Die Magie von FACE VALUE

  • Während ich letzte Schnipsel seltenes Material in Bezug auf Collins, Genesis etc. jage gräbt Christian das eigentlich "populäre" Album FV aus und rückt es in ein neues Licht. Lob an dieser Stelle.


    Ich muss dazu sagen, dass ich durch "Nichtvorhandensein" eines Plattenspielers Collins Alben lange nicht gehört habe. Mögen es 8 oder 10 Jahre sein. Nicht schlimm, denn ich möchte ja auch mit 60 noch etwas von der "Bande" haben.


    In den letzten Jahren habe ich es mir angewöhnt Alben separat zu bewerten. Zu gross war damals die Enttäuschung bei Dream Theater die, gerade entdeckt, gleich nach dem ersten Album bei mir in Ungnade gefallen sind. Im ersten Album alles kreative Können und alle Ideen dieser Musiker komprimiert vorgefunden, fast vom Stuhl geflogen, kopfschüttelnd vor Bewunderung hörend, schon das 2. Album als flach und alle weiteren als totalen Schrott im Vergleich zu Images and Words wertend.


    Also werde ich mich auf FV beschränken, keinen Song mit Genesistiteln vergleichen oder versuchen Parallelen zu ziehen und mir so verhassten "Disney-Intothelight-Collins" ausblenden...


    In the air tonight
    Der Sound ist einfach unübertroffen. Schon die Drumprogrammierung ist ungeschlagen. irgendwie packt mich der Song immer in einen dunklen Raum mit einer Kerze, auch bei Sonnenschein und Frühlingsfest. Schon manchmal lief ich durch die Stadt und war doch beim hören dieses Songs völlig allein. Das schaffen nur wenige Musiker. trotzdem zieht es mich weniger runter als das es auf mich beruhigend wirkt.


    Irgendwo hab' ich gelesen, dass mehrere Demotapes bei der Plattenfirma X landeten und zu ITAT hieß es: Hört euch erstmal das hier an.


    This must be love
    Kann ich leider nix mit anfangen, wurde auch auf Platte von mir immer übersprungen. ich schätze Collins dafür, mir etwas mitzuteilen, was er hier nicht schafft.


    Behind the lines
    Einfach genial. Für mich als Schlagzeuger beeindruckend, Bläser auf dem Punkt und diese sanften Pads. Dazu noch der unterschwellige Reggaeeifluss, den ich auch bei Dodo so liebe.


    The roof is leaking
    Tjo: Nach 20 Jahren des Musikhörens kömmt Collins mit einem Song den ich so mit nix vergleichen kann, was ich jemals gehört habe. Bei "God I hope it's not late" ist bei mir eiskalter Rücken angesagt. Echt gruselig.


    Zu Eric: Soweit ich gelesen habe wollte Collins das gesamte Banjo am Stück aufgenommen haben. Mit Eric hätte es nur in mehreren Abschnitten geklappt.


    Droned
    Danke Phil! Erst schickst Du mich ins Land unbekannter Banjomusik mit Rückenschauern, dann kommt so ein Ding! Ich finde es auch mutig. Packt man sowas auf Platte? Kommt man damit durch?


    Ich kann es wirklich nur Ding nennen. Wiederum aus Sicht des Schlagzeugers geradezu unerträglich rhytmisch und packend. Nochdazu wird mein Pianofetisch befriedigt, was sonst nur Stücke wie Conga schaffen.


    Hand in Hand
    Schon damals mit Weichspülradar ausgestattet und wachsam habe ich damals gleich überlegt ob ich den Song überhaupt anspiele. Gottseidank tat ich es!


    Schon wieder bestes Schlagzeug und ganz in der letzten Reihe sitzt Duchess und auch ihre zirpenden Grillen hat sie mitgebracht! Am meißten beeindruckt mich, dass es ein Instrumentalstück bleibt und somit Platz zum entfalten läßt. Manchmal denke ich mir, es hätte durchaus auf Duke landen können: Büschen Banks statt Bläsern, etwas Zuarbeit von Mike. Für mich fehlt da nicht viel.


