Zum Inhalt hat noch niemand etwas geschrieben oder kommentiert? Nun ja, dann wird es wohl mein Job als Seller sein, den Anfang zu machen. Endlich hatte ich die angemessene Zeit gefunden, nach einem verfrühten Feierabend die Titelstory zu zelebrieren. Der Fokus im Vergleich zur damaligen Selling England - Story liegt nun im textlichen Bereich, auch im Hinblick bzw. auf dem Hintergrund der gesamten Progrock-Szene dieser Zeit, allen voran Van der Graaf Generator (kosmisch-düster), King Crimson (von okkulten Parallelwelten hin zu gesellschaftskritischen Themen), Yes (spirituelle Sphären) und Jethro Tull (mittelalterliche Images und auch die Welt der Elfen, Wald- und Meeresgeister). Vergleiche werden gezogen, Unterschiede herausgearbeitet. Die mythische Welt der Fabelwesen und skurrilen Fantasy-Geschichten der bisherigen Genesis-Alben wurde nun neu gescannt auf politische Botschaften, und es stellte sich heraus, dass schon seit Trespass (links-)politisch gegen die herrschenden oberen Klassen rebelliert und über sie lustig gemacht wurde, nicht erst auf Selling England, das diesem Trend natürlich die Krönung aufsetzt, ohne sich aber gänzlich von der Welt der Fabeln und Fantasie zu verabschieden.
Neu für mich ist, dass ursprünglich eine Suite à la Supper`s ready angedacht war, in der die Stücke "Dancing with the Moonlit Knight", "The Cinema Show" und "Aisle of Plenty" nahtlos ineinander übergegangen wären. Mir hätte das ebenso gefallen wie Steve, von dem ein wie immer sympathisches Interview zu lesen ist. Dass Tony seinen eigenen Text zu Firth of Fifth völlig zu Unrecht verschmäht und als den schlechtesten aus seiner Feder bezeichnet, finde ich ebenso obskur wie der Autor Sascha Seiler. Ich muss gestehen, in meiner möglicherweise kindlichen Naivität, dass mir der Text einer der gelungensten erscheint, vor allem auch was die Passung zur Musik betrifft. Ich liebe dieses Stück abgöttisch! Steve erklärt, oder besser gesagt, deutet im Interview an, warum dieses Album sein Lieblingsalbum der Band-Geschichte ist und spricht mir dabei aus dem Herzen. Stolz erzählt er, wie er sich auch mal durchsetzen konnte, so dass After the Ordeal" schließlich (doch noch) auf dem Album landete. Danke, Steve, für dieses Juwel!
Mit einem traurigen Gefühl lese ich das Ende des Interviews:
ECLIPSED: "Und diesen Klassiker hast du ja auch wie andere Genesis-Platten jener Ära unter dem Motto "Genesis Revisited" auf die Bühnen der Welt gebracht. Wirst du das fortführen?"
HACKETT: "Das Problem ist natürlich, dass ich schon überall auf der Welt damit war. Wo soll ich denn noch hingehen? Ich müsste es schon den Pinguinen in der Antarktis vorspielen. Wobei, vielleicht sind die auch an Genesis interessiert, man weiß ja nie (lacht)." Tja, da ist mir eher zum Weinen zumute Heißt das, er beendet "Genesis Revisited"? Ripples never come back? Nee, falsches Album. The river of constant change Wer weiß, was danach kommt. Vielleicht wird er auch andere Alben mit Orchester aufführen? Ich will nicht, dass es vorbei ist!