TotW: [24.10.-30.10.2016]: PETER GABRIEL - Exposure

  • Auf PG II ist "Exposure" der außergewöhnlichste Track. Die rockig-meditative Stimmung wird durch Gabriels Gesang verändert, von ruhig zu leidend zu agressiv. Tony Levins Bass ist das auffälligste Instrument und auch nach dem 'zigsten Hören noch spannend.


    So habe ich mir später Robert Fripps erstes Soloalbum gleichen Namens ebenfalls zugelegt mit der ruhigen Version von "Here Comes The Flood".


    Obiges kann ich nur unterstreichen, aber wieso gibst Du nur 6 Punkte?
    Für mich hätte Exposure auch auf das "Lamb" - Album gepasst. Die Frippertroniccs erinnern an die "Enosfication", PG´s Gesang an Rael (ja, sollte nun der Charakter "Mozo" sein) Der Song ist herrlich expressiv. Wie oft habe ich ihn gehört und als damals 16 - Jähriger mitgebrüllt "Exposure! Space is what I need it's what I feed on!"?
    Dieses Album, mit dieser "Lichterscheinung", ist mit seiner ungeschliffenen Rohheit (für PG´s Verhältnisse) eines meiner Lieblinge und hat Fenster zu anderen Perlen der Rockmusik, z. B. eben Robert Fripp & King Crimson, oder Peter Hammill & Van der Graaf Generator geöffnet. Dafür bin ich sehr dankbar - 13 Punkte

  • Obiges kann ich nur unterstreichen, aber wieso gibst Du nur 6 Punkte?
    Für mich hätte Exposure auch auf das "Lamb" - Album gepasst. Die Frippertroniccs erinnern an die "Enosfication", PG´s Gesang an Rael (ja, sollte nun der Charakter "Mozo" sein) Der Song ist herrlich expressiv. Wie oft habe ich ihn gehört und als damals 16 - Jähriger mitgebrüllt "Exposure! Space is what I need it's what I feed on!"?
    Dieses Album, mit dieser "Lichterscheinung", ist mit seiner ungeschliffenen Rohheit (für PG´s Verhältnisse) eines meiner Lieblinge und hat Fenster zu anderen Perlen der Rockmusik, z. B. eben Robert Fripp & King Crimson, oder Peter Hammill & Van der Graaf Generator geöffnet. Dafür bin ich sehr dankbar - 13 Punkte


    Prima, dass der Thread trotz Hermas ultimativ richtiger Bewertung nicht geschlossen wurde! Ansonsten hätte ich chandeliers tolles Posting weder lesen noch liken können. :topp:


    Der Song ist atmosphärisch so dicht, dabei in der Tat von einer "ungeschliffenen Rohheit", dass auch ich diese unmittelbar wirksame Expressivität zum Mitgröhlen herrlich und intensiv finde. Auf der Gabriel II gibt es wie auf der I auch Songs, die noch nicht so ganz stimmig sind - z.T. liegt das daran, dass die musikalischen Ideen nicht mit zueinander passenden Mitteln ausgearbeitet sind, z.T. hat Gabriel auch grundsätzlich eine ihm gemäße Tonsprache noch nicht ganz gefunden.
    "Exposure" aber funktioniert von vorne bis hinten super und hat dabei eben auch eine Ausdrucksgewalt, die es für meine Ohren zum besten Song des Albums macht. U.a. setzt Gabriel hier seine Stimme viel besser ein als an einigen Stellen sonst. Chandelier hat m.E. völlig nachvollziehbar betont, dass man hier wirklich eine ästhetische Anknüpfung an raue Stimmeinsätze auf der "Lamb" ("Back in N.Y.C.") hören kann. Und das macht und kann Peter einfach großartig. Er formt hier z.T. auf einem Wort verschiedene Stimmspektren sowie -farben und setzt darauf, dass sich über eine solche vokale Gestaltung dann auch dieses hypnotische und beschwörerische "Exposure"-Gefühl einstellt. Und vor dem Hintergrund des textlichen "Exposure"-Exzesses triggert der Song mich auch ganz "plastisch" an - ich spüre trotz aller Vieldeutigkeit bzw. Offenheit eine enge Symbiose aus Text, Sound und Strukturen.


