2015, UltimateCassicRock: Sgt. Pepper's auf 2, das Weisse auf 3

    George Starostin Neudruck 2016, stammt vermutlch aus 1999 einzeln review von Sgt Pepper's


    Ach wuff, jetzt habt ihr 3 postings zusammengeführt und nun stöhnen wieder alle über die Länge. Jaul.

    3 Mal editiert, zuletzt von Get-in-to-get-Out () aus folgendem Grund: 3 Beiträge von Get-in-to-get-Out mit diesem Beitrag zusammengefügt. Triple-Postings führen zur sofortigen Ächtung in diesem Forum! Ab in die Ecke! :)

  • Bis zum Progressive sind die Beach Boys nicht mitgesurft :P Doch doch, Majestics wird mit zu den großen 4 Startern der beginnenden Prog-Zeit gerechnet, nach Are you Experienced, Sgt Pepper's, Syd's Pipers at the Gates of Dawn. 67, Das Höllenjahr des LSD. Syd blieb letztlich auf dem Trip, die Stones und Jimi wechselten körperlich zu härteren Sachen, die Beatles wandten sich als erstes gegen das Dreckszeug und besuchten Maharishi im August in Wales. Ihr 'Vater' Brian Epstein starb auf seine Art (ganz allein gelassen) auch an Substanzen. Dass ausgerechnet Sgt. Peppers bis heute so extrem als Klassiker blieb, das war wohl einer dieser magischen Zufälle, glaub ich, und eben die Stellung als das erste "Verrückte Psycho Album" einer berühmten Supergroup. Sooo riesig ist der Unterschied zu Majestics nicht wie öffentlich wahrgenommen.

    Doch, wenn man sich Smile anhört, dann waren die Beach Boys da dem Prog näher, vor allem qualitativ, als die Stones. Auch wenn's damals nicht in der Urform veröffentlicht wurde.

    Und ich habe jetzt auch mal ein bisschen im Netz geschaut, unter anderem bei den recht informativen Wikipedias - English und Deutsch - zum Thema Progressive Rock. Da ist bei den Roots viel von den Beatles zu lesen, den Beach Boys, Zappa, Moody Blues, The Nice, Floyd und andere... aber Satanic Majesties (sic) kommmt bei denen auch nicht vor. Du liegst sicher auch nicht ganz falsch, Von der Atmosphäre her kann TSMR irgendwie in die Ecke däuen und vielleicht fällt der Name auch mal in Ausnahmen, aber gemeinhin nicht. Es ist halt nicht so eigen und frisch wie Sgt. Peppers oder We're Only In It For The Money und so weiter...

    Ich würde die alle aber auch nicht unbedingt nur als Einfluss für die Progressive Rockmusik betrachten, die ist ja auch lange nicht alles, was zählt, ;) , vor allem die Beatles haben so viel mehr hauptursächlich oder neben anderen in die Gänge gebracht, Art-Rock (Bowie/Roxy Music und so), Psychedelic, Weltmusik... Und ein Stück wie Gotta Get You Into My Life war sicher auch eine Wurzel für Jazz-angehauchte Bands wie Chicago und Blood, Sweat & Tears.

    Einmal editiert, zuletzt von SquireFish ()

  • Grenzenloses Forschungsthema, die gegenseitige Befruchtung der kambrischen 60ger Musik-Explosion. Graham Bond. The Bonzo Dog Doo-Dah Band. The Alberts, Spike Milligan. Später Colosseum.

    (Wikipedia finde ich in solchen Spezialgebieten meistes eher zu eng gefasst, reitet viel auf bekannte Namen - irgendwann wird es dann Allgemeingültig, weil's im Wiki steht.) KINKS natürlich nicht zu vergessen. Aber die kleinen Bands sind in der Befruchtungssache auch extrem wichtig.

    Zappa hatte extremen Einfluss, aber erst nach 68 und zuerst nur in US. Allerdings ist das nachgeplappertes Labern von mir, denn ich kam erst so ab 1970 in den Genuss und die Axiome der Nerderei hörte ich viel von den Älteren ab - bis heute eigentlich, denn die alten Jungs drumherum wie JA plaudern ja unentwegt über London in den 60gern.