    I missed again
    Hate it or like it... I hate it und kanns noch nichtmal erklären. Zumindest der Titel spiegelt die Beziehung zwischen mir und Phil wieder. He missed again. ;)


    You know what I mean
    Den hasst er sicher auch! Ganz sicher! Ja? Nicht?


    Nö: Für mich einer der stärksten Songs die er geschrieben hat, auch wenn's vielleicht unspektakulär scheint.


    Ich frage mich oft ob er Sek 1.43-1.46 wirklich selber singt. Es klingt viel zu black für Collins. Beeindruckend wie ein Song so strotzdend von Klavier und Streichern so unschmalzig klingen kann. Es gibt nur ein Stück, dass qualitativ an ykwim rankommt und das ist Irene Cara mit - Here on my own.


    Thunder and Lightening
    Nenene! I find' grausam und wenn ich es mir jetzt aktuell zur Minute 5 mal angehört habe frage ich mich immer: Wieso hör' ich bei diesem Song "Just a job to do" raus?


    I'm not moving
    Überraschende Nummer von der ich bis heute nicht weiss ob ich sie unglaublich genial oder ätzend finden soll. Noch ist nix verloren, vielleicht gibt's irgendwann einen Schlüsselmoment. ;)


    If leaving me it's easy
    Ich mag die Nummer an sich überhaupt nicht, oftmals juckt es mich aber in den Fingern den Song zu remixen. Vielleicht mach ich's irgendwann. Der Gesang im Hintergrund und das eine schicke Break verführen schon dazu.


    Tomorrow never knows
    Zum Abschluss eine Oberschmalznummer? Nein... moment! Duchess iss wieder da? Oder.... warte... Wiedereinmal bin ich heimlich verliebt in den Mut den Phil hier an den Tag legt!


    Dieser Schluss des Albums ist eine Mischung aus schwirrenden Lambs Synthesizern und der Quintessenz der 68ger. Hätte das Timing gepasst, würde die Musikwelt eine schöne Flowerpowernummer mehr besitzen.


    Das Outtro (Over the rainbow) ist mir in 20 Jahren niemals aufgefallen. Genial auch wenn ich befürchte Alzheimer zu haben.

  • mir fällt grad was auf...als Phil Collins FACE VALUE erschuf, war er so alt.....wie ich jetzt :schockiert:


    Oh ja, ich bin auch gerade in dem Alter, in dem ein gewisser Mike Oldfield sein Debütalbum auch schon fertig hatte.


    Apropos Oldfield. Ich denke, dass Collins bei der Produktion von "Face Value" sehr viel von Oldfield gelernt hat. Phil trommelte ja kurz vorher auf dem Oldfield-Album "QE2" (1980) und hat dort sicher mal gesehen, wie geschickt man Drummachine, Vocoder, etc in tollen Songs integrieren kann.


    Ich hoffe, von FV wird es mal eine Reissue nach dem Vorbild der Genesis-Boxen geben. Mit neu abgemischten 5.1-Sound und einer tollen Bonus-DVD mit tollem Material drauf. Phil, wann machst du uns endlich mal eine Freude mit solchen Sachen? Du hast ja bei Genesis gesehen, dass so etwas immer gut bei den Fans ankommt.

  • Magie... das ist wirklich das treffende Wort.


    Interessant zu lesen, wie sich Christians Bericht, was das Betrifft, mit eigenen Erinnerungen an meine erste, ernst zu nehmende Kollision mit dem Genesis-Universum überhaupt deckt. Ich war etwa im gleichen Alter, allerdings im Jahr 1981. Da nahm ich noch alles mit, was scheinbar einfach so vom Himmel fiel. Doch hier begann ich zum ersten Mal zu fragen, ob etwas so perfektes schlichtweg aus dem Nichts auftauchen kann und begann zu forschen, was dahinter steckt. ....



    Zitat


    von Genetic Control:


    Tomorrow never knows
    Zum Abschluss eine Oberschmalznummer? Nein... moment! Duchess iss wieder da? Oder.... warte... Wiedereinmal bin ich heimlich verliebt in den Mut den Phil hier an den Tag legt!


