35 Jahre LIVE AID

  • Tja, es kommt wohl auf den Blickwinkel und das Herkunftsland an.


    Ich - mit meinen süßen 23 Jahren - war im internationalem Studium. Wir schauten uns die Sendung bei mir (größtes WG Zimmer) an: US-Amerikaner, Briten, Franzosen, Italiener, ich (ja es war eng, genaue Anzahl weiß ich aber nicht mehr). Und "peinlich" war beim deutschen Auftritt noch das harmloseste Wort, welches fiel. Erst diese dröge Monolog (der zugegeben kaum verstanden wurde) und die Livedarbietung des Songs sorgte auch für wenig Begeisterung).


    Was für manche von uns gut (und richtig) klingen mag, kommt anderswo anders an.

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    • Offizieller Beitrag

    Man könnte auch sagen: "die Deutschen" haben die Angelegenheit (wieder mal) zu ernst, zu politisch genommen (typisch deutsche Eigenart eben), während die anderen Nationen es als das genommen haben, was es letztlich (nur) war: Entertainment, Eigenwerbung, Spaß und am Ende geht der Gewinn an einen guten Zweck. Und mittendrin der deutsche Beitrag, der es zu ernst genommen hat und wirklich geglaubt hat (oder zumindest sehr stark so getan hat) als wolle er wirklich mit seinem Auftritt etwas für "die Sache" bewegen oder gar ändern können.

  • Ich finde es anmaßend zu behaupten, nur weil andere Spaß haben ist es nur Eigenwerbung für die eigene Person. Ich finde, man kann Beides miteinander verbinden. Und so etwas können UKler und US-Amerikaner eben besser als wir.

    Über was wurde nach dem Event gesprochen: über den tollen Erfolg der Spendenaktion, die jede Menge Spaß gemacht hat? Oder über den bier-ernsten Beitrag der Deutschen? Wer hat der Sache mehr gedient damals?

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    • Offizieller Beitrag

    Wer hat der Sache mehr gedient damals?

    Vermutlich niemand. Der deutsche Beitrag hat die Welt nicht im geringsten verändert. Im Angesichts der an den Tag gelegten Ambitionen ist er also gescheitert.

    Die Veranstaltung als ganzes wollte Geld gegen eine damals aktuelle Hungersnot in Äthiopien sammeln. Mehreren Quellen zu Folge (ich möchte nicht bewerten ob diese letztlich stimmten) ist ein Großteil des eingesammelten Geldes am Ende bei der Volksbefreiungsfront von Tigray und bei dem Diktator Mengistu Haile Mariam gelandet sein und somit der persönlichen Bereicherung, Machtausbau und dem Waffenkauf "zu Gute gekommen" sein.

    Träfe das zu, wäre am Ende der ursprünglichen Sache also in keinster Weise gedient worden sein.

  • Moment :)


    Jetzt vermischt Du meiner Meinung nach 2 Dinge:

    - Die Sammelaktion

    - wie das Geld verwendet wurde


    Du sagst, der deutsche Beitrag hat nichts zur Sammelaktion beigetragen. Macht aber nichts, das Geld versickerte sowieso bei dubiosen Empfängern. Bei letzterm Stimme ich Dir voll bei - egal ob alle Quellen korrekt sind oder nicht.


    Aber darum ging es mir nicht: Es ging mir um die Sammelaktion! Und die war sehr erfolgreich (ohne die deutschen Tränendüsen). Darum ging es mir. Spaß haben und Geld sammeln.


    Was mit dem Geld danach leider passierte, ist eine andere Sache.

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  • Darum ging es mir. Spaß haben und Geld sammeln.

    Nur dass verhungern kein Spaß ist...

    Ich finde ein Statement auf so einer Veranstaltung wesentlich besser platziert als auf einem Konzert von z. B. U2, Roger Waters, Herbert Grönemeyer oder - äh - Peter Gabriel, weil hier der Zusammenhang viel deutlicher wird. Insgesamt ist bei mir der Eindruck entstanden: "Ist doch egal, aus welchem Grund die geilen Auftritte stattfinden. Hauptsache Paaaadiiie!"

    Mir war die Ansage auch zu lang, aber ein Satz ist bei mir hängen geblieben: "Was wir hier machen, ist total sinnlos, wenn es hinterher weitergeht wie gehabt." (sinngemäß). Leider hat sich NICHTS geändert. In Europa und USA wird weiter gefeiert, in Afrika wird weiter gehungert. Zum fremd- und selberschämen.

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")

    • Offizieller Beitrag

    Du sagst, der deutsche Beitrag hat nichts zur Sammelaktion beigetragen

    Das habe ich mit keiner Zeile gesagt, bitte nochmal nachlesen!


