TotW: [21.12.-27.12.2015]: GENESIS - Keep It Dark

  • 11 Punkte für diesen Track. Bei den ersten Hörversuchen habe ich den Song schlicht gehasst. Ich hasste dieses Gitarrenriff, das war für mich irgendwie die schlimmste Melodie die ich je gehört habe...Mittlerweile kann ich mich einigermaßen damit anfreunden, auch wenn ich es weiterhin eher eintönig finde. Der Grund, weshalb der Song doch bei mir durchgestiegen ist, ist der Refrain. Irgendwie liebe ich dieses pseudo-hymnische, Phil singt es irgendwie einmalig und die Synthies geben dem einfach einen besonderen Touch. Ein cleverer Refrain um die Gefühle nach den eher rudimentären Strophen hochzutreiben. Der hohe Wiederhör-Faktor gibt dann den positiven Ausschlag für mich. Gibt allerdings deutlich bessere Tracks auf der Abacab :)

  • Ich stehe allerdings, wenn ich wählen müsste, ohnehin eher auf New Wave Bands wie The Police, XTC oder Talking Heads als auf klassischen Prog. Deshalb bin ich was ABACAB betrifft, relativ schmerzbefreit. Viele Fans empfinden das Album als Anbiederung und peinlich, mir gefällt es nach wie vor.


    12 Punkte



    Du Frevler, dass Du das auch noch zugibst... ;) Geht mir ähnlich. Ich bin mit den "poppigen" Genesis aufgewachsen und habe alles vor Duke erst relativ spät kennengelernt. Mag das auch alles sehr, aber die mittlerweile "uncoolen" Genesissachen werde ich immer lieben.

  • Keep It Dark (Arbeitstitel "odd" = ungerade, seltsam, skurril) hat mich irritiert - wie viele andere sicher auch. Mir kam am Anfang der Einsatz des Schlagzeugs falsch vor. Irgendwann merkte ich, dass es das Gitarrenriff war, dass nicht gerade in einem 4/4-Takt lief. Durch die Dauerschleife des Gitarrenriffs ist es quasi die rockige Variante von Pigeons. Ich würde es bei mir mit 9 Punkten einordnen, weil ich es grundsätzlich interessant finde, aber schnell überhört habe.


    Das Cover von Simon Collins hat mich positiv überrascht. Es ist kaum anders, verfügt aber über noch mehr Druck, so dass ich zwei Punkte mehr spendieren würde.

    Gedankenrauschen – Da geht noch was!

  • Ich finds klasse. Gerade das immer durchgezogene Riff, das für sich alleine ziemlich banal klingt dann aber durch die untergelegten Akkorde ganz andere Stimmungen entfalten kann, halte ich für einen kleinen Geniestreich. Das muss man erstmal schaffen, etwas zu finden, das so simpel ist, aber ohne Störung durchlaufen kann. Vielleicht war Mike auch einfach nur faul, aber das Resultat ist dufte. Die Version von Sohnemann Collins hat dann ja auch gezeigt, wieviel Kraft eigentlich in dem Song stecken könnte.


    Auch der Text ist meiner Meinung nach ziemlich gut. Irgendwie kann man sich dann ja doch, trotz aller Fantasterei, in den Mann hineinversetzen, der weiß, dass ihm einfach niemand glauben würde und er deshalb lieber den Schnabel hält, obwohl er sicher vor Erzähldrang platzt.


    Ich persönlich mag ja Abacab generell sehr, nachdem die Platten davor einfach zu klebrig geraten waren (das ist v.a. eine Soundfrage). Aber gut, das gehört hier nicht her.


    13 Punkte.

  • Dieses sich ständig wiederholennde Riff ödet mich einfach an. Die Gesangsmelodie ist auch nicht so prall. Tonys Keyboards läuten schon mal die Kreisklasse an, die er dann voll auf CAS erreicht. 2 Punkte

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

  • Zitat

    Da hast du aber was verpasst. Die letzten 10 Sekunden sind echt der Hammer!


