STEVE HACKETT Beyond the Shrouded Horizon - Neues Album 2011

  • Hab die CD heute gekauft und habe zwar erst flüchtig reingehört, aber bin mir sicher dass dieses Werk viele Stunden in meinem CD-Player verbringen wird! Wieder mal eine Scheibe, mit der man sich beschäftigen kann... Und das, obwohl ich Hackett als Solokünstler relativ spät "entdeckt" habe.

    Im November kommt er in die Schweiz und dann kann ich mich auch Live überzeugen lassen. Weiss jemand, was er für eine Band dabei hat? Und spielt er evtl. auch Genesis-Stücke?

    No cloud, a sleepy calm
    Sunbaked earth that's cooled by gentle breeze
    And trees with rustling leaves
    Only endless days without a care
    Nothing must be done

  • Habe mir das Album am Donnerstag vor Veröffentlichungsfreitag schon gönnen können. Aufgrund des, meiner Meinung nach, sehr guten Out Of The Tunnels Mouth, waren meine Erwartungen entsprechend hoch.

    To Watch The Storms fand ich großartig und Wild Orchids auf jeden Fall gelungen. Mit OOTTM war dann wieder eine Steigerung drin und nun Beyond The Shrouded Horizon !!!

    Steve ist bestimmt kein begnadeter Sänger aber er nutzt seine Möglichkeiten gut und ich mag seine Stimme auch. Auf einzelne Songs mag ich gar nicht eingehen und das sieht Steve wohl auch so, sonst hätte er nicht so viele Titel miteinander verbunden. Ich finde das Album abwechslungsreich und homogen zugleich.

    Außerdem erinnert es mich doch auch recht stark an seine frühen Alben. Obwohl ich gerade die Dark Side Immersion Box rauf und runter höre, findet BTSH immer wieder zwischendrin seinen Weg in meinem Player oder Gehör auf meinem iPod.

    Von allen Genesis Solosachen finde ich seine definitiv am spannendsten und zum Glück sieht es so aus, als würde er noch etliche Jahre weitermachen. Meine Unterstützung hat er. Nachdem ich alle seine Alben habe, fehlt mir nur noch ein Konzert mit ihm, das wär’s !!!

  • Im November kommt er in die Schweiz und dann kann ich mich auch Live überzeugen lassen. Weiss jemand, was er für eine Band dabei hat? Und spielt er evtl. auch Genesis-Stücke?


    Er wird ganz sicher Genesis-Stücke spielen. Hier die Infos zur letzten Live-CD (Nick Beggs wird, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, nicht dabei sein):


    Steve Hackett Live Rails - Track List


    Disk One
    * INTRO
    * EVERY DAY
    * FIRE ON THE MOON
    * EMERALD AND ASH
    * GHOST IN THE GLASS
    * ACE OF WANDS
    * POLLUTION C
    * THE STEPPES
    * SLOGANS
    * SERPENTINE
    * TUBEHEAD



    Disk 2
    * SPECTRAL MORNINGS
    * FIRTH OF FIFTH
    * BLOOD ON THE ROOFTOPS
    * FLY ON A WINDSHIELD
    * BROADWAY MELODY OF 1974
    * SLEEPERS
    * STILL WATERS
    * LOS ENDOS
    * CLOCKS


    Recorded live between Paris, London & New York 2009/2010


    Steve Hackett - Guitars, Vocals
    Roger King - Keyboards
    Amanda Lehmann - Guitar, Vocals
    Gary O'Toole - Drums, Percussion, Vocals
    Nick Beggs - Bass, Chapman Stick, Taurus Pedals, Vocals
    Rob Townsend - Sax, Woodwind, Percussion, Vocals

    2 Mal editiert, zuletzt von little nick ()

  • Erst im Februar 2012, während der UK Tour, ist Nick Beggs nicht mehr dabei.
    Dann wird ihn Lee Pomeroy (live bisher u.a. bei z.B. Take That, Rick Wakeman oder It Bites) ersetzen.


