SdW [20.-26.07.09]: GENESIS - The Carpet Crawlers

  • Von mir ganz klar 15 Punkte!!!


    Der Song ist klasse, man kann ihn immer wieder hören. Vor allem gibt es mehrere Versionen, einschließlich der 1999er, die sich meiner Meinung nach alle super anhören.

  • Da gibt es nichts: Dieser Song gehört zu den Besten von Genesis (neben vielen anderen). Nach I know what I like oder den Klassikern Watcher of the skies, Musical Box und Supper's ready sicherlich einer der Höhepunkte der Gabriel-Zeit.


    Auch das Remake ist fantastisch.

  • Ganz klar von mir gibts 15 Punkte.
    Besonders Live finde ich dieses Lied sehr gut. Für mich ein perfektes Schlusslied der 2007 Tour! Die Studioversion vom Lambalbum und die 99 Version gefallen mir allerdings auch sehr gut!

    It’s impossible unbelievable news!
    It’s impossible but it’s true!

  • Von mir 13 Punkte. Warum nicht mehr? Dazu fehlt mir einfach noch ein Quentchen Raffinesse, oder etwas wirklich bewegendes. Warum nicht weniger? Der Song klingt einfach wie ein Teppich. Warm, weich, sinnlich. Die Tiefe in Gabes Gesang ist einfach phänomenal. :topp:
    Schade das die Null Punkte nix sagen....so ein Kasper....:p

    • Offizieller Beitrag

    Das Stück mit der höchsten Varianz an offiziell gebrauchten Titeln: Die originale und längste Bezeichnung lautet „The Carpet Crawlers“; auf Live-Alben und Kompilationen wurde er vorne und hinten beschnitten bis zu „Carpet Crawl“.


    Wie der Titel überlebte auch das Stück selbst nur die erste Tour, das erste Album, ohne Kürzungen. Schon auf der Trick-Tour war die erste Strophe weggefallen; die Band begründete dies damit, dass die Anfangszeilen nicht wirklich zu dem Stück gehörten, sondern vielmehr ein Zwischenspiel bilde, das im Rahmen der Geschichte von Rael den erzählerischen Bogen von der Großen Parade Lebloser Verpackungen zu den Teppichkrabblern spanne. In der Tat ist die Melodie der ersten Strophe ganz anders, und auch ihr Inhalt läßt sich nur mühsam mit dem Text des restlichen Stücks vereinen.


    There is lamb's wool under my naked feet
    The wool is soft and warm
    - gives off some kind of heat
    A salamander scurries into flame to be destroyed
    Imaginary creatures are trapped in birth on celluloid
    The fleas cling to the golden fleece
    Hoping they'll find peace
    Each thought and gesture are caught in celluloid
    There's no hiding in memory
    There's no room to avoid


    Die erste Strophe bringt zwei disparate Dinge zusammen: Einerseits berichtet Rael in eigenen Worten von der sinnlichen Erfahrung der Lammwolle unter seinen Füßen (wo hat er denn Schuhe und Strümpfe verloren?) – das ist der reale(re) Teil. Überlagert wird das Ganze von Bildern, und zwar (meinem Eindruck nach) von bewegten Bildern, Filmschnipseln, Fetzen verschiedener Aufnahmen: Ein Feuersalamander, der durch’s Bild huscht und nur der Legende nach die Flammen sucht (oder sehen wir hier das Zelluloid selbst wegen Überhitzung verbrennen?),


    dann Fantasiegebilde bei ihrer Entstehung - und das (Wunsch-)Bild, jeden Gedanken beim Werden festhalten zu können. Die fantastischen Lebewesen verbinden sich assoziativ mit der Lammwolle zu realen Flöhen, die sich wiederum an das aus der griechischen Mythologie stammende Goldene Vlies klammern – an das berühmteste aller Schaffelle also. Nach diesem irrlichternden Hinundherflackern zwischen Fantasie und Realitätsähnlichem münden Text und Melodie der Carpet Crawlers in den weich dahinrollenden Rhythmus der „regulären“ Strophen.


    Wärme ist in diesem Stück übrigens ein dominierender Eindruck: Nicht nur wird sie zweimal ausdrücklich erwähnt („Die Wolle ist weich und warm und gibt eine Art Hitze ab“), wir hören auch von „Flammen“ und die Farbwelt bewegt sich zunehmend in Tönen, die mit hohen Temperaturen assoziiert sind: Gold, Rot und Ocker, später dazu noch das Sonnenlicht.


    The crawlers cover the floor in the red ochre corridor
    For my second sight of people, they've more lifeblood than before
    They're moving in time to a heavy wooden door
    Where the needle's eye is winking, closing on the poor
    the carpet crawlers heed their callers
    "We've got to get in to get out
    We've got to get in to get out
    We've got to get in to get out"


    Eingangs der zweiten Strophe rücken Menschen ins Blickfeld – aber sind es Menschen, oder sind es die „imaginary creatures“ der Überleitung? Ausweislich der Geschichte, die Peter Gabriel dem Album The Lamb Lies Down On Broadway beigefügt hat, sind es Menschen wie die aus der Großen Parade Lebloser Verpackung. Auf jener Produktionsstraße wurden die Menschen vorbereitet für ihre Existenz; was hat es dann mit diesen hier auf sich? Haben wir hier den Ausschuß vor Augen oder Flüchtlinge wie die Unangepassten aus Huxleys Schöner Neuen Welt? Oder dürfen wir hier buddhistisches Gedankengut vermuten und diese Menschen als aus dem Kreislauf der Wiedergeburten Erlöste auf dem Weg ins Nirvana betrachten (während die Menschen der Großen Parade wieder ins Leben zurückkehren müssen) ? Farblich setzt sich bei ihnen jedenfalls das pointiert gesetzte Blutrot fort (metrisch gesehen wäre „they’re more lively than before“ genauso passend.


