CHESTER THOMPSON Interview im amerikanischen Rolling Stone (4.2.2021)

  • Und die 2007 Tour was mit Abstand die beste Tour, Chester hatte bis dahin noch nie so viel Spass gehabt, die ganze Band war in allerbeste Laune damals.

  • Superinteressantes Interview!


    (Und ganz nebenbei bestätigt Chester, dass Phil den anderen ITAT vorgespielt hat, wenn auch wohl noch ohne Schlagzeug.)

  • Danke für den Link über euren Telegram-Kanal - konnte das Interview problemlos ohne Account/Pay Wall auf dem Smartphone lesen.


    Ein sehr gut geführtes, ausführliches Interview. Chester antwortet auch präzise und ehrlich, sehr sympathisch.


    Zur Sache: Er sagt, er wäre kulturell/zwischenmenschlich - anders als Daryl - nie richtig bei Genesis angekommen und auch irgendwie enttäuscht, nie richig Teil der Band geworden zu sein, hätte sich damit aber arrangiert und seinen Frieden gemacht. Die 2007er Tour sei aber eine sehr freudige Sache mit viel Lachen und Lockerheit gewesen und er ging davon aus, dass es 2008 in Südamerika weitergehen würde - bis er las, dass Phil wieder raus sei.

    Bei den Going Back-Liveshows sei Phil ein völlig anderer Mensch und Chester sei sehr nervös gewesen. Phil hätte das Material - wohl im Gegensatz zu ihm - ins kleinste Detail gekannt und Chester bei den Proben mal vor versammelter Truppe angeschissen, was den Druck bei den Konzerten wohl noch erhöhte. Beim letzten Konzert in Montreux hätte Chester dann seinen Einsatz oder so verpasst, das nächste/letzte Stück einzuleiten, und Phil hätte ihn entgeistert angestarrt, obwohl sie das gesamte Konzert über - anders als früher - keinerlei Blickkontakt gehabt hätten. Danach sei im Wesentlichen Funkstille gewesen; sie hätten seit 10 Jahren keinen Kontakt gehabt. Von Phils damaligen Problemen wusste er wohl nix. Chester sagt, er sei froh, dass Phil wieder arbeite und findet es klasse, dass Nic für ihn trommelt - liest sich jetzt nicht (mehr) so frustriert oder so. Die NDY-Tour habe er sich nicht anschauen wollen; Genesis vielleicht schon. Er würde sehr viele Mails von Fans bekommen, die fragen, warum er nicht Teil der kommenden Genesis-Tour ist - was ihn einerseits freue, ihn aber andererseits auch zwinge, sich wieder mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen...


    So ganz abgeschlossen mit dem Ganzen hat er verständlicherweise also noch nicht, spricht aber insgesamt in höchsten Tönen von Phil (und auch von Nic). Beim Lesen wünscht man sich wirklich, dass Phil mal zum Hörer greift...

  • Und völlig erstaunt bin ich auch darüber, dass er meinte, es sei aufregender und anspruchsvoller gewesen, mit Genesis zu spielen, statt mit Phil Solo. Ich hätte immer gedacht, Phils R & B Ansatz würde ihm viel mehr im Blut stecken, was ja auch stimmt. Noch erstaunter bin ich, dass, laut Chester, ihm Phil diese Aussage verdammt übel genommen hätte.

    Eine ähnliche Aussage hat er auch schon 1992 gemacht. Hatte dieses (oder zumindest ein ähnliches) TV Special damals auf "Premiere" gesehen im Vorfeld der Live-Übertragung aus Knebworth. Gibt's zum Glück auch noch auf YouTube - die Aussage kommt ab Minute 28:


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    Bin damals davon ausgegangen, dass Phil die Aussage total locker gesehen hat. Zumindest wirkte es durch sein Lachen im Zwischenschnitt so. Offenbar saß der Stachel tiefer...

    • Offizieller Beitrag

    Da er es nun selbst offen anspricht, kann ich bestätigen, dass sich seine Beschreibung der Vorfälle von 2010 mit dem deckt, was ich über die Jahre so erfahren habe. Es gab natürlich auch einseitigere Versionen in die eine und die andere Richtung. Aber so wie Chester es im Interview beschreibt, klingt es plausibel und nachvollziehbar.


    Ich habe nie konkret etwas davon erzählt, weil z. B. Chesters schlechte Vorbereitung auf die Motown-Proben ein schlechtes Licht auf ihn geworfen hätte. Und das ohne, dass ich dafür konkrete Belege gehabt hätte. Ich bin hier teilweise im Forum dafür angegangen worden, dass ich Andeutungen gemacht habe, ohne auf Nachfrage konkreter zu werden. Aber ich wusste ja schlichtweg nicht, welche Version stimmt. Klar, das wissen wir auch nach diesem Interview nicht. Es klingt jedoch wie gesagt glaubhaft.