    :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Hierophant ()

  • Ich habe mich jetzt etwas ausführlicher mit dem Album beschäftigt und muss sagen: Es macht Spaß! Sehr viel Musik zum Eintauchen und Durchdringen, interessante musikalische Selbst- und Fremdzitate, Querverweise und Aha-Erlebnisse. Komplex, proggig und vielfältig, aber auch eingängig und einfach. Daneben versteht es Hackett einfach meisterhaft, mit seiner Musik Stimmungen und Bilder im Kopf zu erzeugen. Betrachtet man die letzten 10 Jahre seines Schaffens, so erinnert das neue Album vielleicht am ehesten an TO WATCH THE STORMS, weil es diesem qualitativ ebenbürtig und genauso vielseitig ist. Aus meiner Sicht hat BEYOND THE SHROUDED HORIZON gegenüber WILD ORCHIDS die besseren Songs und im Vergleich zu OUT OF THE TUNNEL`S MOUTH die bessere Produktion, eine klare Steigerung also.
    Trotzdem ist es sicher auch kein „Über-Album“ geworden. Es beginn grandios und hat ein fulminantes Finale. Der Ehrlichkeit halber muss man aber auch sagen, dass es in der Mitte ein paar Durchhänger gibt. Diese mindern den positiven Gesamteindrück jedoch nur geringfügig.
    Insgesamt gebe ich dem Album momentan 12 Punkte. Nicht sehr gut, aber ein sattes „gut“.
    Mit Blick auf das musikalische Genesis-Jahr ist es für mich damit noch etwas besser als Wilsons UNFULFILLMENT und Rutherfords ROAD – beides auch keine schlechten Alben - , weil Hackett kompromissloser ist und den Hörer musikalisch einfach mehr fordert.


    So nun der Reihe nach:


    LOCH LOMOND/THE PHOENIX FLOWN: Was für ein toller Start in ein Album! Zuerst ein paar stimmungsvolle Akkorde, dann ein mächtig rockender Instrumentalpart, der in den dezent akustisch arrangierten Strophen einen ausgezeichneten Kontrast findet. Hackett wechselt gekonnt zwischen den Tonarten, spielt mit der Dynamik, fügt hier und da ein paar neue Klangfarben (z.B. Dudelsäcke) ein. Toller mehrstimmiger Gesang von Steve und Amanda. Als alles vorbei zu sein scheint, steigt dann zum Schluss auch noch musikalisch der Phönix aus der Asche – kraftvoll und wunderbar melodisch. Und wer immer noch meint, die programmierten Drums auf OUT OF THE TUNNEL`S MOUTH seien gut gewesen, vergleiche sie bitte einmal mit den Drum-Fills in diesem Instrumental. Schon hier ist klar: Die Anwesenheit echter Drummer ist für das neue Album ein echter Gewinn!


    WANDERLUST: Eine kleine, aber feine Überleitung zum nächsten Stück.


    TIL THESE EYES: Vielleicht der schönste Song des Albums. Ein wunderbarer romantisch-melancholischer Moment. Ein toller Text über die Vergänglichkeit aus einem Blickwinkel der inneren Ruhe und Gelassenheit. Aber nicht nur das, was Hackett hier singt, ist beachtlich, sondern vor allem, WIE er es singt. Für mich eine der besten gesanglichen Leistungen Hacketts überhaupt – was im übrigen für das ganze Album gilt. Hier hört man – endlich – einmal die unverfälschte, nicht auf Hochglanz polierte, nicht durch Vocoder, Hall, Gepitche oder sonstige Effekte entstellte Hackett-Stimme. Das sollte er in Zukunft öfter so machen! Irgendwie ist dieser Song vielleicht auch eine Art aktueller Lebensbilanz. Hackett ist zufrieden und mit sich – und seiner Stimme - im Reinen. Und so endet die letzte Silbe des Textes („love“) auf dem Dur-Akkord schlechthin (C-Dur).