    Dieser Schluss des Albums ist eine Mischung aus schwirrenden Lambs Synthesizern und der Quintessenz der 68ger. Hätte das Timing gepasst, würde die Musikwelt eine schöne Flowerpowernummer mehr besitzen.



    :schock2:
    Das ist ein original 66er von John Lennon, hier ein Tribute, nachdem er 1980 erschossen wurde.



    +

  • Anfang 81, was ja kurz nach Lennon's Ermordung war, gab es so einige Künstler, die mit einer Lennon-Coverversion ihren Tribut zollten. Neben Collins' "Tomorrow Never Knows" gab's da ja noch Roxy Music mit "Jealous Guy" und auch etliche Singles von John Lennon selber hatten posthum nochmal einen Riesenerfolg, z.B. "Woman", "Imagine" und "Give Peace A Chance". Und "Imagine" verhinderte übrigens, dass "In The Air Tonight" in GB ein Nummer 1-Hit wurde.

    31.10.1997 PHIL COLLINS (Hannover)
    11.06.2004 PHIL COLLINS (Berlin)
    15.06.2007 GENESIS (Hamburg)
    15.06.2012 ROACHFORD (Kiel)
    24.06.2012 MIKE & THE MECHANICS (Kiel)
    18.05.2014 STEVE HACKETT (Hamburg)

  • ich habe mit Interesse die Ausführungen von Christian gelesen und mir dann die Face Value mit "ordentlichen" Kopfhöhrern mal wieder in einem Stück gegeben.

    Es wurde ja schon ziemlich viel geschrieben und ich bin als nicht Musiker auch nur getrieben von meinen Gefühlen. Ob etwas schwer zu spielen oder besonders anerkennungswürdig ist kann ich nicht wirklich befriedigend für die Spezialisten beantworten.

    ich höre mir die Sachen an und wenn es mich berührt, dann bin ich berührt.. LOL Kein deutscher Satz. Ich komm mit "edit" später zurück.

    OK was sagt der Kerl nun zu Face Value.

    Ich war vom ersten Moment an fasziniert von Face Value. Ich habe mir die LP (Vinyl und so) damals bei einem Freund ausgeliehen, weil ich eigentlich kein Phil Collins/Genesis Fan war.

    In the air tonight kannte ich vom Radio und was kann man über das Lied sagen, was nicht gesagt wurde.
    Drums für die Ewigkeit!!! Ich kenn niemanden der Musik hört der das nicht kennt. Schon alleine wer Weg zum Feuerwerk ist irre gut gemacht. Man legt eine Platte auf und wird von einem Soundnebel in eine Edgar Wallace Nebelwelt gezogen und bei der Pause bleibt das Herz fast stehen (ich erinnere mich an einen Pianoversion Liveauftritt als man während der Ruhe die Zuschauer den Rhythmus tadam tadam tadam murmel hörte)... Und dann bricht das Unwetter rein und der Rest ist Geschichte.

    und so geht es weiter auf der Platte, man wird von Lied zu Lied geführt, als ob man Räume eines Hauses öffnen würde. Es wohnen traurige oder ruhige, tanzende und fordernde Lieder darin.

    Droned ist ein Ding, das man gar nicht beschreiben kann.
    The roof is leaking ist traurig und flehend und dann doch wieder fröhlich hoffend...

    Hand in hand: ich habe da immer das Bild vor Augen auf einen Berg getrieben zu werden.. Schneller und schneller und dann auf dem Plateau wird man von den Bläsern erwartet und vor allem Live endet alles mit einem Bassteppich der einen sanft wieder runterträgt...

    you know what i mean, thunder and lightning mit i'm not moving waren für mich immer 3 Songs die zusammen gehören...
    Ich finde ykwim grandios gemacht und perfekt gesungen.
    i'm not moving ist unfassbar leicht und ich frag mich berührt er überhaupt den boden während des Songs?

