Zustand der Musikindustrie / US-Charts

    • Offizieller Beitrag

    Moin


    ich bin eben über diesen Bericht gestolpert:

    https://www.heise.de/newsticke…zur-Nummer-1-4274898.html


    Fast schon dramatisch, was hier passiert. Es gab Zeiten, da brauchte man 500.000 Einheiten in den USA (physische Tonträger), um Platin zu bekommen.

    Welchen Sinn machen offizielle Charts noch ....?

    • Offizieller Beitrag

    Ich wusste auch schon früher nicht so recht, was die Charts sollten (außer festzulegen, welche Songs in welcher Reihenfolge in der NDR2 Hitparade u.dgl. laufen).


    Für mich stellt sich eher die Frage, warum überhaupt noch physische Tonträger produziert werden. Im Markt für Sammler rentiert es sich wohl noch über die Preise, aber als Massenmarkt scheint das Thema durch zu sein.

  • Für mich stellt sich eher die Frage, warum überhaupt noch physische Tonträger produziert werden. Im Markt für Sammler rentiert es sich wohl noch über die Preise, aber als Massenmarkt scheint das Thema durch zu sein.

    In Deutschland sorgten 2017 physische Tonträger noch immer für 54% des Umsatzes.

    http://www.musikindustrie.de/f…_aus_dem_Musikverkauf.jpg


    In USA mag das anders sein. Die Major Labels, die an den Streaming-Plattformen beteiligt sind, würden auf Tonträger natürlich gerne verzichten, weil es ihren Gewinn maximiert. Für die Künstler siehts anders aus.

    you're the ones we've been waiting for...
    Genesis - 98 München - 07 Linz, Düsseldorf x 2, Berlin, München - 22 Berlin x 2, London x 2

  • Ich denke allein in den letzten 2-3 Jahren hat sich die Szene sehr geändert. Vor 6-7Jahren war im Mediamarkt und bei ähnlichen Läden ein recht grosser Bereich mit CDs (und DVDs und BR) belegt. Damals bin ich da regelmässig vorbei, zum Stöbern und so. Dieser Raum schrumpfte enorm in den letzten Jahren und als ich vor kurzem in so einem Laden da war der Bereich auf weniger als ein Zehntel geschrumpft und fast nur noch die neuen, aktuellen Tonträger, die auch in den Charts laufen. Zum einen wird es deutlich, dass CDs nicht laufen, zum anderen bringt so ein 'Magerangebot' niemanden in den Laden.


    Heute kaufe ich CDs nur noch online. Meine Kids kaufen gar keine CDs mehr oder nuuuuur gaaaaaanz selten. Sogar MP3 Files werden immer seltener, heute laufen Spotify und Konsorten auf den Smartphones.

    Zy
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    "The music is the true currency. It's more valuable than the accolades or the money. The relationship is with the invisible muse and you know if she's pleased or if she ain't." - Steve Hackett

    • Offizieller Beitrag

    Welchen Sinn machen offizielle Charts noch ....?

    Das habe ich mich in der Tat eigentlich schon immer gefragt. Aber nun gut.


    Letztlich zeigt das Beispiel aber wieder nur, in welchem (zumindest für die Musiker) katastrophalem Zustand die heutige Musikindustrie ist: Mit Albenverkäufen kann ein Musiker heutzutage kein Geld mehr verdienen (außer den alteingesessenen Topstars, die noch an ihre alte Fanbase - welche an physische Tonträger gewöhnt ist - in nennenswerten Zahlen verkaufen können). Auch die Topstars verdienen damit bei weitem nicht mehr die Summen, die sie noch in den 90ern damit verdient hatten. Und das Streaming fängt dies überhaupt nicht auf. Bei den mickrigen 0,00xx Beträgen, die ein Musiker pro abgerufenen Stream "verdient", ist Streaming eigentlich gleich "Musik verschenken". Hierzu vielleicht folgender Artikel: https://www.basicthinking.de/b…ahlung-streaming-dienste/

    An sich ist mir zugegeben relativ unklar, warum Streaming eigentlich nach wie vor angeboten wird und für wen es sich letztlich wirklich rechnet. Für die Musiker definitiv nicht, für die Streaming Anbieter selbst eigentlich auch nicht (Spotify alleine hatte 2018 über 180 Millionen Nutzer, machte dabei aber einen Verlust von über 220 Millionen Dollar!), lediglich die Plattenfirmen selbst verdienen an diesem Modell, wenn auch diese bei weitem nicht mehr die Gewinne aus den 90er (oder früher) Jahren einfahren.


    Dahingehend erklären sich auch die stark gestiegenen Ticketpreise für Livekonzerte. Neben allgemein gestiegener Kosten (Personalkosten, Sprit, Strom, usw.) sind Livekonzerte aktuell eigentlich die einzige Möglichkeit für Musiker, nennenswert Einnahmen zu generieren. Kamen früher also die Einnahmen sowohl aus Plattenverkäufen, Konzerten und & Merchandise, so müssen heute die Ticketverkäufe und Merchandising die Musikereinnahmen quasi im Alleingang tragen.


    Ein weiteres Problem der aktuellen Musikszene insbesondere für kleine unbekannte Bands und Musiker ist das Wegsterben der Clubszene. Gab es noch Ende der 90er, Anfang der 2000er z.B. hier in Rhein/Main dutzende kleine Clubs, wo man auch als lokale recht unbekannte Band noch auftreten und sich ein Publikum erspielen konnte, so hat sich das drastisch gewandelt. Zahlreiche Clubs haben im Laufe der Jahre geschlossen, gleichzeitig ist das Publikum nicht mehr in gleichem Maße bereit, für unbekannte lokale Bands noch das Haus zu verlassen und Geld auszugeben. Da sind dann auch 7-10 EUR zuviel, da geht man lieber zu den großen etablierten Stars.

