Wie bewertest du die Fähigkeiten der genesis Instrumentalisten

  • Für mich liegen die Stärken der fünf auch eher beim Songschreiben als bei Ihren Instrumenten, obwohl sie auch da natürlich stark sind:
    Peter: Als Sänger sehr stark. Da machen ihm nicht so viele was vor. Als Instrumentalist vielseitig, aber nicht virtuos. Eine interessante Seite von ihm ist sicher seine Neugier Neues zu probieren. Er war einer der ersten der mit Samples experimentierte und das mit sehr hörbaren Resultaten.
    Phil: Als Schlagzeuger genial. Kein Wunder, dass ihn Grössen wie Robert Plant oder Clapton einluden auf ihren Alben zu spielen. Auch als Sänger ist er gut, aber als Drummer ist er mir viel lieber.
    Tony: Sicher überdurchschnittlich aber nicht spitzenklasse. Seine Stärke sind Stimmungen und schöne Melodien.
    Steve: Ziemlich gut aber auch nicht Spitze. Auch bei ihm schätze ich seine Vielseitigkeit, wie er Stimmungen hinkriegt, als Teil der Band das Gesamtkonzept ergänzt und völlig neue, teilweise ungewohnten, schrägen Sound bringt, der das Ganze aber ergänzt. Als Komponist der Schwächste der Fünf. Bringt sehr gute Passagen und Teilstücke aber dann fehlt oft etwas.
    Mike: Ich liebe seine Bassläufe z.B. auf der Lamb. Er ist ein sehr guter Rhythmusgitarrist und Bandplayer. Ausserdem ein guter Komponist, wenn ich mich recht erinnere sagt, Tony irgendwo, dass er es fertigbrachte die Songs perfekt abzurunden und holprige Passagen zu glätten. Als Leadgitarrist ist er aber recht durchschnittlich (und das weiss er).

    Zy
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    "The music is the true currency. It's more valuable than the accolades or the money. The relationship is with the invisible muse and you know if she's pleased or if she ain't." - Steve Hackett

  • Zitat

    ...wo genau soll da ein Vibrato sein?


    little nick: Live Version vom 19. April 75, Empire Pool,
    Wembley, 2.47-2.50 (nach dem Solo)

  • little nick: Live Version vom 19. April 75, Empire Pool,
    Wembley, 2.47-2.50 (nach dem Solo)


    Hab gerade nur eine schlechte Audience-Aufnahme gefunden, aber das klingt mir eher nach einem zerhackten Luftstrom (ähnlich, wie ein schnelles Lachen), also eine Variation der Amplitude, nicht der Frequenz...
    Ich meinte eine kontrollierte Variation der Tonhöhe durch kontrollierte Veränderung der Spannung der Stimmbänder, wobei die Geschwindigkeit und die Intensität der Änderungen bei lang gehaltenen Tönen gezielt gesteuert wird. So etwas macht Peter nicht und ich denke auch nicht, dass er das kann.

    2 Mal editiert, zuletzt von little nick ()

  • Diese ganze Bewertungsmentalität geht mir langsam auf den Zeiger. Warum muss neuerdings immer alles in Punkten ausgedrückt werden? Ich fühle mich dazu nicht in der Lage. Ich kann viel darüber schreiben, was ein Song in mir auslöst, ob er sich bewegt oder welcher Genesis-Instrumentalist mir wann einen Schauer über den Rücken jagt. Aber das alles in ein enges Punkte-Korsett zu pressen - das ist mir irgendwie zuwider. Das ist ja wie heutzutage auf der Uni (Bachelor/Master-System), wo man wie ein kleiner Idiot behandelt wird und wegen jeder Kleinigkeit abgeprüft und in ein Notenschema gestopft wird.


    So - genug abgekotzt.


    Kurz zum Thema: Genesis ist als Kollektiv für mich eine der stärksten Bands der Welt. Einzeln hingegen spielt keiner der Jungs in der musikalischen Champions League. Das ist aber auch völlig irrelavant, das verlangt keiner und braucht keiner.
    Im übrigen muss ich noch anmerken, dass ich Mike als Bassisten mal wieder für viel zu unterschätzt halte. Ich lese hier immer wieder was von "solide". Solide Bassisten sind was anderes. Mikes Basslinien sind schon sehr fein und ein wichtiges und tragendes Element der (alten) Genesis-Songs. Und es passt einfach perfekt. Ein Tony Levin mit seinem typischen Spiel wäre bei Genesis z.B. völlig deplatziert (außer in späteren Jahren vielleicht).

    1. Vorsitzender des Deutschen Mike Rutherford Fanclubs

    Pure Vernunft darf niemals siegen!

