Zum 20jährigen Jubiläum der Deutschen Einheit

    • Offizieller Beitrag

    Deutsche Einheit - bist du ein Grenzgänger? 77

    1. Ich bin im Westen geboren und aufgewachsen und wohne auch noch dort (54) 70%
    2. Ich habe zunächst im Westen gelebt, wohne aber nun im Osten (3) 4%
    3. Ich bin im Osten geboren und aufgewachsen und wohne auch noch dort (14) 18%
    4. Ich habe zunächst im Osten gelebt, wohne aber nun im Westen (2) 3%
    5. Ich bin noch zu DDR-Zeiten aus dem Osten in den Westen gekommen und dort geblieben (0) 0%
    6. Ich bin noch zu DDR-Zeiten aus dem Osten in den Westen gekommen und mittlerweile wieder in den Osten zurückgegangen (1) 1%
    7. Ich komme aus dem Westen, hab vorübergehend mal im Osten gelebt und bin nun wieder im Westen (2) 3%
    8. Ich komme aus dem Osten, hab vorübergehend mal im Westen gelebt und bin nun wieder im Osten (1) 1%

    Ein wenig Politik, ein wenig Gesellschaft...


    20 Jahre sind wir nun vereint, doch was heißt das für jeden persönlich?


    Für mich war die Einheit richtig und wichtig. Ich habe den Prozess als damals 13/14jähriger zwar verfolgt, aber nicht immer verstanden. Das musste ich mir nach und nach aufarbeiten.


    Aber dennoch habe ich eine eigentümliche Beziehung zur Einheit (glaube ich). Ich hatte alles immer aus der Ferne gesehen, unsere Familie hatte praktisch keinen Kontakt zur DDR, so dass es auch nie einen Grund gab, sich außerhalb Berlins zu bewegen, wenn man man im Osten Deutschlands war.


    Das Schicksal hatte dann aber noch etwas mit mir vor und so hatte ich 2007 plötzlich ein Vorstellungsgespräch in Dresden - ich war noch niemals zuvor in der (ehemaligen) DDR. Erwartungen an die Stadt hatte ich kaum, ich wusste bis auf die Frauenkirche-Story inklusive Bombardierung im Krieg und die Flut 2002 auch so gar nichts über die Stadt.
    Also ich ankam, da konnte ich mir spontan vorstellen, in diese Stadt zu ziehen. Schließlich entschied ich mich gegen Stuttgart und Dortmund und für Dresden.


    Bereut hab ich das nie. Mittlerweile bin ich auch privat in ostdeutscher Hand.


    Ossi/Wessi-Diskussionen gibt es in meiner Generation kaum noch, mir sind auch selten Vorurteile begegnet und Sprüche wie "du nimmst den Leuten hier den Arbeitsplatz weg" hab ich nie gehört.
    Bei älteren (40+), die die DDR als Gesellschaft noch bewusst miterlebt haben, kann man aber hin und wieder etwas Unsicherheit ausmachen, da diese Leute oft ihre Identität neu erfinden mussten. Die meisten aber sind froh, dass es so kam, wie es kam.


    Fazit: In Dresden merke ich nicht viel von Ost/West, fairerweise muss man aber auch sagen, dass die Städte in den letzte 20 Jahren enorm saniert wurden. In ländlichen Gegenden sieht es ganz anders aus.


    Also, was meint ihr zur Einheit und vor allem, wie ist Eure ganz persönliche Erfahrung?

  • Ein schwieriges Thema auf das eine ehrliche Meinung zu geben mir recht schwer fällt.
    In den letzten Jahren ist es zunehmenden schwerer geworden eine nicht konforme Meinung haben und ich bin langsam auf dem Weg von einem politisch interessierten und engagierten Bürger zu einem passiven Menschen. Jegliche Diskussion endet immer in der selben Schiene von Vorwurf, Neid und persönlichen Angriffen....


    Soviel dazu aber das war ja nicht das Thema...


    Meine Erinnerungen und Aussagen dazu.


    vor 89/90:
    - geboren im Westen
    - keine Verwandtschaft in der DDR
    - meine Oma hatte Nachbarn mit Familie in der DDR
    - viele Geschichten von Besuchen gehört und die Pakete die geschickt wurden in der Hoffnung dass was ankam
    - Beschwerden über Inhalt der Pakete wenn kein Jakobs Kaffee, Lindt oder zumindest Milka drin war
    - in den 80ern echte Sorge, dass es zu einer Katastrophe kommen könnte.
    - DDR ein fremdes Land
    - Seltsames Gefühl


    89:
    - fasziniert was da plötzlich passiert ist
    - den Menschen die Daumen gedrückt, dass alles friedlich bleibt
    - Freude als Menschen reisen durften
    - am 9.11. war ich Abends von München nach Hause unterwegs und habe nur CD gehört. Schock über was so alles passiert während 2h Autofahrt.
    - Freude und Sorge, aber vor allem Hoffnung, dass es nun zu keinem Krieg mehr in Europa kommen wird.


