TotW: [25.04.-01.05.2016]: GENESIS - Here Comes The Supernatural Anaesthetist

  • Here Comes The Supernatural Anaesthetist müsste eine der wenigen musikalischen Hackett-Kompositionen auf the Lamb sein (neben Cuckoo Cocoon und Hairless Heart) und wahrscheinlich meinte er den Anaesthetist als er sich ärgerte, dass Peter auf Musik sang, die er sich instrumental dachte, "als wenn jemand über dein Bild drübermalt".


    Für mich war es immer ein Stück, das man übersehen könnte, so wie ich es oft übersehen habe: kurz, schmerzlos und mit einer schönen Sologitarre (toller Ton). Es kommt aus dem Nichts und geht ins Nichts und mir fehlt ein bisschen die Struktur, an der ich mich festhalten kann. Marcel Reich-Ranicki würde fragen: "Was will uns der Autor damit sagen?" Insoweit ist der drübergemalte Gesang Gabriels tatsächlich etwas, was dem Song ein wenig Inhalt gibt.


    Meine Wertung: okay, aber nicht überschwenglich = 8 Punkte

    Gedankenrauschen – Da geht noch was!

  • Guter Song, schöner im Kontext des Albums als so herausgelöst.
    Anfänglich fein gewebter Gitarrensound und wunderbares Duo Peter und Phil, dann wahrscheinlich der Input von Steve unterstützt von Mike. Ein sehr starker Teil, der mir schon immer gut gefallen hat. Das Ende wirkt so losgelöst etwas unpassend, der Song scheint am Schluss in der Schwebe hängengeblieben - im Album ist der Übergang dagegen superb.
    Von mir ein starkes 'Gut' - 12 Punkte

    Zy
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    "The music is the true currency. It's more valuable than the accolades or the money. The relationship is with the invisible muse and you know if she's pleased or if she ain't." - Steve Hackett

    • Offizieller Beitrag

    Der "übernatürliche Anästhesist"... Du lieber Himmel, und Phil Collins beschwert sich, dass er über "nylon sheets and blankets" singen soll? Die kann man ja wenigstens noch aussprechen! Aber nach den drei Zeilen hat Peter Gabriel ja Zeit, seine Stimmbänder wieder zu entwirren.


    Für sich genommen ergibt der Text dieses Liedes keinen Sinn. Ob sich für jemanden, der The Lamb nicht kennt, erschließt, dass der "übernatürliche Anästhesist" der Tod ist? Gut, die Hinweise sind da: Jemand, der macht, dass man nichts mehr fühlt, und der obendrein noch "übernatürlich" ist. Wobei man sicherlich einwenden kann, dass der Tod als ein Teil des Lebens ganz natürlich ist. Ansonsten wirkt der Text merkwürdig unzusammenhängend aneinander gereiht - ist es aber eigentlich nicht.


    Die Vorstellung vom Tod als Schlaf, als Betäubung, die den Menschen das Leid ihres Lebens nicht mehr spüren lässt, ist ja nicht neu: "[Z]u wissen, daß ein Schlaf / Das Herzweh und die tausend Stöße endet...", das stammt aus der Zeit um 1600, und da gibt es noch viele solcher Beispiele.


    Die hier auch schon viel diskutierte Zeile "if he wants you to snuff it...". snuff ist Schnupftabak, und der Ausdruck "to take snuff" ist aufgrund der ähnlichen Aufnahmeform auch für Kokainkonsum verwendet worden (oder wird... ich bin in puncto Drogen nicht informiert). Aber das hat mit der Verwendung to snuff in dieser Zeile nicht so arg viel zu tun. "to snuff it" ist ein verhüllender Ausdruck für sterben. Es ist das Bild vom Lebenslicht, das hier mitschwingt: Die heutzutage fast ausgestorbene Tätigkeit des Dochtkürzens mit einer Dochtkerze wird im Englischen als "to snuff a candle" bezeichnet, und weil dabei die Kerze oftmals ausging, wurde das Verlöschen der Kerze beim snuffing auf das Verlöschen des Lebens angewendet.


    "all he has to do is puff it" ... Hier kann man wunderbar herumrätseln und -interpretieren, was denn nun "it" sein könnte. to puff taucht vor allem im Zusammenhand mit Tabakkonsum auf, diesmal allerdings in der gerauchten Form. Auf die Auslegung, die sich aus der Lamb-Geschichte ergibt, nämlich dass der Tod offenbar eine Art Zerstäuber bei sich hat und das, was darin ist, eingeatmet, zum Tode führt, wird man sicher nicht ohne den Kontext kommen.


    Jedenfalls ist der Tod ein guter Tänzer. Das fand ja später auch ein australisches Musikprojekt und nannte sich Dead Can Dance. Viel älter ist allerdings das Bild des Totentanzes.


    Bemerkenswert finde ich ein Zitat von Hans Christian Andersen im Wikipedia-Artikel zum Totentanz, in dem das Motiv des verlöschenden Lichts mit dem Totentanz verbunden wird, wie es im Supernatural Anaesthetist auch geschieht:
    Das Leben ist wie die Lampe, die auch schon anfängt auszubrennen, wenn sie angezündet wird! So alt wie jeder von euch ist, so viele Jahre habe ich schon mit euch getanzt. Jeder hat seine eigenen Touren, und der eine hält den Tanz länger aus als der andere. Aber die Lichter verlöschen zur Morgenstunde, und dann sinkt ihr alle müde in meine Arme - das nennt man sterben.


    Musikalisch liegen hier ja zwei unterschiedliche Teile vor, der Teil mit den Texten und der Instrumentalteil, die sich rhythmisch unterscheiden. Wenn man letzteren als den eigentlichen Tanz auffasst, dann sind die Bewegungen allerdings vermutlich doch etwas eckig und unbeholfen. Aber irgendwie hat diese Melodie dann doch etwas...


    Insgesamt ist es aber keins der Stücke, die ich extra heraussuche, um sie mir bewusst anzuhören. Eine glatte 3 scheint mir angemessen.


  • Jawoll, eigentlich alles gesagt. Genesis in ihrer ULTIMATE-ALL-TIME-EVER-BEST-Formation treffen mitten in mein musikalisch-emotionales Bull´s Eye und holen dort 15 Punkte :topp:

  • Überragend.
    Wegen der vielleicht schönsten Solomelodie von Hackett im Genesis-Katalog.
    So schön und von seltenem Witz und gleichzeitig anrührend.

    Here come the Cavalry!

  • 8 Punkte für ein ordentliches Stück von einem der stärksten Genesis-Album überhaupt. In diesem Falle ist es halt wirklich ein Stück, welches einzig und allein als Übergang zum nächsten Highlight 'The Lamia' dient. Die Gitarrenmelodie ist ok, irgendwie schräg. Wirklich rausreißen tut es für mich das Ende des Songs, wo Hackett noch einmal ein ordentliches Finale hinlegt, begleitet von einem wuchtigen Mellotron. Hat was. Insgesamt eines dieser seltsamen Zwischenspiele, wie sie typisch für The Lamb sind.