    • Offizieller Beitrag

    ich erinner mich gut, wie damals (Anfang der 90er, noch nicht mal erwachsen) meinem Bruder, der seit etlichen Jahren Gitarre(n) spielt, Steve Hackett ans Herz zu legen versuchte. Natürlich kam ich mit SUperlativen wie "das ist einer der besten Gitarristen" etc pp. Meinen Bruder hat das herzlich wenig gekratzt - "es gibt nicht gut und böse, wenn es um das Gitarrespielen geht" sagte er dann immer und "es viele gute und intressante Gitarristen, aber Allen Holdsworth ist vermutlich der einzige, der über den Dingen schwebt"
    Also spielte ich ihm mal Return of the Giant Hogweed vor, aber zu meiner Ernüchterung dauerte es keine 2 Minuten, und mein Bruder spielte es genauso.
    Allerdings: Das Solo zu Firth Of Fifth verglich er mal mit Gilmours Solo in Another Brick In The Wall. So ein Solo kriegt man nicht oft hin, vielleicht nur ein Mal. Es muss keine Weltklasse sein, aber es ist ein Markenzeichen geworden.
    Dass Daryl Stuermer dagegen ein technisch brillanter Gitarrist ist, wird kaim jemand bezweifeln, das hat mein Bruder nie gemacht, auch wenn er oft zynisch anmerke "wieso reitete der so auf dem A rum" (weiß nicht mehr genau, ob er A sagte). Stuerner fehlt wohl etwas die Seele in seinem Spiel.


    Vergleiche Howe / Hackett finde ich irgendwie merkwürdig. Die beiden haben sich ja auch deswegen zusammengetan, weil der eine was konnte, das der andere nicht konnte. Etwas technisch spielen zu können, ist am Ende des Tages rotzegal. Die Frage ist, WIE man es spielt. In dieser Hinsicht habe ich Hackett immer ganz weit vorne gesehen. Gallo hat das auch mal gesagt "er denkt über jede Note nach, wie er sie spielt etc"


    Das sind Hacketts Stärken. Und deswegen halte ich ihn für einen grandiosen Musiker.


    Der einzige, der bei Genesis ein ähnliches Level hat, ist Phil Collins. Vermutlich ist er der beste Musiker, den Genesis je hatten. Er hat den Laden zusammengehalten und vorangetrieben, sein Schlagzeugspiel ist nicht einfach nur gut, er spielt grandios. Am besten hört man das m.E. auf der Archive-Version von The Lamb.
    Und vergleicht man Trespass mit den Alben danach - da sind Lichtjahre zwischen (auch wenn das hier einige anders sehen, das Drumming auf Trespass ruinierte die ganze Platte, wenn man weiß, wozu Genesis später bzgl des Drummings imstande waren)
    Bei Collins kommt neben seinen technischen Fertigkeiten die Improvisationsgabe und auch Innovation dazu. Er ist einer der vielseitigsten Musiker im Geensis-Zirkus


    Rutherford: Seine Bass-Loops sind sicher legendär und er hätte niemals als Gitarrist ein ernstzunehmendes Niveau erreichen können, dafür hat er damit viel zu spät angefangen. Aber Rutherford ist eher ein Komponist. Er weiß wie kein zweiter, wie man einen Song in Szene setzt. Das hatte auch Chester Thompson mal gesagt. Aus seiner Sicht hatte sich Mike von allen am meisten weiterentwickelt. Rutherford kann Songs auf den Punkt bringen, vielleicht sogar noch besser als Collins. Mal eben so ein Shipwrecked aus dem Hut zaubern oder Songs im Stile von All The Light I Need bzw Over My Shoulder - Rutherford hat das einfach drauf. Und auch wenn mit Epen wie Home By The Sea deutlich lieber sind, ich erwische mich immer wieder dabei, dass ich Songs wie Shipwrecked oder Another Cup Of Coffe einfach klasse finde.


    Banks - ich verstehe viel zu wenig von Keyboards, aber ich hatte immer das Gefühl, dass Tony oft "gegen den Song" anspielt. Das ist wohl seine Stärke. Nur hat er irgendwann sich nicht mehr weiterentwickelt, das ist zumindest meine Wahrnehmung.


    Gabriel: Seine Stärke ist seine Aura, seine Präsenz auf der Bühne, sein Charisma - und seine Stimme. Das ist gewaltiges Instrument. Als Musiker ist er wohl keine Hausnummer. Effektiv arbeitet er auch nicht, aber er bleibt nie stehen.

  • Christian:

    Zitat

    Am besten hört man das m.E. auf der Archive-Version von The Lamb.
    Und vergleicht man Trespass mit den Alben danach - da sind Lichtjahre zwischen (auch wenn das hier einige anders sehen, das Drumming auf Trespass ruinierte die ganze Platte

    Ich gebe die bei vielen Inhalten Deiner Aussage grundsätzlich recht. Aber
    hier muß ich widersprechen: Das drumming beim Lamb-Konzert auf
    Archive 1 ist für mich - verglichen etwa mit dem Konzert im Empire Pool
    April 1975 - , geradezu ein Paradebeispiel für steriles, müdes, von der Tour
    ausgelaugtes unispiriertes drumming - die schreckliche Soundabmischung
    ruiniert es zur gänze.


    Und das John Mayhew für Trespass genau der richtige drummer ist, und
    allenfalls die Sache bei "Visions of Angels" etwas außer Kontrolle geraten
    lässt, hatten wir ja anderswo schon durch ... Collins' Version von "The Knife"
    auf Live 73 - ganz zu Schweigen von seinen gescheiterten Bemühungen bei
    "Stagnation" (z.B. BBC 72) - sind für mich beinah nicht goutierbar.