    90:
    - The Wall in Berlin
    - Stehen auf dem Potsdamer Platz war ein seltsames Gefühl
    - Hoffnung, dass es auch wirtschaftlich interessant wird, da starke Verbindungen von DDR zum ganzen Ostblock
    - Fahrt durch die damals noch DDR war sehr intensives Gefühl.


    nach 90:
    - sehr gemischte Gefühle
    - war nicht wirklich sehr oft in den neuen Bundesländern
    - Kenne ein paar Leute die von dort kommen und die sind doch recht unterschiedlich. Von einem der geflohen war und DDR Zeit hasst, bis zu einem der sagt "da war alles super und viel besser als hier im faulen Westen. Nur mussten wir mehr arbeiten. Westen hat die Top Wirtschaft der DDR absichtlich kaputt gemacht um keine Konkurrenz zu haben!". Das macht mir schon Verständnisprobleme.
    - Massiv geprägt wird aber das Bild von den Medien
    - ich kann aber für mich nicht sagen, dass ich eine irgendwie geartete Beziehung zu den neuen Bundesländer habe. Ich war dieses Jahr in Berlin, aber ich muss sagen die Fahrt nach Hamburg fühlt sich anders als die Fahrt nach Berlin an. Ex-DDR ist irgendwie immer noch im Gefühl was anderes als Ex-BRD.


    So nun könnt ihr auf mich einschlagen



    ME

  • (Geboren im Osten und immer da geblieben).
    Es war 1987. Ich fuhr mit einem Kumpel nach Berlin: Genesis
    sollten am Reichstag spielen, hatten wir vernommen; auf NDR2.
    Vorher hatte ich noch organisiert, dass die Übertragung des
    Konzertes auf jenem Radiosender für mich auf Tonband
    mitgeschnitten wurde. Unser Plan war, uns in Ostberlin,
    so hahe am Reichstag als möglich, ein Hochhaus zu suchen,
    uns hinaufzuschleichen und das Konzert aus der Ferne so nicht
    nur zu hören, sondern auch zu sehen. Aus unserem Plan wurde nichts.
    Die Polizei hatte das mauernahe Gelände weit vor der normalen "Halt"-
    Absperrung am Ende der Straße "Unter den Linden" weitläufig abgesperrt;
    besonders Jugendliche wie wir, mit langen Haaren, West-Jeans und grüner Parka
    über der Lewis-Jacke; wurden frühzeitig abgewiesen. Ich weiß das heute
    nicht mehr so genau, aber Stunden vorher (oder am Vortag?) hatte
    bereits David Bowie und andere Bands gespielt, und die Polizei war
    auf die Ost-Zaungäste bestens vorbereitet und hatte die Initiative
    ergriffen. Wir schlichen um Ecken und durch Nebenstraßen, versuchten
    zurückzukehren; doch da trieben Polizeieinheiten
    die Jugendlichen schon zurück in Richtung Alexanderplatz. Aus der Ferne
    wehten spärliche Tonfetzen des Titels "Mama" zu uns herüber.
    Die Polizei sperrte das gesamte Areal jenseits der "Friedrichstraße"
    für uns republikfeindliche Chaoten ab.
    Es reichte mir entgültig. Am nächsten Tag stand in den Morgenstunden
    am Kino Schauburg, in der Antonienstraße, mit blauer Farbe geschrieben:
    "Die Mauer muß weg". In der nächsten Woche stellte ich den Antrag auf
    Ausreise; der nie bewilligt, sondern sofort in den Papierkorb geworfen
    wurde. Selbst die Russen lockerten ihre Ansichten und ihre Politik, vor
    allem nach innen, auf. Honecker wurde nur sturer und verkalkter.
    Es war zum Heulen. Durch Zufall arbeitete ich direkt an der Nikolaikirche
    und habe dann, 1989, von Anfang an alles miterlebt. Am 2. und 7.
    Oktober trieben uns Polizisten mit Gummiknüppeln durch die Innenstadt
    von Leipzig. Am 9. Oktober starrten wir, in Höhe der Stasi-Zentrale,
    auf Maschinengewehre. Dafür lohnt es sich, zu sterben, dachte ich.
    Am Ende des Tages hatten wir gewonnen.
    1990 sah ich die Union-Tour von YES in München; 1992 Genesis
    auf dem Maifeld in Berlin. Dafür (hauptsächlich) lief ich endlos um
    den Leipziger Innenstadt-Ring.




