Beiträge von lillywhitelillith

    In seiner aggressiven Heiterkeit bei gleichzeitigem Versuch, dem Hörer den Lauf der Welt in acht lapidaren Zeilen zu verkaufen, löst der Refrain bei mir starken Schunkel-, Polonaise- bzw. Arm- und/oder Lichtquellenschwenkverdacht aus, sowas führt bekanntlich schnell zu allergenen Reaktionen. (Wenn ich schon die Zeile "We all agree…" höre, taucht vor meinem geistigen Auge umgehend ein bonbonfarben gewandeter dynamischer Animateur auf, der die Massen beschwingt von der Bühne aus dirigiert: "Und jetzt alle…!").


    Es sind sogar nur 7 Zeilen.


    Also ohne allgemein die Lyrics in den Himmel heben zu wollen: Offenbart sich im Refrain nicht eine an Sarkasmus grenzende Gleichgültigkeit, die genau die von Dir beschriebene Reaktion hervorruft? Mit anderen Worten: Tut er es nicht, ist es sowieso zu spät.


    Für mich gibt's nur einen interessanten Satz im ganzen Song: Mother Nature sits on the other side with a loaded gun.


    Ich finde, das Into fängt ganz locker beschwingt an, die Gitarre wiegt uns besänftigend, nicht allzu opulent, in Sicherheit. Doch mit Einsetzen der ersten Strophe verbreitet sich stetig eine streng getaktete Unruhe*, die dann kurioserweise in diese "We all agree"-Attitüde mündet.


    Dafür dass ich diesen Refrain sowas von hasse, erhält der Song von mir solide 9 Punkte.


    Wäre er von einer anderen Gruppe, hätte ich ihn mir wahrscheinlich nie näher angehört. Aber für Genesis-Verhältnisse ist er so öde, dass er schon wieder gut ist.


    *die auf dem Album öfter bemüht wird.

    Die Fans machen es endlos zu einer Legende!


    Das ist ja wohl klar. Seit wann entscheiden die Akteure selbst, ob sie zu einer Legende beitragen? Es ist in der heutigen Zeit natürlich nicht unwesentlich, in wie weit die Medien die Trommel mitrühren. Aber das mit dem "Nachwuchs" habe ich ernst gemeint. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Schreiber dieses Artikels 1975 nichtmal geboren war, ist hoch.


    Ist natürlich etwas anderes, wenn Du solche Veröffentlichungen eher als Tratsch betrachtest, weil Du es schon 1000-Mal gelesen hast. Aber nicht jeder ist in dieser Position.



    unterschreibe ich alles.
    Ich geh sogar soweit, das dies die gründe sind die gegen eine wiedervereinigung sprechen.


    :gruebel: Also, diese Kurve habe ich nicht gekratzt.


    warum sollte genesis sich wiedervereinigen?


    aus nostalgischen gründen? ok.


    :aha: Na ja, es stimmt natürlich, dass Wiedervereinigungspotential besonderen Erfolg verspricht, wenn eine entsprechende Nostalgie gepflegt wird. Dazu sind Legenden ohne Zweifel von Nutzen. Und zahlreiche Musiker vergangener Ären bauen darauf.


    Aber das habe ich nicht gemeint. Sondern im ursprünglichem Sinn: dass Legenden die vergangenen Ereignisse auf eine Weise kommentieren, die sie in Erinnerung halten.
    Ansonsten würde das hier vollkommen reichen: Gabriel hat Genesis 1975 verlassen.


    Statt dessen formen sich um die Legende von Gabriels Weggang 2 neue Geschichten: als der Prog sein Gesicht ganz allgemein verändete und sich etwas neues entwickelte:


    Zitat

    "1975 - The year that Prog broke! Roxy Music, 10cc, Supertramp and more rule the roost in the year that Prog sprad it's wings..."


    und


    Zitat

    "40 years on, how The Lamb Lies Down On Broadway split Genesis and made Superstars of them all."


    Und wie's aussieht, sind noch einige andere Artikel um diese Legende herum aufgebaut, z.B. die Frage danach, warum das Album LLDOB nach wie vor ansprechend geblieben ist, womit wir in der Gegenwart angelangt wären.


    Zitat

    Genesis and various authors ponder the enduring appeal of The Lamb…


    Das es hier um die beiden "leidigen" Themen geht, das sehen wahrscheinlich erst mal nur Genesis-Fans so:


    Die Fans machen es endlos zu einer Legende!

    Ich finde es faszinierend, wie bestimmte Geschichten immer und immer wieder erzählt werden, und es tatsächlich immer noch Leser gibt, die das Ganze dann noch ein weiteres Mal lesen wollen.


    Vielleicht interessiert's den Nachwuchs. Ist doch schön, wenn es für den Geschichten zu erzälen gibt. In der Ankündigung heißt's ja auch in etwa: Als der Prog zerbrach und seine Flügel ausbreitete. Klingt wie Grimms Märchen. ;) Legenden sind dazu da, immer wieder erzählt zu werden.

