[Blockierte Grafik: http://www.hazdating.de/bilder/space.gif][Blockierte Grafik: http://www.hazdating.de/bilder/haz_logo_fraktur_klein.gif] Hannover Genesis verzaubert die Städter [Blockierte Grafik: http://www.hazdating.de/bilder/space.gif][Blockierte Grafik: http://www.hazdating.de/db_media/sy027588411.jpg]
Für 48.000 Fans spielten sich Phil Collins (Bild), Tony Banks und Mike Rutherford am Wochenende in der AWD-Arena durch 30 Jahre Bandgeschichte - und bescherten ihnen schöne und sentimentale Momente.
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Wie es manchmal so ist: Erst passiert gar nichts. Und dann kommt alles auf einmal. Die Band, der Regen, die Jacke. Kurz nach acht, AWD-Arena. Genesis betritt die opulente Bühne vor der Nordkurve, und plötzlich gießt es wie aus Eimern. Im Innenraum kramen alle Regenzeug raus, doch das bemerkenswerteste Kleidungsstück hat der Sänger: Phil Collins erscheint im 96-Retro-Jäckchen. Da freuen sich nicht nur die Verantwortlichen des stadtgrößten Profisportvereins in der VIP-Loge. Es ist eine kleine Einlage, aber eine große Geste. Als der „Scheißregen” (Collins) dann nach einer Viertelstunde aufhört, ist das wieder flott gemachte Kunstrockraumschiff Genesis längst angekommen. Hier und jetzt in der Arena, und auch wieder im Kreise der wenigen Bands, die ein Stadion überhaupt noch zu füllen vermögen. Dafür sagen 48.000 Fans schon mal Danke. Und nun wird gearbeitet.
Es gibt schließlich viel zu erzählen. Aus mehr als drei Jahrzehnten, in denen sich die britische Band durch völlig unterschiedliche Fanschichten gewühlt hat. Alle sind gekommen, und alle wollen bedient werden. Die, die Gabriel am liebsten dabei gehabt hätten (was der ursprüngliche Plan der Tournee war). Die, die Collins für einen guten Gabriel-Vertreter und Lieder unter zehn Minuten Länge für akzeptabel halten. Und die, die Genesis als Popband kennengelernt haben. Sie werden zuerst bedient: „No Son of mine” und „Land of Confusion” walzen durch die Arena. „Neue Songs”, sagen die ganz alten Fans, meinen das durchaus ein wenig despektierlich und wissen natürlich, dass es neue Songs von Genesis gar nicht gibt.
Auf ihren ersten großen Moment brauchen sie nicht lange zu warten. Eine Viertelstunde lang taucht Genesis in das Genre ab, aus dem sie stammen: Die Zusammenstellung aus „In the Cage”, „The Cinema Show” und „Duke’s Travels” sowie das anschließende „Afterglow” sind nichts für die feierwillige Stadionmasse. Solche Konzertteile lassen erahnen, wie das damals war, als Rockalben uns noch komplexe Geschichten erzählten, in denen der Hörer verschwand und erst wieder hervorkam, wenn die Plattennadel absetzte.
Mike Rutherford, der optisch noch am ehesten an diese Zeit erinnert, holt stilecht die doppelhälsige Angebergitarre raus, Tourgitarrist Daryl Stuermer lässt ein mehrminütiges, elegisches Solo in den aufgeklarten Nachthimmel aufsteigen, Phil Collins sitzt – wie oft an diesem Abend – hinter dem zweiten Schlagzeug. Und im Publikum ist die Zeit für die Armeverschränker und die Kopfnicker gekommen. Solche Songstrecken sind für sie ein musikalischer Trimmdich-Pfad. Jeden Tempowechsel und jedes gurgelnde Keyboardarpeggio von Tony Banks können sie locker mitgehen.
Wer dem nicht folgen kann oder will, nimmt sich Zeit, das Handy rauszuholen, eine SMS zu tippen oder ein bisschen die opulente, geschwungene Bühne zu fotografieren. So viel Aufmerksamkeit, wie solche anspruchsvollen Stücke brauchen, kann ein 48.000-Menschen-Auditorium nicht leisten. So etwas braucht kleine Säle. Die Genesis-Coverband „The Musical Box” feiert mit perfekten Konzeptshows seit Jahren große Erfolge. Man ahnt in diesen Momenten auch im Stadion, warum sich die Originale auch von der Beliebtheit ihrer eigenen Kopisten haben inspirieren lassen. Besonders diese musikalischen Ungetüme scheinen ihnen Spaß zu machen.
Dass der Abend nicht in Musikermusik erstarrt, sondern doch eine Spaßveranstaltung ist, liegt vor allem an Phil Collins. Während seine Mitstreiter Tony Banks und Mike Rutherford stoisch vor sich hinspielen, und den ganzen Abend kein Sätzchen von ihnen zu hören ist, macht Collins zwischen den Songs den Clown. Liest ein paar deutsche Sätze von großen Zetteln vor, überbrückt mit dem Publikum und seiner kleinen Digitalkamera charmant ein paar technische Reparaturarbeiten an Banks‘ und Rutherfords Equipment und dirigiert die Masse spielend bis in die letzte Reihe. Nein, er allein ist nicht Genesis, aber man fragt sich an diesem Abend doch, wie sich die anderen beiden das damals vorgestellt haben mit dem netten, aber blassen Ray Wilson als Collins-Ersatz. Das Drumduett mit Schlagzeuger Chester Thompson gehört zu den Höhepunkten des Abends: Zunächst bearbeiten die beiden zwei Hocker und arbeiten sich dann langsam zu ihren Schlagzeugen vor.
Schließlich kommen auch die Freunde der Popband Genesis zu ihrem Recht. Über das wuchtige „Mama” und das schleichende „Throwing it all away” tastet sich Collins langsam in die Formatradiosuperhitphase vor: Bei „Tonight, Tonight, Tonight”, „Invisible Touch” (inklusive dem obligatorischen Feuerwerk) und „I can’t dance” stehen nicht nur die im Inennraum. Und als das wunderschöne „Carpet Crawlers” schließlich durch das feuerzeugbeleuchtete Stadion schleicht, ist es richtig großes Kino. Es ist ein bisschen wie früher, und wer sentimental werden will, soll mal ruhig. Da kommt wie am Anfang wieder alles auf einmal. Nur dass es diesmal ein innerlicher, warmer Regen ist. Dieses Gefühl zu erzeugen, ist eben die Kunst der Großillusionisten.
Uwe Janssen
Veröffentlicht 24.06.2007 16:40 Uhr Zuletzt aktualisiert 25.06.2007 13:16 Uhr [Blockierte Grafik: http://www.hazdating.de/bilder/space.gif]
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