IN TOO DEEP (4): Die Sternstunden des Tony Banks

  • Selbstverständlich hat jeder Musiker seine idiosynkratischen Eigenheiten. Ich behoapte mal (ist das Bayerisch?), dass Rick seine Schwierigkeiten hätte, "Riding The Scree" zu spielen. Virtuos sind sie beide.


    Und selbst, wenn Rick (den ich sehr schätze) noch schneller spielen kann als Tony, bedeutet das noch lange nicht, dass nur der virtuos ist, der genau so schnell wie Rick spielt.

  • Danke für diese Aufstellung. Allein (Me and) Sarah Jane hätte ich auf die Ersatzbank gesetzt. Spontan fiele mir aber kein den anderen Tracks ebenbürtiger Ersatz dafür ein.

    Gern geschehen. Neben seiner Dynamik, Melodien und Stimmungen gehört Me And Sarah Jane für mich wie beschrieben vor allem dahingehend unbedingt zur Stammelf, da der Song in kompakter Form so viele Strukturen und keinerlei Wiederholungen aufweist. Bezüglich dieses Aspekts ist natürlich auch das grandiose Can-Utility And The Coastliners zu erwähnen (wobei da glaube ich Steve den Löwenanteil der Komposition zu verantworten hat, wenn ich mich nicht irre). Das halte ich schon für sehr ungewöhnlich.


    Wenn Du Sarah aber gerne auf die Ersatzbank verbannen möchtest, würde ich Dir bei der Suche nach einem den anderen Tracks ebenbürtigen Lied gerne "The Lamia" vorschlagen, das ohnehin nur knapp an der Startelf vorbei geschrappt ist. Ein weiteres, komplexes Juwel, das eine ganz eigene, verträumte Stimmung ausdrückt. Aus meiner Sicht prägt es die zweite Hälfte des Albums sehr. Hier empfehle ich übrigens dieses youTube-Video. Ist zwar nicht Tony, dem man hier genauestens auf die Finger schauen kann, aber auch der hier tätige Pianist zeigt, wie anspruchsvoll das Werk tatsächlich ist:


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    pealmu: Die beiden von Dir zuerst genannten Songs hatte ich tatsächlich auch aufgrund der von Dir erwähnten cross-hand-Technik in der weiteren Auswahl. Letztlich wurde nach Tagesform entschieden. Ein Trainer muss eben auch mal harte Entscheidungen treffen. ;)

  • Selbstverständlich hat jeder Musiker seine idiosynkratischen Eigenheiten. Ich behoapte mal (ist das Bayerisch?), dass Rick seine Schwierigkeiten hätte, "Riding The Scree" zu spielen. Virtuos sind sie beide.


    Und selbst, wenn Rick (den ich sehr schätze) noch schneller spielen kann als Tony, bedeutet das noch lange nicht, dass nur der virtuos ist, der genau so schnell wie Rick spielt.

    Stimmt! Rick sucht mit seinen schnellen Läufen die richtigen Töne, wohingegen Tony sie auch findet :)

    Aber Rick ist auch super, vor allem auf Awaken.

    “It doesn`t have to be like this. All we need to do is make sure we keep talking"

    Stephen Hawking

    (Zitat aus dem Song "Keep Talking" von Pink Floyd, mit Stephen Hawking`s Stimme)

  • Da ich nach wie vor ein glühender Anhänger der Banks-Kompositionen im Bandgefüge bin,

    Bin ich auch, aber zusätzlich auch von einigen seiner Kompositionen aus den Solo-Alben. Die größte emotionale Tiefe in der Genesis-Musik erreichte Tony Banks mit seinen Kompositionen. Darin sehe ich seine wesentlichste Stärke. Wie der Mutzelkönig hier im IT-Forum am 24.11.2010 richtig zitierte, sagte Tony Smith über Tony Banks: "Ich sagte immer, man könne praktisch jeden ersetzen außer Tony. Ich denke, der Genesis-Klang, das ist Tony." (Tony Smith über Genesis, Songbook DVD). Das sehe ich im Grunde auch so, nur dass mir Genesis ohne Steve Hackett doch ein wenig weniger nach Genesis klangen als vorher. Und: Für die Umsetzung seiner musikalischen Ideen und Impulse, vor allem für die Arrangements, Instrumentierungen, den Gesamt-Sound und die Gesamt- Performance, braucht er definitiv auch die anderen Genesis-Kollegen, wie auch schon oder so ähnlich der Mutzelkönig bemerkte.