    Was ich auch so höre, ist der Aufbruch - oder ein Herannahen. Und auf jeden Fall auch eine gewisse Schönheit/Erhabenheit dessen, welches diese ungeheure und zerstörerische Dynamik entwickelt: eine "schreckliche[...] Schönheit", wie du es treffend ausdrückst.


    Um das etwas zu erläutern: Ich bin von einer Figur ausgegangen, die ich mir ausgedacht habe. Bestehend aus dem Takt/Herzschlag, dem Bedrohlichen und dem Aufbruch. "Drei" Dinge, die ich direkt aus dem Stück heraushöre (mangels musikalischer Ausbildung denke ich mir Bezeichnungen einfach aus). Die Dynamik entsteht für mich mit dem "Impuls" des Aufbruchs (bei 0:52), mit dem die "Schönheit" (Sinnbild: Impuls > Aufbruch=Schönheit) in's Spiel gebracht wird. Die Dynamik könnte auch als Kampf beschrieben werden. Sobald die Schönheit "aufflammt" (die Bedrohung "wogt" hingegen, der Takt schlägt), wird sie abgebremst/beschlagen und/oder begrenzt. Die Energie der Schönheit wird von der Bedrohung (und dem Takt) dabei aufgenommen. Die Bedrohung gewinnt dadurch Kontur, der Takt Druck (klare Richtung), = Präsens. Sie entwickelt sich selbst "scheinschön" (entwickelt eine Ordnung). Das "Sinnbild" der Schönheit als unabhängige, sich selbst genügende (pulsierende) Kraft ist verloren. Das meine ich mit "sie ist Vergangenheit" und mit "ist einverleibt".
    Ja, ich stimme Dir zu: Diese "Scheinschönheit" ist weiterhin da, aber eben nicht mehr die "Schönheit", die eigentlich nur einmal ganz kurz im Aufbruch auffgeflammt war und in ihren weiteren Entfaltungsversuchen nur das Gemisch aufheizte.


    Dennoch gehört der Schlusspunkt - obwohl natürlich auch recht plakativ in Szene gesetzt - zu einem der gewalttätigsten, grauenerregendsten Finals, die ich in der klassischen Musik kenne.


    Ich kenne die klassische Musik nicht. Von daher habe ich keinen Vergleich. Ich habe dieses Stück zum ersten mal gehört und das Ende in meiner Beschreibung (zunächst) offen gelassen. Das Finale erregte in mir eigentlich kein Grauen, sondern eine absolute Stille (die ja auch grauenhaft sein kann). Allerdings kann es auch sein, dass es im Moment einfach meine Vorstellungskraft übersteigt oder diese noch nicht bis an's Finale heran reicht. Aber allein Musik, die eine absolute Stille hinterlässt...Ich glaube, da muss sich noch was setzen. Vielleicht bin ich wirklich einfach erstmal erschlagen. Das einzige, was mir dazu noch einfällt ist, dass das Stück, so wie es sich mit dem Aufbruch entwickelt, mit einer geballten Entladung endet. Von Im-puls zu Impuls. Auf den Punkt (und hier sehe ich Ähnlichkeiten zum Strudel).
    Ich fand z.B. Deinen Ausdruck "Todesmaschiene" seltsam und konnte den nicht in irgendeine Beziehung setzen. Erst nachdem ich meinen ersten Eindruck geschrieben hatte, sind mir meine Adequate aufgefallen: heimtückisch, wahllos, gnadenlos. Vielleicht immernoch zu schön, weil sie nicht entpersonifiziert sind.


    Das ist ja wirklich pure und vor allem offen-brutale Zerstörung.


    Das ist diese Entladung, gewaltig und blind: die Verfremdung der sich nicht aufgehen (ge)lassenden (explodierenden) Blume. Vielleicht muss ich mich von meinem zu Anfang geschaffenen Bild lösen, um die "offen-brutale Zerstörung" besser wahr zu nehmen, die für mich so un(be)greifbar ist: so "schön" wie ein Atompilz.


    Crimsons "Mars" kann ich weniger greifen. Das Stück ist für mich weniger plastisch, dafür mehrdeutiger.


    Zitat

    Bei Crimsons Version scheint der "Aufbruch" nicht mitspielen zu wollen.


    Zitat

    ...wo das Stück dann in allen möglichen Gegenteilen des Aufbruchs endet.


    Ich habe hier auch einige Zeit über die Plastizität nachgedacht, aber vornehmlich in der "Triangle" des Titels (die für mich eine Plastizität ankündigt, die ich nicht sehe). Ich bin damit noch nicht durch. Aber es könnte sein, dass (entgegen des Titels) keine Plastizität "herauf beschworen" wird. Die Plastizitat ergiebt sich für mich im Dreieck von Takt-Schönheit-Bedrohung (meiner Figur). Einen eindeutigen anderen Aspekt, der Aufbruch/Schönheit ersetzt finde ich hier nicht. Und vielleicht ist das so beabsichtigt, wenn auch Du den Unterschied bemerkst.
    (Nach meiner Vorstellung bildet sich Plastizität im "Raum", es werden dazu 3 Größen/Koordinaten benötigt)


    Findest du nicht, dass auch die ersten Mellotron-Akkorde aus "den Tiefen" aufsteigen? Dass auch ab 1:15 so etwas wie die Ästhetik einer Erhabenheit wirkt?


