Vor 25 Jahren: GENESIS veröffentlichen ihr letztes Album "Calling All Stations"

  • "Calling All Stations" ist aufgrund der späten Geburt von mir das erste Genesis-Album, das ich leibhaftig miterlebte. Ich wurde zwar schon zu Zeiten, als "No Son Of Mine", "I Can't Dance" und "Jesus He Knows Me" rauf und runter gespielt wurden, auf Genesis aufmerksam, allerdings wurde ich wohl erst im Laufe des Jahres 1993 zum Fan, nachdem ich die drei letzten Alben mit Phil, sowie die beiden TWWW-CDs auf MC überspielt bekam. Auch die Videoclips, die seinerzeit bei einem MTV-Genesis-Weekend liefen, sowie das Konzert in Knebworth hatte mich dann endgültig zur Band genagelt. Danach kam dann Phil's nächstes Album "Both Sides" an den Start und mein Focus war dann mehr auf ihn gerichtet. Der Name Peter Gabriel war mir zu der Zeit ebenfalls durch MTV ein Begriff ("Steam" und "Digging In The Dirt" liefen seinerzeit häufiger), dass er aber auch mal Sänger bei Genesis war, erfuhr ich etliche Zeit später.


    Aber ich will jetzt nicht allzusehr abschweifen, es soll ja um CAS gehen: Den Ausstieg von Phil hatte ich seinerzeit gar nicht wirklich mitbekommen, gut möglich, dass diese Nachricht wegen der gleichzeitig stattgefundenen ersten Trennung von "Take That" etwas untergegangen ist (war ja ebenfalls im Frühjahr 1996). Auch die Britpop-Battle um Bands wie Oasis, Blur, Suede, Pulp oder Kula Shaker ließen der Musikpresse wohl nur wenig Platz auf ihren Blättern für eine solche Meldung. Überhaupt waren die einzigen dienstälteren Bands, die zu der Zeit größer von sich reden machten (und was ich davon so mitbekommen habe), die Stones, Queen und Pink Floyd. Da konnten Genesis natürlich schon mal leicht in Vergessenheit geraten, "We Can't Dance" war ja nun auch schon einige Jahre her. Auch als Phil "Dance Into The Light" im Herbst 1996 veröffentlichte, wurde sein Ausstieg wohl nur beiläufig erwähnt, teilweise wurde wohl auch gesagt, Genesis hätten sich komplett aufgelöst.

    Umso überraschter war ich dann im Sommer 1997, als es hieß: Genesis wollen es mit einem neuen Album und einem neuen, dem inzwischen dritten Sänger, noch einmal wissen. Der Name Ray Wilson sagte mir ebenso wie der Name seiner früheren Band Stiltskin überhaupt nichts, obwohl ich "Inside" zu der Zeit wohl schon kannte. Das erste, was ich von den neuformierten Genesis zu hören bekam, war natürlich "Congo", welches seinerzeit auch die "Kraftrille" beim schleswig-holsteinischen Privatsender R.SH war (die "Kraftrille" war damals so eine Art "Hit-Tip der Woche"). Natürlich klang es zunächst etwas ungewohnt mit dem neuen Sänger, aber musikalisch und vom Songaufbau her war das schon durch und durch Genesis (remember "Just A Job To Do"? "Land Of Confusion"? "Tell Me Why"?). Je öfter der Song im Radio lief, umso mehr wurde ich mit Ray's Stimme vertraut und freute mich immer mehr auf das Comeback-Album. Als "Calling All Stations" dann schließlich im September 1997 erschien, bin ich gleich in der ersten Woche in eine inzwischen nicht mehr existierende WOM-Filiale gegangen und hab mir die CD mit meinem mühsam ersparten Taschengeld gekauft. Bereits durch die 3 Genesis-Alben davor wusste ich, dass die Singlehits bei Genesis nur der halbe Spaß sind und die echten Knaller einem dann erst auf dem Album begegnen sollten (siehe "Home By The Sea", "Domino", "Driving The Last Spike", "Dreaming While You Sleep", "Fading Lights"). Und schon damals gehörten der CAS-Titelsong, "Alien Afternoon", "Not About Us" und "The Dividing Line" zu meinen Favoriten, was sich bis heute nicht geändert hat. Andere wiederum brauchten ein wenig, bis sie gefallen konnten ("Uncertain Weather", "Small Talk", "One Man's Fool") und dann gab es Songs, die ich damals gut fand, inzwischen aber nicht mehr so ("There Must Be Some Other Way", "Shipwrecked", "If That's What You Need"). Insgesamt war und bin ich zufrieden mit dem Album. Auch auf Stiltskin, Cut und das eine oder andere Soloalbum von Ray Wilson wäre ich ohne die CAS-Phase sicherlich nicht aufmerksam geworden. Und dafür bin ich genesis im Rückblick noch einmal dankbar.


