Die Politik ist tot, es lebe die Politik! - kleiner politischer Frühschoppen, Live-Ticker, Austicker und was man sonst noch so zur Meinungsbildung braucht - oder auch nicht...

  • zu Aiwanger:


    Für etwas, von dem man fast nichts mehr weiß, ist die Antwort auf Frage 23 sehr, sehr widersprüchlich.

    SSTK-D276923090119240 (bayern.de)


    Außerdem: Ob "Sie" Aiwanger die Antworten gleich mitgeliefert haben.?


    Gute Nacht Bayern

    "Ich glaube, dass sich mein Standpunkt, nachdem ich die Band verlassen habe, nicht dramatisch geändert hat.(...).

    Aber ich bin immer stolz darauf, was ich tat und was sie taten"

    Peter Gabriel

  • Die Vorwürfe reissen nicht ab: Hakenkreuze im Schulklo: Neue Vorwürfe gegen Aiwanger


    Man bin ich froh, dass mir während meiner Schulzeit solche Dinge erspart geblieben sind. Wie soll man sich als Schüler denn in so einem Umfeld fühlen, wo man es immer wieder mit Hakenkreuzen, Judenwitzen und Hitlergrüßen zu tun bekommt, dann auch noch solch ein ekelhaftes Flugblatt lesen muss und eigentlich alles ziemlich folgenlos bleibt. Keine Polizei, kein Schulverweis und nicht einmal Information der Eltern. Ist das gemeint, wenn man heute von dem "geschützten Raum" Schule spricht, wer soll da eigentlich vor wem geschützt werden ? Der Geschichtsunterricht an meiner Schule sah da zum Glück noch etwas anders aus und ist mir nachdrücklich in Erinnerung geblieben, wenn auch auf eine ganz andere Art.


    Die Flugblätter der Geschwister Scholl hatten jedenfalls noch ganz andere Konsequenzen (möchte ich nur mal drauf hinweisen), auch wenn die bayerische Sondersitzung gestern mich an einen Schauprozess mit bereits feststehendem Urteil erinnert hat. Diesmal jedoch mit einem bedingungslosen Freispruch, nachdem der "Angeklagte", aber erstaunlicherweise auch Söder, einfach nur schweigend zahlreiche Plädoyers über sich ergehen lassen mussten, wie die zwei Lausbuben Max und Moritz. Die marktschreierische "Stellungnahme" von Aiwanger in den einschlägigen Bierzelten klang einem ja auch immer noch nachhaltig in den Ohren. Der Ministerpräsident scheint sich fast schon nibelungentreu mit ihm verbunden zu fühlen, wenn ihm das man nicht irgendwann noch (in dem Fall unnötigerweise) um die Ohren fliegt.


    Wenn ich dann noch bedenke, dass Söder immerhin nicht ganz unrealistische Chancen hatte, Kanzler zu werden, dann hätte ich mir bei einem solchen Krisenmanagement wirklich Sorgen um unser Land gemacht. Mit Fragebögen kann man die schweren Herausforderungen unserer Zeit jedenfalls nicht bewältigen, oder was hätte Putin auf unsere vielen ängstlichen Fragen wohl geantwortet ? Ich hätte hier übrigens zur Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens "Multiple Choice" empfohlen, letzte Antwortmöglichkeit: "kann mich nicht mehr erinnern".


    Das nebulöse Rumgeeiere scheint Aiwanger sich von einem gewissen Stromberg abgeguckt zu haben, der kam damit ja auch immer wieder durch. Ist aber natürlich alles überhaupt nicht witzig und einfach nur absolut schädlich für unsere Demokratie. Der Fragebogen hingegen ist tatsächlich nur ein schlechter Witz.