    Habe mir jetzt die letzte Minute angehört (nur die letzte Minute, damit ich weiterhin sagen kann, mir das Stück nie komplett angehört zu haben) und sorry, für mich ist das Krachgarten.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • Das Abacab-Album war damals, als es rauskam, eine mittelgroße Enttäschung für mich. Später habe ich es mehr schätzen gelernt. Abwechslungsreich ist es alle Male, es gibt Progressive Rock (Dodo), Punk (WD), Bläser-Funk à la Earthwind & Fire (NRAA), In the Air tonight - Sound (MOTC), eine typische Bankssche Ballade (MASJ), Krautrock (Abacab) und mit Keep it dark auch einen Track mit Einflüssen aus dem experimentellen avantgardistischem Industriel-Pop/Rock mit einem Hauch New-Age-Esoterik. Ich meine, Tony sagte mal, dass es sein Lieblingssong von diesem Album wäre.

    Interessant, dass hier von vielen ziemlich positive Reaktionen beschrieben haben, ohne sich erklären zu können, warum. Der Song wirkt ja sehr simpel und kompakt. Aber er fängt so raffiniert an, dass der Hörer zunächst in die Irre geleitet wird. Der elektronisch verfremdete Gitarren-Loop, der eher wie ein Keyboard mit einer Banksschen Einstellung klingt, scheint ganz gerade auf 1 zu beginnen. Und wenn man sich an diesen eingängigen Groove gewöhnt hat, der wie ein einfacher Kinder-Zählreim klingt, wird er plötzlich durch einen scheinbar völlig daneben liegenden Schlagzeut-Beat kaputt gemacht. Der Drumbeat gibt zunächst vor, ein 4/8-Rhythmus mit einer Betonunge auf 2 zu sein. Erst wenn Phils Gesang einsetzt, verschiebt und korrigiert sich das Bild dahingehend, dass der Drum-Beat nicht die 2, sondern die 3 betont und der verfremdete Gitarrenloop immer um eine Achtelnote vorgezogen beginnt, und dem Kinks-Motiv "You really got me" die vier Töne (in aufsteigender Tonleiterfolge), mit denen das Stück begann, in synkopisch verschobenem Rhythmus folgen lässt, wobei die synkopisch verschobene vierte Note gleichzeitig wieder den um 1/8 vorgezogenen Auftakt zum "You really got me"-Motiv bildet.

    Ich habe versucht, den "richtigen" (versetzten) Rhythmus wenigstens einmal von Anfang an richtig herauszuhören. Es ist mir nicht gelungen. Mein Gehirn spielt mir immer einen Streich, als ob das Riff immer ganz gerade auf 1 beginnt, um dann später est mit Beginn des Gesangs gerade gerückt zu werden. Dabei verändern sich weder Mikes Gitarrenriff, noch der Drumbeat, noch die eigentliche Takt-/Zählart durch den Einsatz des Gesangs. Diese akustische Täuschung erinnert mich an die Kippbilder, bei denen man immer nur eine der beiden Figuren sehen kann, aber bei KID drängt sich mir immer nur die falsche Figur auf. Tony hat diesen raffinierten Effekt irgendwo auch mal erwähnt, erinnere ich mich.

    Interessant ist auch der ungewöhnliche Refrain, der mit einer ziemlich uneingängigen, im Raum frei schwebenden Melodie beginnt: "I wish that I could really tell you. All the things that happened to me. And all that I have seen." Tonys Keyboardklänge sind warm, einlullend und sphärisch. Die Sept-Akkorde erzeugen Weite und Sehnsucht. Und dann formt sich der "Refrain" (falls man ihn so nennen kann) in einen mehr strukturierten, konventionelleren Refrain:

    "A world full of people their hearts full of joy,

    Cities of light with no fear of war,

    And thousands of creatures with happier lives,

    And dreams of a future with meaning and no need to hide."