    Doch zunächst zur Chef-Frage. War er das wirklich? Ich weiß nicht, ob es eine Info war, oder nur mein subjektiver Eindruck, aber ich glaube dass Tony die Rolle des Band-Chefs zumindest von 1975 bis 1978 hatte. Ab Duke wurde der Einfluss von Phil stärker, sowohl in der Kompositionsarbeit, wie auch im "Ton-Angeben" bzw. Bestimmen. In meiner Wahrnehmung ist Phil seit Abacab (gefühlt) der neue Band-Chef, auch wenn er grundsätzlich demokratischen Prinzipien verpflichtet blieb (im Gegensatz zu Robert Fripp). Seitdem fehlte mir der starke Banks-Einfluss mehr und mehr, bis auf wenige Ausnahmen wie Fading Lights. Bereits auf den Interviews zur Abacab-Tour (s. DVD "three sides live") hatte ich immer den Eindruck, dass Phil den Tony schon ziemlich im Griff hatte. Vermutlich ist Tony wegen des Welt-Erfolgs von "In the Air tonight" doch sehr vor Neid erblasst und Phil für ihn um einige Höhen gestiegen, demzufolge er kleiner wurde.

    Nun zu seiner Musik. Um es vorweg zu nehmen: Für mich ist er einer der größten Komponisten (nicht Tasten-Virtuosen) der gesamten Rockmusik -Ära, wenn nicht sogar der allergrößte, auch wenn er alles andere als ein Rock(musik)er im eigentlichen Sinne ist ("Rock" ist hier in Zusammenhang mit Tony Banks wirklich nicht so passend :-)) Aber ja, er ist für mich der Beethoven der Prog-Musik, so sagt man doch, obwohl Vergleiche mit Komponisten der Spätromantik wie Ravel, Debussy, Rachmaninov, Glasunov, Schostakovich, Mahler und Bruckner viel eher passen würden.

    Es fällt mir sehr schwer, mich auf 12 Stücke als Glanzpunkte von Banks zu beschränken. Ich kann das nur, wenn ich die Stücke, wo die anderen mitkomponierten, nicht berücksichtige, denn sonst müsste ich beinahe jedes Stück von 1970 bis 1980 anführen.


    Mad Man Moon

    Traumhaft. Für mich war A Trick mein erstes Album in meiner Sammlung und spätestens durch Mad Man Moon mutierte ich zum Genesis-Fan (wenn nicht schon sofort mit dem Tanz auf einem Vulkan). Wie Virgil schon schrieb, Tony`s Ambitionen zur Kompositionsweise der klassischen Musik kommen darin sehr stark zum Ausdruck, was mir sehr gefiel, und dann singt Phil noch dazu!!! Wie krass ist das denn?


    One for the vine

    Traumhaft. Es gelingt ihm, einfache, eingängie Strophen- und Refrain-Melodien in eine symphonische Struktur mit avantgardistischen Momenten zu integrieren. Das Klingeln im Mittelteil hat`s mir angetan.


    Afterglow

    Auch traumhaft, aber kompakter und mainstream-fähiger, daher der Konzert-Liebling oder gar das meistgespielte Stück bei Konzerten? Tony`s Stärke, eine wunderschöne, verklärte Atmosphäre zu erzeugen bzw. auszudrücken! Der ideale Abschluss von den Instrumental-Eskapaden wie im Studio-Album ... in that quiet earth oder den Medleys auf den Konzerten. Ich liebe dieses Stück und ich könnte es immer wieder hören. Bitte auch wieder 2021 oder 2022! Und wenn nicht dann as sure as eggs nach der Apocalypse (noch besser).


