TotW: [16.03.-22.03.2015]: GENESIS - Let Us Now Make Love

  • Naja, Schulnoten vergibt man eigentlich in der Schule, und da gehört der Song irgendwie auch hin. Rührend naiv und von charmanter Melodieführung, was vielleicht bei Phillips' Solo-Version etwas klarer zu Tage tritt. Na gut, vielleicht hätte man die Chöre etwas herunterfahren können. O.k., bißchen lang auch (bei Phillips allerdings noch mehr).
    Zugegebenermaßen ist auch die Botschaft von ergreifender Schlichtheit, aber natürlich trotzdem wahr, und so formuliert man halt im zarten Alter. (Das trifft ja beispielsweise auch auf "Give Peace A Chance" zu, und John Lennon war immerhin bereits 28, als er das schrieb).

    Das Lied wirkt auf mich wie ein Bindeglied zwischen den ersten beiden Alben. Das Songwriting wurzelt noch bei "From G. To R.", aber beim Sound kann man "Trespass" schon schnuppern.
    Ein Kind seiner Zeit, aber eben ein ziemlich niedlicher Fratz und keine verzogene Göre.
    9+1 Pennäler-Universalgültigkeits-Lyrics-Punkt. Now and forever.

  • So vom Hören würde man sagen, es ist FGTR, aber zum guten Glück fehlen die Streicher.
    Der Song hat für mich ein paar brauchbare Momente, wie zum Beispiel der Songeinstieg mit der Querflöte, so zwei Gesangspassagen und der kurze Instrumentalteil. Der Refrain dagegen ist zum Fürchten vor allem Haaaahhaaaaahaaaa des Chors. Aber es sei ihnen verziehen, das war damals Gang und Gäbe in den Sechzigern und die Jungs waren noch jung (und brauchten das Geld) :-D.
    Irgendwie mussten sie es ja lernen, es ist bekanntermassen noch kein Genesis-Musiker vom Himmel gefallen. Sie haben das Richtige gemacht, die guten Dinge beibehalten und den Müll gekippt. Trespass war dann schon ein Riesenschritt vorwärts.
    Hierfür gibts ein Ausreichend! 5 Punkte.

    Zy
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    "The music is the true currency. It's more valuable than the accolades or the money. The relationship is with the invisible muse and you know if she's pleased or if she ain't." - Steve Hackett

  • Normalerweise würde ich sagen: Ach Texte,die sind doch nur die Verpackung für die Melodie,also nicht so wichtig. Aber dieses Exemplar drängt sich mit seiner naiven Schlichtheit so sehr in den Vordergrund, dass es die Gesamtnote etwas herunterziehen muss.
    Andererseits ist es genau diese Naivität,die diese Bandphase für mich so charmant erscheinen lässt. Naivität hat ja den Vorteil auch ganz entzückende Spontaneität und unverkrampfte Freude sprudeln zu lassen.
    Und in diesem Sinne fließt hier auch die Komposition um so manche Klippe,streift Floskeln, ist teilweise übertrieben textmalerisch, mitunter konterkariert sie mit ihrer Melancholie auch etwas die Leichtigkeit des Themas.
    Ich habe auch den Eindruck,dass die Band eigentlich altersmäßig schon etwas aus dem Text herausgewachsen sein könnte. Vielleicht lag der schon länger herum und musste noch verbraucht werden?


    Da nun aber Gabriel hier wieder puderzuckrig-waffelweich und herzerweichend warm auf der einen Seite und soulig-kieksig-erwachsen andererseits ins Mikrofon haucht und kräht und ich beides bei ihm (besonders in seinen Flegeljahren) abgöttisch liebe, weil es mich einfach berührt und belebt kann ich nicht umhin, hier eine gute Note zu vergeben.

    10 P

    Hier steht nichts wichtiges! Trotzdem danke für's Lesen.

  • Vergleicht man das Stück mit dem Gesamtwerk, bleibt ja eigentlich nicht viel übrig.


    Aber...ich finde, man hört schon, wie auch so mancher Vorschreiber bemerkte, deutliche Züge Richtung Trespass und dem, was folgen sollte, und die zaghafte Abkehr vom Stil der FGTR.


    Was übertrieben wirkt ist der zu laute Chorgesang in Refrain. Vielleicht wollten sie damit die fehlenden Streicher wett machen? :ratlos:


    Aber...was mich total verzaubert ist der Gesang von Peter...sein Timbre, sein Flair in der Stimme....das berührt auch mich und hebt die Note :)


    9 Punkte (für 2-stellig reicht es dann doch nicht...;))

    • Offizieller Beitrag

    Was man vielleicht auch erwähnen sollte: die Aufnahme, über die wir hier sprechen, wurde für eine BBC-Session unter großem Zeitdruck im BBC-Studio 4 in Maida Vale zusammen mit fünf anderen Songs an nur einem einzigen Tag (22.2.1970) aufgenommen und abgemischt. Das war zudem auch ein gutes halbes Jahr vor den Trespass-Aufnahmen; nur drei der Songs dieser Session schafften es schließlich aufs Album und hatten die Chance, sich weiter zu entwickeln. Wenn man die BBC-Version von Stagnation etwa mit der finalen Trespass-Version vergleicht, bekommt man eine Ahnung, dass auch bei Let us now make love noch deutlich Luft nach oben war.


