Notenvergabe für "Abacab"

  • Dodo/Lurker 8 Punkte. Guter opener der Seite 2, damals, beim Vinyl.
    Tony's Synthis again, fast ein Hauch Lammsteak. Ebenfalls frisch,
    ohne flach zu sein. Hätten sie doch wenigstens, wie auch bei "Behind The Lines",
    Synthi-Bläser, statt der schrecklichen echten, verwendet.


    Welche echten Bläser meinst du hier? Die von "No Reply At All"?

  • PHP
    Welche echten Bläser meinst du hier? Die von "No Reply At All"?

    Die natürlich auch. Der Titel ist ohne die Bläser, also in der Live-Fassung,
    erträglicher für mich. Ich denke, (lasse mich da aber gerne belehren) ,
    dass das bei Dodo/Lurker auch echte Bläser sind, oder?


    Ich höre das Abacab-Material auf jeden Fall viel lieber in den Versionen
    auf "Three Sides Live", ohne die Bläser; und etwas mehr im Stile
    der Duke-Genesis gespielt.


    PHP
    Außerdem gabs auf Duke auch schon Bläser....
    die immitierte nur der Tony mit mäßigem Sound......

    Zeile 1: falsch, denn wie Du in Zeile 2 sagst,
    wurden sie vom Synthi immitiert. Und das war - für mich -
    eben gerade ein großartiger Sound. Natürlich
    wussten wir das damals nicht, das Phil eigentlich
    Blech-Bläser wollte. Streng genommen,
    immitiert übrigens jeder Synthi-Klang irgendetwas,
    ob sich der Spieler dessen bewußt ist oder nicht.
    Oft sind es Fanfaren und Posaunen (Firth Of Fifth in etwa)
    Aber klar, Phil wollte die Bläser reinhaben in
    "Behind The Lines", die anderen beiden lehnten
    ab. Gott sei's gedankt, denn wie flach der Song
    werden kann, habe ich auf FACE VALUE zur
    Genüge hören müssen.


    Im Radio - für die, die es nicht miterlebt haben, konnte
    man dem Titel "Man On The Corner" damals kaum entfliehen.
    Der Clip zu Abacab lief sogar im DDR-Fernsehen;
    zusammen mit Turn It On Again und Follow You, Follow Me.

  • Die These - Synthie-Bläser = gut; echte Bläaser = "flach", empfinde ich doch als ziemlich fragwürdig. :ratlos:

    Was genau meinst du eigentlich mit "flach"? Mit diesem Begriff verbinde ich eher seichte Kompositionen auf längst ausgetretenen Pfaden des Mainstreams, ohne jeglichen Tiefgang. Die Wahl der Instrumente wäre für mich da kein passendes Kriterium und wenn, dann würde ich prinzipiell echte Instrumente den Keyboard-Imitationen vorziehen.

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

  • Eric: ich meine schlicht und einfach, dass Bezüge zum Phili-Sound
    (von Philadelphia), zur schwarzen Dance-Musik im Stil von Earth,
    Wind & Fire dem Geist der (bieherigen) Genesis widersprachen
    und für die Gruppe unpassend sind, weil der Disco- und Unterhaltungs-
    musik entlehnt. Aber in diese Richtung fuhr der Zug nun ab,
    schon klar. Okay, das waren dann eben die Genesis der 80er Jahre; nun
    gut. Ich war/bin davon enttäuscht, denn eine Band, die ich über alles
    liebte, bekannte sich zu Klängen, denen ich entfloh, wo immer ich
    konnte. Punkt.


    Einige Songs wie "Paperlate" und "No Reply At All" finde/fände ich auch
    ohne Bläser flach; aber die sind für mich dann noch die negative
    Krönung.

    Einmal editiert, zuletzt von Der Teemeister ()

  • Das hast du nun schon öfter geschrieben, aber meine Frage hat das leider nicht beantwortet ;).

    Achja, bei Dodo/Lurker gibt es keine (echten) Bläser, nur Keyboards.

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

  • Das hast du nun schon öfter geschrieben, aber meine Frage hat das leider nicht beantwortet ;).


    Er meint, dass echte Bläser (in diesem Arrangement) flach klingen, weil sie der amerikanischen Unterhaltungsmusik entstammen.


    Die Synthesizer-Imitationen sind wohl klanglich weit genug von den echten Bläsern weg, um als eigener Klang zu gelten. Ähnlich wie bei der Hammondorgel, die zwar eine Kirchenorgel imitieren soll, aber letztendlich doch eine ganz eigene Verwendung bekommen hat.

    So, let's drink some wine
    And have a good time.
    But if you really want to come through
    Let the good time, good time have you.
    It's what you've got to do.

  • PHP
    Achja, bei Dodo/Lurker gibt es keine (echten) Bläser, nur Keyboards.

    wäre ich mir bei den ersten Takten nicht so sicher.
    Im weiteren Verlauf des Liedes sind es natürlich eindeutig
    Synthis.