    Die Stimmhöhe geht immer weiter nach oben, in den Falsetto-Bereich hinein. Das passt natürlich zur Bedeutung des Textes. Und dann holt einen dieser teils schamanisch anmutende, teils nach Jahrmarkt klingende percussive Sound ab, der von Phils witzig-verschwörerischem "Keep it Dark" beendet wird und wieder nach unten auf die Erde bringt, fast wie bei einer Bruchlandung. Beim esten Mal dauert es länger, bis das "Keep it Dark" kommt, beim zweiten Mal kommt es schneller. Erinnert mich an einen Freefall-Tower im Safari-Park Stukenbrock, wo der sadistische Typ unten einmal paar Sekunden früher den Hebel bediente.


    Wir wissen ja, dass der Text von Tony ist. Mir gefällt, dass diese Geschichte oder Erfahrung offen bleibt. Allerdings ist es im Vergleich zu Supper`s ready hier nicht die psychedelische Welt der Fantasie oder die Dreamtime-Ebene, die bedient wird, sondern die ganz objektive Realität. Das kommt darin zum Ausdruck, dass der in die "Zukunft" entführte Mensch zwei Wochen lang weg war und sich für die anderen Menschen eine Erklärung ausdenken muss, da er diese Erfahrung unmöglich anderen mitteilen kann. Was da genau passiert ist, lässt Tony offen, und das ist auch gut so. Ist er durch ein merkwürdiges Energiefeld in eine andere Dimension geraten, oder ist er von überirdischen oder außerirdischen Wesen mitgenommen worden? Das spielt keine Rolle. Im Dezember 1980 ist zwar laut Zeugen ein unbekanntes Flugobjekt im Rendlesham Forest (Suffolk) beobachtet worden, aber Tony bezieht sich nicht darauf. Entscheidender ist die Bedeutung der Erfahrung an sich: Es gibt eine (verborgene) Wirklichkeit, in der nicht Mangel herrscht, sondern Fülle, Freude, Liebe und Frieden für alle vorhanden ist. Die optimistische Botschaft von KID lautet: Diese wunderschöne Wirklichkeit ist unsere Zukunft! Mich erinnert dieses Thema ein wenig an die sog. (kostenlose) "freie Energie" à la Nicolas Tesla oder Wilhelm Reich, die uns angeblich durch die großen, mächtigen Energie-Konzerne leider auf Kosten der Natur und unserer aller Geldbeutel vorenthalten wird (vgl. z.B. den Film "Thrive Full Movie") oder die Sache mit dem "endlosen Bewusstsein" (vgl. z.B. das gleichnamige Buch von Van Lommel). Ich tendiere zu einer intrinsischen Deutung, nach der diese Welt der Fülle im Innern liegt, im Reich der Seele und des Geistes.

    Ich finde, dass bei KID der Text im Vordergrund steht, als ob hier tatsächlich mal die Musik extra für den Text komponiert wurde. Ob das so war, weiß ich nicht. Die Musik bekommt von mir 11 Punkte, der Text 14 Punkte und die Passung bzw. Widerspiegelung des Textes in der Musik 15 Punkte. Ich will aber den Text nicht so hoch gewichten, also zusammen 12 Punkte.

    “It doesn`t have to be like this. All we need to do is make sure we keep talking"

    Stephen Hawking

    (Zitat aus dem Song "Keep Talking" von Pink Floyd, mit Stephen Hawking`s Stimme)

  • Der Text ist herrlich, und das eintönige Riff illustriert gut die sture, repetitive Notwendigkeit des Leugnens des eben Erlebten. Ich mag den Song. 13 Punkte.

  • Ja stimmt, diese "repetitive Notwendigkeit" hat was von einem Karussell, passt zum 6/4-Takt, ähnlich wie bei dem "Merry-Go-Round" von Grobschnitt, das einen 3/4-Takt hat und daher im Gegensatz zu KID eher an einen Walzer erinnert.

    “It doesn`t have to be like this. All we need to do is make sure we keep talking"

    Stephen Hawking

    (Zitat aus dem Song "Keep Talking" von Pink Floyd, mit Stephen Hawking`s Stimme)