    Sounds und George Starostin fanden Majesties (niemand sagte je den vollen Titel oder etwa TSMR :schock2: ) "probably the most underrated rock-album in history"   :iye::fledermaus:


    (P.S. Ich muss jetzt leider los zum Zug, gern demnächst mehr. Die ganz alten "Starlingdb.org" reviews sind mir seit Beginn des Internets ein ewiger Quell der Freude. Besonders das Only Solitäir Bewertungs-System von George Starostin hat mich immer fasziniert. Er hat mehrfach die Formate an modernere Zeiten angepasst. Dabei ist er so fair, seine alten Fehler stehen zu lassen. Als er vor Ewigkeiten (vor 1999) Selling bewertet hat, regte er sich auf, was das denn heißen solle "gambling only plays when you're winning" ... :D . Viel Spaß damit)

    3 Mal editiert, zuletzt von Get-in-to-get-Out () aus folgendem Grund: Tippfehler und ein weiterer link

  • Naja, ich behalte mir vor, Wikipedia je nach dem einzuschätzen. Vorsicht ist natürlich immer geboten im Netz. Manch andere Seiten aber werden weniger kritisch beäugt und korrigiert. Für das Thema hier brauch ich Wiki eigentlich auch nicht. Aber ich wollte mal genau da schauen, ob ich was verpasst habe. Da Du von den großen vier Prog-Ermöglicher-Alben inklusive Satanic Majesties sprachst, und ich mich darüber etwas wunderte und das immer noch tue.

    Man kann tatsächlich jede Menge Namen in die Diskussion einbringen, Du hast Colosseum genannt, Graham Bond und ein paar andere, ich füge mal die Doors hinzu, oder Grateful Dead... und mir gefällt auch unsere kleine Diskussion...

    ... allerdings, die besondere Stellung der Beatles als wirkungsmächtigste Initialzünder, um sie etwa noch ein wenig von den Beach abzugrenzen, steht außer Frage...

    ... ich meine, das Progressive Rockmusik so richtig! erst 1969 mit dem vielleicht ersten kohärenten Genre-Album In The Court Of The Crimson King losging. Alles andere davor scheint mir mehr oder weniger bedeutsame Grundlagenforschung. Ich würde aber auch nicht allzuviel dagegen einwenden wollen, wenn man Procul Harum, Moody Blues und Nice als Ur-Progger ins Rennen schickt. Ich würde sie allerdings eher als Prähistorische Progger bezeichnen.


    P.S. Gute und sichere Reise mit dem Zug!

  • Hinter allem aber steht doch die Frage: Wer setzt das Ranking und wann?

    Ich guck immer zuerst auf das Datum, dann auf das "Wer"

    Exakt. Das Wann ist vor allem nicht zu unterschätzen. Je nachdem, wann gewertet wird, wird auf die Kategorien sicherlich unterschiedliches Gewicht gelegt und gewisse gesellschaftliche Themen beeinflussen einfach zu speziellen Zeiten die Wahrnehmung. Ich wage z.B. einfach mal zu behaupten, dass Marvin Gaye's "What's going on" ohne Black lives matter nicht "Sgt. Pepper" vom ersten Platz des (amerikanischen) RS-Rankings hätte stoßen können.

    Zieht man dies in Betracht, hat natürlich auch der Titel der "Besten Alben aller Zeiten" eine gewisse Komik.

  • Exakt. Das Wann ist vor allem nicht zu unterschätzen. Je nachdem, wann gewertet wird, wird auf die Kategorien sicherlich unterschiedliches Gewicht gelegt und gewisse gesellschaftliche Themen beeinflussen einfach zu speziellen Zeiten die Wahrnehmung. Ich wage z.B. einfach mal zu behaupten, dass Marvin Gaye's "What's going on" ohne Black lives matter nicht "Sgt. Pepper" vom ersten Platz des (amerikanischen) RS-Rankings hätte stoßen können.

    Zieht man dies in Betracht, hat natürlich auch der Titel der "Besten Alben aller Zeiten" eine gewisse Komik.

    Ich stimme euch natürlich zu. Wenn man sich wirklich mit solchen Rankings befassen will, sollte wohl klar sein, dass sie sowohl Ausdruck ihrer Zeit sind als auch einer subjektiven Perspektive entsprechen. Man kann ev. mit ihrer Hilfe verstehen, welche Relevanz ein Album zu einem speziellen Zeitpunkt hatte. Für mich bedeutet das so eine Art museale Ansicht.

