Wer hören kann...

  • Townman: Welch ein Bombast-Beitrag, Glückwunsch!!! Auf höchstem Niveau geschrieben!!!
    Quasi perfekt gelungen.
    Eine Sache:


    Du sagstest ja: "Im Gegensatz zum verschrobenen, fürchterlichen Sound vor SEBTP."


    Damit meinst du doch die Qualität des Sounds, die Abmischung etc. aber nicht die Qualität der Musik (Texte, Thematik, Instrumentbestückung) selbts???

  • brecher: Ja, völlig einverstanden. Letztlich bleibt ja auch bei aller Analyse musikalischer Merkmale (gottseidank) immer ein nicht auflösbarer Rest. Und die Biographien von Künstlern sind sicherlich ein Schlüssel, um bestimmte Eigenheiten dieses Rests zu benennen. Ich selbst bin unglaublich fasziniert von diesem Konglomerat "elaborierter" Feingeistigkeit und dem gegenüber auch direkten Derbheiten, die ja auch bei Gabriel schon deutlich im Kontrast miteinander standen. Einerseits also feine Anspielungen z.B. mythologischer Art und andererseits das Mittel des abstrusen Nonsens, dem Gabriel ja eine konstruktive Kraft zuschrieb. Einerseits musikalisch sublime Strukturen wie bei "Cinema Show", andererseits rohe, ungebändigte Kraft wie bei "The Knife" oder "The Musical Box".
    Nun könnte man noch genauer gucken z.B. nach den Familienstrukturen usw., da habe ich allerdings überhaupt keine Ahnung. Aber Banks wirkt weiterhin ja sooooo steif bis verklemmt auf der Bühne, da frage ich mich immer: Wer ist das eigentlich, wo kommt bei all dieser Unnahbarkeit und Trockenheit diese unglaubliche lyrische und romantische Potenz her?
    Ich denke, dass die Jungs sich auch den kommerziellen Erfolg durchaus verdient haben, selbst wenn ich IT und WCD kaum etwas abgewinnen kann, das ist aber kein Problem, da es ja die anderen Alben gibt.
    Was mich manchmal ärgert, ist die überwiegende Ablehnung der Band von großen Teilen der Musikkritiker: Deshalb streite ich mich auch gerne über diesen Qualitätsaspekt, damit vielleicht irgendwann die Leistung der Band unmissverständlich benannt und belegt ist.

  • Munro: Ja genau. Die Band hatte mit NC und "Foxtrot" musikalisch schon extrem viel geboten und entwickelt - das Ergebnis der Studioproduktion wurde dem aber nicht gerecht. Es dröhnt und ächzt einfach an vielen Ecken der Alben so ungewollt schaurig (z.B. bei "Supper's Ready" am Schluss), dass die Band sich schätzungsweise bis dato unter Wert verkauft hatte. Was Aufnahmetechnik usw. angeht, habe ich extrem wenig Ahnung, ich kann nur sagen, wie das Endergebnis für mich klingt - das wurde mit SEBTP schon mal deutlich besser. Zur technischen Seite vor 1973 kann mir vielleicht jemand von Euch was sagen...???

  • Ja, die Kritiker können einen schon ärgern. Es würde mir schon reichen den Stellenwert, unabhängig von der "Leistung", gewürdigt zu sehen. Ich schrieb das schon einmal hier. Genesis diente ja nicht nur Progbands als Blaupause. Ich stieß allerdings auf Unverständnis mit der These das die Art des Zusammenspiels zwischen Rhytmusgruppe und Melodieinstrumenten einen Einfluß auf andere Genres hatte.
    Was ich ganz konkret benennen kann ist zB das sich der Bass und/oder die verzerrte Rhytmusgitarre unisono auf die Bassdrum setzen, während auf der Snare der Grundton eine Oktave höher gespielt wird. Watcher of the skies, Fly on a windshield oder auch die Apocalypse in 9/8 sind einige treffende Beispiele von vielen. Rammstein macht das heute noch so....:rolleyes:

  • Soo dann mal etwas genauer( am Sonntag hat man halt mehr Zeit ;)):


    Was mich an Duke fasziniert ist das Konzept, der bombastische Anfang ebenso wie das Ende, die Reprise(n), die Emotionen von z.b. Please don`t ask (gerade das mit dem Vace Value-Hintegrund). Duke ist außerdem super stark abgemischt. Die Platte ist 1980 erschienen, vor knapp 30 Jahren! Der Sound des Schlagzeugs war auf jeden Fall prägend für die spätere Zeit.
    Der Stimme von Collins ist so gut wie nie, wann hat er jemals wieder so rockig Turn-it-on-again gesungen?
    Nicht zu vergessen ist das in dieser Zeit auch das von allen geliebte und super geniale In-the-Cage-Medley live enstanden ist. Ist das nicht Prog pur?(und da wären wir wieder bei der Frage was ist Prog eigentlich :)).