    Burning Rope

    Ein unterschätztes Meisterwerk. Viele hier finden es ganz nett oder hübsch, oder eben langweilig. Ich finde, es trifft hier genau das zu, was Virgil über Me and Sarah Jane schrieb. Nur, dass dieses Stück eine Minute länger ist. Aber Burning Rope ist genau so lang/kurz wie Mama und es fühlt sich für mich beim Hören aber nur halb so kurz an, weil hier einfach viel mehr passiert an Stimmungen, Melodien, Harmonien, Akkordwechseln, Gitarrensolo, Keyboardparts, und vor allem auch Phils Schlagzeug-Spiel! Ich finde nicht, dass Phil das Stück gerettet hat, wie manche meinen, er hat es veredelt! Burning Rope ist eine Symphonie in Miniatur. Ein Lob geht auch an Mike, der hier die Melodie, die ihm Tony komponiert hat, fast so filigran spielt wie Steve es gemacht hätte (Vergleich mit Firth of Fifth kommt in den Sinn).


    Heathaze

    Ich muss auch dieses Stück hervorheben. Es ist eine unglaublich gelungene, sensible Ballade. Der Beginn, wie Phil singt, klingt ganz und gar nicht wie der Anfang eines eingängigen Pop-Liedchens. Es gibt chromatische Akkordwechsel direkt am Anfang. Banks spielt mit Auflösungen von krassen, dissonant klingenden in harmonisch klingende Akkorde. Und die Oboen-artige verzierende Übergangsmelodie zum "Refrain" ist eine der besonderen Eigenarten und Fähigkeiten von Banks, die ich sehr an ihm schätze. Und dann trumpft er auf mit einer ungewöhnlichen Melodie als Refrain, die Phil sehr gefühlvoll singt. Viele Neoprogger wurden von diesem Stück beeinflusst.


    Cul de Sac

    Ein anderes unterschätztes Stück, wie ich finde. Mit 5 Minuten ist es sogar eine Minuter kürzer als Me and Sarah Jane und 2 Minuten kürzer als Burning Rope. Es ist ein noch kompakterer Symphonie-Bonsai. Man beachte auch den abgehackten, an Behind the Lines erinnernden Rhythmus. Ich liebe dieses Stück.


    Me and Sarah Jane

    s. Virgil


    Evidence of Autumn

    Was anfängt wie eine unheimliche Bar-Musik in einem Geister-Saloon, entpuppt sich wieder einmal als eine Banks-typische Mega-Ballade. Man achte auf die Stimmung und Atmosphäre, die hier rüberkommt. Der Beweis von Herbst eben!


    You

    Wunderbare, gefühlvolle, melancholische Ballade mit dem überraschenden Effekt einer Temposteigerung und melodiösen Gefühlsentladungen in den quirlig- luftigen Keyboard-Soli. Die Traurigkeit ist verflogen.


    Forever Morning

    Auch eine Spezialität von Tony: Die hohe Klangkunst der akustischen Landschaftsmalerei! Der Nebel steigt empor über einem See, oder so etwas in der Art. Das Wechselspiel von Nachdenklichkeit oder Erinnerungen und meditativem Frieden.


