In vielen Fällen wurden Synchronisationen auch benutzt, um Filme bewusst zu verfälschen, sprich zu zensieren. Insbesondere sexuelle Anspielungen wurden gerne entschärft, aus deutschen Bösewichten wurden andere Nationalitäten etc.
Siehe hier: Bebilderte Hörbücher: Die Unsitte der Filmsynchronisation in Deutschland | unique-online.de
Ein interessanter Beitrag, der seine Sichtweise gut untermauert. Ich stimme ihm trotzdem nicht vorbehaltlos zu. Dass deutschstämmige Kriminelle in einem englischsprachigen Film in dessen deutscher Synchronfassung plötzlich woandersher kommen, ist nicht unbedingt Zensur. Das hat auch viel mit einem Konzept des Anderen, des Fremden zu tun: Die "Bösen" werden durch ihr (z.B. stimmliches) Anders-Sein ausgegrenzt, wodurch der Zuschauer sich dem "Helden" stärker verbunden fühlt, emotional stärker aktiviert wird, mehr "mitgeht". Ich will das Konzept hier nicht in aller Tiefe ausbreiten und erlaube mir hilfsweise auf den recht brauchbaren englischen Wikipedia-Artikel zu verweisen (der deutsche taugt leider weniger). Jedenfalls macht dieses Konzept nachvollziehbar, woher solche Änderungen kommen, ohne dass man hinter jedem geänderten Wort gleich Zensur! Skandal! Beschneidung der künstlerischen Freiheit! und überhaupt! wittern muss, wie es der Artikel tut. In dieser Hinsicht macht er es sich dann nämlich meiner Ansicht nach doch zu einfach.
Ich möchte allerdings noch auf einen anderen Punkt aufmerksam machen, bei dem Synchonisierung sogar vorteilhaft sein kann: Sie kann nämlich benutzt werden, um Pointen zu retten. Ein Beispiel:
Im Film "Die Oberen Zehntausend" unterhalten sich zwei Leute in einer feinen Villa in Newport, Rhode Island, miteinander. Die eine (blasierte Dame der Oberschicht) erkundigt sich, wo die andere (eine Fotografin, also Arbeiterklasse) herstamme. Diese erklärt, sie käme aus Duluth. Worauf sich die erste vergewissert: "Das liegt westlich von hier, nicht wahr?" und die erste etwas zögerlich, weil sie sich veralbert vorkommt, bestätigt, ja, das könne man wohl so ungefähr sagen.
Die Pointe beruht darauf, dass Rhode Island einer der östlichsten Bundesstaaten der USA ist, und Duluth daher ziemlich zwangsläufig westlich von dem (als Küstenort präsentierten) Newport liegt. Diese recht absurde zweite Frage kann man so übersetzen, verliert eine Pointe, weil das deutsche Publikum sie nicht versteht, und verdirbt, wenn man das oft genug so macht, einen Großteil des Films.
Bei der Synchronisierung ist der Übersetzer einen anderen Weg gegangen: Hier erklärt die Fotografin, sie sei aus New York. Die erste fragt: "Im Wolkenkratzer? Wo haben Sie denn da gespielt?" und die zweite: "Wir haben oben gesessen und an den Wolken gekratzt."
Ergebnis: Die absurde Nachfrage ist durch eine ähnliche absurde Nachfrage ersetzt, die Pointe gerettet, das (Pointen)tempo des Films gewahrt.
Sowas finde ich lobenswert. Und in heutigen Filmen, wie ich bereits ausgeführt habe, viel zu selten: Gute Arbeit kostet nämlich Geld.