    PRAIRIE ANGEL/A PLACE CALLED FREEDOM: Wieder zwei Songs, die aber eine musikalische Einheit bilden. Als ich das Stück gestern hörte, während ich auf der Autobahn dem Sonnenuntergang entgegen fuhr, wurde mir wieder einmal bewusst, wie hervorragend Hackett Stimmungen und Bilder in Musik übersetzen kann. Die erste Gitarrenmelodie ist so einfach und gleichzeitig hymnisch, dass einen Motive wie Sehnsucht, Fernweh, Natur und weites Land förmlich anspringen. Anschließend kommt ein sehr bluesiger Jam, bevor dann mit A PLACE CALLED FREEDOM der eigentliche Song beginnt. Interessant ist, wie Hackett die Verbindungen zwischen beiden Teilen gestaltet. PRAIRIE ANGEL basiert auf drei Dur-Akkorden (G-C-F-G), die Strophe von A PLACE CALLED FREEDOM benutzt die gleichen Akkordverbindungen (A-D-G-A), allerdings eine große Sekunde höher. Der Tonartwechsel selbst geschieht während des Jam-Abschnitts. Um die Verbindung zwischen beiden Stücken noch offensichtlicher zu machen, taucht dann die ursprüngliche Gitarrenmelodie auch noch einmal auf. Alles in allem kompositorisch durchdacht und reizvoll.


    BETWEEN THE SUNSET AND THE COCONUT PALMS: In der Mitte des Albums schaltet Hackett einen Gang zurück. Dieser Song hat etwas Feierliches und fast schon Pastorales. Die Verfremdung der Stimme gehört zu den Hackett-Trademarks, die man schon von anderen Alben kennt, aber auch nicht unbedingt haben muss. Die Streicher-Sequenz am Ende ist gelungen.


    Ja, und nun kommen wir zu den Stücken, die gegenüber dem Rest des Albums doch etwas abfallen...


    WAKING TO LIFE: Meine Schwierigkeiten mit diesem Stück haben verschiedene Ursachen. Zum einen fehlt es mir hier an Authentizität. Der „Weltmusiker“ Hackett kann mich einfach nicht so recht überzeugen. Da nützen auch die sicher sehr hochwertigen Percussion-Loops von Roger King nichts. Vielleicht fehlt Hackett das, was einen Musiker wie Gabriel auf diesem Gebiet auszeichnete: echte Percussion, Zusammenarbeit mit Musikern aus den betreffenden Ländern etc.
    Zum anderen weiß ich nicht, ob es eine so gute Entscheidung war, seiner Schwägerin den Leadgesang auf diesem Stück zu übetragen. Dadurch unterbricht dieser Song ein Stück weit den „Fluss“ des Albums. Außerdem muss ich gestehen, dass ich die gesangliche Leistung von Frau Lehmann leider auch nicht überragend finde – da fehlt es stimmlich an etwas, das besonders bzw. prägnant ist. Klar, sie trifft die Töne, aber im Gegensatz zu Hackett (dem technisch wahrscheinlich sogar schlechteren Sänger) berührt mich ihr Gesang nicht.


    TWO FACES OF CAIRO: Auch dieses Instrumental bringt mir nicht viel, es plätschert ein wenig vor sich hin. Hier und da ein paar nette Soundspielereien und exotisch klingende Melodien. Im Kontext des Albums durchaus nicht störend, aber eben nicht auf dem Niveau vieler anderer Stücke.
    Da kann auch die Sphinx nicht viel retten...


    LOOKING FOR FANTASY: Eine weitere Ballade, aber im Vergleich zu TIL THESE EYES doch deutlich schwächer. Hackett singt hier bemerkenswert tief, was nicht unbedingt die Stärke seiner Stimme ist. Die Strophen klingen schön, aber der Refrain ist im Vergleich dazu platt und langweilig. Hackett schreibt, dass er einen Traum hatte, in dem Jimi Hendrix (!) auf einem Konzert diese Melodie gesungen habe... Ich bin kein Psychologe, aber entweder war das ein Alptraum, oder Hackett hat am Abend vorher ordentlich einen gebechert...
    Und trotz aller Schwächen: Der Zwischenteil mit der Nylon-Gitarre ist in diesem Song richtig toll.


    Die „etwas mittelmäßige Mitte“ des Album ist damit überwunden, und wir nähern uns dem fulminanten Finale.


    SUMMER`S BREATH: Und noch einmal eine kleine Überleitung mit der klassischen Gitarre...
    Um es einmal zu sagen: Diese „klassischen“ Solostücke von Hackett (auf diesem wie auch auf anderen Alben) sind allesamt schön und auch gut gespielt. Betrachtet man aber HORIZONS als (15 Punkte)-Referenz ist auch klar, dass sie diesem nicht das Wasser reichen können.