    An Island in the Darkness

    Ich komme jetzt zum traurigsten und zugleich schönsten Stück von Tony, wie ich finde. Für mich ist es das Meisterwerk von Tony. Es verbindet alle seine Stärken. Entgegen der Meinung einiger anderer finde ich, dass es aus einem Guß ist, viel Atmosphäre und Abwechslung bietet, mehr als die meisten Hörer wahrscheinlich vertragen können. Die Übergänge könnten besser nicht sein, halte ich für extrem gelungen, eben nicht so zusammengefrickelt wie vieles andere im Prog-Bereich. Das Hauptthema kehrt in verschiedenen Varianten wieder, ziemlich am Ende dann mit einem ebenso sparsamen wie emotional-packendem Gitarrensolo von Daryl Stuermer. Das ist die Stelle, wo ich "sterben" könnte, falls Ihr wisst was ich meine. Dann am Ende die Erlösung! Für manch anderen, der dem Stück nicht ein Zehntel abgewinnen kann wie ich, vielleicht auch.


    Spring Tide

    Das Gegenstück von Island in the Darkness. So traurig-depressiv Island ist (es handelt ja auch von kollektiv-schwierigen Situationen, s.u.), so lichtvoll optimistisch, euphorisch und extatisch ist Spring Tide. Für mich das beste und eindrucksvollste Stück seiner Orchesterwerke. Bestes Mittel gegen Depression: Meditation auf Spring Tide!


    Zum Abschluss noch paar Worte, was Tony über das Stück "An Island in the Darkness" geschrieben hat: "An Island In The Darkness is about political situations: striving for something, getting there, and fighting to hold on to it. You know... Russia was so optimistic, and now it's going through a much more difficult stage. The same thing will happen in South Africa - the euphoria will disappear and then, having reached the goal that seemed so marvellous, things won't quite hold together. Many people will feel that it's worth carrying on, but they'll really have to fight." (Quelle: Baby-blaue Seiten)

    “It doesn`t have to be like this. All we need to do is make sure we keep talking"

    Stephen Hawking

    (Zitat aus dem Song "Keep Talking" von Pink Floyd, mit Stephen Hawking`s Stimme)

  • Tony ist sicherlich ein Virtuose aber kein Virtuosissimo. Was er aber quasi nie darstellt, ist nerviges viruoses Gedudel. Seine Soli sind durchkomponiert von Anfang bis Ende.


    Daher: the most tastefull prog keyboarder (wessen Zitat ist das eigentlich gleich nochmal?) Das trifft's schon wirklich gut.


    Die bisher genannten Songs stellen für mich mehrheitlich eher die erste Liga in einer grazilen Sportart dar... ich will ja nicht Ballett anführen, aber vielleicht Eistanz. (okay, Watcher eher nicht ;-))


    Dem möchte ich mal 11 Songs einer anderen Banks'schen Sportart gegenüberstellen, sagen wir American Football (weils vor kurzem inhaltlich gepasst hat). Es geht also um Macht, Prägnanz, Koordination, mit klaren Linien zum Ziel: Starke, orchestrale Themen, hook-lines, finishings. Bei dieser Sportart kommt natürlich den Mitspielern eine größere Rolle zu als bei den Soli. Aber das Rückgrat ist jeweils Banks pur:


    Cul de Sac
    unglaubliche Akkordfolgen, Orchestrierung, bis zum Finale. Top notch!


    Tonight, tonight, tonight
    Strophe: wer kommt bitte auf die Idee, Akkordfolgen auf B-Dur aufzubauen und drüber eine (quasi-)Moll Piepsflöte oder (live ab 92) Glockenspiel zu setzen? Krasse "Tension" und trotzdem eingängig. Und dann der Übergang vom Instrumentalteil ins Finale. Was für eine Explosion!


    Dodo
    Bombast-Intro mit verminderten Akkorden, wie eine Wand beim American Football. Kenne keinen LP-"Opener" (2.Seite Vinyl für die Alten wie mich), der mir jemals so unter die Haut ging.


    ... und gleich anschießend Lurker
    Finale Orchestrierung. Hammer. Nur Also Sprach Zarathustra kommt vielleicht noch etwas monströser.


    "Dukes Intro"
    Benchmark für jedes 80er Hook-Intro. Die Jump-Version von Genesis, nur schon früher komponiert. Man kann sie mögen oder verdammen, aber sie ist ein klassischer Touch-Down.