    Auch das KC-Stück kenne ich nicht besonders gut. Ich müsste mir die Stellen nochmal (bei Tag und mehr Lautstärke) anhöhren. Mache ich ein anderes mal.


    Damit ich das richtig verstehe: Meinst du die Hinweise auf die westliche Gesellschaft?


    Nein. Ich meinte Deine Szenarien: Friedhof, Mondlandschaft und so. Ich hatte mir nie konkrete Orte vorgestellt. Nur eben die "Bühne für die Abschlussszene", was mir auch dann beim Lesen Deiner "Stories" erst so richtig bewusst wurde. Für mich ist der Aspekt einer (zeitlichen) Abfolge deutlicher als die Bindung an Örtlichkeiten.


    Hallo, einfach umwefend, welche verschollenen Fäden Du hier an die Oberfläche bringst. Bevor ich von den einschlagenden "Bildern" so KO bin, dass ich die ganze Angelegenheit lieber auf sich beruhen lasse, wage ich mich doch mal ganz unbedarft an den ersten Eindrucks des Blicks in das Schaufenster heran.


    Was bietet nun Holsts Musik auf, um das Wesen des Kriegsgottes in Tönen zu porträtieren? Es beginnt mit einem leisen Rhythmus: radada-dam-dam-dada-dam.


    Ein Herzschlag, der Unrast, ja Ungeduld verrät. Aber woher? Das wissen wir nicht genau. Es scheint unergründlich. Nur dass sich etwas unbestimmt dunkles, bedrohliches aus der Tiefe regt und langsam zu stärker wedenden Wellen aufbäumt. Da ist der Impuls des Aufbruchs (0:52), der, bevor er zur Blüte bersten kann, von der drohenden Wogen vereinnahmt wird. Statt eine liebliche Blume, nährt die verschwendete Kraft eine Richtung, ein Zielstreben. Die Unruhe der Herzschläge wird unterdessen zur unerbitterlichen Norm der Geschwindigkeit, den wachsenden Druck beherrschend. Die Befreiungsversuche des Aufbruchs verwandeln die Bedrohung erst zur blendend prächtigen, aber schrecklichen Schönheit, die dann schließlich jäh zusammenbricht/ der ein jähes Ende gemacht wird(?) (3:22). Der Aufbruch ist einverleibt, die Schönheit damit Vergangenheit.
    Zurück bleibt eine nackte, lauernde, heimtückische Bedrohung, durch ihre beiden "Monde" aufgeladen, die bald vehement und unbeherrschbar weiter drängt und wütet...


    Bei Crimsons Version scheint der "Aufbruch" nicht mitspielen zu wollen. Die Bedrohung, immer gegenwärtig, wird weder irgendwann schön, noch wirkt sie überwältigend stark; kein Anzeichen von Erhabenheit. Sie steigt nicht aus den Tiefen auf, sondern breitet sich dort, im Mark, aus. Sie mäandert vor sich hin und pirscht sich an den unerschütterlichen Takt (Herzschlag) heran, um ihn schließlich zu überwuchern und mit sich in die Tiefe zu ziehen, wo das Stück dann in allen möglichen Gegenteilen des Aufbruchs endet.


    Verdeutlicht Holst die Kraft des Er-/Einschlagens, das den Zuhörer der Stille überlässt, zeigt sich bei KC eine ungebündelte, aber mindestens gleichstark verheerende Kraft des Zerschlagens, die in der tiefen Stille nicht sichtbar ist/wäre.


    Musik ist eine "Zeitkunst". Wenn sie nicht mit Gesangstext korrespondiert, übermittelt sie in der Regel keinerlei begriffliche Information oder bildhafte Anschaulichkeit.


    Bei dem Stichwort "Zeitkunst" fällt mir noch ein, dass ich Deine an Orte orientierte Darstellung von 21.CSM sehr interessant fand. Ich sehe es eher als eine erzählte Geschichte, etwas wie ein Theaterstück. Nur beim Abschlusssong wird für mich die Bühne als Ort sichtbar: Die Darsteller versammeln sich hier in einer Schlussszene.
    Das Stück wird wieder und wieder (in Varianten) gespielt. Vielleicht ist ITWOP demnach eine Art 2. Runde?

    Warum nicht gleich eine Umfrage, eher für die weiblichen Mitglieder:
    Mit welchem Genesis-Mitglied würdet ihr pimpern..... also echt....:gruebel:



    Welchen Frosch hab'ten Ihr heut' verschluckt?