    Abacab lässt dann schon deutlich Federn. Dodo ist super richtig schön kraftvoll, toller Keyboard-Sound, emotionaler Höhepunkt im 2. Teil, treibender Rythmus. Abacab find ich als Lied nicht schlecht aber der C-Teil ist auf dem Album echt langweilig, da fehlt einfach ein abwechslungsreicher Rythmus.


    Genesis (Förmchen-album) ist genauso langweilig wie der Name, scheiß Plastik-Sound langweilig einfallslos, kein Rock mehr da. Mama und HBTS machen hier die Ausnahme, aber auch die beiden kommen an Duke(und die Zeit davor nicht mehr ran). HbtS ist live schon viel besser und besonders der Sound ist aufgepeppt.


    It - das album ist ganz netter Pop bis auf Domnio reist mich da einfach gar nix mehr vom Hocker, Radiotauglich, nach 4 mal hören nervig und teilweise nur noch schnülzig (in too deep)...belangloses Album das man blad vergessen würde, wären da nicht die hohen Verkaufszahlen.


    WCD- geht wieder bergauf besonders Faiding Lights super schöner, nachdenklicher und trauriger Text. Geniales und reinhauendes Keyboard im Instrumental-Part, Taktwechsel von Schlagzeug. Komplixiertes Stück das trotzdem einprägsam ist toll! Das ist für mich Prog!
    Auf dem Album sind natürlich schwache Lieder die hier zu genüge erwähnt worden sind. Aber Jesus he knows me und No son of mine ist gut gemachter Pop und gehört zu den Besten Sachen die im Radio laufen. Living für immer ist nettes Stück, typisch Genesis eigentlich, treibend, krumer Takt Instrumental im Ende.
    Cas
    Schönes Album - alter Sound neu gemacht, neue Stimme klasse Lieder mit Not about us und Allien Afternoon hört man einfach gerne. Dividing line ist natürlich vom Feinsten geiles Schlagzeug Ray Stimme ist brilliant das macht einfach Spass zu hören, There must be some other way ist ähnlich.


    Fazit: Genesis hat sich gewaltig verändert, was klar war aufgrund der beiden Abgänge. Sie sind zum Mainstream übergegangen haben sich an Verkaufszahlen und an dem großen Geld orrientiert. Trotzdem sind auf den Album immer wieder richtig schöne, bomastische und progressive Stücke aufgetaucht. Die Singels sind Pop- aber nicht schlecht gemacht. Die frühere Zeit gefällt mir natürlich auch besser wobei ich den Strich klar nach Duke ziehe und ich nicht radikal sage: der Rest ist scheiße.
    Genesis ist trotzdem eine der großen Bands und die Prog-Zeit wird viele beeinflusst haben. Jedoch wird Genesis (und besonders Collins)auch die Pop-Musik sehr geprägt haben. Gerade die Live-Shows, der Livesound die Synth-Drums, die Lightshow - welche Band der 80er hat da nicht drauf geschielt?
    Und ich weiß auch nicht wie oft Land of Confusion gecovert wurde.


    In diesem Sinne ( und ich muss es wieder sagen) Genesis Rocks!:yoh:

    Creeping up the blind Side, shining up the wall
    Stealing through the dark of night
    Climbing through a window, stepping to the floor
    Checking to left and the right
    Picking up pieces, putting them away
    Something doesn't feel quite right!


    Welcome to the Home by the Sea :teufelgrins:!

  • da sieht man wieder die Leute die alles zu persönlich nehmen


    wenn das demjenige seine Meinung ist ist es halt so, das er es so verbreitet zeigt das es auch gewollt ist das genau solche Beiträge kommen


    komm mal runter ;)


    Man merkt da scheint mich einer auf dem Kieker zu haben.


    Ich nehme das nicht persönlich nur wollte ich in einem (zugegeben etwas zu langen) Beitrag daraufhinweisen das es nach ATTWT auch noch Höhepunkte gab.


    Ich finde es schade das Du von den drei nur meinen langen Beitrag kritisierst.

  • "WCD- geht wieder bergauf besonders Faiding Lights super schöner, nachdenklicher und trauriger Text. Geniales und reinhauendes Keyboard im Instrumental-Part, Taktwechsel von Schlagzeug. Komplixiertes Stück das trotzdem einprägsam ist toll! Das ist für mich Prog!"

    Ich gebe dir in vielem Recht, was du geschrieben hast, aber bei "Fading Lights" ist es genau das, was ich meine: Es ist ein relativ simples, aber soundmäßig ziemlich aufgeplustertes Stück. Es gibt keine komplexen Strukturen, weder von der Grob- noch von den Feinstrukturen her, schon gar keine Taktwechsel. Vielleicht hat sich dieser Eindruck bei dir ergeben, da Collins das Stück durch sein dynamisches, grooviges Drumming beim Keyboardsolo noch so ganz lebendig macht. Zudem sind hier ein paar nette Akkordfolgen zu hören, sodass sich auch bei mir z.T. wieder das so schöne Gefühl einer epischen Reise durch verschiedene Innenwelten / Gefühlswelten einstellt. Aber dieses Gefühl habe ich bei "Firth Of Fifth" noch viel intensiver, weil so viel mehr und Originelles unterwegs passiert, weil es so viel differenzierter und eben nicht nur mit der Brechstange instrumentiert ist, weil Hackett ein so geiles und außergewöhnliches Solo spielt, weil die rhythmischen Ereignisse sich kurz zuvor so intensiv verdichten, dass man innerlich erst taumelt, dann wieder mitgerissen wird - kurzum, ich höre deutliche graduelle Unterschiede zwischen beiden Stücken.