    Aber da komme ich dann schon wieder mit meinem Kunstverständnis an. Wenn der Blick auf Musik museal wird, ist sie ein Objekt, das ich nicht direkt mit mir und meinem Leben bzw. meiner Zeit in Verbindung bringe. Kunst bleibt m.E. nur dann relevant, wenn sie immer und immer wieder zu neuen (viele Ausrufezeichen) und ganz unmittelbaren Begegnungen mit ihr führt. Ansonsten gerät sie - außer für das Museumsbesuchy - in Vergessenheit und verliert ihre Relevanz als "lebendige" Kunst.

    Insofern ist es für mich ganz klar, dass eine Bewertung von Kunst immer aus der eigenen Gegenwart heraus erfolgt: Was sagt uns und mir die Musik heute?

  • Habe gerade Lust und Zeit, auf einiges hier in dieser für mich sehr interessanten Diskussion einzugehen.

    Aber da komme ich dann schon wieder mit meinem Kunstverständnis an. Wenn der Blick auf Musik museal wird, ist sie ein Objekt, das ich nicht direkt mit mir und meinem Leben bzw. meiner Zeit in Verbindung bringe.

    Der Schnittpunkt zwischen "museal" und "mit mir und meinem Leben" wäre die autobiografische / nostalgische Bedeutung. Ich mache es jetzt mal wie Get-in-to-get-Out, damit es hier übersichtlich bleibt :)

    Warum die Beatles für mich nicht skalierbar sind und weit über ihre musikalische Hinterlassenschaft hinaus an Bedeutung haben:

    Ja, toll zusammengefasst!

    Hinter allem aber steht doch die Frage: Wer setzt das Ranking und wann?

    Ich guck immer zuerst auf das Datum, dann auf das "Wer"

    "Wer" das Ranking aktuell im Rolling Stone setzte, ist eine Art "Experten-Stichprobe". Das Ergebnis gibt hier also nicht den subjektiven Geschmack eines einzelnen Musik-Konsumenten wieder. Ich zitiere aus dem RS: "135 Künstler:innen, Labelbetreiber:innen, Promoter:innen, Kolleg:innen aus dem Rundfunk und Musikkritiker:innen um ihre Bestenlisten gebeten haben"


    Je nachdem, wann gewertet wird, wird auf die Kategorien sicherlich unterschiedliches Gewicht gelegt und gewisse gesellschaftliche Themen beeinflussen einfach zu speziellen Zeiten die Wahrnehmung.

    Genau, deshalb stand im RS vor der Präsentation der statistischen Auswertung der 135 Rankings:


    Zum (Neben-) Thema "Beginn des Progrock":

    Man kann tatsächlich jede Menge Namen in die Diskussion einbringen, Du hast Colosseum genannt, Graham Bond und ein paar andere, ich füge mal die Doors hinzu, oder Grateful Dead... und mir gefällt auch unsere kleine Diskussion...

    ... allerdings, die besondere Stellung der Beatles als wirkungsmächtigste Initialzünder, um sie etwa noch ein wenig von den Beach abzugrenzen, steht außer Frage...

    ... ich meine, das Progressive Rockmusik so richtig! erst 1969 mit dem vielleicht ersten kohärenten Genre-Album In The Court Of The Crimson King losging. Alles andere davor scheint mir mehr oder weniger bedeutsame Grundlagenforschung. Ich würde aber auch nicht allzuviel dagegen einwenden wollen, wenn man Procul Harum, Moody Blues und Nice als Ur-Progger ins Rennen schickt. Ich würde sie allerdings eher als Prähistorische Progger bezeichnen.

    Das erste durchgehend komplette Progrock-Album der Welt ist definitiv "In the Court..." von KC. Und was für mich dabei auch das besondere ist, dass es ein Debüt-Album ist! Eine Band, die direkt von Beginn an so eine hohe Messlatte anlegt, wird es schwer haben, diesen Kurs beizubehalten (würde ich denken, wenn ich damals "dabei" gewesen wäre). Aber als das früheste durchgehend progressiv komponierte Rock-Stück in der Musikgeschichte, würde ich das über 17 Minuten lange "In Held `Twas In I" von Procol Harum auf ihrem zweiten Album "Shine on brightly" ins Rennen schicken :D . Es wurde bereits 1967 (!) aufgenommen und erschien 1968, und hat schon alles, was den Prog-Rock à la King Crimson ausmacht, würde ich mal behaupten wollen.