    Leider wurde es mit einem Besuch der CAS-Tournee nichts, obwohl es sicherlich kein Problem gewesen wäre, nach Hamburg zu fahren. Da meine Eltern mich allerdings kurze Zeit früher schon auf der Konzert-Bus-Reise zu Phil nach Hannover begleitet haben, die auf der Rückfahrt vor Staus auf der Autobahn nicht verschont blieb, wollten sie sich das nicht noch einmal antun müssen. Somit ist die CAS-Tour für mich leider ausgefallen. Immerhin konnte ich Genesis ja dann 2007 noch einmal erleben, aber ein CAS-Konzert hätte auch was für sich gehabt. Ich weiß auch gar nicht, warum diese Tour immer so schlecht geredet oder Genesis, nur weil sie mal wieder einen anderen Sänger hatten, als Coverband bezeichnet wird.

    Was hatte diese Tournee nicht alles für Highlights zu bieten: "No Son Of Mine" (bis heute DIE ultimative Liveversion), "Calling All Stations" (mit athmosphärischer Light- und Videoshow), "The Lamb Lies Down On Broadway" (immerhin 1981 das letzte Mal komplett gespielt), "Carpet Crawlers" (durch Aufnahmen dieser Tour habe ich den Song erst kennengelernt), "The Dividing Line" (mit der Gitarrenbattle von Mike und Anthony Drennan am Anfang und einem tollen Drumsolo von Nir Z.) und last, but not least, das Lagerfeuer-Akustik-Medley der "Genesis Brothers", bei dem auch "Dancing With The Moonlit Knight" und "Lovers Leap" mal wieder vorbeischauen durften. Überhaupt hat Ray, abgesehen von den CAS-Songs, vor allem bei den Songs aus der Gabriel-Ära gesanglich eine sehr gute Figur gemacht.

    Tiefpunkte gab es nur in Form der letzten vier Songs der Konzerte: "Invisible Touch", "Throwing It All Away" und "I Can't Dance" sind dann doch deutlich zu Collins-Ära-typisch, als dass Rays den Songs irgendwelche neuen Seiten abgewinnen konnte. Immerhin war bei ICD Ray's Mundharmonikaeinlage (mit echter Bluesharp, die Phil bei den Tourneen 1992 und 2007 ja nur imitiert und simuliert hatte) ganz witzig und wann gab es bei Genesis jemals soviel Fannähe, wie als sich Ray eine beliebig ausgewählte "Tanzpartnerin" aus den ersten Reihen des Publikums auf die Bühne holte? Zudem hatte man "Turn It On Again" wohl spätestens seit der IT-Tour 1986/87 ein wenig satt. Da wären vielleicht noch Songs von "Trick" oder "Wind" besser gewesen. Speziell "Squonk", "Entangled", "Ripples", "11th Earl of Mar" oder "Afterglow" hätte man sich mit Ray gut vorstellen können.


    Fazit: Ich bin wie gesagt froh, dass es diese Ära gegeben hat, auch wenn sie durch ihre Kurzlebigkeit und ihr plötzliches Einschlafen viele Fragen offen ließ. Ein Nachfolgealbum mit einem mehr ins Songwriting eingebundenen Ray Wilson (und Nir Z.) hätte ich sehr begrüßt. Klar, an die Zeiten zu IT und WCD hätten sie nicht anknüpfen können, mit Phil wäre ihnen dies aber auch nicht mehr gelungen.