    Diese BBC-Sessions hatten eine lange Tradition - bereits in den frühen 1960ern wurde die BBC verpflichtet, einen großen Anteil ihres Musikprogramms aus Eigenproduktionen zu bestreiten. Damit sollte der Anteil gespielter Industrietonträger ("needle time") begrenzt werden. Die BBC machte aus der Not eine Tugend und lud die angesagten Acts halt eben ins Studio ein, wo sie ihre aktuellen Hits neu einspielen durften. Auch viele neue Bands ohne Plattenvertrag kamen so zu ihren ersten Studioaufnahmen. Ihren legendären Ruf verdankten diese Sessions auch der unzureichenden Ausstattung der Studios, in denen kaum mehr möglich war, als eine direkte Mono- oder Stereo-Aufnahme der Backingtracks mit bestenfalls ein oder zwei Overdubs, meist für die Vocals. Dadurch klingen die Aufnahmen verglichen mit richtigen Studioaufnahmen deutlich roher und ursprünglicher, fast wie live, was von vielen Fans sehr geschätzt wurde.

  • Da möchte ich mal etwas gegen den Stachel nöcken..Ich finde das Stück soooo authentisch! Geschrieben sicherlich 1969. Schön, dass TM die Aufnahmesituation erklärt hat: Also fast so gut wie live, jedenfalls nicht weit entfernt vom Radiokonzert, vllt sogar in einem take aufgenommen? Dafür ist es doch ganz gelungen, besser als provocation.


    Lediglich kleine Irritationen: Das Schrammeln, von martinus so liebevoll als "warm" camoufliert, stört einige Male als Rückschritt in Schülerbandzeiten. Die Elektro-Tasten gegen Ende viel zu aufdringlich (was soll die unnötige Dramatik und dann noch an dieser Stelle?)


    Aber sonst .. ein vielversprechender Abschluß dieser allerersten (unfertigen Serbstfindungs-) Phase.


    Die Flöte bettet mich in ein sanftes Frühlings-Nest ... Peters "sss" ... seine Stimme so betörend ... madrigalischer Mehrstimmgesang ... Anthony so zärtlich ... eine runde, optimistische Aufbruchstimmung.


    Für diese Band-Phase wären es eigentlich 13 oder 14, aber wegen Tonys Übereifer 12 P.

  • Hätte auf Trespass gut raufgepasst.
    Für mich etwas zu konfus aber einige schöne Stellen dabei, die den typischen GENESIS Sound mit Orgel und so später ausmachte. Gabriel's "Puderzucker"-Stimme in Hochform.
    Von mir gibt es 6 oder 7 Punkte. Ich sage mal 7...

  • @Gitgo: Man muss wohl Frau sein, um das so zu sehen. Ja, mir ist der Wortwitz meiner Aussage nicht entgangen, aber ich bin einfach mal zu bescheiden um mich deshalb selbst zu feiern. Wie auch immer, Peters "madrigaler" Gesang klingt in meinen Ohren eher wie ... ich weiß auch nicht, ich habe da immer das Bild von einem dieser extrem peinlichen Mittelalterschauen vor Augen, wo Leute mit anderen Leuten auf eine Art und Weise reden als hätten sie nicht nur einen Stock, sondern einen ganzen Baum im ... äh ... na ja, da halt.


    Man erkennt daran auch deutlich den Philips. So sehr ich seine Musik auch teilweise zu schätzen weiß, aber mitunter ist da soviel Mittelalterkitsch dabei, dass man sich bisweilen schämt.


    Natürlich könnte man den ganzen Song auch als "Satire" auf die ganzen Liebeslieder sehen, doch kann man ja nicht jedes schlechten Stück mit "War doch nur Spaß" rechtfertigen. Denn dann wären Genesis ab 83 die witzigste Band die ich kenne.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • Mittelalter, da ist was dran, unser lieber Ant in Samtstrumpfhosen und mit flatternden Bändern am Mandolinenhals


    Herma ... wollte gerade schlafen gehen, hab mir extra für Dich nochmal die Gurkenmaske freigewischt und die In-Ear-hörer ganz tief zwischen die Lockenwickler geschoben ... aber es bleibt nett ... immer noch kommt es hier auf dem Balkon zärtlich und freundlich an. Wie meine Nachbarn just gemerkt haben, ist es gar nicht mal einfach nachzusingen, das Liedchen. (Mal im Vergleich zu Banjo Man. ;-D )


    Muss gleich mal zum Test, ob es nur eine Weltverzerrungswahrnehmung ist wegen weiblicher Beschützer- & Welpen-Beschmus-Hormone (seufz)

    Nö, eigentlich ist es fast schon ganz nah dran an Stagnation, nur dass dort die Gitarren gezupft werden und Klavier statt Flöte und richtige drums biggabuggabumm machen und Tasteninstrumente etwas stärker wöööhen und noch ein paar andere Instrumente involviert sind und sich bei Stagnation alles etwas mehr kringelt und ineinander verwebt, aber sich stärker, aber sonst ist es fast ähnlich, man merkt die gleiche Muttermilch, also fast :)