    Ich mach's mal einfach: Ich mag die 80er Jahre nicht.
    Ich hatte mein Radio nur noch zu den Oldie-Sendungen
    an; und ansonsten entdeckte ich mir neue Welten
    (Michael Nyman, Phillip Glas, Steve Reich usw.).
    Genesis mutierten für mich, Bläser, oder nicht,
    zu einer verflachten Unterhaltungs-Radio-Combo.
    Einzelne Titel waren immer noch brillant; aber ...
    Wenn mir nach Pop zumute war, hörte ich sie
    noch gern; aber dass war dann nicht mehr die
    Band, die ich einmal über alles geliebt hatte.
    Ich fühlte mich von der Band im Stich gelassen.


    Im allgemeinen bevorzuge ich ebenfalls Natur-
    instrumente; aber es kommt stets darauf an, wer
    was wie realisiert. Für den Ausdruck von - sagen wir-
    Entfremdung in der Großstadt sind Synthesizer
    und electronic-sounds (Industrial) besser geeignet.


    Ich mag Jazz; Fusion-Jazz, Jazzrock, Cool Jazz,
    Modern Jazz. Ich mag Ian Mc Domalds Blasinstrumente
    auf "In The Court Of The Crimson King" und ähnliche
    Alben mit Bläsern. Sie dienten dazu,
    Musik auf eine neue Ebene zu bringen.
    Den Funk auf Abacab und auf den Collins-Platten
    kannte man ja schon von E W & Fire.
    Ich habe diesen Sound nie gemocht und
    finde ihn flach; immer gemessen an der Musik,
    die es vorher gab - bei Genesis, und anderswo.
    Damit war Genesis von nun an infiziert.
    Aber das ist alles mein ganz persönlicher
    Geschmack - und mein Problem. Jeder hat halt seins ...

  • @Teemeister: Bitte dies jetzt nicht als Beleidigung verstehen, denn letzten Endes geht es ja wirklich um Geschmack.
    Ich liebe auch die alten Genesis (siehe meine Signatur)und bin bis heute ein Proggy. Ich liebe auch, ähnlich wie Du, den Jazz und die Klassik....habe mich aber darauf nicht eingeschossen.
    Ich denke, aus der Sicht der einzelnen Mitglieder betrachtet, war ihre Weiterentwicklung in Richtung Pop auch eine Art persönlicher Befreiung. Ich drücke es mal so aus: Progressive hat auch irgendwie etwas verklemmtes. Es zielt auf "höhere" Emotionen und trifft Gefühle über den Intellekt. Wie ehrlich, unverstellt und mutig kann ein einfaches Liebeslied sein. Letztens fiel mir auf das Genesis bis 77 kein einziges Liebeslied geschrieben haben. Und was soll ich sagen....ich vermute sie waren einfach zu verklemmt. Es geht mir jetzt nicht unbedingt um Liebeslieder oder eine Bewertung. Musik ist Kunst da gibt es keine Sieger. Es geht mir nur um die Tatsache das Authentizität den Mensch hinter dem Künstler zeigt. Rock hat unglaublich viel mit Enthemmung zu tun-auch bei Genesis. Doch bei Genesis gibt es immer eine gewisse Verhaltung, selbst wenn es um Aggressionen geht. Schau´Dir einmal Peters Körperhaltung bei den aggressiven Parts an.
    Provokation, welche zumindest in den jungen Jahren auch bei dieser Band spürbar ist, wird in bedeutungsschwangere Metaphern verpackt.
    Die von Dir angesprochene Musiksparte, welche ja schon in den 60ern große Triumphe feierte, lebt von Sex. Auch dieser Aspekt hat sehr viel mit Musik und auch Tanz zu tun. Nur wirkt der Arm mittelalterlicher Klerikalität in Europa bis heute und versteckte dieses Thema sehr geschickt-gerade in der Kunst. Auch hier wieder Verklemmung und Unterdrückung.
    Und zum Thema echte Instrumente:
    Musik ist sicherlich auch ein Handwerk. Stellt man dieses zur Schau ist man im Zirkus gut aufgehoben. Nutzt man allerdings das Instrument zum künstlerischen Ausdruck wird die Fertigkeit zur Möglichkeit die jede Zurschaustellung ignoriert. Und da spielt es keine Rolle welcher Mittel sich der Künstler bedient.
    Naja....nu habe ich Dein Posting mal mißbraucht um mich mal hier zur Schau zu stellen....:p

  • Auch wenn es nicht an mich geht :D will ich ein bisschen dazu schreiben, nämlich, dass das ein sehr sehr gutes Posting ist, das sehr viel wichtige und passende Erkenntnisse enthält:topp: - finde ich. :huhu:


    Irgendein Herr Novitz (meint die englische Wikipedia) unterscheidet zwischen "Art", the "creative art" (die kreative Kunst), und "Design", bei kommerziell-industrieller Nutzung und oft in Form von "applied art" (angewandter Kunst/"Funktionskunst").


    Das ist eher auf Bilder bezogen, aber die Grundidee finde ich gut.
    Wenn jemand Musik komponiert, die seiner Kreativität entspringt und dazu dient, selber etwas Bestimmtes auszudrücken, ist sie im Grunde interessant für mich.


