1=1 oder 1= 1?
Komische Fragen-Gute Antworten
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Bin ich froh, noch in einer Zeit aufgewachsen zu sein, in der meine Eltern sich nicht groß dafür interessierten, was in der Schule passiert. Sie haben mich einfach machen lassen. Wie anstrengend muss es heute sein, schon als Kind überall High-Performer sein zu müssen. Ich verstehe ja, dass Eltern das Beste für ihre Kids wollen. Für mich war das Beste, meine Ruhe zu haben und vor mich hin tüdeln zu können.
Ich lernte übrigens drei Sprachen in der Schule: Englisch, Latein und Altgriechisch. Warum die letzten beiden? Keine Ahnung, hat sich halt so ergeben, ohne großen Masterplan dahinter. Am wenigsten gebracht von den dreien hat mir: Englisch. Ja, tatsächlich. Englischunterricht in der Schule fand ich schrecklich und ich war dort auch immer sehr schlecht. Richtig Englisch gelernt habe ich erst viel später, an der Uni und im Ausland. So viel zum Thema: Schule zur Vermittlung praktischer Fähigkeiten. Praktische Fähigkeiten holt man sich am besten in der Praxis. Latein fand ich dagegen schon interessanter. Ob es mir "nutzt"? Keine Ahnung, mir egal. Es war eine schöne intellektuelle Übung. Und richtig klasse fand ich Griechisch. Das war dann in der Oberstufe. Am Ende konnten wir Platon im Original lesen, was schon eine tolle Erfahrung war. Mittlerweile hab ich natürlich alles vergessen und eine Pizza könnte ich damit nicht bestellen, aber darum ging es ja auch nie.
Als Erwachsener habe ich dann noch Schwedisch und Finnisch gelernt. Okay, bei Letzterem bin ich noch dabei. Das war/ist kein großes Problem und man kann in relativ kurzer Zeit viel erreichen. Solche Kurse, die das Ziel haben, eine Sprache praktisch zu erlernen, so dass man möglichst schnell fließend wird, sind ganz anders strukturiert als etwa der Englischunterricht, den ich an der Schule kennengelernt habe. Der war doch eher theoretischer Natur. Von daher bin ich gar nicht so traurig, dass ich kein Französisch in der Schule hatte, was ich sehr liebe und gerne sprechen können würde. Aber ich bezweifle, dass mich die Schule zum Französischsprecher gemacht hätte. Jedenfalls höre ich oft: Ich hatte X Jahre Französisch an der Schule, aber spreche kein Wort.
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Zitat von Sebastian
Für mich war das Beste, meine Ruhe zu haben und vor mich hin tüdeln zu können.
Das hört sich prima an, Sebastian.
Unsere Eltern waren leider nicht so gechillt wie Deine, wir sollten es bitte unbedingt und ungefragt "besser haben" als sie. (Dabei hatten sie es so viel besser als wir heute, sie wussten es nur nicht)
Immerhin haben unsere Eltern uns sehr genau beobachtet und sich viele Gedanken gemacht. Ich wollte brennend Architekt werden, aber weil man damals noch längere Praktika auf dem Bau machen musste (raue Welt + fiese Sitten) und mein Vater als Bauunternehmer sich auskannte, wurde mir das unterbunden. Gymnasium mit tollen Lehrys, habe unter ihrer Anleitung schöne Hobbies ausgebildet und Interessen verfolgt (Geschichte, Sprachen, Naturwissenschaft, Mathe, Wirtschaft, IT, Kunst - naja - wie Ricky Gervais sagen würde: "Everything but jogging"), nur war der Formenkreis um Legasthenie und ADS damals noch keine förderwürdige Disposition (das änderte sich durch König Karl Gustav).