    EDIT: Aber natürlich weiss ich auch nicht wirklich, wie Kanzler Scholz in so einem Fall reagiert hätte. Aber solche Verfehlungen in der Schulzeit oder dem frühen Erwachsenenalter unterstelle ich tatsächlich keinem seiner Koalitionspartner, auch wenn es bereits verzweifelte Bestrebungen gibt, bestimmte Relativierungen herzustellen. Da wo es Vorwürfe (ganz anderer Art) in der Vergangenheit gab, mussten sich die betreffenden Personen immerhin diesen auch stellen. Das worum es jetzt geht, dürfte jedoch ziemlich einmalig sein und jeder Vergleich verbietet sich da einfach, ist auch nur ein weiteres Zeichen von absoluter Uneinsichtigkeit.

    "Before Elvis, there were nothing ..."

    - John Lennon

    2 Mal editiert, zuletzt von Spongebob ()

  • Ich verstehe die aktuelle Aufregung um Aiwanger nicht. Was er als Jugendlicher gemacht oder nicht gemacht hat finde ich jetzt nicht so wirklich interessant. Wer gelegentlich mal mitbekommen hat was er in den letzten Jahren als in Bayern verantwortlicher Politiker von sich gibt der weiß doch was er für einer ist. Und das ist relevant, nicht was er womöglich vor über 30 Jahren für einer war. Ich verstehe auch nicht wie irgendwer annehmen konnte dass Söder ihn entlässt. Der ist doch ebenfalls ein Populist der gern sein Fähnchen nach rechts schwenkt wenn er sich davon Vorteile erwartet. Also finde ich das aktuelle Verhalten der beiden wenig überaschend.

  • Die Aufregung kann ich ob der Ekelhaftigkeit des Schreibens durchaus nachvollziehen. Was mich dann allerdings doch irritiert, ist die auffallende Zurückhaltung der Moralpatrouille in der Causa Böhmermann - Schöhnbohm - Innenministerium (Faeser).

    https://m.faz.net/einspruch/na…den-respekt-19158222.html

    Moralpatrouille? Gefolgt von einem Whataboutismus Deluxe?


    Schreib doch gerne deine Kritik an Faeser hier in den Faden, wenn du sie vermisst, anstatt dich darüber zu wundern, dass andere nichts dazu schreiben, weil sie eine fragwürdige Personalentscheidung der Innenministerin vielleicht nicht ganz so relevant finden wie einen stellvertretenden Ministerpräsidenten mit Nazivergangenheit.

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

  • Moralpatrouille? Gefolgt von einem Whataboutismus Deluxe?


    Schreib doch gerne deine Kritik an Faeser hier in den Faden, wenn du sie vermisst, anstatt dich darüber zu wundern, dass andere nichts dazu schreiben, weil sie eine fragwürdige Personalentscheidung der Innenministerin vielleicht nicht ganz so relevant finden wie einen stellvertretenden Ministerpräsidenten mit Nazivergangenheit.

    Mein Geschriebenes hat mit Whataboutism nichts zu tun. Das eine relativiert das andere nicht, es besteht ja schließlich kein Zusammenhang an sich. Aufregung - Zurückaltung hat mit Aiwanger - Faeser erst einmal sachlich gar nichts zu tun.

    Das Gelesene also bitte erst ohne Schaum vor dem Mund richtig einordnen, bevor ich in eine Ecke gestellt werde, die mir ferner nicht liegen könnte.

    Die Kritik an Faeser, die ich teile, befindet sich im unten angeführten Link.

    • Offizieller Beitrag

    Ich verstehe die aktuelle Aufregung um Aiwanger nicht. Was er als Jugendlicher gemacht oder nicht gemacht hat finde ich jetzt nicht so wirklich interessant. Wer gelegentlich mal mitbekommen hat was er in den letzten Jahren als in Bayern verantwortlicher Politiker von sich gibt der weiß doch was er für einer ist. Und das ist relevant, nicht was er womöglich vor über 30 Jahren für einer war.

