Erdbeben in Japan


  • Natürlich werden diese Behälter so sicher wie möglich sein, sonst könnte man ja auch die Polizisten der Strahlung nicht aussetzen.


    Ich habe jetzt nicht noch mal nachgeforscht, aber ich glaube mich erinnern zu können, dass es da mal Proteste von Polizeiseiten her gab, als bekannt wurde, dass die Polizisten ein stark erhöhte Strahlung abbekommen - Jahresdosis oder so, vielleicht weiß jemand da genaueres... Natürlich sind sie so sicher, dass niemand sofort die Strahlenkrankheit bekommt, aber ein Teil der Strahlung tritt logischerweise aus. Wobei ich mich schon gefragt habe, warum hier gar nicht über die Lagerung diskutiert wird - selbst als Atomkraftgegner gebe ich zu, dass die deutschen Kernkraftwerke - vergleichsweise - sicher sind. Aber abgesehen von verrostenden Fässern in der Asse, zu denen die Akten nach gesetzlichen 25 Jahren (bei jahrtausendelanger Strahlkraft) weggeworfen wurden, ist ja in Deutschland nichts im Salzstock, sondern steht unter freiem Himmel herum, u.a. an der Ostsee, wo Sturmfluten zwar vielleicht nicht häufig, aber zumindest möglich sind. Und um mal zum Thema zurückzukommen - wie ist denn der Müll in Japan gelagert? Gibt es da irgendwo eine Stelle, die sicher genug ist? Dass selbst unter den katastrophalen Umständen andere Reaktoren standgehalten haben, muss man ja zugutehalten - die Technik hat zwar am Ende versagt, aber immerhin lange ausgehalten - aber was passiert mit den Lagerungsstätten, die von einem Beben noch viel leichter beschädigt werden können?


    Und auch wenn einige hier Recht haben, dass man die deutsche Kernkraft-Diskussion vielleicht in einen anderen Thread verlagern sollte, finde ich Aussagen wie "jetzt sollten uns die Japaner Leid tun und wir keine unangenehmen Fragen zur Kernkrafttechnik stellen" doch ein bisschen scheinheilig, sorry! Die Lage hat sich nunmal wegen der Kernschmelze noch mal drastisch verschlimmert, und auch wenn zehntausend Erdbebentote erschütterlich sind, finde ich ggf. hunderttausende oder am Ende Millionen verstrahlte Japaner noch schlimmer! Insofern ist die Frage nach Sicherheit Teil es Ganzen, auch wenn es den Betroffenen nicht mehr hilft - aber hilft es ihnen mehr, nur zu schreiben, wie erschüttert wir sind? Wenn man so pragmatisch sein will, sollte man lieber hinfahren und helfen oder (wenn man religiös ist und glaubt, dass es hilft) zumindest beten...

    FolkProg bei www.favni.de oder fauns.bandcamp.com und favni.bandcamp.com

  • Gestern abend gab es im NDR eine Sendung mit dem Titel "Risiko Atomkraft":
    Zwei Filme zum Thema Atomenergie im NDR Fernsehen | NDR.de - Der NDR - Presse - pressemitteilungen


    In der NDR Mediathek habe ich die Doku noch nicht gefunden, dafür eine Sendung vom 23.2.2010 mit dem Titel "45Min. Die Atomlüge". Diese scheint im wesentlichen mit der gestrigen Sendung identisch zu sein (wurde gestern halt aufgrund der aktuellen Geschehnisse aktualisiert).


    Auf jeden Fall braucht man starke Nerven wenn man sich diese Dokumentation aus dem Alltag deutscher Atomkraftwerke (hier speziell Krümmel) anschaut. Mit welcher Ahnungslosigkeit und Ignoranz die Menschen in der Atomindustrie hier handeln das macht einen schon ziemlich fassungslos.


    Bei einem Dreh im Kernkraftwerk tritt z.B. ein tatsächlicher Störfall auf. Warnleuchten gehen an, ein durchdringender Signalton ertönt und die Mitarbeiter im Kontrollzentrum versammeln sich ratlos vor dem Kontrollpult. Einige wälzen dicke Handbücher, finden dort aber auch nichts. Ein Mitarbeiter äußert leise den Verdacht daß wohl ein Ventil defekt ist. Irgendwann geht der Warnton von alleine aus, die Mitarbeiter wirken erleichtert. Später erscheint die Warnung jedoch erneut. Und all das wird vom NDR gefilmt !!! Der Betreiber hat die Ausstrahlung dann auch untersagt, der NDR hat sich jedoch nicht daran gehalten. :)


    In einer anderen Szene wird ein Gutachter interviewt, der eine Häufung der Krebsrate auch abseits von Kraftwerken festgestellt haben will. Bei kritischem Nachfragen stellt sich jedoch heraus daß die Ursache ein technischer Defekt in einer Röntgenpraxis war. Da der Gutachter danach keine Fragen mehr beantworten wollte, verlässt er fluchtartig den Raum. Andere Dinge die noch entlarvt wurden sind z.B. die Einnebelung von Kraftwerken und Katastrophenpläne.