    Driving the last spike

    "We came from the north, we came from the south..." Auftakt und Abfolge der Akkorde im Refrain jagen mir jedes Mal Gänsehaut ein. Spielerisch keine Schwierigkeit, aber komponier' das erst mal...


    Los Endos "Squonk Reprise"
    Der "puliserende" Beginn nach der Pause basiert auf einer Folge von drei übermäßigen Akkorden (!) und hört sich dank der Lead-Stimme völlig normal an; bis es dann mit dem dominanten Paukenschlag in die Squonk-Reprise reingeht. In der Einfachheit liegt die Kraft, klare Melodie, Hymne pur.


    Seven Stones
    Ich kann's gar nicht genau beschreiben. Aber der Song hat einen wunderbar durchkomponierten Aufbau mit starken, prägnanten Keyboard-Arrangments.


    Musical Box, Closing Section
    Nicht besonders komplex, aber geniales Crescendo abgestimmt auf die Akkordfolgen. Now, now, now...


    Fading Lights (Solo)
    Starkes, dominantes Thema, gepaart mit schönem Solo inkl. Cross-Hand Technik. Natürlich exzellent unterstützt durch Phils Schlagzeugarbeit.


    As sure as eggs is eggs

    Mit jeder Live-Version wurde der finale Teil besser ausgearbeitet. Die durch Tonys Akkordsequenz vollbrachte Erhabenheit dieses Songteils kommt m.E. in der Live-Version von 86 vollends zur Geltung. So muss das gespielt werden. Und der 80erJahreKommerzoPhil hat sich da für die alte Komposition richtig ins Zeug gelegt und in den weiß-pupur-lila Lichtkegel gestellt. Wahnsinn. Funktioniert aber eben nur, wenn die Musik es ermöglicht. Und das tut sie, dank Tonys Komposition.

  • Sternstunden von Tony Banks gibt es viele.

    Die meisten wurden hier schon genannt.

    Da Tony aber auch zumindest ab einem gewissen Punkt immer auf der Suche nach dem perfekten Popsong war, möchte ich hier noch ein paar Songs nennen, die diesem Ideal eines einfachen und guten Popsongs am nächsten kommen.


    A TRICK OF THE TAIL

    Für viele das schwächste Stück auf einem herausragenden Album. Für mich ein echter Hinhörer, weil es toll swingt, und die Melodie hier vom Bass übernommen wird. Ganz starke und eingängige Nummer.


    RAINCLOUD

    Wunderbar positiv stimmender Popsong mit einfachen Hooks und nettem Groove. Viele andere hätten damit sicher einen Hit gelandet.


    DIAMONDS AREN'T SO HARD

    Was für eine tolle Melodie in der Strophe, und der Chorus ist auch nicht von schlechten Eltern.


    I WANNA CHANGE THE SCORE

    Der Hit, der keiner werden durfte, weil Kershaw keine Lust auf Promotion hatte. Jammerschade! Tony hätte eine gute Chartposition verdient gehabt!

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Endlich kommen, noch ein paar andere Beispiele, die ich auch im Ohr hatte...


    RAINCLOUD und DIAMONDS, sehr einverstanden, wunderbare Stücke insbesondere das Erste!


    Dann bringt mich I WANNA CHANGE THE SCORE auf eine (Thread)-Idee.


    Das ist ein Stück, da fehlt mir wirklich der Zugang, ich sehe das in einer Reihe mit BIG MAN (noch mehr Mühe) oder ANYTHING SHE DOES. Ich höre viel Plattes, Bemühendes. Nach dem Einstieg mit dem Refrain geht in der Melodie sofort der Schwung verloren. Ich hätte mir nie und nimmer vorstellen können, dass das einen Hit ergibt. Zu durchschaubar ist und war das, vorallem auch bereits damals.