    31.10.1997 PHIL COLLINS (Hannover)
    11.06.2004 PHIL COLLINS (Berlin)
    15.06.2007 GENESIS (Hamburg)
    15.06.2012 ROACHFORD (Kiel)
    24.06.2012 MIKE & THE MECHANICS (Kiel)
    18.05.2014 STEVE HACKETT (Hamburg)

  • Wenn ich mir die Keyboard-Parts von CAS anhöre, dann fasse ich mir grösstenteils an den Kopf. Das kann nicht derselbe Mann sein, der die Keyboard-Parts von The Cinema Show, The Fountain of Salmacis, Firth of Fifth und Riding the Sree gespielt hat.

    Grosse Keyboardteile von CAS klingen stümperhaft oder so, als ob Tony keine Lust gehabt hat. Wenn ich aber zum Komponieren keine Lust habe, dann lasse ich es einfach.

    Das ist ein Grund warum mir CAS überhaaupt nicht gefällt, Ausnahmen das Titelstück und The dividing Line.

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

  • Der Connaisseur in mir lacht stets aufs Artigste, wenn gerade The dividing line als positives Beispiel herangezogen wird. Das dreht sich monoton im Kreis wie ein Kinderkarussell. Da ist selbst Alien Afternoon mit seinem zerfaserten Keyboardteil noch meilenweit (Seemeilen) drüber.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • Für mich ist CAS ein erfrischendes Album,weil ich die Stimme von Ray sehr mag und mich an P.C. leidgehört hatte (zu oft gehört).

    Schade,das es -auch hier- so schlecht wegkommt.

    P.C.=82 Düsseldorf,90 Berlin,94 Dortmund

    P.G.=03 Oberhausen+Köln,04 Dortmund,23 Köln

    GENESIS-78 Saarbrücken,81 Dortmund,92 Gelsenkirchen,07 Düsseldorf

    S.H.=79 Köln,88 Bochum,13 Oberhausen,22 Utrecht+Essen,23 Wuppertal,Essen+Freiburg

    M.A.TM.=89 Düsseldorf

    R.W.=02 Wuppertal,23 Remscheid


    HEART=22.06.24,Berlin

    BRUCE SPRINGSTEEN=05.07.24,Hannover

    S.H.=07.07.24,Zoetermeer

    STEVIE NICKS=16.07.24,Antwerp

    DIRE STRAITS EXPERIENCE=23.07.24,Essen

    HOOTERS=24.07.24,Köln

    ADELE=14.08.24,München

  • Für mich ist CAS ein erfrischendes Album,weil ich die Stimme von Ray sehr mag und mich an P.C. leidgehört hatte (zu oft gehört).

    Schade,das es -auch hier- so schlecht wegkommt.

    Ich habe mich zwar an P. C. nicht leid gehört, aber ich find auch das CAS generell zu schlecht wegkommt.

    Ich höre es ab und zu ganz gerne. Und das sage ich als jemand der "Stagnation" auch excellent findet ;):love:

  • Zumindest in der Käufergunst scheint CAS gar nicht so schlecht abgeschnitten zu haben. Hieß es nicht sogar mal, es sei eines der bestverkauften Genesis-Alben überhaupt? In Deutschland bekam es immerhin Gold.


    Muss dem Album anrechnen, dass es progressiver klingt als das sensationell erfolgreiche WCD. Was aber leider auch zeigt, dass Genesis nach seiner sehr erfolgreichen Phase ab etwa Mitte der 80er nicht mehr dauerhaft zu ihren (betont progressiveren) Wurzeln hätten zurückkehren können, ohne kommerziell gewaltig Federn zu lassen. Dafür war die Band schon längst zu Hit-orientiert geworden. Die Erwartungen, vor allem der jüngeren Hörer, wurden damit enttäuscht.


    Die Tournee im Anschluss lief wohl auch nicht so gut. Die Dortmunder Westfalenhalle war jedenfalls nicht restlos voll, wie mir einige der damaligen Besucher*innen berichteten. Kaum zu glauben, wenn man bedenkt, dass z.B. die kommende Coldplay-Stadiontournee binnen kürzester Zeit ausverkauft war.