  • Geboren 1994 im Westen und bin immer noch hier ;)



    Ich habe zu dieser Zeit zwar noch nicht gelebt, aber interessiere mich sehr für diese. Die Zeit damals war sehr hart vor allem im Osten. Die Lebensbedinungen waren unfair und unmenschlich!
    Mich fasziniert vor allem Helmut Kohl, ein sehr guter Politiker (einer der einzigen wenigen). Seine Freundschaft mit Michail Gorbatschow ist wohl damals einzigartig gewesen.
    Wenn ich Videos aus der Zeit sehe, bekomme ich Gänsehaut auf Grund dieser puren Freude, was diese Menschen beim Mauerfall hatten!
    Weiter will ich auch nicht drauf eingehen, auf jedenfall ist es und war es eine sehr spannende Zeit!

    Eric Clapton: Hamburg Phil Collins: Köln (5x) , Hannover (2x) , Köln (2x) Genesis:15.06.2007 - Hamburg (AOL Arena) Peter Gabriel:18.10.2013 - Hamburg; 03.05.2014 - Hannover Steve Hackett:11.09.2015 - Hamburg, 23.04.2019 - Hamburg The Musical Box: 31.10.2014 - Bremen, 23.11.2018 Bremen Australian Pink Floyd Show: 5x (seit 2015) Roger Waters:14.05.2018 - Hamburg Nick Mason's A Saucerful of Secrets:13.09.2018 - Hamburg Queen+ Adam Lambert: 20.06.2018 - Hamburg Robbie Williams:11.07.2017 - Hannover

  • Christian
    Wer sich über den Inhalt eines Westpaketes beschwerte, dem ging es wahrscheinlich selbst im Osten zu gut! Wir waren jedenfalls immer erfreut etwas, was auch immer, zu bekommen. Natürlich hatte man manchmal andere Vorstellungen, aber die Geste war doch das Entscheidende und jeder Tadel fehl am Platz. Ich hatte am Ende der DDR schon das Gefühl, dass kubanische Zustände über uns hereinbrechen.
    Wenn man im Geschäft schon wegen Butter, Öl und Zucker gebeten wird nur 1 Artikel der begehrten Ware zu fordern, dann kommt man schon ins Grübeln. Nachdem die DDR von Strauß den Millardenkredit bekamen, hatte sich die Versorgung dann wieder etwas gebessert.
    Aber was einen wirklich an die Nerven ging, war die Vorenthaltung von Wissen. Wenn man nur Informationen bekommt, die vorgekaut wurden und keine Möglichkeiten zum Recherchieren hatte machte das maßlos wütend. Wer hat darüber zu entscheiden, was ich sehen und hören darf?
    Eine Entmündigung sondergleichen! Und man sah Dinge aus dem Ruder laufen und keiner hörte auf guten Änderungsvorschläge, sondern man bekam zur Antwort "Wie diskutierst denn du?"
    Dabei war man kein Gegner des Sozialismus. Den haben die Anderen versaut!
    In gewisser Weise erinnert mich die jetzige Zeit (Stuttgart 21, Atomausstieg) genau an damals.
    Diese Wut, Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit. Die Zeit ist reif für Veränderung!

  • Geboren 1994 im Westen und bin immer noch hier ;)



    Ich habe zu dieser Zeit zwar noch nicht gelebt, aber interessiere mich sehr für diese. Die Zeit damals war sehr hart vor allem im Osten. Die Lebensbedinungen waren unfair und unmenschlich!
    Mich fasziniert vor allem Helmut Kohl, ein sehr guter Politiker (einer der einzigen wenigen). Seine Freundschaft mit Michail Gorbatschow ist wohl damals einzigartig gewesen.
    Wenn ich Videos aus der Zeit sehe, bekomme ich Gänsehaut auf Grund dieser puren Freude, was diese Menschen beim Mauerfall hatten!
    Weiter will ich auch nicht drauf eingehen, auf jedenfall ist es und war es eine sehr spannende Zeit!