    Aber die Absicht von Tony ist klar spürbar und ist eben genau für mich als Fehleinschätzung Teil seines kommerziellen Misserfolgs: jetzt mach ich das was die Leute von einem Hit erwarten – und schon gings schief – so banal funktioniert der Musikmarkt nunmal auch nicht...


    Wie bei THROWBACK: wie kommt man bspw. nur auf so eine schlimme Idee, echte Bläser mit Synthiebläser zu unterlegen, (habe ich erst Jahre späte erfahren und fand diese Todsünde Synthiebläser doppelt tragisch, da er sich doch eigentlich die ganze Mühe machte mit den „Echten“ und wohl glaubte, dass das hitförderlich wäre – ein gutes Stück wurde zu Plastik.


    Da sah ich eher bei ANGEL FACE oder RED DAY ON BLUE STREET das Potential zu mehr Kommerzialität.


    Ich kann das nicht so richtig begründen. Warum ich welche Stücke schlecht finde, denn DONT TURN YOUR BACK ON ME, könnte man ja auch hier einreihen, gefällt mir jedoch richtig gut, auch wenns uns Tony persönlich mit seiner Selbstkritik vermiesen wollte.


    Da also meine (wenigen) Hasskandidaten im Genesis/Bankskosmos weder HOLD ON MY HEART oder IN TOO DEEP persönlich sind, sondern andere wie SINCE I LOST YOU, PIGEONS, THE KNIFE (uii Fettnäpfchen) oder oben Genannte, interessiert es mich, was denn andere hier ähnlich, oder eben fast noch interessanter, Gutes sehen können, das ich nicht entdecken kann.


    Also langer Rede kurzer Sinn:

    Spannend finde ich nun, dass du Mutzel mit deinem grossen „Hörwissen“, das im Falle von I WANNA CHANGE THE SCORE offenbar ganz anders hörst.


    Darum die Thread-Idee, als Gegenpol zu diesem spannenden Sternstunden-Thread:


    „Lasst Euch eure persönlichen, schlechtesten Genesisstücke erklären (schmackhaft machen)“. sobald ich einen besseren Titel habe, mach ichs vielleicht ;)


    Meine Banks-STERNSTUNDEN

    SMILIN’ JACK CASEY

    GYPSY (Remaster 2019)

    THIRTY THREE

    AND THE WHEELS KEEP TURNING

    RAINCLOUD (Remaster 2019)

    THE MORE I HIDE IT

    NEVER LET ME KNOW

    CHARITY BALL

    SOMETHING TO LIVE FOR

    HEATHAZE

    MANY TOO MANY (die Königin aller Banksstücke, maximale Punktzahl)

    DUCCHESS (Mist, bereits zwölf)

    10 Mal editiert, zuletzt von ForPlay ()

  • Wollte eigentlich gerade die Steuererklärung für 2019 machen, aber ich schaff`s nicht. Das hier spricht mich mehr an. Bin zwar nicht der Mutzel, fühle mich aber angesprochen, weil ich den Song "I wanna change the score" im TotW-Thread mit 14 Punkten bewertet habe. Außerdem habe ich ihn gestern-abend meiner Freundin (und paar andere wie Red day...) vorgespielt, und sie konnte ebenso wenig wie bei "Red Day" und "I will be waiting" nicht verstehen, warum das nicht ein ganz großer Hit wurde.