    Auch relevant als eines der frühsten progressiv komponierten Stücke ist MacArthur Park von Jimmy Webb, das Ende 1967 mit dem Sänger Richard Harris aufgenommen und 1968 erschienen ist. Ihm fehlen allerdings noch so einige prog-rockige Zutaten, die erst in der Progrock-Verison von Beggar`s Opera 1972 hinzukamen, und viele Jahrzehnte später durch die Neal Morse - Band. Es ist schon lustig, dass MacArhtur Park wie kaum ein anderes Stück auf so viele, total unterschiedliche Weise in verschiedenen Phasen und Stilen der Musikgeschichte interpretiert wurde, u.a. im deutschen Schlager von Gott und von Summer im Disco-Stil.


    Zum Vergleich Beatles - Stones:

    Ich könnte keine der beiden aus meinem Leben wegdenken. Mein Zugang zu Soul und Blues wäre anders gewesen ohne die Stones, meine Begegnung mit KC z.B. wäre wesentlich unaufgeschlossener ausgefallen ohne die 3 richtungsweisenden Rubber Soul, Revolver und Sgt.Peppers. Und ja, SP ist kein rundes Ganzes ist aus vielen kleinen Splittern zusammengesetzt, manche davon sind eher so kleine Satire oder Mehrdeutigkeits-Andeutung auf LSD, verklärte "weiche" Drogenerlebnisse und sowas.

    “It doesn`t have to be like this. All we need to do is make sure we keep talking"

    Stephen Hawking

    (Zitat aus dem Song "Keep Talking" von Pink Floyd, mit Stephen Hawking`s Stimme)

  • Exakt. Das Wann ist vor allem nicht zu unterschätzen. Je nachdem, wann gewertet wird, wird auf die Kategorien sicherlich unterschiedliches Gewicht gelegt und gewisse gesellschaftliche Themen beeinflussen einfach zu speziellen Zeiten die Wahrnehmung. Ich wage z.B. einfach mal zu behaupten, dass Marvin Gaye's "What's going on" ohne Black lives matter nicht "Sgt. Pepper" vom ersten Platz des (amerikanischen) RS-Rankings hätte stoßen können.

    Zieht man dies in Betracht, hat natürlich auch der Titel der "Besten Alben aller Zeiten" eine gewisse Komik.


    Ich stimme euch natürlich zu. Wenn man sich wirklich mit solchen Rankings befassen will, sollte wohl klar sein, dass sie sowohl Ausdruck ihrer Zeit sind als auch einer subjektiven Perspektive entsprechen. Man kann ev. mit ihrer Hilfe verstehen, welche Relevanz ein Album zu einem speziellen Zeitpunkt hatte. Für mich bedeutet das so eine Art museale Ansicht...

    ... Kunst bleibt m.E. nur dann relevant, wenn sie immer und immer wieder zu neuen (viele Ausrufezeichen) und ganz unmittelbaren Begegnungen mit ihr führt.

    Ja, wenn man sich ein Ranking der besten Alben aller Zeiten etwa um 1997 ansieht, dann wird man vielleicht Oasis mit What's The Story auf Platz 1-3 finden. 20 Jahre später wurde es dann auf Platz 30 durchgereicht (allerdings auch nicht schlecht). Gewisse Alben wie Revolver, Sgt. Peppers, Pet Sounds oder, ganz wichtig auch Van Morrisons Astral Weeks oder auch London Calling von den Clash aber sind gerne immer wieder ganz vorne dabei. Das sagt dann doch auch etwas. Rankings sind zu einem gewissen Anteil ihrer Zeit verhaftet, aber es gibt ach reichlich Musik, die sich langfristig durchsetzt.

    townman Ich finde Deinen Einwand in Puncto musealer Ansicht interessant, kann ihn aber nicht komplett teilen. Ein Kunstwerk - nehmen wir als Beispiele mal Sgt. Peppers von 1967 und Bitches Brew von 1970 - kann sich ja nicht verändern. Es ist, was es ist, und bedeutet jedem einzelnen hörerenden Menschen im Lauf der Jahrzehnte oder auch Jahrhunderte mehr oder weniger etwas anderes. Es wird Zeiten geben, in denen es eine größere Bedeutung hat, und solche, in denen es vielleicht fast vergessen ist. Das Klang-Kunstwerk selbst aber verfault nicht - und ist stets bereit, seine ganze Kraft zu demjenigen Menschen zu entfalten, der sich mit ihm beschäftigt. Und mag es auch nur ein Einzelner sein, der sich in 500 noch für ein Beatlesalbum interessiert.