    Behind the lines ist faszinierend wenn man es mit der Genesis Version vergleicht. Was man aus einem Lied für unterschiedliche songs machen kann.
    I missed again und this must be love sind solide gute Lieder, die man oft gehört hat.

    Die abschliessende 2 Knaller sind der würdige Abschluss und dann noch mal locker flockig over teh rainbow als "ich geh nun heim" Liedchen zu trällern. Wow. respekt.

    so nun für alle die echt bis hier gekommen sind...

    Fazit: Grandioses Album und der Grund warum ich Phil anders höre als andere Musiker. Ich kann auch nicht sagen, dass ich alle seine Sachen immer top finde, aber weil ich Face Value aktiv gehört habe und es wurde schon viel geschreiben was man in den Liedern hören kann und was daran spezial ist, fidne ich in den meisten Songs etwas was mich berührt.

    Wenn ich mir z.B. Both Sides nur anhöre, dann nerven mich manche Lieder und ich kann in ein paar Songs nebenbei gehört nicht so viel finden. ABER wenn ich mir ein Lied aktiv anhöre und vor allem mit Kopfhöhrern hinein gehe, dann ist in fast jedem Song etwas besonderes... ein bisserl Face Value

    Ich könnte nun viele aufzählen die ich unfassbar gut finde und nicht mal sagen kann warum.
    both sides of the story ist für mich direkt verbunden mit no son of mine... ich mag die Power
    take me home könnte ich tagelang hören
    auch Songs die ich nicht unter den top10 habe, wenn ich die mal aktiv höre muss ich sagen bin ich bewegt.

    Colors ist so ein Lied, dass ich als Teil 3 der Long things and no hits Trilogie sehen würde.
    Irgendwie im Hype um die Hits untergegangen.

    ME

  • Um so besser! Sich an sowas vergreifen und es nicht in den Sand setzen ist die Kür. :)


    Im Gegenteil. Super gemacht. Von mir aus hätte er sich noch wesentlich öfter an etwas vergreifen können. You can´t hurry love fand ich auch nicht von schlechten Eltern.


    Nebenbei: Vor dem Hintergrund von "Tomorrow Never Knows" erhält das nachgeschobene "Somewhere Over the Rainbow" möglicherweise auch einen tieferen Sinn. Für mich war´s immer ein Winken zum Abschied an den Musikerkollegen.

  • Im Gegenteil. Super gemacht. Von mir aus hätte er sich noch wesentlich öfter an etwas vergreifen können. You can´t hurry love fand ich auch nicht von schlechten Eltern.


    Nebenbei: Vor dem Hintergrund von "Tomorrow Never Knows" erhält das nachgeschobene "Somewhere Over the Rainbow" möglicherweise auch einen tieferen Sinn. Für mich war´s immer ein Winken zum Abschied an den Musikerkollegen.


    Öhm, nicht dassich falsch verstanden wurde: Es war Pro-Collins gemeint!


    Vielleicht hätte sich Collins 2-3 Schmalzhymnen verkneifen sollen und ein paar Genesissongs interpretieren.


    Behind the Lines zeigt, nebenbei bemerkt, gerade in der Collinsversion welches Potenzial der Song hat. Einfach genial!


    Info: Mit You can't hurry love hat bei mit im Alter von 12 Jahren der Ganze "Philcollins-Genesis-Fan-Hörschlamassel" angefangen! :)

  • Kleine Korrektur meinerseits:


    Und "Imagine" verhinderte übrigens, dass "In The Air Tonight" in GB ein Nummer 1-Hit wurde.


    Es war nicht "Imagine", sondern "Woman" vom Album "Double Fantasy". Nur, bevor wütende Proteste der Lennon-Fans anfangen, weil, die soll's ja geben.:D

    31.10.1997 PHIL COLLINS (Hannover)
    11.06.2004 PHIL COLLINS (Berlin)
    15.06.2007 GENESIS (Hamburg)
    15.06.2012 ROACHFORD (Kiel)
    24.06.2012 MIKE & THE MECHANICS (Kiel)
    18.05.2014 STEVE HACKETT (Hamburg)