    Was ich an dem Song so geil finde, ist einerseits der super-eingängige, optimistische, fröhliche Refrain, der sofort alle Sorgen und Nöte wegbläst, und andererseits das dramatische, düster-schräge Intro, das an späterer Stelle nochmal kommt, von einem Tony, der es nicht lassen kann, immer mal wieder schräge Akkorde einzubetten, wie z.B. auch in dem kurzen Mittelteil von Paperlate oder im C-Teil von Abacab (Reihenfolge der Teile vor der Instrumental-Session ist ja eigentlich ABABCAB). "I wanna change" ist ein so speziell aufgebauter Popsong in so mancherlei Hinsicht: Der Refrain kommt nicht nach dem Strophenteil, sondern davor, das war ja auch bei "Taking it all too hard" auf "Genesis" so, nur dass bei "I wanna" zuerst eben dieses ausladende Intro kommt, bei dem die meisten, mit "Wohlklang" verwöhnten Pop-Liebhaber schon direkt das Radio ausmachen oder umschalten würden. Und die Akkordfolgen, die nach dem Refrain kommen und die Strophen untermalen, sind das genaue Gegenteil von der Melodie des Refrains: Wenig eingängig, wenig optimistisch, wenig Wohlklang. Der Wechsel von Dur auf Moll behagt vielen nicht. Wer kann sagen, was für Akkorde das im Strophen-Teil sind? Vielleicht verminderte Sept-Akkorde? Und sehr Moll-lastig. Ja, man kann es natürlich so ausdrücken: Es fällt ab, und dann kommt wieder dieser melodramatische Gewitter-Teil aus dem Intro, der sich erneut wieder (wie Regen im Sonnenschein) im fröhlichen Refrain auflöst (könnte man auch "Regenbogen-Effekt" nennen) . Ich glaube, das ist den meisten Hörern einfach "too much" an Stimmungswechseln. Mehr als nur "one chord too far", mindestens drei zu viel. Damit hat er es sich verschissen. Ich stehe ja auf so was. Aber ich kann ihn verstehen, auch wenn er Popsongs schreiben wollte, auf seine Markenzeichen mit Wiedererkennungswert wollte er nicht verzichten. Außerdem passen diese Akkord- und Stimmungswechsel ja auch gut zum Text. Und "Red day" habe ich sogar im TotW mit 15 Punkten bewertet. Da finde ich die Akkordwechsel noch krasser. Die vielen verschiedenen Zwischenteile finde ich sehr gelungen und abwechslungsreich, das (echte!) Saxophon-Solo setzt dem ganzen noch die Krone auf, und wie er dann wieder zum eigentlichen Song zurück kehrt, finde ich einfach nur genial.

    Für mich war Throwback auch immer ein Skip-Song, und ich dachte immer, da wären keine echten Bläser bei gewesen. Danke für die Info, wieder was dazu gelernt. Die echten hört man ja auch nicht mehr raus. Die Synthi-Bläser machen wirklich alles kaputt, bin ganz Deiner Meinung. Auch in dem Punkt, dass alle Pop-Versuche von Tony so gewollt klingen. Vielleicht kommt dieser Eindruck aber auch automatisch dadurch zustande, dass man ihn mit seinen eigentlichen Stärken vorher anders kennen gelernt hat. So ein Bild prägt und zimmert sich fest. Vielleicht wollte er da einfach mal rauskommen, ähnlich wie Steven Wilson aus dem aufgebürdeten Prog-Klischee. Aber wie Steven Wilson in einem Interview (im MoMa - Morgenmagazin vor einigen Jahren) zugab, dass er mit den Pop-Liedern nun ein breiteres Publikum gewinnen will, hat auch Tony das schonmal irgendwo in einem Interview zugegeben, und damit wird es natürlich klar, warum es so gewollt poppig klingt. Aber am besten finde ich eben noch die Songs, wo wenigstens ein paar (schräge) Akkorde zu viel drin sind.

    “It doesn`t have to be like this. All we need to do is make sure we keep talking"

    Stephen Hawking

    (Zitat aus dem Song "Keep Talking" von Pink Floyd, mit Stephen Hawking`s Stimme)

  • Das hier spricht mich mehr an.

    Mich auch, ich lass mich nur zu gerne ablenken und dein Kommentar war spannend zu lesen – vielen Dank. Höre mir dann «I wanna change the score» nochmals an, ich finds nicht schlimm nur eben etwas langweilig, obwohl Banks «mein» Held ist – ok «unser».