    Mein lieber Scholli. Kohl...oh ne Birne...Damals hatte er ordentlich Gegenwind, und hätte er nicht das Glück gehabt der Wende-Kanzler gewesen zu sein, so hätten nur wenige ein gutes Haar an ihm gelassen. Die Sache mit ihm und Gorbi solltest Du einmal genauer recherchieren ;)...Aber das wird OT
    Hier ein Artikel vom 2.10.1989.....ein Tag davor......
    DER SPIEGEL****40/1989 - Wer konnte das ahnen?
    [url=http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,719608,00.html]Historischer Deal: Mitterrand forderte Euro als Gegenleistung für die Einheit - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik[/url]

  • Ja Sebastian,
    aber genau DAS zeigt eigentlich wie die Wende / DDR in den Medien dargestellt wird.
    Der gute Helmut, der den Deutschen die Einheit brachte... Schallendes Gelächter.


    Ich war damals so wie Christian, 13 / 14 Jahre alt, habe vieles schon sehr nah wahrgenommen, aber logischerweise noch nicht alles.
    Noch heute empfinde ich so eine gewisse Wehmut, denn irgendwie war es "unsere" kleine heile Welt. Zumindest die der Kinder und Jugendlichen...
    Unglaublich, ich kann mich tatsächlich noch an viele DDR-Sendungen erinnern. DER STAATSANWALT HAT DAS WORT, POLIZEIRUF, SPORT AKTUELL, KESSEL BUNTES, DER WUNSCHBRIEFKASTEN, ALLES TRICK... Ja, selbst DER SCHWARZE KANAL. Was soll ich sagen, viele angesprochenen Dinge klangen tatsächlich plausibel. War ich jetzt manipuliert??


    Ohne Computer, ohne Coca, ohne Playstation und ohne GENESIS. Was soll ich sagen, irgendwie waren wir trotzdem glücklich.
    Auch wenn viele es vielleicht nicht wahr haben wollen (ich erwarte hier gleich heftigst Einsprüche div., mir sehr wohl bekannter Foren-User), ja ich hatte eine sehr glückliche Kindheit ;)


    Mit der Wende änderte sich alles. Arbeitslosigkeit der Eltern & Verwandtschaft (sowas kannte man nur aus dem Westfernsehen), Das Schulsystem wurde komplett neu, (fast) der ganzen DDR-Wirtschaft wurde (z.T. mutwillig) der Todesstoß versetzt.
    Warum hat man so vielen Firmen im Osten nicht geholfen, während man West-Firmen Mio. in den Allerwertesten schob / schiebt...


    Ich kann viele enttäuschte "Ossis", vor allem eben die Älteren, verstehen, wenn ihre Reaktion so von Enttäuschung bis zur Verbitterung reicht.


    Ob ich mir die DDR zurückwünsche? Nein, denn solch ein Experiment kann einfach nicht funktionieren, jedenfalls nicht mit dem Typus Menschen...


    Insofern lief es eigentlich so, wie es kommen musste.


    Ich glaube, das Tempo das die Deutschen einschlugen, war viel viel viel viel zu schnell.
    Solch einen Wandel von Sozialismus zum Kapitalismus mit all seinen verschiedenen Facetten dauert eigentlich viel länger. Deutschland nahm sich nicht die Zeit, wohl auch dem Oppurtismus der Politik geschuldet. Die Konsequenzen haben die Bürger zu tragen, sei es im Osten, als auch natürlich im Westen...


    Aber back to Topic: den 03.10.2010 habe ich noch nie als Feiertag empfunden. Werde es wohl auch nie...
    Ich glaube, in 2 Wochen weiß ich nicht mal mehr, wann der Tag der Einheit überhaupt gefeiert wird.


    Für mich ist er tatsächlich nichts anderes als ein chilliger Tag an dem ich von der vorher gefeierten Ü-Pärty ausruhen kann. Nicht mehr, aber auch nicht weniger :)

    Einmal editiert, zuletzt von Helge ()

  • Mein lieber Scholli. Kohl...oh ne Birne...Damals hatte er ordentlich Gegenwind, und hätte er nicht das Glück gehabt der Wende-Kanzler gewesen zu sein, so hätten nur wenige ein gutes Haar an ihm gelassen. Die Sache mit ihm und Gorbi solltest Du einmal genauer recherchieren ;)...Aber das wird OT
    Hier ein Artikel vom 2.10.1989.....ein Tag davor......
    DER SPIEGEL****40/1989 - Wer konnte das ahnen?
    [url=http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,719608,00.html]Historischer Deal: Mitterrand forderte Euro als Gegenleistung für die Einheit - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik[/url]


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    • Offizieller Beitrag

    Ich gehöre ja schon zu den Senioren hier, daher hab ich noch gute Erinnerungen an die Zeit mit der Mauer, wenn ich auch nicht wirklich zu den unmittelbar Betroffenen gehörte. Unsere Familie hatte außer einer alten Großtante, die auch einmal in den 1960ern im Westen zu Besuch war, und deren Namen ich vergessen habe, keine Verwandten "drüben".