  • Entschuldige real Real, ich habe dein Zitat nicht ordentlich gekennzeichnet, ich weiß gar nicht so genau, wie das geht.

    • Offizieller Beitrag

    Also ich musste beim Lesen dieses Threads genau 2x sowohl herzhaft lachen als auch gleichzeitig den Kopf schütteln:
    Zum einen wegen des geradezu dämlichen Eingangsstatements von Silizium und zum anderen beim Lesen der geradzu mathematisch wissenschaftlichen "Doktorarbeit" von Townman.


    Ich finde ganz ehrlich ihr nehmt euch beide durch eure innerliche Einstellung völlig unnötig selbst einen Großteil des musikalischen Hörgenusses beim Hören der Musik von Genesis.


    Silizium, weil er durch pure Ignoranz einfach alles nach Seconds Out perse für nicht beachtendswert erklärt und sich durch diese emotionale Sperre gar nicht mehr wirklich auf die auf dieses Album noch folgende Musik einlassen kann.


    Und Townman, weil er viel zu wissenschaftlich und verkopft an die Materie "Genesis" herangeht und gute und schlechte Songs für sich auf die Kriterien "musikalische und lyrische Komplexität" reduziert (ein "guter" Genesis Song ist nur, wenn er sich durch gehobene kompositorische Kniffe und textliche literarische Querverweise auszeichnet).


    Die eine Herangehensweise ist schlicht Ignorant, die andere viel zu wissenschaftlich "trocken". Leute, lasst die Musik doch einfach auf euch wirken anstatt sie zwanghaft in "Gabriel-Ära" oder "Post-Gabriel-Ära" einzuteilen oder sie wissenschaftlich auseinanderzunehmen.


    Ein guter Song ist dann ein guter Song, wenn er bewegt, wenn er emotional mitreißt, wenn er aufhorchen lässt, wenn er sich im Kopf festsetzt, wenn er innerlich etwas auslöst.


    Und das tut z.B. bei mir sowohl Firth of Fifth (nicht weil der Text so toll wäre, oder weil das Spiel technisch anspruchsvoll wäre, sondern einfach weil mich z.B. das Gitarrensolo mitreißt, es mich bewegt) als auch vordergründig so simple Songs wie "Mama", "Dreaming While You Sleep" oder - sehr gutes Beispiel - "Please Don't Touch" (und das obwohl ich Collins' Soloplatten im Großen und Ganzen so gar nichts abgewinnen kann). Aber z.B. "Please Don't Touch" bewegt mich! Der Text weist sicher nicht die lyrische Komplexität z.B. eines "Supper's Ready" auf, aber mein Gott er ist so direkt, so ehrlich, so herzzereissend und auf seine direkte Art bewegend (gerade das "oh I miss my boy"), der Song trifft mitten rein wie es ein "Battle of Epping Forest" niemals im Leben vermag zu leisten.


    Man merkt es vielleicht:
    Ich höre Musik nicht mit dem Duden und diversen Lexikas oder einem Quintenzirkel in der Hand, genausowenig wie Musik für mich einfach generell mies ist, nur weil ein Gabriel nicht mehr dabei ist. Ich mag Musik, wenn sie mich emotional bewegt. Punkt!
    Nebenbei ist auch das einer der Gründe, warum ich eine Band wie Dream Theater nie mögen werde - weil hier Musik auf Teufel komm heraus hörbar nach möglichst hoher Komplexität und nach fast mathematischer Vorgabe komponiert wird (allein wenn ich schon sowas höre, dass hier die Fans es als wahnsinnig tolles Merkmal feiern, dass bei Octavarium jeder Song in einer anderen der 8 Grundtonarten komponier ist... wow super toll... oder man lese die anderen ach so tollen Merkmale dieser Platte im Wikipedia-Artikel... das hat für mich alles nichts mit Kriterien für gute Songs zu tun). Aber sie versagen dadurch (?) in der wichtigsten Kategorie: sie bewegen mich emotional nicht.

  • Aber z.B. "Please Don't Touch" bewegt mich! Der Text weist sicher nicht die lyrische Komplexität z.B. eines "Supper's Ready" auf, aber mein Gott er ist so direkt, so ehrlich, so herzzereissend und auf seine direkte Art bewegend


    ...also mich bewegt der Text von "Please Don´t Touch" überhaupt nicht...;)