    Es interessieren sich möglicherweise heutzutage - durch das Aufkommen von Rock-Pop- und anderen Musiken - anteilsmäßig weniger Menschen für Beethovens 5.ter als vor 100 Jahren. Ich glaube aber auch nicht, dass das Werk dadurch an Bedeutung verliert.

    Interessant finde ich die Frage, ob die Tonkunst, die Musik, durch ihre gößere Abstaktheit, langlebiger ist, als große Teile der der Bildenden Kunst, die - abgesehen von abstrakter Kunst selbst - mehr ihrer Zeit verhaftet sind. Naja, ein großes Fass, das man aufmachen würde. So ein fettes, feistes Seeschlachtengemälde von Turner hat heutzutage - irgendwie - auch noch seinen Reiz. Vielleicht eher durch das Wie als das Was...

    Einmal editiert, zuletzt von SquireFish ()

  • ...den dramatischsten Absturz legten allerdings überraschenderweise die Rolling Stones hin. 2004 noch mit zwei Alben in den Top 20, tauchen sie nun zum ersten Mal auf Platz 51 auf. Die Steinzeit scheint vorbei zu sein." (Steinzeit vorbei ^^ )...

    Ich glaube übrigens nicht, dass die Steinzeit vorbei ist. Das Rolling Stone Ranking, in dem die Stones ziemlich abgestürzt sind, scheint mir fast eine Ausnahme zu sein. Ich liebe solche Rankings zwar, mir kommen sie gerade in jüngster Zeit aber auch oft recht frisiert vor, trotz Teilnahme vieler Einzelner, auch außerhalb der einzelnen Redaktionen. Vielleicht ist es eine Art von Zeitgeist, die mal alten Muster aufbrechen zu wollen, nicht immer Beatles, Hendrix und Co. ganz vorne.

    Will da mancher auch einen Originalitätspreis gewinnen? Der Musik Express hat vor ein paar Jahren "Experten" eingeladen, die Top 100 der Musik aus Deutschland zu bestimmen. Das Ergebnis - weder Udo LIndenberg noch BAP noch Westernhagen waren unter den esrten 100. Mal abgesehen davon, wie man die Künster persönlich bewertet, sie waren und sind wichtig/führend für das Thema. Es ist eigentlich fast so, als würde man die 100 wichtigsten klassischen Künstler bestimmen und diverse Superstars tauchen einfach nicht auf, Namen sind jetzt egal und wären fast albern, nehmen wir nur mal jene, die mit einem B beginnen... Eine gewisse Vorsicht ist sicher bei jedem Ranking geboten

    Ist es dann aber nicht auch so, dass die Subjektivität durch frühe Prägung auch für Deine Liebe zu Genesis und meine Liebe zu Yes gilt? ;) Ich denke, wir sind beide und viele andere hier auch in vergleichsweise frühem Alter angefixt worden - ohne den mehr oder weniger großen Gesamtüberblick, den wir heute haben.

    Was die Beatles betrifft, würde ich indes sogar eine größtmögliche Objektivität für mich beanspruchen. Das blaue und das rote Album waren zwar meine ersten Longplayer, aber ein paar Wochen später folgten dann schon Pink Floyd. Der ganze große Beatles-Fan war ich nie, ich vergesse sie auch meist, wenn es darum geht, meine liebsten Künstler/bands aufzuzählen. Doch bei den meisten Begegnungen mit ihrer Musik stelle ich einfach immer wieder ihre große Relevanz fest.

    Und ja, die Stones werden sicher allein schon deshalb in Zukunft nicht vergessen werden, sondern mehr oder weniger vorne mitspielen bei Rankings, weil sie sich das Image der ersten großen Rock 'n' Roll Rebellen erarbeitet und es - irgendwie - auch konserviert haben.