  • Zumindest in der Käufergunst scheint CAS gar nicht so schlecht abgeschnitten zu haben. Hieß es nicht sogar mal, es sei eines der bestverkauften Genesis-Alben überhaupt? In Deutschland bekam es immerhin Gold.

    Eines der bestverkauften Alben? Nein, die Scheibe hat sich - zumindest wenn man den Bekanntheitsgrad des Bandnamens in Relation zu den frühen 70ern bedenkt - sogar eher schlecht verkauft. Kann man zum Beispiel auf dieser Seite sehr gut erkennen.


    https://chartmasters.org/genesis-albums-and-songs-sales/


    Da wird für Statistikfreunde sehr detailliert für viele Länder eine Menge an Verkaufszahlen (inklusive Singles und Soloalben) aufgelistet. Auch die Kommentare lesen sich vernünftig. Ich füge mal ein Beispiel ein und hebe den Teil über "Calling all Stations" fett hervor:


    "As mentioned in the introduction, the most incredible fact about Genesis‘ career is how they kept growing during a very long stretch.

    Early albums are up to numbers as high as 4.6 million, as it is the case with Selling England by the Pound, despite selling only a fraction of that number when first released.

    The explosion of Phil Collins during the 80s impacted the band greatly. Duke sold 5 million, Abacab did 6.4 million, Genesis was even stronger at 8.8 million, and then both Invisible Touch at 13 million and We Can’t Dance at 13.8 million were blockbusters.


    Invisible Touch was their American peak. Following the unreal success of CollinsNo Jacket Required there (12xPlatinum), it moved nearly 7 million units.

    We Can’t Dance also followed the footsteps of its immediate Collins‘ predecessor, …But Seriously. It did so with lower US sales, while breaking records in Europe.


    The best showings came in Germany. In the country, by 1995 the highest certified albums of all-time were in fact …But Seriously at 3 million and We Can’t Dance at 2.5 million, the only ones with an award higher than 2 million, thanks to their 42 weeks (17+25) at #1. They remain in the all-time top 5 to this day.


    Without their superstar singer, the new trio moved barely 1.3 million copies despite a favorable market background with Calling All Stations."

    • Offizieller Beitrag

    Kurz mal die Fakten gerade rücken


    CAS verkaufte sich in D mehr als eine halbe Million mal und bekam Platin dafür. Das war aber meilenweit von den fast 3 Millionen Alben entfernt, die WCD hierzulande verkaufte. Viel dramatischer war die Situation in Nordamerika. Das Album kam nicht mal in die Top50.
    Das Konzert in Dortmund war ausverkauft (da war ich seinerzeit auch).

    Beide Infos sind kein Gefühl, sondern wurden mir in Gesprächen mit Plattenfirma und Konzertveranstalter mitgeteilt.


    In späteren Pressetexten war aber oft die Rede davon, dass CAS das vierterfolgreichste Album der Band war.

    totale weltweite Verkaufszahlen sind aber eine Wissenschaft für sich und diese Zahlen sind selten verlässlich, wenn konkrete Sales Auszeichnungen fehlen. bis heute weiß keiner genau, welche Alben wie viel total verkauft haben


    CAS unterschied sich in der Zusammensetzung nicht allzu sehr von WCD. Es gab längere Songs wie Dividing Line oder One Man‘s Fool. Dazu eher hitorientiertes wie Shipwrecked oder Congo.
    WCD war dem ähnlich. Der Sound war ein anderer.

  • Der Connaisseur in mir lacht stets aufs Artigste, wenn gerade The dividing line als positives Beispiel herangezogen wird. Das dreht sich monoton im Kreis wie ein Kinderkarussell. Da ist selbst Alien Afternoon mit seinem zerfaserten Keyboardteil noch meilenweit (Seemeilen) drüber.

    ...wobei sich gerade dieser Song erst im Konzert so richtig offenbarte. Tatsächlich habe ich The Dividing Line erst durch die Live-Performance lieb gewonnen.

  • So kanns gehen, ich weiß nur noch, dass es in Leipzig gespielt wurde, aber an Details erinner ich nicht mehr. Auch hier ist Alien Afternoon mir eher (und auch etwas enttäuschender als aufm Album) in Erinnerung geblieben.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.