SdW [15.-21.03.10]: PHIL COLLINS - Long Long Way To Go

  • Besser finde ich von no Jacket Required We Said Hello Goodbye von den Balladen.
    Aber der Song hat dennoch eine geile Atmosphäre, die es ausmacht, und der Schluss ist auch was besonderes, ich gebe den song 12 Punkte.
    Geile Atmosphäre, aber 15 Punkte ist mir von NJR nur We Said Hello Goodbye wert ;)

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    The rain auditions at my window
    Its symphony echoes in my womb
    My gaze scans the walls of this apartment
    To rectify the confines of my tomb


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  • 9 Punkte, weil (inzwischen) ausgeleiertes Thema, aber in sich schlüssig.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • Ich habe 15 gegeben.
    Gebe ich bei Collins Liedern nicht oft. Aber der Song hat's echt verdient.
    Es ist einfach der beste Song auf NJR, auch noch besser als We Said Hello Goodbye, da hätte er das Intro weglassen sollen, dann wäre der Song perfekt. (Zählt We Said Hello Goodbye überhaupt dazu? Auf Platte ist er ja nicht drauf. Nur auf der CD)
    Zum einen liebe ich den Song, weil er ohne Bläser auskommt. Der Song an sich ist total simpel gestrickt, aber - ich kann das schlecht erklären - das ist es genau, was den Song so besonders macht. Ein zu kompliziertes Arrangement oder zu viele Instrumente hätten die Stimmung zerstört und vom Text abgelenkt.

  • Ich finde "Long Long Way To Go" gut = 11 Punkte. Die Backing Vocals von Sting, die Stimmung, der gut gemeinte Text und der clevere Schluss machen ihn zu einem der besseren Songs auf einem guten Album. Aber "Take Me Home" vom selben Album ist für mich persönlich der Oberknaller, so dass ich mir ein paar Punkte aufheben muss ;o)

    Gedankenrauschen – Da geht noch was!

    • Offizieller Beitrag

    Song angehört, Text angeschaut, kurz gezögert zwischen den Schubladen "allgemeine Betroffenheitslyrik" und "Konflikte gewaltsam lösen find ich ja echt nicht gut", abgelegt, und ... nochmal genau hingeschaut. Irgendwie passt der Song weder in die eine noch in die andere Schublade. Da kam die Polizei: Ja, was ist denn das? Aber es ist wohl auch kein Kontrabass zu hören.


    Das Stück beginnt mit einer Situation, die ein mäßig begabter Regisseur vielleicht mit einem geteilten Bild darstellen würde: Links der Sprecher und rechts jemand, der auf irgendeinem Acker blutet. Verknüpft sind die beiden nur zeitlich, es gibt da erstmal keine andere Verbindung. Die Bezeichnung des "Sprechers" ist obendrein fragwürdig, denn dem "Sprecher" sind, scheint's, die Worte ausgegangen, er sucht nach einem neuen Thema. Ähnliches Schweigen umhüllt die Gestalt aus der anderen Bildhälfte: Da ist ein "jemand", ein Irgendwer, auf irgendeinem Feld, und nur der Umstand, dass wir durch die Medien einigermaßen gewohnt ( oder gewöhnt worden?) sind, durch die Kombination von "Mensch" und "bluten" aus dem Feld ein Schlachtfeld zu machen, verschiebt den Blutenden in einen Kriegskontext. Gerechtfertigt ist das allerdings durch nichts, es könnte genausogut das Opfer eines Verkehrsunfalls sein.


    Dann kommt die kryptische Feststellung, man sei offenbar noch lange nicht so weit. Wofür man noch nicht so weit sei, bleibt offen. Die Strophe endet mit dem ersten Hinweis, in welche Richtung sich das Stück inhaltlich entwickelt - und ich persönlich finde die Perspektive hier sehr überraschend: Ich habe alles gesehen, was ich heute sehen will. Auch dieser Satz zeigt in zwei Richtungen: Ich habe den Verletzten gesehen, mein Interesse ist befriedigt, oder auch: Ich habe alles gesehen, was ich heute sehen wollte, und der Verletzte gehört zu dem, was ich heute nicht sehen will.


    Standpunktwechsel - wenigstens auf der einen Bildschirmhälfte, möglicherweise sogar auf beiden: Der sprachlose Sprecher scheint sich darin aufzureiben, die angesprochene, sehr phlegmatische Person zu bewegen. Auf der anderen Bildschirmhälfte liegt ein junger Mann tot in der Gosse. Das Bild eskaliert also, eben war es ein blutender Verletzter, jetzt sehen wir Tote.
    Und dem folgt wieder die Feststellung, dass wir offenbar noch einen (metaphorisch) weiten Weg zurücklegen müssen - aber auch eine Reaktion: Ich halte das nicht mehr aus.