    Und klar: Das ist nicht Gabriel "pur" - Mr. Fripps Einflüsse machen das Ganze zu einer toll gelungenen Gemeinschaftssache, die dann auch den Weg in die Crimson- oder auch Hamill-Ecke (da habe ich keine Ahnung) weisen kann.
    Die Frippertronics sind das eine. Auch davon habe ich technisch kaum Ahnung, aber dieser Ansatz findet sich - u.a. weiterentwickelt zu den Soundscapes - ja bis heute nicht nur bei Fripp/Crimson und ist nicht gerade so typisch für Peters Schaffen (oszillierende Flächen und Loops natürlich schon, aber dieses Gitarrending, glaube ich, eher nicht so).
    Tony Levin: Es wurde ja hier schon mehrfach seine tragende Rolle bei diesem Song hervorgehoben. Sein markantes Riffing treibt mir echt fast Freudentränen in die Augen bzw. formt sich mein Mund dabei zu so einer Art Grinsegrimasse, und es setzt ein leichtes Kopfgewippe dazu ein. Nun könnte man natürlich sagen: Levins Sound hat Peters Werk fast durchgängig mitgeprägt, insofern ist das eine normale Geschichte. Und wenn man sich den "Don't give up"-Schlussteil anhört, dann findet sich da natürlich auch mal ein Beispiel für ein ebenso markantes 'Riffing'. Allerdings befindet sich das Bass-Riff von "Exposure" in einem strukturellen Kontext, der eher auf Mr. Fripp verweist, denn dessen Sinn für Polyrhythmik ist Mitte der 70er schon voll erwacht, während Peters rhythmische Abweichungen vom ermüdenden 4/4-Standard eher über einzelne Motive zu entstehen scheinen, aber keine polyrhythmischen Zusammensetzungen sind (gibt es Gegenbeispiele?). Jedenfalls: Dieses Übereinanderlegen von 5/4-Bass-Riff und ausgesprochen geradlinigem, fast schon etwas stumpfem 4/4-Drums, aufgelockert von einer funkigen Begleitgitarre, das sind Dinge, die im Fripp- und Crimson-Kosmos auch später noch zu den ganz prägenden Kompositionsmitteln gehören. Man trifft sich irgendwann (hier nach fünf 4/4- und vier 5/4-Takten) auf der "Eins" wieder, und bis dahin schaukelt der Bass gegen das Drum-Metrum hin und her wie ein Kahn gegen das feste Ufer. Und mein Nacken schaukelt mit.
    Das ist zwar auch Spielerei, aber eben kein "technischer Selbstzweck" - es passt zum einen zur Song-Idee des Oszillierens in sich selbst (siehe die Frippertronics), ohne dass es zum stumpfsinnigen Hospitalismus wird, zum anderen sind über dieser Polymetrik der Rhythmusgruppe dann die entscheidenden Intensivierungen der Vocals zu hören, die dem Song eben auch ein dynamisch mitreißendes Profil geben.


    Geiles Teil, 13 Punkte.


    3 Mal editiert, zuletzt von townman ()

  • :huhu: townman: Danke für Dein Lob und danke für Deine tiefergehenden Ausführungen. Du beleuchtest die technische Seite äußerst gelungen. Noch eine kleine Abschweifung: Robert Fripp "lieh" seine Gitarre nicht nur Peter Gabriel, sondern auch Van der Graaf Generator auf "H to He Who Am The Only One" und dem ultimativen Prog-Album "Pawn Hearts". Ich möchte nicht OT werden. Also, schnell zum Kern meiner Aussage: dem Vergleich der Stimmen der beiden Peters. Bei "Exposure" kommt der Gabriel´sche Gesang dem Hammills am nächsten. Er wirkt ähnlich zerissen, verzweifelt, voller Gefühl - zu tiefst emotional.
    So ist Robert Fripp hier ein nicht zu unterschätzendes Bindeglied und holte sich neben PG auch Hammill für sein modern, weg vom Prog, klingendes Solo-Album: https://www.youtube.com/watch?v=S-E5JkP-Q7U
    Übrigens sang Hammill auf PG IV im Background (er äußerte mal die Frage, warum PG ihn dabei haben wollte, ist er doch kaum zu hören....).
    Fripp sieht PG II, Daryl Hall´s "Sacred Songs" und seine Solo Platte als eine Trilogie an. Alle Alben wurden von ihm produziert. Genug der Abschweifung!