    Man müsste aber zuerst einmal definieren, was man jeweils genau mit "der Sache" meint, also was das Ziel von Live Aid eigentlich war:


    - War es "Spaß haben, Eigenpromotion machen und im Idealfall etwas Geld sammeln"?

    Gut dann ist es persönliche Geschmackssache ob da die Konzerte in UK, USA oder der deutsche Beitrag mehr "Spaß" und Promotion für die Künstler verbreitet haben. Geld haben sie alle erfolgreich gesammelt.


    - War es "Geld für die hungernde Bevölkerung in Äthiopien sammeln"?

    Dann waren alle Künstler ziemlich erfolgreich, es wurde ein ordentlicher Batzen Geld gesammelt. Und gleichzeitig scheinen sie krachend gescheitert zu sein (alle miteinander), da das gesammelte Geld offenbar / wahrscheinlich / mutmaßlich zu großen Teilen in die falsche Hände gesickert ist und eben kaum bis nicht der hungernden Bevölkerung im positiven Sinne geholfen hat.


    - War es "etwas in der Welt bewegen / verändern" (so wie es die deutschen Künstler laut Ansprache vorhatten)?

    Dann sind die Künstler damit krachend gescheitert. Ich kann nicht feststellen, dass sich seit 1985 im afrikanischen Raum etwas wirklich nachhaltig zum Positiven geändert hätte bzw. dass Live Aid hierzu wirklich etwas beigetragen hätte.


    Mein "vermutlich niemand" bezog sich auf die Annahme, dass "die Sache" den Punkt 2 (und für den deutschen Beitrag Punkte 2 und 3) beschreibt.

  • Ja, das ist leider auch so eine Sache, an die uns der erste große gemeinsame Hilfseinsatz der "westlichen Jugendkultur" herangeführt hat: Fake-News und Gute-Leute-Bashing. Warum wandten sich die Medien plötzlich gegen diesen ersten und bis heute erfolgreichsten Zusammenschluss westlicher Musiker?

    Afrika-Hilfe ist immer schwierig. Wieviele Prozente "normaler" Hilfsgelder, der staatlichen Hilfe und der Privaten Spenden üblicherweise in Afrikas zwielichtigen Kanälen versickern, dagegen kam die Äthiopienhilfe des Band Aid Trusts vergleichsweise an richtigigen Stellen an.


    Der Abend mit seinen 130 Mio $ hat viel Gutes getan in Äthiopien, gefolgt von den über lange Jahre weiter strömenden Geldern aus Veröffentlichungen. Die unvorstellbare Hungerkatastrophe wurde sehr stark abgemildert, es wurden Landwirtschaftliche Projekte für Kleinfamilien gegen die Dürre gestaltet, Brunnenbau, Unabhängigkeits-Mikro-Projekte für Frauen und und und.


    Die BBC jedenfalls musste sich nach einer Klage des Band Aid Trusts von ihren Falschmeldungen zur Äthiopien-Hilfe distanzieren. Die BBC zeigte Größe, entschuldigte sich - 2010, das aber findet kaum irgendwo Erwähnung. Schade. Bitte nicht weiter verbreiten, die Falschnachrichten.




  • Hab lieber die 2 Themen getrennt, also Fun+Bands vom Geld.



    Also zum Thema Fremdschämen: Dass viele Deutsche die kleinen Gehversuche unserer Lokalprominenz auf den großen Bühnen der Welt gern selbst zerfleischen, das hat schon 'was von Selbsthass. Wenn ein Italiener bei mir im Zimmer gesessen hätte, hätte ich ihn fragend angesehen, wie er denn den italienischen Beitrag fand und den Engländern und Amis hätte ich auch die Nase gedreht: >> Die 5 schlechtesten Auftritte: Gitarren verstimmt, unterprobt, ach-das-spiel-ich-im-Schlaf. Manche sagen heute, wieso, ist doch gar nicht schlimm, aber damals war die als Überheblichkeit der 1.Liga wahrgenommene Schlampigkeit schon ein ziemliches Thema.


    Mich erfasst Zärtlichkeit beim Anblick unserer junggesichtigen, überparteilichen Musiker-Koalition. Gitte Hennings und Geier Sturzflug - hach. Ihr verwöhnten Jungspunds heute könnt Euch das nicht vorstellen - wir hatten ja nüscht und es gab noch nich'mal richtich MtV.


    :peace:

    • Offizieller Beitrag

    Der deutsche Beitrag musste sich sicher nicht vor denen anderer Länder verstecken - selbst USA For Africa mit dem pathetischen bis obskuren We Are The World wurde ja bereits erwähnt.


    Falls noch nicht bekannt, es gibt schon seit vielen, vielen Jahren eine sehr gute Website mit nahezu unerschöpflichen Infos wie "Who played what" oder einer Liste nahezu aller (!) aktiven Musiker (inkl. Bandmitglieder und Background-Musiker): http://liveaid.free.fr/.