Phil Collins: schmalzig oder gefühlvoll?

    • Offizieller Beitrag

    Der Titel stellt ja eine Frage, auf die hier jeder seine eigene Antwort finden kann und soll. Insofern passt er sehr gut.


    Auch wenn es natürlich Phil Collins' Lieder sind, über deren "gefühlvolle bzw. schmalzige" Qualitäten wir hier sprechen. Und auch wenn es Stücke von ihm gibt, die vielleicht weder in die eine noch in die andere Kategorie fallen.

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    Einmal editiert, zuletzt von gsskunde ()

  • Laut Definition ist "schmalzig" lediglich eine übertriebene Steigerung von "gefühlvoll".


    Ja, das passt in gewisser Hinsicht zu dem, was ich geschrieben habe. Der Titel impliziert einen Gegensatz, der gar nicht da ist. Kann mir echt nicht vorstellen, dass Collins beim Songwriting seiner Schmalzsongs in kühl-abgeklärter Weise die Struktur von Hausfrauen-Geschmacksknospen analysierte, um dann zu berechnen, mit welchen Seichtigkeitsergüssen diese am bestem anzutriggern sind. So einer war und ist er wohl nicht. Da kam m.E. ganz viel zunächst aus dem Bauch heraus und wurde dann schön glattgebügelt und zurechtdrapiert.


    Somit läuft die Frage auf das Maß an Gefühl hinaus und ob (und um wieviel) das Maß überstiegen worden ist. Alles subjektive Einschätzungen.


    Ein Übermaß an Gefühl kann es für mich beim Musikhören oder -machen gar nicht geben. Was mich an Collins' Musik stört, ist zum einen, dass viele der musikalischen Mittel arm und deren Wirkung furchtbar flach sind. Zum anderen empfinde ich die Selbstinszenierung, die in Songs wie "Another day in paradise" steckt bzw. zu dessen Kontext gehört, als wirklich schräg. Und das meine ich überhaupt nicht böse, denn ich nehme Collins, wie gesagt, auch eine sehr ernsthafte Komponente in Bezug auf seine Musik ab. Leider spiegelt sich diese in der Musik nicht wider, und dann wirkt der ernsthafte Kern, den es da mutmaßlich gibt, ganz furchtbar komisch.

  • Was ist eigentlich schmalziger?
    One more Night
    Separate Lives
    In too deep
    Hold on my Heart
    Mercy Street

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

  • Was ist eigentlich schmalziger?
    One more Night
    Separate Lives
    In too deep
    Hold on my Heart
    Mercy Street


    Meinem Empfinden nach kommt die Reihenfolge dem Schmalzfaktor entsprechend einigermaßen hin. HOMH z.B. geht für mein Empfinden noch, die ersten beiden hingegen triefen aber so richtig.

  • Das ist schon ein wenig unfair, nur Mercy Street von Gabriel anzubringen, welches ich in der Tat für überhaupt nicht schmalzig halte. Hier wären Don't give up oder (im Sinne von extrem nervig) In your eyes die bessere Wahl gewesen.


    Außerdem muss man Phil immerhin zu Gute halten, dass er Separate Live nicht geschrieben hatte. Das macht es nicht besser, aber immerhin hat er es nicht verurhebt.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

    Einmal editiert, zuletzt von Herma () aus folgendem Grund: Satz gepatcht.

  • Was ist denn an Mercy Street schmalzig? Alleine der biographische Bezug zu Anne Sexton und die stets anrührende Live-Interpretation machen den Song doch schon deutlich "greifbarer" als ein belangloses One-more-night-in-too-deep-alle-haben-sich-lieb-Gedudel.

    Saw that look of recognition

    When they know just who you are

    Einmal editiert, zuletzt von Royale ()

  • Hach, Phil hat mit einigen seiner Lieder echt vieles richtig gemacht. Z.b. mit OMN.


    Ansonsten würden enige hier nicht immer und immer wieder darüber schreiben und sich auslassen..


    Es ist so schön zu lesen, dass er euch so richtig "erwischt" hat.


    Dieses "Packen" ist aus meiner Sicht eines seiner größten Stärken, er schafft es selbst ansonsten harte Männer weich zu machen. Dass muss erst einmal einer schaffen.

  • Laut Definition ist "schmalzig" lediglich eine übertriebene Steigerung von "gefühlvoll".


    Das sehe ich genau so wenig, wie dass ein "Neger" ein übertrieben dunkler "Schwarzer" ist. Vielleicht "gefühlvoll" im Hinblick auf die Texte, die sich bei schmalzigen Stücken gerne oberflächlich mit Liebesgefühlen beschäftigen. Ansonsten mangelt es bei schmalzigen Stücken eher an Gefühl für ein geschmackvolles Arrangement. "Schmalz" oder "Schleim" ist eine ganz klar abwertende Bezeichnung für eine Kathegorie von Musik, die sich durch vielerlei Merkmale auszeichnet. "In Too Deep" würde ich alleine wegen der Koposition und des Arrangements in diese Schublade stecken. Und so sehr ich Phils Stimme bei Stücken wie "Dance On A Volcano", "Mama" oder auch "I Wish It Would Rain Down" verehre, so kann sie leider auch äußerst effektiv als Multiplikator bezüglich des "Schmalz-Effekts" sein...Beispiel: "If That´s What You Need" ist für mich sowohl kompositorisch als auch vom Arrangement her etwa ebenso schmalzig wie "Hold On My Heart". Die Stimme von Ray lässt es aber um Längen weniger schmalzig wirken, als wenn Phil es gesungen hätte...

  • .Ansonsten mangelt es bei schmalzigen Stücken eher an Gefühl für ein geschmackvolles Arrangement.


    Es sei denn, dass der Schmalz eben mehr oder weniger bewusst erzeugt werden soll. Und ich gehen davon aus, dass man auch dafür eine Art Gefühl benötigt, ein stimmiges geschmackloses Arrangement zu gestalten. Tony Banks, der grobe Klotz, ist daran immer und immer wieder gescheitert.