    Man kann wirklich nicht glauben daß es hier um Atomenergie geht wenn man sieht mit welcher Harmlosigkeit und Unwissenheit dort gearbeitet wird ! Ich glaube ja daß die besten (und teuersten) Leute der Atomindustrie in den Presseabteilungen und als Lobbyisten beschäftigt sind.


    Auf die Rolle der Politik will ich hier gar nicht mehr eingehen. Nur soviel: mit welcher Wendigkeit man jetzt eine 180 Grad Drehung vollzogen hat, und sich jetzt als Vorreiter im Kampf gegen Atomenergie darstellt, das ist nur peinlich. Aber natürlich immer noch besser als wenn man daran festhalten würde. Aber warten wir mal die Wahlen und das Ende des Moratoriums ab ...

    "Before Elvis, there were nothing ..."

    - John Lennon

  • Ich möchte hier in der Diskussion mal kurz inne halten (so wie die Schweigeminute heute im Bundestag) und speziell an die 50 Mitarbeiter im Kernkraftwerk Fukushima denken, die unter Einsatz ihres Lebens für das Schicksal ihres Landes kämpfen. Eine japanische Tageszeitung hat berichtet, daß die Mitarbeiter vor Todesangst zittern weil sie nicht wissen wie das "Ungeheuer" als nächstes reagiert. Ich glaube eindrucksvoller kann man die Lage im Kraftwerk nicht schildern. Und ein Experte sagte vorhin im Fernsehen, daß sie ihr Leben wohl mit Sicherheit verlieren werden.


    Auch große Teile der japanischen Bevölkerung sind bereits zutiefst traumatisiert. In einem Augenblick wirken sie im Gespräch noch ganz normal und gefasst, und plötzlich fangen sie an zu weinen und sind nicht mehr in der Lage weiterzureden. Und das trotz der japanischen Einstellung seine wahren Gefühle möglichst nicht zu zeigen und immer kontrolliert zu sein. Diese Fassade die durch die Erziehung bedingt ist, beginnt jetzt in ganz Japan zu brechen. Aussichtsloser kann eine Situation ja auch kaum sein.


    Dieses unglaubliche Leid, und die jetzt spürbare Angst der Japaner, machen einen noch betroffener als bereits all die Bilder von den schrecklichen Verwüstungen im Land.


    Wollte das hier einfach mal zum Ausdruck bringen, nach den hier sonst (auch von mir) eher rational geführten Diskussionen. Vielleicht schließt sich hier ja jemand an ... auch ohne hierauf zu antworten.

    "Before Elvis, there were nothing ..."

    - John Lennon

  • Spongebob: Dem schließe ich mich mal an. Welches Leid und Elend.
    Seltsamerweise rege ich mich kaum noch über die innenpolitischen Folgen auf, hoffe aber inständig dass einigen Menschen die Augen aufgehen. Ich habe die "Informationspolitik" der Regierungsparteien und die öffentliche Darstellung der Atomindustrie der letzten Jahrzehnte als Propaganda erlebt.
    Nun, bei dieser Katastrophe bin ich aber erst einmal gedanklich bei den armen Menschen in Japan. Ich bin entsetzt, schockiert, traurig und erwarte das Schlimmste. Der Tsunami ist vorbei, die atomare Katastrophe kommt noch.
    Ich habe auch den Eindruck dass den Menschen in Japan nicht recht klar ist was da auf sie zu kommt. Sie harren der Dinge die sie anscheinend nicht verstehen. Am Ende werden wir eine große Menge kontaminierter Menschen haben die vor sich hin siechen. Und: Ihnen wird kaum geholfen werden können. Die Katastrophe hat gerade erst begonnen.
    Trotzdem füge ich noch bei dass ich es gut finde das hier diskutiert wird-mit mehr oder minder sachlichen Argumenten.
    Wenn ich mir die Facebook Kacke anschaue wird mir übel. Man stellt sich nur noch dar, postet irgendwelche profilneurotischen Bilder/Links/Sprüche und setzt sich nicht wirklich auseinander. Stattdessen bildet sich eine Pro Atomkraftgruppe, weil es ja absolut cool ist a lil bit kinky rüberzukommen. Danke, nein.


  • Dass da Leute auf dem Gelände arbeiten, ist für mich unfassbar. Ich habe mich schon mehrfach gefragt, was für Gespräche zuvor geführt wurden - zwischen Vorgesetzten und Ausführenden sowie nicht zuletzt zwischen Ausführenden und deren Familien. Furchtbar und letztlich unvorstellbar. Aus welcher Motivation heraus riskieren Eltern (ausschließlich Väter?) ihr Leben für einen solchen Einsatz? Werden sie unter Druck gesetzt? Oder getäuscht? Wird ihnen ein "Belohnungsanreiz" versprochen? Fühlen sie sich als Helden und opfern sich für die Bevölkerung?


