Es gibt wirklich grausame Libretti, und zwar nicht zu knapp. Ich möchte aber einen Gedanken dazuholen: Die Texte sind zum Singen da. Was sich gelesen schlimm ausnimmt, kann gesungen eine ganz und gar andere Qualität bekommen. Ich habe das ganz besonders an den Texten Wagners bemerkt, wie krass sich der "Weia! Waga! Woge, du Welle!"-Quatsch in der Musik als sehr reizvoll zu erkennen gibt. So wie bei Songtexten auch bin ich irgendwann drauf gekommen, dass es nicht zuletzt auf die klangliche Eignung und Entfaltung ankommt. Damit zusammenhängend: literarisch anspruchsvolle Formulierungen können sich in Musik sehr gestelzt und konstruiert anhören.
Hier ist ein ähnkiches Beispiel aus der Rockmusik, dem Prog gar: On a sailing ship to nowhere, leaving any place, If the summer change to winter, yours is no disgrace
Klingt komisch, hört sich aber gut an beim Singen, und man kann ganze threads hindurch drüber diskutieren, ob es etwas Wesentliches bedeutet, und wenn ja - was.
Ich habe zwar auch den Eindruck, dass Klavierklang einer der großen zeitlosen Klassiker ist, aber der (sehr variable) Klang eines Sinfonieorchesters gehört ebenso noch immer zu den ganz etablierten Klangidealen. Nicht nur weil sinfonische Musik am meisten Klassik-Hörys zieht, sondern auch Bereiche wie Filmmusik belegen das m.E. sehr eindrucksvoll: Da wird u.a. klassikfernem Publikum dann ein ganzer Score untergejubelt, ohne dass dies negativ auffällt. Ich bin auch überzeugt davon, dass man mit Streichorchester viel mehr machen kann, als du es bislang abgespeichert hast.
Naja, mir kann man die nicht so einfach unterjubeln,obwohl ich vermutlich sogar etwas klassiknäher bin als der Durchschnitt. Ich steige erst mit den folkloristischeren Streichersoundtracks der Italo-Western Western ein. Und ja, ich würde gern mehr frische Herangehensweisen im Umgang mit Sreichorchestern hören. Vielleicht hast Du ja von dem, was es an Neuerem so gibt, ein paar Tipps.
Dass Davis als einer der größten Jazzmusiker schon jetzt im Museum angekommen ist, ist die eine Sache. Ob seine Aufnahmen und Kompositionen auch für zukünftiges kulturelles Leben eine mehr als nur kleine Rolle spielen werden, wage ich zu bezweifeln. Ich stelle mir so kleine versprengte Jazz-Zirkel vor, in denen man sich über solche Aufnahmen austauschen wird. Ich sehe vor meinem antizipierenden Auge ein paar Davis-Tribut-Nächte in Clubs, vielleicht auch mal in größeren Sälen. Aber natürlich auch: Jazz-Combos, die immer mal den ein und anderen Davis-Titel im Set haben. Edit: Ich sehe bei längerem Nachdenken noch einen großen Davis-Spielfilm, der mal für ein zwei Jahre eine kleine Renaissance nach sich zieht.
Das kann gut sein. Jazz ist ja jetzt schon iregendwie mindestens in der Stagnation. Zumal es derzeit auch keine Leader mehr gibt, die irgendwie neue Zeichen setzen. Und für die Klassiker fehlt irgendwie eine Aufführungszene.
Dafür ist der Jazz ja nun auch nicht sonderlich geeignet. Wie will man Miles Davis oder den Coltrane lebenig halten? Alben nachspielen wäre albern, Konzerte voller Original-Improvistionen auch. Die Originalmusik lebt, aber es ist schwer, sie auf den Bühnen weiter zu zelebrieren. Es müssten sich Musiker finden, die in ihrem Geist und mit ihren Themen live spielen und dann eigene Improvisationen dazu liefern. Aber wenn die gut genug dafür sind, können sie auch gleich ihr eigenes starkes Ding machen.
Ich selbst gehe eher von Vergänglichkeit als Ewigkeit aus. Aber wie gesagt: Selbst die bislang schlappen 200 plus x Jahre "Zauberflöte" sind schon herausragend viel. Zudem scheint es, als ginge das erstmal noch so weiter mit Aufführungen rund um den Globus. In puncto Langlebigkeit würde ich auf "Sgt. Pepper" weiterhin nicht in der Form wetten.
Ja, gerade der Prog hat ja diese Rückwendung zur tradierten Klassik und ihrem Werkbegriff inne. Da spielt die Bedeutung der Form und des künstlerischen "Gehalts" eine größere Rolle, meine ich.
Wie oben irgendwo schon vermutet, könnte zumindest auch die ständig weiter wachsende Masse an Populärer Musik verhindern, dass potenziellen Ewigkeitskandidaten überhaupt langfristig Gehör verschafft werden kann.Wer wird sich denn da herauskristallisieren, um ihn vielleicht mit Neuinterpretationen oder/und historischer Aufführungspraxis am Leben zu halten? Wer versammelt da genug Anhänger, um unter Myriaden von Bands und Solokünstlern einen Platz im Olymp zu bekommen?
Ich frage mich, inwieweit beim andauernden Erfolg Mozarts auch immer ein wenig sein schillernder Charakter eine Rolle spielt, und beantworte die Frage aber gleich mit einem Nein. Beethoven und Bach waren langweiliger, und die laufen auch gut. Das spricht eigentlich umso mehr für ihre Musik, also ich meine, die Musik der drei, Mozart würde sicher auch ohne all die Bio-Pics über sein skandalöses Leben gut laufen. Das heißt, man muss kein Pop-Megastar (gewesen) sein, damit die Musik ewig wird. Das ist doch beruhigend.