    Warum krabbeln sie eigentlich? Hat der Flur eine solche Steigung, dass ihnen aufrechte Fortbewegung nicht möglich ist? Aber warum kann Rael sich dann offenbar normal bewegen?


    Besonders reizvoll das Spiel mit der Nadelöhrmetapher, denn die Krabbler streben ja offenkundig nach einer schwer passierbaren Stelle (einem Nadelöhr im metaphorischen Sinne), das hier gleichzeitig ein schweres hölzernes Tor ist (und die biblische Metapher des Nadelöhrs beruht einer populären Auslegung auf einem engen Tordurchlass in Jerusalem). Ist die Körperhaltung der Krabbler möglicherweise eine Art Unterwerfungsgeste, eine Proskynese, mit der, welche Macht auch immer Durchgang gewährt, gnädig gestimmt werden soll? Nicht undenkbar, aber doch wohl eher unwahrscheinlich.
    Spielerisch wird das biblische Bild jedoch wieder aufgegriffen, wenn es heißt, dass sich das Nadelöhr vor den Armen verschließt und ihnen (statt wie in der Bibel den Reichen) den Durchgang verwehrt.


    Damit geht das Stück zum Refrain über: Die Teppichkrabbler, heißt es dort sehr verkürzt, beachten die Rufer, d.h. sie beherzigen, was ihnen - ja, wer? - zuruft: "Man muß hinein, um hinauszugelangen" oder auch "Man muß mitmachen, um aussteigen zu können". Das wachsweiche Verb "to get" erlaubt hier so viele Deutungsrichtungen, dass sich nichts festlegen läßt.


    There's only one direction in the faces that I see
    It's upward to the ceiling, where the chamber's said to be
    Like the forest fight for sunlight, that takes root in every tree
    They are pulled up by the magnet, believing they're free
    The carpet crawlers heed their callers
    "We've got to get in to get out
    We've got to get in to get out
    We've got to get in to get out."


    Die nächste Strophe enthüllt allerdings, dass zumindest eine wörtliche Auslegung haltbar ist, denn die Krabbler streben alle zu einer Kammer - oder dem Ort, wo sich eine Kammer befinden soll. Rael fällt dabei auf, dass die Kammer eine Anziehungskraft auf die Krabbler ausübt; obschon sie es glauben, bewegen sie sich nicht aus freien Stücken dorthin.


    Mild-mannered supermen are held in kryptonite
    And the wise and foolish virgins giggle with their bodies glowing bright
    Through the door a harvest feast is lit by candle light
    It's the bottom of the staircase that spirals out of sight


    Symbolisch für diese Schwächung wird Superman (kurioserweise im Plural, vielleicht um alle Krabbler zu bezeichnen) genannt, der in der Nähe des fiktiven Stoffes Kryptonit seine Kräfte verliert; die klugen und törichten Jungfrauen sind Mt 25, 1-13 entnommen und hier in ihrer Albernheit vereint.Sie führen assoziativ das (Ernte)Fest ein, denn im Gleichnis warten sie auf den Bräutigam und ein Festmahl. Die vorhin erwähnte schwere Tür ist aber noch nicht der Eingang in den Festsaal, sondern nur der Zugang zu einer Wendeltreppe, die (vielleicht) in diesen Saal führt.

    The porcelain mannikin with shatterd skin fears attack
    And the eager pack lift up their pitchers-they carry all they lack
    The liquid has congealed, which has seeped out through the crack
    And the tickler takes his stickleback


    Weitere Charaktere werden genannt, offenbar auch sie Krabbler auf dem Weg zur Tür: Das Mannequin mit porzellanzarter Haut (die witzigerweise aber schon ein paar Sprünge hat) fürchtet natürlich weitere Angriffe, die sie zerbrechen könnten; die Eifrigen tragen in ihren Krügen paradoxerweise alles, was ihnen fehlt - hier springen vielleicht noch einmal die Jungfrauen assoziativ ein: Die Töchter des Danaos mußten zur Strafe dafür, dass sie ihre Gatten in der Hochzeitsnacht ermordeten, mit durchlöcherten Krügen (pitchers) ein Bad zu füllen versuchen, um sich von der Tat reinzuwaschen.
    Hier ist allerdings die Flüssigkeit geliert, während sich die Assoziationskette noch zum Stichling (stickleback) fortsetzt....




    (13/15)

  • 11 Punkte

    Ein schöner, eingängiger Pop Song, wobei mir die 1999er Version noch besser gefällt als das Original. Für Musik und Melodie würde ich durchaus 13 Punkte vergeben. Der wirre unverständliche Text führt aber zur Abwertung. Auch wenn ich die Gedanken des Autors* interessant finde (der Kommentar von Martinus ist wie immer sehr hilfreich!), es bleibt wirres Zeuch. Und das mindert den Spass für mich ungemein. Zugegebenermassen bin ich auch kein Fan des Albums "The Lamb Lies Down on Broadway" (insbesondere wegen der wirren Texte).


    * Alle Band-Mitglieder werden ja gleichberechtigt als Texter und Komponisten gelistet. Gehe ich recht in der Annahme dass der Text aber hauptsächlich von PG stammt?

    • Offizieller Beitrag

    * Alle Band-Mitglieder werden ja gleichberechtigt als Texter und Komponisten gelistet. Gehe ich recht in der Annahme dass der Text aber hauptsächlich von PG stammt?


    Nicht nur der Text, sondern auch die Melodie (Quelle: Spencer Brights PG-Biographie)