    Die Folge davon: Gerade lokale aufstrebende Musiker haben quasi keine Möglichkeit mehr, sich ein Publikum zu erspielen (dieses geht nicht mehr in die Clubs, die Clubs schließe daraufhin, die Musiker werden dadurch den Auftrittsmöglichkeiten beraubt) und können demzufolge keine Einnahmen mehr generieren (weil s.o. über Plattenverkäufe kommt ja auch nichts mehr rein, Streaming kann man pur als "Werbemaßnahme" verbuchen).


    Auch vor diesem Hintergrund würde mich beim Interview mit Steve wirklich interessieren, wir er die aktuelle Lage auf dem Musikmarkt empfindet.


  • An sich ist mir zugegeben relativ unklar, warum Streaming eigentlich nach wie vor angeboten wird und für wen es sich letztlich wirklich rechnet. Für die Musiker definitiv nicht, für die Streaming Anbieter selbst eigentlich auch nicht (Spotify alleine hatte 2018 über 180 Millionen Nutzer, machte dabei aber einen Verlust von über 220 Millionen Dollar!), lediglich die Plattenfirmen selbst verdienen an diesem Modell, wenn auch diese bei weitem nicht mehr die Gewinne aus den 90er (oder früher) Jahren einfahren.


    Die Shareholder verdienen. Spotify hatte, ohne je Gewinn abzuwerfen, beim Börsengang einen Wert von 23 Mrd. $.

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  • Weil die Kids und auch wir bei Spotify alles und jederzeit für 10 € streamen können (Ausnahme: ich), kauft man sich eben keine CD mehr (Ausnahme: ich). Damit ist die Musik nichts mehr wert, weil keiner mehr bereit ist, dafür eben mehr als für Spotify zu zahlen. Steve Lukather sagte auch, dass es sich nicht mehr lohne, Alben aufzunehmen. Das Geld für die Aufnahmen spielt man nicht wieder rein, außer die neue Musik ist der Anlass, auf Tour zu gehen.

    Wie Prophet schon schrieb: Es geht nur noch über Konzerte und Merchandising. Das wiederum funktioniert nur bei bereits bekannten Musikern. Neue Musiker haben keine Chance außer sie machen etwas "Wildes" auf YouTube.


    Durch die automatischen Vorschläge auf Spotify wird gleichzeitig die Musik immer mainstreamiger, weil alle das Gleiche vorgeschlagen bekommen und dann auch gut finden und mehr davon wollen. Die meisten von uns haben das Glück, noch exotische Musik konsumiert zu haben. Unsere Enkel werden alles das Gleiche hören, fürchte ich.



    Die Charts haben nur noch Sinn, diese Alben zu verkaufen. Insofern gehe ich auch da von Beeinflussung (Stichwort "payola") aus.

    Ich habe gerade 300 Exemplare von meinem Album pressen lassen. Wenn ich die von einem Freund innerhalb von ein paar Tagen kaufen lasse, bin ich wahrscheinlich in den Top-10 und habe eine PR-Story sondergleichen.

    Gedankenrauschen – Da geht noch was!

  • Es ist wirklich schade. Da geht so viel verloren.

    Obwohl ich die Vorteile der CD zu schätzen wusste, habe ich den wunderschönen, grossen Schallplatten-Albencovern nachgeweint. Den kleinen CD Hüllen mit Texten in Kleinsformat konnte ich noch nie was abgewinnen, aber im Vergleich zu dem was ein Spotify Hörer in den Händen hält, ist sogar das Luxus.

    Die ganze Branche hat sich verändert.

    Streams und eine Handvoll verkaufte Alben bilden die Charts. Aber ich kenne auch viele Jugendliche, die kein Geld für die Streams haben, die hören Musik über Youtube - das wird (meines Wissens) nicht abgebildet in den Charts.

    Von daher sind diese nicht mehr so repräsentativ - wenn überhaupt

    Zy
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    "The music is the true currency. It's more valuable than the accolades or the money. The relationship is with the invisible muse and you know if she's pleased or if she ain't." - Steve Hackett

  • Durch die automatischen Vorschläge auf Spotify wird gleichzeitig die Musik immer mainstreamiger, weil alle das Gleiche vorgeschlagen bekommen und dann auch gut finden und mehr davon wollen. Die meisten von uns haben das Glück, noch exotische Musik konsumiert zu haben. Unsere Enkel werden alles das Gleiche hören, fürchte ich.

    Das ist, mit Verlaub, Quatsch. So bekomme ich definitiv etwas anderes vorgeschlagen, als die Kollegin neben mir. So hätte ich ohne Spotify wohl nie die Band mas shake kennengelernt und über diese wiederum die Los Shakers. Auch wird (so man es nicht abstellt) nach dem durchlauf einer Playlist artverwandte Musik abgespielt und auch hier fand ich schon das eine oder andere, welches mein Ohr erquickte, mir aber vorher unbekannt war. Wie das Ganze nun monetär den Künstler beeinflusst, lasse ich da jetzt mal außen vor. Prinzipiell glaube ich aber, dass man Spotify, Apple music und wie sie alle heißen mögen, weniger als Methode zum Geldverdienen, denn als Verbreitungsmöglichkeit sehen sollte.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.