STEVE HACKETT: "The Circus And The Nightwhale" (16.02.2024) - Rezension online

  • Trav'la für traveller ist in traditionellen Landstrichen verbreitet und hat je nach Sicht verschiedene Konnotation. Ursprünglich bezeichnete man damit Gypsies, also irische Pendants zum bei uns früher als "Zigeuner" bezeichneten fahrenden Volk. Die selbst waren stolz, unabhängig und frei, hier ist traveller positiv besetzt.

    Seit den 70gern wird das Wort auch für einen ausgedehnten Kosmos an Kutsch- oder Wohnmobil-Cliquen verwendet, vor allem "weiße" New Age Anhänger, Ufo-Gläubige und so, die oft ungefragt auf fremdem Land campen und Feuer machen und Müll hinterlassen. In der englischen Gentry und Landbevölkerung ist traveller/ travla absolut negativ besetzt.

    Englische, irische, walisische Auswander brachten das Wort nach Australien und dort wandelte sich der Begriff zur Betonung einer Buddy-Kultur. Beim australischen Tavla schwingt mit die Erzählung von Zusammenhalt, harter Arbeit, selbständiger Unabhängigkeit und Ehrencodex. Steve mit seiner großen Entourage an Freunden auf der ganzen Welt könnte den australischen Begriff im Kopf gehabt haben.
    Und seit Neuestem ist das auch ein Bier.

    Passt also eigentlich alles auf Steve. :thumbup:

    Alter Schwede - woher weißt du sowas immer? Danke! :)

  • Danke sehr, Nettigkeiten machen gute Laune. Zig Verwandte in GB, ausgewanderte Cousins in Australien und viele viele Pints in Fox & Hounds Pubs.


    Ich mag dieses Sleeve Art von Steve immer mehr,

    Und der Zirkus könnte dann wohl Teil des seinerzeitigen Battersea-Vergnügungsparks sein?

    Vielleicht nicht 1:1, aber sicherlich vom Eindruck her.

    Battersea lernte ich im heißen Winter 77 vom papier her kennen. unser Englisch & Kunst Lehrer nahm das Animals-Cover zum Thema. In Teams recherchierten wir Hintergründe, was repräsentiert die Power Station, was der alte, aber damals abgeranzte und verarmte Stadtteil. Geschichte des einst stolzen Borough of Wandsworth (dort in Putney ist auch Anthony Phillips geboren). Unser Team war dem Battersea Park zugeteilt, wir ließen uns Berge von Infos kommen. Hier war es, das Merry Old Blighty! Davon hatten uns schon die Tommys und meine Tanten erzählt. Gemütlicher Vergnügungspark mit herrlichen Farben, liebevoll ziselierten Verschnörkelungen, überall Wimpelchen und Fähnchen, Tea und Gebäck in Zelten. Davon gab es mehrere schöne, kleine und große. Leider hab ich die Prospekte von damals nicht mehr. Ich folge aber schon länger einem ganz tollen Blog (dessen Autor soll auch Ben Aaronovich zu Rivers of London inspiriert haben).

    Es gibt eine große Abteilung zu Wandsworth, zum Kiez Battersea , dem Park und Festival Pleasure Gardens >> A London Inheritance (blog , facebook, insta)


    Den Park erkundet der Autor anhand eines alten Prospektes von 1951 und vergleicht dazu Fotos, die sein Vater (in den 50ger Jahren?) schoß. Ziemlich weit unten findet sich der Dance Pavillion


    und noch weiter unten die kleinen Refreshment-Tents in den Festival Pleasure Gardens


    Vor mir entsteht sofort diese bunte Welt, die den kleinen Steve im Vorschulalter zum Staunen gebracht haben mag. Man hört das Klingeln der vielen Fahrgeschäfte und fühlt sich wie in Vanity Fair.


    Schön gemacht, der Zirkus im Maul des Nacht-Wales auf Steves Cover.

  • Frage mich, was ein Nightwhale/Nachtwal sein soll, zumal auch noch in einem Wort geschrieben ...


    Eine von Steves (Alb-)Traum-Fantasien?


    Oder ein Anagramm? Da fällt mir auch nicht viel Sinnvolles ein:

    GAL WITH HEN

    HEALTH WING

    LAWN HEIGHT


    Oder ist der Albumtitel eine Art Schüttelreim?

    The Curses And The Whitenail ...


    Hm ... :/

    Understand, Rael: It´s a trick of the tail ...

  • In Island (und vielleicht auch anderswo) gibt es die Attraktion "Night Whale Watching" oder "Midnight Sun Whale Watching". Demnach wäre nicht von einem Nachtwal die Rede, sondern von einem Wal bei Nacht. Und zwar als Attraktion. Und Attraktionen gibt es ja auch im Zirkus.

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")

  • Macht Spaß zu lesen, was hier zusammengetragen wird. Ich habe eine Moby-Dick-Referenz in Steves Biografie gefunden (vielleicht habt ihr sie aber auch schon wiederentdeckt). Sie hat mit einem wichtigen Erlebnis in seiner Jugend zu tun - seine Eltern wandern mit ihm nach Kanada/Vancouver aus. Bei der Überfahrt per Schiff sieht er eine französisch synchronisierte Film-Version von Moby Dick. Steve dazu: "The lonly drama seemed to be played out just for me. An Odyssy within an Odyssy. A Dream within a dream." Das klingt schwer beeindruckt. Kurz zuvor hat er noch den Funfair erwähnt, wohl den in Battersea (?), der ihm bislang kurze Momente schöner Spannung beschert hatte.


    Wenn ich mal ein bisschen rumspinne, stell ich mir die Frage: Ist der riesige Wal auf dem Cover eigentlich gefährlich/böse und will den Fair/Zirkus verschlingen/zerstören oder ist er für Steve (den kleinen Steve) das perfekte Transportmittel, um seine geliebte Attraktion aus England nach Kanada zu bringen. So dass er best of both worlds hat. Vancouver gefiel ihm ja wohl ziemlich gut und es war ein Schock ("Horror"), als es dann wieder zurück nach England ging.


    Naja, wir werden es im Februar erfahren. Jedenfalls ist wohl - wie schon angesprochen hier - Autobiografisches vom neunen Album zu erwarten.

  • Für mich klingt das ähnlich wie Nightingale. Bei Wikipedia steht zur viel zur Symbolik der Nachtigall - vielleicht übernimmt der Wal das nun?

    Die Assoziation hatte ich tatsächlich auch, war mir dann aber zu gruselig <X, zumal ich für die Nachtigall (und auch für Florence Nightingale) eine Menge übrig habe ... À propos: man stelle sich ein Lazarett damals im Krimkrieg vor, und statt der "Lady with the lamp" macht ein "Nachtwal" die Runde - phew ...

    Understand, Rael: It´s a trick of the tail ...