    Dass eben diese Bevölkerung zu großen Teilen traumatisiert sein wird und auch diese Folgen neben den anderen Langzeitschäden das ganze Land jahrzehntelang prägen werden, ist klar und gleichermaßen bedrückend. Die Japaner werden im wahrsten Sinne von der Katastrophe dauerhaft gezeichnet sein.


    Und während wir dies alles schreiben, steht ein noch viel größeres Katastrophenszenario im Raum, das noch niemand kennt - das muss auch für die bislang noch nicht so betroffenen Japaner ein unglaublich quälender Angstzustand sein.


  • Trotzdem füge ich noch bei dass ich es gut finde das hier diskutiert wird-mit mehr oder minder sachlichen Argumenten.
    Wenn ich mir die Facebook Kacke anschaue wird mir übel. Man stellt sich nur noch dar, postet irgendwelche profilneurotischen Bilder/Links/Sprüche und setzt sich nicht wirklich auseinander. Stattdessen bildet sich eine Pro Atomkraftgruppe, weil es ja absolut cool ist a lil bit kinky rüberzukommen. Danke, nein.


    Deswegen diskutiere ich auch hier, und eben nicht in solchen (sozialen ?) Communitys wie z.B. Facebook (bin dort auch kein Mitglied). Vielleicht sollte man anläßlich dieses Unglücks auch mal generell über die Werte (hatten wir ja schon bei der Guttenberg-Debatte) in unserer Spaß-Gesellschaft nachdenken. Es gibt eben auch noch wichtigeres als DSDS oder Germanys Next Topmodel. Ich werde jedenfalls für mich selber mal darüber nachdenken. Und auf Facebook kann ich auch gut verzichten, da diskutiere ich lieber hier mit einigen wenigen Menschen, die sich auch mal eigene Gedanken machen, und sich die Mühe machen diese (auf ganz herkömmliche Weise) aufzuschreiben. Und eben nicht wie bei Facebook sich nur per Mausklick irgendwo anschließen, weil es halt cool ist.


    townman:
    Ich glaube nicht daß großer Druck nötig war, um die Mitarbeiter davon zu überzeugen ihre Arbeit im Kraftwerk fortzusetzen. Die Japaner sind ja bekannt für ihr übergroßes Pflichtgefühl. Nicht zuletzt deshalb waren sie ja auch wirtschaftlich so erfolgreich. Jetzt haben sich nach einem Aufruf sogar noch 20 weitere Freiwillige gefunden, die im Kernkraftwerk aushelfen. Man darf nicht vergessen im 2.Weltkrieg gab es ja auch die Kamikaze-Piloten, die sich mit ihren Maschinen auf den Feind gestürzt haben. So ähnlich ist es jetzt doch auch ...


    Möchte nicht wissen wieviele Freiwillige es bei uns nach einer solchen Katastrophe geben würde. Eine große Tradition hinsichtlich freiwilliger Aufopferung für eine gute Sache haben wir ja eher nicht. Eine gute Sache war natürlich Kamikaze auch nicht !

    "Before Elvis, there were nothing ..."

    - John Lennon

  • Ich habe heute folgendes gelesen: Angestellte in Atomkraftwerken dürfen pro Jahr nicht mehr als 100 Millisievert an Strahlung abbekommen. Die japanische Atombehörde hat diesen Wert für die Leute , die jetzt in Fukushima arbeiten, auf 250 Millisievert erhöht. Das bedeutet für mich, dass die Kacke dort extrem am Dampfen ist und die japanische Regierung die tatsächlichen Daten verschleiert. Vielleicht machen sie das aber auch absichtlich um keine Massenpanik auszulösen.

  • Ich habe heute folgendes gelesen: Angestellte in Atomkraftwerken dürfen pro Jahr nicht mehr als 100 Millisievert an Strahlung abbekommen. Die japanische Atombehörde hat diesen Wert für die Leute , die jetzt in Fukushima arbeiten, auf 250 Millisievert erhöht. Das bedeutet für mich, dass die Kacke dort extrem am Dampfen ist und die japanische Regierung die tatsächlichen Daten verschleiert. Vielleicht machen sie das aber auch absichtlich um keine Massenpanik auszulösen.


    Ich hatte heute auch eine Diskussion, wozu solche Werte eigentlich gut sind, wenn man sie jeder Zeit nach Gutdünken verändern kann. Aber man kann nicht leugnen, dass eine Massenpanik so ziemlich das schlechteste ist, was passieren kann, und sicher auch nicht mehr Menschenleben retten würde. Was nicht heißen soll, dass ich es gut finde, dass uns unsere Regierungen immerzu belügen...

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