    Chesters Beschreibung, dass Daryl und er nie wirklich Teil von Genesis waren, deckt sich mit einer Begebenheit, die ich selbst erlebt habe. 2007 war ich u. a. in Los Angeles für die beiden Abschlusskonzerte der Tour. Durch eine glückliche Fügung wurde ich zum Soundcheck des bis heute letzten Genesis-Konzerts im Hollywood Bowl eingeladen. Die Band spielte wie gewohnt ungefähr eine halbe Stunde diverse Stücke an und jammte auch vereinzelt ein bisscher herum. Danach sollte es für die Gäste, zu denen auch ich gehörte, ein kurzes Meet & Greet mit der Band geben. Chester und Daryl kannte ich bereits von anderen Gelegenheiten und sie kannten mich. Als der Soundcheck zu Ende war und das Meet & Greet stattfinden sollte, gingen Chester und Daryl aber nicht von der Bühne runter zu uns wartenden Gästen. Vielmehr gingen sie seitlich Richtung Backstagebereich. Ich grüßte beide kurz und weg waren sie. Zu uns herunter kamen "nur" Phil, Mike und Tony. Ein tolles, wenn auch eher kurzes Erlebnis, das ich nie vergessen werde. Es beschreibt ganz gut, das was Chester z. B. von den Interviews erzählt, wo Daryl und er nur am Rand gesessen haben und die Aufmerksamkeit sich auf Phil, Mike und Tony konzentrierte.


    Für Chester, den Eindruck habe ich ganz deutlich aus persönlichen Gesprächen mit ihm, war Genesis ein Job. Gut bezahlt, keine Frage. Und vielleicht in vieler Hinsicht eine Art Traumjob. Aber eben "nur" ein Job. Das klingt wenig romantisch und vielleicht sogar hart, es ist jedoch die Realität. Die Entstehungsgeschichte davon wird nach Lektüre des Interviews sehr viel klarer.


    Irgendwie bin ich im Nachhinein gar nicht mehr so enttäuscht, 2010 aus beruflichen Gründen die Motown-Tour verpasst zu haben. So behalte ich lieber die tolle musikalische Einheit von Genesis mit Chester 2007 in Erinnerung.

  • Der damalige Interviewhintergrund war nach dem Weggang von Phil. Aufgrund möglicher zeitlicher Tourüberschneidungen von Genesis und Phil, stand die Frage im Raum, für wen sich Chester entscheiden würde, weiterhin zu arbeiten. Genesis war die interessantere Option für ihn. Es ging also nicht nur um musikalische Vorlieben, sondern auch um konkrete Zu- bzw. Absagen. Das hat Phil gewurmt........so habe ich das jedenfalls in Erinnerung.


    Allerdings sagt Chester auch im jetzigen Interview, dass er aus dem damaligen Touren etwas aussteigen wollte.

  • Für Chester, den Eindruck habe ich ganz deutlich aus persönlichen Gesprächen mit ihm, war Genesis ein Job. Gut bezahlt, keine Frage. Und vielleicht in vieler Hinsicht eine Art Traumjob. Aber eben "nur" ein Job. Das klingt wenig romantisch und vielleicht sogar hart, es ist jedoch die Realität.

    Und diese Realität hört man auch. Chester spielt, was ihm zu spielen aufgetragen wurde. Das, was er auf der Bühne macht, ist ein "Erledigen". Man hört ihn aber nicht als kreativen Musiker, man hört ebenfalls nicht, dass er eine musikalische Identität hätte. Und ich meine auch, dass man diese ästhetische "Distanz" hören kann, die zwischen ihm und Genesis/Collins nie verschwand. Es ist ja auch okay, aber meilenwert von dem entfernt, was er z.B. bei Weather Report einbringen konnte und musste.

  • Und diese Realität hört man auch. Chester spielt, was ihm zu spielen aufgetragen wurde. Das, was er auf der Bühne macht, ist ein "Erledigen". Man hört ihn aber nicht als kreativen Musiker, man hört ebenfalls nicht, dass er eine musikalische Identität hätte. Und ich meine auch, dass man diese ästhetische "Distanz" hören kann, die zwischen ihm und Genesis/Collins nie verschwand. Es ist ja auch okay, aber meilenwert von dem entfernt, was er z.B. bei Weather Report einbringen konnte und musste.

    Bestimmt richtig, aber lag das jetzt mehr an Chester oder den Vorgaben, die er von Genesis (Phil) bekam?

    "Mal abgesehen von sanitären Einrichtungen, der Medizin, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung und der allgemeinen Krankenkassen, was, frage ich euch, haben die Römer je für uns getan?"

    • Offizieller Beitrag

    Und diese Realität hört man auch. Chester spielt, was ihm zu spielen aufgetragen wurde. Das, was er auf der Bühne macht, ist ein "Erledigen". Man hört ihn aber nicht als kreativen Musiker, man hört ebenfalls nicht, dass er eine musikalische Identität hätte. Und ich meine auch, dass man diese ästhetische "Distanz" hören kann, die zwischen ihm und Genesis/Collins nie verschwand. Es ist ja auch okay, aber meilenwert von dem entfernt, was er z.B. bei Weather Report einbringen konnte und musste.

    naja. Er hat auch oft gesagt, dass die Herausforderung bei Phil eben genau diese Präzision war. Auch Nathan East hat das mal gesagt. Gegen Phils Perfektionismus dürfte selbst jemand wie Steven Wilson ein Schuljunge sein