    Ob Liebeslied, klassisches Werk oder amerikanischer Ghetto Hip-Hop: das hat alles eine Art von Aussage, und in dem Bereich will ich persönlich auch möglichst vielen "Selbstausdrucks-Stilen" eine Chance geben und "outside the box" denken.
    Klar, dabei findet man immer wieder Genres, bestimmte Instrumente oder Stimmen, die einem nicht passen. Manche mögen funkige Bläser nicht, andere ewig lange Orchesterstücke mit komplizierter Satztechnik (ich bin mit klassischer Musik z.B. ziemlich überfordert bzw. schalte oft beim Hören recht bald ab).


    Wenn aber ein Musiker überlegt, was im Moment beliebt ist, und dabei die Aussageabsicht und sich selbst komplett vernachlässigt, ist er bald im "Funktionsmusik"-Bereich. Musik zum Tanzen, Musik zur Entspannung, Musik zum Feiern etc., und aus künstlerischer Sicht ist das für mich einfach nicht so spannend wie das ehrliche Liebeslied.
    Genesis sind - finde ich - in den späten Jahren einen gewissen Schritt in diese Richtung gegangen ("Invisible Touch").


    Das heißt nicht, dass diese Musik schlecht ist. Sie wirkt nur (wie auch die etwas konventioneller gestaltete Kunst) auf einer anderen Ebene: einer weniger persönlichen Ebene (weil Intellekt/Gehirn/Gefühle,oder was auch immer, davon nicht direkt angesprochen werden), einer anonymeren Ebene, einer anspruchsloseren Ebene.


    Und auch das hat irgendwie seinen Platz (wie der Teemeister auch schon in einem anderen Thread meinte). :topp:


    Zitat


    Im allgemeinen bevorzuge ich ebenfalls Natur-
    instrumente; aber es kommt stets darauf an, wer
    was wie realisiert.

    Finde ich auch.
    In dem schönen Buch "Das wohltemperierte Gehirn" fand man u.a. auch heraus, dass akustische Instrumente ein ungemein breites Frequenzspektrum haben (mit Obertönen, Resonanzen etc.) und auch sehr eigene, sehr unexakte, aber lebhafte Klangfarben haben, die viele Menschen auf unbewusster Ebene ansprechen.

    So, let's drink some wine
    And have a good time.
    But if you really want to come through
    Let the good time, good time have you.
    It's what you've got to do.

  • @ brecher:


    PHP
    Wie ehrlich, unverstellt und mutig kann ein einfaches Liebeslied sein.  Letztens fiel mir auf das Genesis bis 77 kein einziges Liebeslied  geschrieben haben.

    Das ist leider nicht ganz richtig; "Visions Of Angels" - und , noch
    deutlicher, "Let Us Now Make Love",auch "Pacidy" waren Liebeslieder.
    Und die habe ich kürzlich gegenüber Herma mit Herzblut verteidigt:)


    PHP
    Nutzt man allerdings das Instrument zum künstlerischen Ausdruck wird die  Fertigkeit zur Möglichkeit die jede Zurschaustellung ignoriert.

    Wenn ich Dich da richtig verstehe, hast Du diese Meinung wohl exklusiv.
    Oder soll man die virtuosen Instrumentalisten abschaffen?
    Viele sind völlig in ihre Arbeit versunken, aber gerade
    diese irre Virtuosität, wird, ob sie das wollen, oder nicht,
    vom Publikum als sexuelle Energie erfahren.
    Denk nur an den verklemmten Clapton, der sogar - bei Cream-
    oft mit dem Rücken zum Publikum spielte - hat ihm nicht geholfen:
    "Clapton is God2 - gröhlten und kreideten die Fans an den
    Häuserwänden.


    PHP
    Musik ist sicherlich auch ein Handwerk. Stellt man dieses zur Schau ist man im Zirkus gut aufgehoben.

    Die Gitarre als verlängerter Phallus; solche Psycho-Theoreme
    hibt es natürlich. Letztlich verhält sich jeder Dirigent, und
    jeder Solist, wie ein Zirkus-Artist; nimm Hendrix, Jagger,
    Pete Townsend - na und?

    PHP
    Doch bei Genesis gibt es immer eine gewisse Verhaltung, selbst wenn es  um Aggressionen geht. Schau´Dir einmal Peters Körperhaltung bei den  aggressiven Parts an.

    Stimmt, aber das ist doch okay- schließlich sind es nicht
    Ike und Tina Turner ...


    PHP
    Ich denke, aus der Sicht der einzelnen Mitglieder betrachtet, war ihre  
    Weiterentwicklung in Richtung Pop auch eine Art persönlicher Befreiung.

    Psychologisch gesehen, ja. Aber mußte die Musik gleich so
    darunter leiden?


    Nein, wir alle lieben andere Aspekte an Musik. Weil unsere
    Seelen andere Arten von Nahrungen brauchen. Mein Ansatz bei
    Musik ist auf jeden Fall der Intellektuelle. Selbst noch bei den
    Rolling Stones gefallen mir die barocken Titel am besten.