Was lest ihr gerade, oder was wollt ihr lesen?

  • Ich lese gerade The Girls von Emma Cline. Eine Geschichte, die größtenteils 1969 in Kalifornien spielt.

    Evie ist 14, ihre Eltern beachten sie nicht, mit ihren Freundinnen steht es gerade eher so wechselhaft ...

    Aber dann tauchen Die Mädchen auf. Sie sind älter, sie sind anders - und Evie nähert sich ihrem Kreis an, in dem es um ein anderes Zusammenleben geht (1969, Woodstock) und in dessen Mitte ein Mann steht (aber nicht in der Mitte des Romans). Es braut sich aber etwas zusammen, der Summer Of Love wird übergehen in einen Winter Of Discontent...


    Noch habe ich das Buch nicht durch; ob Frauen an jeder Stelle nicken würden "ja, so war das mit 14", weiß ich nicht; in sich ist die Geschichte aber (bislang) überzeugend erzählt, in einem sachlichen, fast kühlen Tonfall, der mit der Hitze eines kalifornischen Sommers (und zumal dem von 1969) wenig zu tun hat, und ich bin gespannt, ob der Rest des Buches diese kühle Distanz noch motiviert.


    Was es ein wenig anstrengend macht: Die Parallelen zu einer damals sehr notorischen Sektengruppierung ist unübersehbar, und wie bei den Buddenbrooks ist absehbar, fast schon angekündigt, wie es werden wird. Jetzt muss man es aber noch lesen. Trotzdem bin ich sehr angetan von dem Buch - und es ist ein Debütroman obendrein.

  • Ich las gerade WANN WIRD ES ENDLICH WIEDER SO, WIE ES NIE WAR von Joachim Meyerhoff. Der Autor beschreibt in diesem autobiografischen Roman seine Kindheit/Jugend als Sohn des Leiters einer Kinder- und Jugendpsychiatrie in den 70er/80er Jahren in Schleswig. Die Familie hatte ihr Wohnhaus auf dem Gelände der Psychiatrie, und die zahlreichen Begegnungen mit den dortigen Patienten und Gepflogenheiten prägten Meyerhoffs Kindheit sehr stark. Dabei werden zahlreiche komische Anekdoten erzählt, ohne Menschen mit einer Behinderung bloßzustellen. Ein Höhepunkt ist der Besuch der Anstalt durch den damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Stoltenberg, der anders als geplant endet (mehr spoilern geht an dieser Stelle nicht).

    So wie Meyerhoff langsam älter wird, wechselt auch der Tonfall der Erzählung von überwiegend lustig zu ernst und auch tragisch.

    Das Buch bietet ein wahres Wechselbad an Emotionen und bleibt bis zum Ende - der Autor ist da schon erwachsen - intensiv und spannend. Insbesondee die Beziehung zu seinem Vater rückt dann ins Zentrum der Geschichte. Insgesamt sehr lesenswert!


    Ach ja, ich hab mir dann auch gleich noch den auf dem Buch basierenden Film angesehen, der partiell deutlich andere Schwerpunkte setzt. Der Film ist vor allem Dank Devid Striesow auch gut, aber das Buch ist noch deutlich inhaltsvoller und besser. Wenn man beides möchte, würde ich vorschlagen: Erst Buch, dann Film.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Ich las gerade WANN WIRD ES ENDLICH WIEDER SO, WIE ES NIE WAR von Joachim Meyerhoff.

    Auch die beiden anderen autobiographischen Romane "Alle Toten fliegen hoch" und "Ach diese Lücke, diese entsetzliche Lücke" habe ich mit Genuss gelesen. Sehr zu empfehlen.

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")

  • Von Joachim Meyerhoff gibt es (bisher, Stand 2024) insgesamt 5 autobiographische Romane (Reihe - Alle Toten fliegen hoch Nr. 1-5) :


    Amerika - Alle Toten fliegen hoch. Nr. 1.

    Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war - Alle Toten fliegen hoch. Nr. 2.

    Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke - Alle Toten fliegen hoch. Nr. 3.

    Die Zweisamkeit der Einzelgänger - Alle Toten fliegen hoch. Nr. 4.

    Hamster im hinteren Stromgebiet - Alle Toten fliegen hoch. Nr. 5.


    Joachim Meyerhoff ist einer meiner Lieblingsautoren.

    Die Bände 2, 3 und 5 sind meine Favoriten.

    Gerade mit Band 3 kann ich mich am meisten identifizieren, weil auch ich in meiner Jugend bei meiner Oma gewohnt habe und ähnliche Geschichten erzählen kann. Bei Meyerhoff gab es zum Frühstück bei der Oma Rotwein, mich schickte meine Oma mit einem ähnlichen Getränk in die Schule. Galt damals als gesund und leistungsfördernd. Egal.

    Die Brückner-Kühner-Stiftung und die Stadt Kassel vergeben jährlich einen Literaturpreis für grotesken Humor. Preisträger waren u.a. Loriot, Max Goldt, Heinz Strunk, Helge Schneider, Gerhard Henschel oder (2024) Joachim Meyerhoff.

