Neulich war mein Freund mit Kind und Kegel im Zirkus. Bunte, großflächige Plakate prangerten dieses einzigartige Spektakel an, sodaß er gerne 50 Euro für diesen Spaß berappte. Muß ja ne echte Sensation sein, obgleich sich die Frage aufdrängte weshalb sich eine solch einzigartige Weltsensation in ein 2000 Einwohnernest verirrte. Diese Frage sollte alsbald beantwortet werden. Die Karte waren erster Kategorie-eben nur das beste. Während also unsere kleine Familie voller Vorfreude auf das Zirkusgelände zuschlendert offenbaren sich erste Anzeichen der Tragödie. Der stattliche Palast hatte immerhin die Größe zweier Wohnwagenvorzelte und jeder holländische Camper hätte sicherlich seine helle Freude daran gehabt. Ok, der flickenübersäte Stoff machte den Eindruck als hause hier die Kelly-Family, aber man kennt das ja: außen pfui, innen hui. Unsere Familie hatte also einiges zu erwarten!
Die Kinder schnupperten zum ersten Male Zirkusluft, oder war es die Kamelscheiße welche den Boden des großzügigen Entree´s nahezu komplett bedeckte? Die runzelige Kassenfrau strich sich durch die fettigen Haare und riss daraufhin den Kindern mürrisch die Karten aus der Hand. Guten Tag auch. Sie stolperten nun in den Zuschauerraum und erblickte als erstes die Manege welche bestimmt einen Durchmesser von 4, 50 meter hatte. Die erste Reihe war trotz der Premiumkarten komplett besetzt, immerhin waren ja auch schon an die 23 Zuschauer anwesend. Sie wählten also die Stuhlreihe welche sich zwischen der ersten und letzten Reihe befand und nahmen auf den zerdrehten Kunststoff-Gartensesseln Platz. Die Kinder konnten zwar nicht gut sehen, aber dies war vielleicht auch besser so. Die schwammige Alte welche zuvor in so netter Weise die hereinströmenden Zuschauer ihrer Karten entledigte, drückte kräftig auf den Kassettenrecorder und es leierte die allseitsbekannte Zirkushymne los.
Ein unrasierter, hemdsärmeliger Schmierbauch von gut 1,50 Größe betrat die Manegerie und hielt vollmundige Lobpreisungen auf die nun anstehenden Sensationen. Was würde nun kommen? Die einbeinige Ballerina, oder doch die bärtige Jungfrau? Nein. Ein abgehalfterter Zirkushengst von nahezu schneeweißer Farbe trabte in die Manege und hatte dabei offensichtliche Probleme den kleinen Kreisumfang sicher zu beschreiten. Die Tatsache das nun ein kleines Mädchen auf das Pferd stieg, erleichterte die Übung keineswegs. Beim Versuch sich auf dieses Pferd zu stellen, rutschte das Mädchen ab und schlug mit dem Rücken publikumswirksam auf die Kante der Manegenbegrenzung auf. That´s Entertainment! Das muß sich auch der schwabbelige Direktor gedacht haben, und befördete die vielleicht 8 jährige unwirsch zurück auf den Gaul. Zum Glück unterlies sie einen neuerlichen Versuch sich aufzurichten, sodaß die staunende Menge ein reitendes Kind bestaunte. Wow, und das für 50 schlappe Piepen. Toll.
Als nächstes Highlight entschloß sich nun der Maitre selbst eine atemberaubende Nummer zu präsentieren. Dazu zwängte sich der gute Mann in ein schillerndes Satinhemdchen, und verneigte sich zunächst einmal so tief das ein Blick auf seinen blanken Hintern nicht ausblieb. Fantastisch! Er schnappte sich einen Schemel-die Musik verstummte. Diesen stellte er nun auf sein unrasiertes Kinn. Staunen. Der Mann kann was. Davon war auch er vollends überzeugt und forderte mit einer aggressiven Handbewegung den Applaus der anwesenden Menschenmassen. Gleiches wiederholte er nun mit einem Stuhl, einem Kommödchchen und einem massiven Tisch. Die Menge wusste was zu tun war und applaudierte eingeschüchtert. Jetzt wurde der Mann übermütig: Er griff sich ein ca 2 x 1.20 meter großes Absperrgitter und wuchtete es auf seine Kinnlade. Unter bedrohlichem Wanken hielt er dieses tatsächlich aufrecht. Mein Freund suchte in Anbetracht der Publikumsnähe den Raum nach Sanitätern ab, doch alles ging gut. Als wäre das nicht genug Wagemut zog der Herr nun ein ca 6 jähriges Kind von seiner bangen Mutter weg. Das Publikum schaute sich hilflos an. Den Knaben setzte er auf einen Stuhl wobei er ihm die richtige Körperhaltung verdeutlichte, indem er den kleinen Körper fest gegen die Lehne drückte. Dieser schien deutlich verängstigt zu sein. Die Mutter rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. Im Hintergrund faixten derweil die besoffenen „Zirkustechniker“ über alle Möglichen Risiken. Und so hob der unberechenbare Artist den Stuhl mitsamt dem Jungen auf sein Kinn. Unter dem Rülpsen der Angestellten fing das Kind an zu wimmern was den kleinen Dicken offensichtlich verärgerte und so schubste er den Jungen zurück zu seiner erleichterten Mutter. Mein Freund hatte nun genug gesehen zumal sein Filius anfing nach Hause zu drängen.
Beim hinausgehen staunte die Familie noch über die klapprige Wagenburg und wunderte sich wie viel Tier doch in einen Käfig passt. So endete der erstaunliche Zirkusbesuch. Da fragt man sich noch was an diesem Theater eigentlich die Sensation war. Die dargebotenen Kunststückchen sicher nicht…..
Wie sind Eure Erfahrungen mit Zirkusen? Muß das sein, insbesondere wenn exotische Tiere dabei sind?