    Urlaub im Harz (1971) inkl. Besichtigung der Zonengrenze und der Militäranlagen auf dem Brocken aus der Ferne, später dann (1978) eine Woche Klassenfahrt zur einsamen Insel West-Berlin, harte Kontrollen auf der Transitstrecke, Mauertourismus, Aussichtsplattformen, Checkpoint Charlie, Todesstreifen. Der Reichstag war ein Museum zur deutschen Geschichte ohne Kuppel auf dem Dach. Die S-Bahnen kamen einem vor wie aus einem anderen Jahrhundert - erst später erfuhr ich, dass die DDR auch die Westberliner Linien betrieb.


    Ja und dann war ich auch auch mal etwa eine Stunde lang "drüben" auf dem Alexanderplatz gewesen. Extrem bedrückende Atmosphäre in Ost-Berlin. Bahnhof Friedrichstraße, scharfe Kontrollen und blöde Fragen, 25 Ostmark Zwangsumtausch, die man nicht wirklich sinnvoll ausgeben konnte (leere Regale im Kaufhaus, Plattenläden voller Schrott und Buchhandlungen mit russischer Propaganda). Alberne Stinkeautos und doofe Wachtposten am Palast der Republik (auf die Stufen setzen war verboten). Ich war froh, nach der einen Woche wieder in Westdeutschland zu sein.


    Anfang der 80er mal mit dem Kriegsdienstverweigererclub in Wustrow gewesen, die Grenze wieder von Weitem gesehen, die Jungs drüben hatten wohl nochmal ordentlich aufgerüstet. Ich konnte es mir eigentlich nie vorstellen, dass es jemals zu einer Wiedervereinigung kommen würde. Dass es dann 1989 soweit war, war dann trotz aller Montagsdemos doch überraschend. Werde nie das Titanic-Titelbild mit "Zonen-Gabi" vergessen:


    [Blockierte Grafik: http://www.khossmos.org/wordpress/wp-content/uploads/2008/01/banane.jpg]


    Erste Fahrt in den Osten, beruflich mit einem 7,5-Tonner nach Eisenach 1991 - von der Zonengrenze war erstaunlicherweise kaum noch etwas zu sehen. Die Ossis haben wie verrückt ihre Häuser modernisiert - die Firma, für die ich jobbte, hatte drüben so viel zu tun, dass bald dort eine Filiale gegründet wurde.


    2004-05 mal in Leipzig gewesen und gesehen, wo mein Soli verbaut wurde - wahrscheinlich auf dem Flughafen: hochmodern, viel Stahl und Glas und geile Architektur, aber nix los da. Konnten nicht mal einen Rückflug nach Köln am Samstag bekommen, es gab keine Maschine, also mit der Bahn gefahren.
    Seitdem immer mal wieder Kurzbesuche in Berlin, Erfurt und Potsdam und gesehen, wie alles immer schöner wird... ;)


    Was mich bei all den Feierlichkeiten und Danksagungen immer stört, ist die Würdigung von Birne Kohls angeblichen Verdiensten um die deutsche Einheit. Der Typ, der es tatsächlich geschafft hat, trotz nachgewiesener Einfältigkeit 16 Jahre lang Bundeskanzler zu sein (und in dieser Zeit mit seinen Parteifreunden kaum eine Gelegenheit ausgelassen hat, die deutsch-deutschen Beziehungen zu schädigen), wird heute immer gern als "Kanzler der Einheit" gefeiert. Dabei ist die Einheit nicht wegen, sondern trotz seiner Anwesenheit zustande gekommen. Und das, was er danach damit zu tun hatte (Stichworte: Treuhand, Solidaritätszuschlag, blühende Landschaften, Angela Merkel) hat er gründlich in den Teich gesetzt. Wie kann man sowas vergessen?


    [Blockierte Grafik: http://www.titanic-magazin.de/fileadmin/wwwold/cover/9010.jpg]


    Mein persönliches Fazit: Einheit - ja klar! Der Zustand vorher jedenfalls war völlig absurd! Im Nachhinein erstaunlich, dass die Trennung in zwei deutsche Staaten solange gehalten hat.
    Ansonsten würde ich sagen, gab und gibt es wichtigere Themen im Universum als die deutsche Wiedervereinigung. Auch dazu das passende Titanic-Titelbild (Nov. 1990):


    [Blockierte Grafik: http://www.titanic-magazin.de/fileadmin/wwwold/cover/9011.jpg]