  • Die Leute von GENESIS - und zwar alle, die je in dieser Band spielten, hatten einen gemeinsamen Nenner, der ihnen den Weg zur Profikarriere pflasterte ... die 60er Jahre! Für 5 members hat´s ja bekanntlich hingehauen, weil sie daran gearbeitet haben!
    Ende der 60er/Anfang der 70er bot sich weltweit eine Plattform, sich als Musiker zu profilieren. Denn jeder, der das versuchte, packte eine gesunde Portion Idealismus in sein Vorhaben ... (es gab ja noch viel zu entdecken)


    Bei den GENESIS-Muckern, über die reden wir ja hier, formte sich ein Tiegel aus Soul, klassischen Werken und dem 60s-Beat (inbes. BEATLES). Hinzu kam, daß COLLINS seit je her ein begeisterter Jazz-Anhänger war (und immer noch ist).


    BANKS: Für mich ist er immer die musikalische Leitlinie der Band gewesen ... selbst in den 80ern hat er der Musik von GENESIS immer noch den klassischen Stilstempel aufgedrückt,
    setzte Harmonien, wo sie hingehörten und daß machte GENESIS für mich von 1983-1991 doch noch erträglich ...


    RUTHERFORD: als Bassist hervorragend und seinerzeit sehr innovativ (z. B. Taurus-Pedal), sehr angenehmer side-player auf allen Akustikgitarren und als Songschreiber qualitativ mit COLLINS gleichzusetzen (vor allem mit den MECHANICS ...)


    HACKETT: Vergleiche mit STEVE HOWE finde ich auch nicht angemessen, dafür liegen sie stilistisch zu weit auseinander. A- u. E-Gitarren sind bei ihm gleichermaßen beliebt, in der Spielweise weiß er da immer zu unterschieden (Etwas, was - bei aller Wertschätzung - z. B. ein ERIC CLAPTON nie auf die Reihe kriegt) ...


    COLLINS: Ausnahmemusiker - basta!:teufelgrins:
    Die Natur hat ihm eine Stimme mit hohem Wiedererkennungswert mitgegeben, verbunden mit einem Schlagzeugtalent, welches er gerade Ende/Mitte der 70er auszuspielen verstand. Besonders bei BRAND X ...


    GABRIEL: Statement zur Stimme siehe COLLINS, als Flötist ist er bis heute unterbewertet, selbst Leute wie CAT STEVENS haben ihn bereits zu sessions und Aufnahmen eingeladen, als GENESIS noch recht unbekannt gewesen sind. Als Frontmann einer Band hat PETER durchaus immer seine Qualitäten gehabt, wirkte auf mich in der Livepräsentation zwischen den songs recht gehemmt, während er in den Stücken enorm aus sich herauskam ...

  • Klar, diese Poll-Mentalität an sich ist weniger reizvoll. Aber guckt euch an, was da entstanden ist: Kein Punktegezicke, sondern eine schöne Sammlung von persönlichen Eindrücken, Schwerpunktsetzungen und Bewertungen. Ich finde das total interessant, wie ihr die einzelnen Mitglieder wahrnehmt, dieser Thread erfüllt damit m.E. seinen Zweck.


    Genesis ist als Kollektiv für mich eine der stärksten Bands der Welt. Einzeln hingegen spielt keiner der Jungs in der musikalischen Champions League. Das ist aber auch völlig irrelavant, das verlangt keiner und braucht keiner.


    Das finde ich großartig zusammengefasst. Und hinsichtlich Collins füge ich an, dass er als Drummer rein technisch gesehen nicht in der allerobersten Liga ist, dass er aber ein sehr breites Spektrum abdeckt bzw. bedienen kann und dass er im Rockbereich ein nahezu "kompletter" Schlagzeuger ist. Die anderen Vier würden z.B. als Session-Musiker beträchtlich limitiert sein bzw. nichts oder wenig taugen. Ähnliches schrieb ja schon Christian zuvor. (Zustimmung: Die Drums auf Trespass sind z.T. grob oder auch unpräzise. Phil bietet ab "Nursery crime" eine ganz andere Hausnummer an.)



    Also spielte ich ihm [Anm.: Christians Bruder] mal Return of the Giant Hogweed vor, aber zu meiner Ernüchterung dauerte es keine 2 Minuten, und mein Bruder spielte es genauso.
    Allerdings: Das Solo zu Firth Of Fifth verglich er mal mit Gilmours Solo in Another Brick In The Wall. (...)


    So viel dazu. Auch wenn hier im Forum immer mal wieder dieses Vorurteil herausposaunt wird, die Jungs wären die großen Virtuosen - das ist Käse. Ihre Stärken liegen einerseits im Songwriting und - noch wichtiger - in der Fähigkeit, die Songideen als kreatives Kollektiv weiterzuentwicklen und dabei ein einzigartiges Gespür für die ganz großen magischen Momente zu beweisen.