    CATWALK: Wir kommen zu Teil 1 des Finales. Nach allen bisherigen sehr tiefgründigen und vielschichtigen musikalischen Momenten hebt sich dieser Bluesrock durch seine Direktheit und Schlichtheit von allem anderen auf dem Album ab. Da passiert harmonisch und klanglich nicht viel. Dafür groovt die Nummer unglaublich locker und haut einem eine ordentliche Portion dreckigen Rock um die Ohren. Ja, ich muss gestehen, ich finde es geil, wenn Hackett so losrockt! Das sollte er viel häufiger machen! Simon Phillips (drums) und Chris Squire (bass) bilden die ideale rhythmische Ergänzung bei dieser Aufnahme, die fast Session-Feeling hat. Die Instrumente klingen gut, und dass hier Keyboards und andere Sounds völlig fehlen, ist überhaupt kein Mangel – nein, es gibt dem Song den nötigen Raum zum Durchatmen.


    Den braucht man auch, denn nun kommt das eigentliche Finale.


    TURN THIS ISLAND EARTH: Es ist schwer eine treffende Bezeichnung für diesen „Song“ zu finden. Sicher, mit fast 12 Minuten Spieldauer gehört das in die Kategorie Longtrack. Aber darüber hinaus? Eine musikalische Collage, ein Soundtrack, ein „Album im Album“? Auf jeden Fall eine absolute Spielwiese für Soundguru Roger King.
    Man kann dieses Stück sicherlich überladen oder anstrengend finden, aber dennoch scheint hier nichts beliebig. Angefangen vom ersten Kontrabassmotiv (A-C-Es-F-D) mit dem das Stück beginnt und das auch am Ende (10:37) wieder auftaucht, womit sich ein Kreis schließt. Aus dem Nichts schälen sich ein paar Akkorde heraus, die Basis für die nun folgenden Strophen. Die starke Verfremdung von Hacketts Gesangsstimme passt hier hervorragend zum textlichen Rahmenkonzept (Space/Alien). Der wunderbar rockige Part (ab 4:01) bei dem Simon Phillips so richtig loslegt – hier wird fast 1:1 der Jam-Teil aus PRAIRIE ANGEL zitiert. Was will uns Hackett damit sagen? Betrachtet er das Weltall als eine Fortsetzung irdischer Landschaften? Ist die Milchstraße nicht auch eine Prärie? Kurz vor der 7-Minuten-Marke scheint die „Space Odyssee“ zuende zu sein. Ein Fadeout verschluckt alle Geräusche. Doch erneut drängt eine Melodie aus dem Nichts nach oben. Jetzt befinden wir uns plötzlich im Walzertakt. Nun kommt der „Pink-Floyd-Teil“ (Fans der Gruppe mögen mir diese Analogie verzeihen), aber ab 7:48 klingt Hacketts Stimme für mich phasenweise nach der von David Gilmour – keine Ahnung warum. Und dann ist da noch diese Melodie (glockenspielähnlicher Sound ab 9:15), die mir so bekannt vorkommt, ich aber leider noch nicht identifizieren konnte. Kennt die jemand? Kurz vor dem Ende dann eine Art finale Explosion – oder doch ein Urknall? (10:14). Vergehen und Entstehen, nie lagen sie so eng beieinander...
    Letztlich kann man die Intensität dieses Stückes Musik schlecht in Worte fassen. Man muss es hören! Es ist nicht gefällig, aber auf eine verstörende Art faszinierend. Die orchestralen Arrangements sind stellenweise absolut abgefahren, und die Grenzen zwischen Komposition und Klangmalerei verschwimmen.
    Insgesamt ein äußerst gelungener Abschluss für ein gutes Album!

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Greensleeves.


    (jetzt sind's über 15 Zeichen)


    :)
    Jawoll, das ist es! Danke!

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Vielen Dank für die sehr ausführliche und leidenschaftliche Besprechung, Mutzelkönig :topp:. Ich kann die Post aus England kaum noch erwarten.

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

  • Tolle Besprechung! Ich schließ mich dem Dank der anderen an. Wahrscheinlich wird heute meine CD eintreffen. Ich bin schon ganz ungeduldig.

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")