    Meistens nehme ich an diesen Preisverleihungen teil (...wenn es zeitlich passt), so auch am 09.03.2024.

    Wie immer war es eine sehr ansprechende Veranstaltung und am Ende glänzte Joachim Meyerhoff mit einer faszinierenden, frei vorgetragenen und humorvollen Dankesrede.

    Die Amtskette des Oberbürgermeisters war Thema dieser Rede und dann auch beim anschließenden Empfang.

    Da mir das Buch Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke sehr am Herzen liegt, ließ ich es mir von Joachim Meyerhoff signieren.


    Es war ein sehr feierlicher und angenehmer Abend, vielen Dank dafür.



    Kasseler Literaturpreis – Wikipedia


    :D

    "Ich bin total gelangweilt vom sogenannten Neoprog." (Hans Magnus Ryan/Snah/Motorpsycho)

    "...und der Nervenarzt weiß auch nicht mehr wie's weitergeht.." (Alles klar auf der Andrea Doria - Udo Lindenberg)

    "Was ich haben will, das krieg' ich nicht und was ich kriegen kann, das gefällt mir nicht".

    Fehlfarben 1980 LP "Monarchie und Alltag" Lied "Paul ist Tot".


    8)

    11 Mal editiert, zuletzt von Schlammteufel ()

  • Mit dem vierten Band bin ich nicht warm geworden und habe ihn nicht zu Ende gelesen. Deswegen hatte ich bisher auch kein Interesse am 5. Band.

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")

  • Es ist ein gutes Lesejahr, wenn ich am Ende darauf zurückblicke und sagen kann: Es gab dieses Jahr ein Buch oder zwei, die mich wirklich berührt haben. Wir haben Mitte April, und ich habe schon ein solches Buch gelesen:


    Anfang 2003. Anne Berests Mutter erhält eine Postkarte, auf der nichts weiter steht als vier Namen. Die Namen von vier Angehörigen, die in Auschwitz ermordet wurden. Anne beginnt zu forschen und entdeckt allmählich die Geschichte ihrer Familie. Das Buch liest sich wie ein Bericht, sachlich, nüchtern. Gerade im ersten Teil ist es dadurch schwer zu ertragen, vermittelt aber (deswegen?) einen guten Eindruck davon, warum Juden im besetzten Frankreich bis zuletzt nicht glaubten, was ihnen bevorstand. Der zweite Teil berichtet von der Kriegs- und Nachkriegszeit und Annes Recherche nach der Familiengeschichte und dem Absender der Karte.


    Anne Berest, Die Postkarte. Gut geschrieben wie ein Roman und nüchtern wie eine Biographie und beeindruckend und entsetzlich und keine Strandlektüre, aber ein Buch, das jeder und jede lesen sollte.

  • Foxtrot von einem gewissen Mark Bell (der sich erfolgreich im oder vor dem Internet versteckt)

    Da ich das Lamb-Buch von ihm gelesen habe, erwarte ich auch hier viel Freude beim Lesen.

    Leider tu ich mich schwer mit dem Buch. Das Lesezeichen ist irgendwo in der Mitte platziert, und das Buch liegt griffbereit neben dem Bett. Aber ich komme nicht weiter. Es gibt ja die bekannte Schreibblockade, aber eine Leseblockade wäre mir neu. Merkwürdig, das alles …

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")

  • Leider tu ich mich schwer mit dem Buch. Das Lesezeichen ist irgendwo in der Mitte platziert, und das Buch liegt griffbereit neben dem Bett. Aber ich komme nicht weiter. Es gibt ja die bekannte Schreibblockade, aber eine Leseblockade wäre mir neu. Merkwürdig, das alles …

    Das ist nur der momentane Aprilfrost, im Mai geht es wieder besser.

    "Mal abgesehen von sanitären Einrichtungen, der Medizin, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung und der allgemeinen Krankenkassen, was, frage ich euch, haben die Römer je für uns getan?"

  • Leider tu ich mich schwer mit dem Buch. Das Lesezeichen ist irgendwo in der Mitte platziert, und das Buch liegt griffbereit neben dem Bett. Aber ich komme nicht weiter. Es gibt ja die bekannte Schreibblockade, aber eine Leseblockade wäre mir neu. Merkwürdig, das alles …

    Da bist du nicht alleine. Mir geht's genauso. Keine Ahnung warum 🤷🏼‍♀️.

  • Ich hab grad erst angefangen. Schön fand ich schon mal die Anekdote mit den Congas auf „All Things Must Pass“. Herrlich! 😂

    Grundsätzlich finde ich, Bell kann schön flüssig schreiben und wird (eigentlich) auch nicht zu wissenschaftlich.

    Und den dritten Schritt zu gehen, nach Lamb und Foxtrot dann Face Value zu bringen, überrascht mich positiv!

    I know a farmer who looks after the farm.
    With water clear, he cares for all his harvest.
    I know a fireman who looks after the fire.