Eltern und Teenies blieben doch sehr allein mit der Entscheidung zur Berufswahl. Viele Eltern waren damit überfordert, denn damals zeichnete sich der große Weltwandel gegen sie ab, ihre Erfahrungen galten nichts mehr. Für die Jugend hieß das Versprechen >>die Welt steht Dir offen<< gleichzeitig Druck: "Nun geh aber auch mal schön raus und weit weg." Reisen und Auslanderfahrung waren interessant, aber das Gymnasium entfernte uns sehr hart von unseren Eltern, Großeltern, unserer jahrhundertealten Kultur und Sprache. Meinen Vorfahren wurde ihre eigene Sprache in ihrer Schule mit Rohrstock-Schlägen ausgetrieben und die gewalttätige Haltung der Bildungs-Elite "Hochdeutsch" über alles zu stellen, blieb bis in die 80ger. Wir entstammen einer Sprach-Minorität, die sehr unter dem Verlust an Nachwuchs leiden musste, unsere Sprache und Kultur ist nun ein totes Museumsstück. Aus unserer Abiklasse ist nur einer daheim geblieben, der Rest ging unserer kleinen Heimat verloren. (So geht es, weiß ich heute, auch den Samen in Finnland und den Sorben in Sachsen).Zur Zeit der 80ger wurde der Entscheidungsprozess zur Berufsfindung besser begleitet. DAs ist nun wieder vorbei. Jetzt & heute sind Eltern wohl wieder ebenso allein gelassen wie unsere in den 70gern. Mit viel Erfahrung weiß ich eines: Viel zu viele Leute landen lebenslang gefesselt in Berufen, in denen sie unglücklich sind.
Für unsere Nachzucht hatten wir nur lose Pläne, weil klar war, wie schnell sich die Welt änderte. Auch wir machten die Erfahrung, dass unsere Erfahrung nicht mehr viel galt. Nur eines blieb - im direkten Vergleich der vier erlebten wir schon wieder die Zufälligkeit des Lebens, ob man gute Lehrer erwischt oder alkoholkranke Psychos die Kinder verderben, und dass sich richtige Kontakte & Vitamin B als richtungsgebend heraus kristallisierten.
Ich kann Justplays Kopfweh bei der Entscheidungsfindung nachvollziehen und finde es ganz mutig, dass er sich an seine langjährige Community wendet und mit seiner Frage hier verschiedene Erfahrungsberichte angestoßen hat.
Für unsere Enkel im Teeniealter aber gehen wir unseren eigenen Weg. Für sie wird uns das planmäßigere Leiten und Wege-Ebnen doch wieder sehr wichtig. In einer zunehmend komplexeren Welt mit völlig unsicheren Rahmenbedingungen wird es nicht einfacher, für großartige, verletzliche Jugendliche mit zwar wunderbaren, aber nicht immer leichtgängigen Eigenschaften einen straighten oder passenden Weg zu finden.
Wir jedenfalls haben uns für einen Plan entschieden, entgegen allen Nachbarschafts-Regeln und dem Gruppendruck des engmaschigen Umfelds. Wir ersparen unseren lieben kleinen Mini-Genies den vermeintlich großen Bildungsweg und wollen ihnen ein Studium unter aktuellen Bedingungen nicht antun, sondern ihnen eine persönliche Entfaltung in einer gechillteren Umgebung mit vielen Einbeziehungen technischer, interessanter Zukunftsdinge ermöglichen. Das kommt vielleicht dem nahe, was martinus vorschwebte mit Charakterbildung und "Rüstzeug, sich zu eigenständigen Persönlichkeiten zu entwickeln". Resilienz gegen Unbillen, Vertrauen in die eigene Kraft, ufstehen gegen Ärsche. Aber nicht in der zufällig zuständigen Schule (allein) erworben, sondern aktiv von zuhause, soweit es geht.Wir können nur die Elemente anrufen und hoffen, dass wir die richtige Mischung von locker lassen und Führung finden und an ihrer Seite bleiben dürfen.