    An dieser Stelle lasse ich bewusst den Refrain beiseite und betrachte die dritte Strophe:
    Die beiden Personen aus der einen Bildschirmhälfte reden eifrig; der Zusatz "und wir reden noch mehr" wirft allerdings gewisse Zweifel auf, ob die beiden miteinander reden - oder einfach nur reden. Auf der anderen Bildschirmhälfte stirbt gerade jemand.


    Zum dritten Mal die Feststellung, dass es "noch ein ganzes Stück hin ist" bis zu dem immer noch nicht beschriebenen Ziel. Und der Sprecher variiert seine Äußerung von vorhin: Er hat jetzt genug gehört.


    Die einen und die anderen lassen sich so schwer zusammenbringen, weil sie sich auf verschiedenen Seiten des Bildschirms befinden. Vielleicht darf man sich das Szenario ein wenig so vorstellen wie Loriots Ehepaar vor dem kaputten Fernseher - nur dass dieses Gerät hier nicht defekt ist und nicht die scheiternde Kommunikation zwischen den Partnern im Vordergrund steht, sondern die fehlende Reaktion auf das, was ihnen der Fernseher zeigt.


    Das heißt: Die Reaktion fehlt ja nicht ganz, sie erfolgt und erfolgt, denn auf die Äußerung "das wollte ich jetzt nicht sehen" folgt der lakonische Rat: Dann schalte doch (den Fernseher) aus, dann ist das Bild weg und du musst dich nicht damit auseinandersetzen. Darf man das die Verweigerung der Reaktion nennen?


    Bemerkenswert auch die Steigerung in den Bildern: Den Verletzten (Verwundeten?) will man nicht sehen. Ob die Bemerkung "ich halte das nicht mehr aus" vom Sprechenden stammt oder vom Angesprochenen, ob sie sich auf das Bild des Toten bezieht oder darauf, dass hier einer den anderen (vergeblich) volltextet, bleibt offen. Entlarvend ist aber in der dritten Strophe die deutliche Umkehrung: Die zwei schwallen einander voll, aber angesichts des Sterbenden im Fernsehen kommt mindestens einer der beiden zu der Erkenntnis, dass es Sachen gibt, die einen verstummen lassen. Bleibt die nachgerade bösartige Frage, ob da jemand aus Anteilnahme und Respekt vor einem Schicksal verstummt - oder um diese neue Grenzüberschreitung in den Medien auszukosten.


    So scheint es mir in Long Long Way To Go um Dreierlei zu gehen: Um die Kommunikation der Menschen untereinander (dieser Bereich wird nur skizziert), um das, was uns im Fernsehen alles geboten wird (und ob das nun alles gezeigt werden muss) und außerdem darum, wie wir Medienkonsumenten mit dem umgehen, was wir so alles zu sehen bekommen. Keine triviale Medienschelte also, keine Betroffenheitslyrik, sondern gleichermaßen Medien- wie Konsumentenkritik.


    ~ ~ ~


    Musikalisch gefällt mir das Stück sehr gut. Wenige, aber gut gesetzte Akzente. Sehr zurückgenommenes Schlagzeug. Man hört dem Stück zwar an, dass es nicht in diesem Jahrzehnt geschrieben wurde, aber es ist frisch geblieben und keineswegs vergilbt wie vielleicht manch anderes Stück auf der Platte. 12 Punkte.

  • Ich habe 13 Punkte vergeben!

    Toller Song, wunderschöne schlichte Melodie, es wurde eigentlich schon alles gesagt.

    Das Video mit Sting bei Live-Aid kannte ich noch nicht: Total genial!

    Genesis - 2007 - Hamburg
    The Musical Box - 2009 - Bremen
    Martin Levac - 2010 - Hannover
    Ray Wilson - Diverse Male
    True Collins - 2010 / 2011 / 2013
    Mike & The Mechanics - 2011 / 2016 / 2017
    Phil Collins - 2017
    www.hebammenpraxis-edewecht.de
    www.8of9.com

  • Ohne zu zögern 15P.
    Wie Geil und Glasklar der Klang auf meinem Beyerdynamic DT-990 am Sony ESD-227 damals rüberkam, erzeugt allein beim Gedanken daran noch Gänsehaut bei mir.
    Irgendwann wird einem der Kanon zwischen P.C. und Sting um die Ohren gehauen und dann das geniale Ende...
    Wäre schön, wenn es den Song mal als Surround-Mix gäbe.

  • Ich hab die "No Jacket Required" noch nicht und kenne "Long Long Way to Go" noch nicht lange. Ich mag's. Die Musik klingt für mich sehr nach dem typischen "Miami Vice" Sound von Jan Hammer. Sehr interessant auch die verschiedenen Live Arrangements. Der Text gefällt mir auch, ist so vage dass man's verschieden deuten kann aber doch deutlich genug.

    13 Punkte