  • „Exposure“ ist ein richtig geiles Stück Musik (man verzeihe mir diesen Ausdruck), sowohl technisch interessant als auch in seiner Gesamtheit sehr faszinierend. Obwohl der Song in seiner Form minimalistisch daherkommt, kann er trotz dessen (oder gerade deshalb?) sehr roh und ausdrucksvoll rüberkommen. Die Zusammenarbeit seinerzeit mit Robert Fripp empfinde ich als sehr fruchtbar. Diese Frippertronic-Klänge sind für den einen merkwürdig, für die anderen genial. Kurioserweise gefällt mir die PGII-Version von „Exposure“ besser, als das Pendant von Fripps gleichnamigem Album (dafür gibt es dort eine herrlich reduzierte Version von „Here Comes the Flood“, und sogar Phil Collins ist auf diesem Album vertreten.). Die PGII-Version, in der es hier auch geht, bekommt von mir 12 Punkte. Vielen Dank auch für die Worte von chandelier und townman – besser hätte ich es nicht formulieren können! :huhu:

    The girl from all those songs
    Who made everything feel right
    She came in like an angel, into your lonely life
    And filling your world with light
    Oh, and everybody told you "you're oh so lucky"
    ___
    Mein Iona-Thread: Iona

    Meine Musiksammlung: Discogs

    Mein Blog: http://earl-of-mar.blogspot.de/

    Einmal editiert, zuletzt von Synclavier () aus folgendem Grund: 'reduzierte' statt 'refuzierte'

  • chandelier & townman & synclavier: danke für Eure schönen Ausführungen, denen ich mich vollinhaltlich anschließe. "Exposure" ist ein außergewöhnliches Stück im PG-Oevre, das Album, PG2 für mich ein unterschätztes kleines Meisterwerk. Angetrieben und mit Zeitdruck und der sicherlich freundlichen Bestimmtheit von Fripp ist da ein gleichermaßen erdiges, den "kreativen Moment einfangendes", wie auch konzeptionell durchdachtes Album entstanden. 13 Punkte.

    you're the ones we've been waiting for...
    Genesis - 98 München - 07 Linz, Düsseldorf x 2, Berlin, München - 22 Berlin x 2, London x 2

  • Also, ich freue mich sehr für die "Bewerter" vor mir, die dem Stück so viel Inhalt, Ausdruck und Musikalität entnehmen können und wünschte, ich könnte es ebenso. Leider gelingt es mir nicht. Für mich klingt es wie "lass mal das Band weiterlaufen" bei irgend einer Session oder Probe, ohne jegliche Idee. Sicher sind die Effekte von Fripp interessant und Levin ist ein toller Bassist...am Ende muss ich mir aber leider eingestehen: es gefällt mir nicht :(


    Mehr als 5 Punkte kann ich hier nicht vergeben. Schade.

  • Sehr "frippig" dieses Stück und gibt für mich auch schon ein bisschen einen Vorgeschmack auf das was die grandiosen 80er King Crimson später leisten werden.


    Während sich 1978 viele Progrockgrößen in einem Übergangsstadium zwischen Progrock und Pp befinden und nicht selten halbgares dabei heraus kommt, schaffen Gabriel und Fripp hier ein Stück zeitlosen Experimentalrock.
    Ich gebe 9 Punkte, nicht mehr, schließlich brauche ich die noch für ausgefeiltere Songs.