Vielleicht finden Sie mit 30 ja auch Spaß an Reisen, an Finnisch, wenn ihnen jemand so ermutigende Geschichten vorlegt wie im vorigen Beitrag unser weitreisender Nordkap-User.Ich hab vorsichtshalber die wenigen alten Sprachbücher und Kassetten mit den Sprachproben meiner Eltern, Tanten und Onkels aufgehoben. Wer weiß. Vielleicht bekommt einer von Ihnen oder ihren Kindern den Wunsch, zu den Wurzeln unserer Vorfahren zurück zu kehren und diese von sich aus bewahren zu helfen. - Gruß an Justplay -
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Soll mein Sohn nun ab der 6.Klasse Gymnasium Latein oder Französisch wählen ? Ich weiß: Kommt drauf an was er danach studieren will usw., aber das reicht mir nicht.
Es ist vollkommen egal, was er vielleicht mal studieren will. Dass man mit Lateinkenntnissen irgendwelche nennenswerten Vorteile im Medizin- oder Jurastudium hätte, ist ein Mythos.
Was die Lateinkenntnisse an sich angeht, mag es vollkommen egal sein. Wenn das Latinum aber als Qualifikation vorausgesetzt wird, muss man in einem Crashkurs in zwei Semestern all das in die Birne kloppen, wofür man in der Schule mehrere Jahre Zeit hatte. Dass das nicht mal eben so nebenbei geht, dürfte klar sein. Während meines Studiums war meine damalige Freundin in dieser freudigen Situation (Lehramt Englisch). Die zwei Semester waren dann weitestgehend durch das Lernen für´s Latinum geprägt. Wenn man sich das durch die entsprechende Wahl in der 6. Klasse ersparen kann, ist das schon sehr viel wert. Soweit ich weiß, benötigt man in NRW auch heute z.B. für das Lehramt an Gymnasien noch ein Latinum, wenn man Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Geschichte, Religion oder Philosophie (alternativ Graecum) studieren möchte.
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Da gehört doch eher diese vollkommen schwachsinnige Zugangsvoraussetzung abgeschafft.
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Um mal mit dem unsoliden Halbwissen ein wenig aufzuräumen: Die Studienordnung für Medizin (zumindest in Bayern) schreibt mindestens seit 2003 nur noch den Nachweis von "Lateinkenntnissen" vor. Faktisch müssen sich stud.med. dafür nur die lateinischen (und teils auch die griechischen) Bezeichnungen für allerlei Körperbestandteile aneignen, damit sie eine Diagnose wie Colitis ulcerosa korrekt als geschwulstige (zu ulcus) Entzündung (-itis) des Dickdarms (colon) verstehen.
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Faktisch müssen sich stud.med. dafür nur die lateinischen (und teils auch die griechischen) Bezeichnungen für allerlei Körperbestandteile aneignen, damit sie eine Diagnose wie Colitis ulcerosa korrekt als geschwulstige (zu ulcus) Entzündung (-itis) des Dickdarms (colon) verstehen.
Wie kommst du jetzt ausgerechnet auf diese Krankheit....? Was verdorbenes gegessen...?
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Ich habe eine Zeitlang angehenden Mediziner*innen geholfen, sich für die Lateinkenntnisprüfung vorzubereiten. (fun fact: Dafür sind Latein- und Griechischkenntnisse von Vorteil)
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Da ich in der Schule Latein statt Französisch hatte, kann ich vom Clip praktisch nichts verstehen:
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Man könnte alternativ auch die Untertitel in YouTube einschalten und diese dann in den Einstellungen des Videos auf deutsch stellen. Dann ist zwar immer noch ein wenig Fleißarbeit vom Denkmuskel gefragt, da die Google Übersetzungen mit schlecht noch sehr positiv umschrieben sind, aber sofern man nicht unter Gehirnzirrhose leidet, bekommt man das eigentlich hin. Na ja, jeder nach seinen Möglichkeiten. 🙂