PHIL COLLINS: Not Dead Yet Live! - 11.06.2017 KÖLN

Zitat von Bill Collins

@ UK76: wie war Dein Eindruck vom Konzert?

Wenn ich schon so nett gefragt werden, dann möchte ich auch ausführlich antworten. Wenn auch mit fast einem Tag Verzögerung.

Vorweg: Ich habe mir hier wenige Berichte durchgelesen. Verzeiht daher, wenn ich bereits gesagtes wiederhole.

Die Show und die Atmosphäre waren richtig klasse. Ich war bis zuletzt etwas skeptisch, wie es werden würde. Aber ich hatte es in meinem Tourausblick ja bereits geschrieben, dass ich mir sicher bin, dass Phil gewohnte Qualität abliefern wird. Und das hat er getan. Mehr noch. Er hat gegenüber 2004/05 eine nicht so auf Hochglanz polierte Hit-Show geboten und ist an einigen Stellen mehr Risiko gegangen. Die Show bot für alle etwas. Die Hardcore-Fans becamen You Know What I Mean, Can't Turn Back The Years und Wake Up Call und die Gelegenheitsfans die Hits, die sie kennen und erwarten. Insgesamt ein toller Spannungsbogen ohne Längen und selbst die Pipi-Pause paßte.

Phil wirkte im Rahmen seiner momentanen Verfassung sehr gut aufgelegt, machte Späßchen wie eh und je und war stimmlich über die meiste Zeit wirklich stark. Von seiner Verletzung sah man über dem linken Auge nur ein großes Pflaster. Ansonsten hat man ihm nichts angemerkt. Phil ist natürlich echt alt geworden und hat gesundheitlich durch Alkohol und diverse Erkrankungen mehrere Schüsse vor den Bug bekommen. Aber er kann es noch! Das hat er gestern abend deutlich und würdevoll unter Beweis gestellt!

Die Band ist brilliant wie immer. Die beiden neuen Bläser fügen sich nahtlos ein. Die Rückkehr von Bridgette Bryant ist eine kleine Reminiszenz an die Serious Tour. Und dann ist da dieser gutaussehende, lausbübische aber insgesamt sehr zurückhaltend wirkende Teenager, der die größtmögliche Lücke in der Band füllt. Und das auf eine Art und Weise, die einem nicht nur Respekt abverlangt sondern schon fast Angst machen muss, wenn man an sein Alter denkt. Ich glaube gestern Abend hat niemand Chester Thompson vermisst. Phil an den Drums ist unersetzlich. Aber, dass da gestern ein gerademal 16-Jähriger eine solch schweren und verantwortungsvollen Job ausführt, als hätte er nie was anderes gemacht, ist ganz großes Kino!

Und nun noch etwas Futter für die Nörgler...

Natürlich findet jeder, der nur intensiv genug sucht und so etwas von vornherein erwartet und mindestens ein Haar in der Suppe. Aber welche gab es gestern Abend denn? Das möchte ich aus meiner Sicht mal versuchen zu beantworten:

- ITAT war ok. Das neue, etwas moderner und frischer wirkende Intro gefällt mir. Aber insgesamt hatte es für mich nicht den Reiz früherer Tage. Das liegt nicht allein daran, dass Phil nicht mehr das Drumfill spielt. Ich kann es nicht konkret erklären. Es ist einfach mein Gefühl. Dazu kam, dass gestern technisch bei ITAT nicht alles rundlief. Es gab große Probleme mit den Keyboards und die Drum Machine lief nach dem Schlußakkord noch ein paar Takte alleine weiter. Klang irgendwie lustig, war aber nicht beabsichtigt. Ich konnte nach der Show kurz mit Sound Engineer Michel Colin sprechen, der mir diese Probleme und seine hektische Arbeit, diese zu beheben schilderte.
- Sussudio wirkte von Phil tatsächlich gesanglich irgendwie eigenartig. Ob er nun "zu langsam" singt oder was genau es ist, kann ich nicht sagen. Aber auf dieses Stück hätte ich verzichten können. 15.000 andere in der Halle vermutlich nicht. Hier wirkte auch Phil im Sitzen am eigenartigsten. Bei den anderen vor allem schnelleren Songs, fiel das für mich gar nicht so ins Gewicht. Phil stand auf der Bühne früher, wenn man die DITL-Tour mal ausklammert, auch die meiste Zeit über an seinem Mikrophonständer. Und nun sitzt er eben. Gestört hat mich das nicht. Bei Easy Lover hat das sogar eine gewisse Komik, die vermutlich sogar nicht ganz unbeabsichtigt ist.
- Take Me Home war für mich (leider!!!) der Schwachpunkt der Show. Ich kann auch hier nicht genau festmachen, was sie geändert haben. Aber es hat für mich nicht mehr das Feeling, das es bis 2004/05 in seiner selbst mit Phil an den Bongos eher klassischen und Album-angelehnten Version hatte. Schade!
- Phils Abgang. Das war schon kurios. Am Ende von Take Me Home ist Phil praktisch der erste, der mit seinem Stock langsam zum rechten Bühnenausgang geht. Kein längeres Winken, kein Blick zurück. Er geht einfach. Ob das dramaturgisch durchdacht und so beachsichtigt ist, weiß ich nicht. Wenn ja, frage ich mich schon, was das aussagen soll. Es passt so gar nicht zu Phils starkem Auftritt ganz zu Beginn als er bei noch heruntergelassenem Vorhang langsam am Stock auf die Bühne kommt und zu seinem Stuhl geht. Standing Ovations. Kein Mitleid sondern sehnsüchtige Freude, dass er wieder da ist! Schade, dass man da nicht beim Abgang eine etwas würdigere Lösung gefunden hat.

ABER: alles andere fand ich solide bis sehr gut. Meine Highlights waren definitiv die lange nicht mehr gespielten Songs und Wake Up Call. Phil ist irgendwie immer am besten, wenn er das spielt, was er selbst am meisten mag. Ganz wunderbar finde ich auch die erste Zugabe If You Love Me. Das ist noch schöner als Always, fällt aber in genau diese Kategorie. Gänsehaut!

Das Publikum war sehr positiv gestimmt und empfing Phil & Co. mit offenen Armen. Es war still, wenn es paßte und während der Uptempo-Stücke, also u. a. praktisch im gesamte letzten Drittel des Konzerts wurde gestanden.

Zum Schluss noch ein paar logistische Tipps (für die, die heute gehen, ist es leider zu spät - aber dann eben für alle anderen):
- Parken: ich kann das Köln Arcaden-Parkhaus sehr empfehlen. Tagesticket für 2,50 EUR. 24 Stunden geöffnet und selbst bei Arenakonzerten aus unerfindlichen Gründen wenig frequentiert. Reibungslose Abfahrt, kaum Warteschlangen am Kassenautomaten und nur 900 m bzw. knappe 10 Minuten zu Fuß von der Arena weg.
- Taschenkontrollen: waren anfangs wohl schon relativ genau. Die Schlangen am Einlass waren sehr lang. Nachher hat sich das etwas in Wohlgefallen aufgelöst. Intensive Kontrollen sind ohne übermäßiges Personal in der Kürze der Zeit bei 15.000 Zuschauern einfach nicht darstellbar.
- Einlass: Egal, was auf dem Ticket für ein Eingang steht, man kann überall reingehen!
- Fotokameras, Handys: Ich habe gestern fast nicht gefilmt oder fotografiert. Dafür waren wir einfach zu weit weg von der Bühne. Insgesamt fand ich die Handynutzung für heutige Verhältnisse normal. Richtig gestört hat mich das nicht. Hätte ich schlimmer erwartet. Mit fortschreitender Dauer der Show beruhigt sich das aber auch etwas.

So und nun freue ich mich sehr auf meinen Teil 2 am Freitag!

WDR Lokalzeit Köln zum gestrigen Konzert:

http://www1.wdr.de/mediathek/v…collins-in-koeln-100.html