    Als in Bayern Lebender mit bundesdeutschem Migrationshintergrund bekommt man natürlich zwangsläufig mit, wie sich der Stellvertreter Söders äußert und positioniert. Populistisch, gar keine Frage, und auch auf eine Art, dass klar war: Der sitzt im konservativen Boot rechts und angelt noch weiter rechts. Und darin quasi ein kleiner Möchtegern, der darin seinem meinungstechnisch sehr viel wendigeren Chef, dem großen Söder, nacheifert. Herrlich treffsicher wurde Aiw. übrigens wöchentlich karikiert in der Abmoderation der linksradikalen Zeckensendung quer (Bayr.Fernsehen, Donnerstags 20:15, derzeit, glaube ich, in Sommerpause).


    Dass hinter den sehr markigen Rechtsaußen-Sprüchen (Erding im Juni!) mehr zu stecken scheint als der Versuch, der AfCSU Wähler abzuluchsen, hat mir erst die Flugblatt-Geschichte jetzt enthüllt.

    Deswegen ist die Affäre um Aiwangers jugendliches Nazi-Flugblatt relevant.


    Die Reaktionen der Öffentlichkeit (Leserbriefe, soziale Medien usw.) haben enthüllt: Viele Leute haben ein größeres Problem mit Leuten, die auf Politiker mit eklatanten Nazi-Äußerungen aufmerksam machen, als mit Politikern, die eklatante Nazi-Äußerungen getätigt haben.

    Deswegen ist die Affäre um Aiwangers jugendliches Nazi-Flugblatt relevant.


    Viele Medien scheinen sich vor allem mit der Frage zu befassen, ob es sich um ein wie auch immer geartetes Wahlkampf- und/oder Schmutzmanöver handele und wer dahinter stehen könne (Hinweis: Für die CSU ist "der Hauptfeind" grün, nicht braun!). Dass es das Flugblatt gibt, dass ein Aiwanger es verfasst hat, dass die Behauptung, der Bruder des Stellvertretenden Ministerpräsidenten es geschrieben habe, ein Schutzmanöver sein dürfte, dass das Thema vor allem auch durch Aiwangers ausgesprochen ungeschickt aggressive Reaktion hochgekocht ist und was das über seine mögliche Urheberschaft nahelegt - das alles wird vielfach sehr nachgelagert erwähnt.

    Deswegen ist die Affäre um Aiwangers jugendliches Nazi-Flugblatt relevant.


    Sie zeigt uns den Zustand unseres Staates: Stellvertretende Regierungschefs mit Nazirhetorik (Erding!) und mutmaßlicher Nazi-Flugblatt und generellem Nazidenken in der Jugend sind offenbar wieder okay.

  • ...dass die Behauptung, der Bruder des Stellvertretenden Ministerpräsidenten es geschrieben habe, ein Schutzmanöver sein dürfte...

    Ich muss zugeben dass ich hier nicht alle Details verfolgt habe, aber ich halte es ohne konkrete Anhaltspunkte für reichlich unwahrscheinlich, dass sich der Bruder derart für ihn in's Messer stürzt.


    Ansonsten: Schon vor der aktuellen Aiwanger Diskussion war klar, dass die AfD in Teilen der Republik in Umfragen stärkste Kraft ist, dass die Freien Wähler in Bayern mit Aiwanger gute Umfragewerte haben. Man konnte also schon vorher ahnen dass das Nazi-Potential in DE nicht unbedeutend klein ist. Ich sehe daher weiterhin das Flugblatt (das ich zugegebenermaßen nicht gelesen habe) als nicht relevant an. Es hat mir keine neuen Erkenntnisse über den Zustand unserer Gesellschaft gebracht.

  • Schon vor der aktuellen Aiwanger Diskussion war klar, dass die AfD in Teilen der Republik in Umfragen stärkste Kraft ist, dass die Freien Wähler in Bayern mit Aiwanger gute Umfragewerte haben. Man konnte also schon vorher ahnen dass das Nazi-Potential in DE nicht unbedeutend klein ist. Ich sehe daher weiterhin das Flugblatt (das ich zugegebenermaßen nicht gelesen habe) als nicht relevant an. Es hat mir keine neuen Erkenntnisse über den Zustand unserer Gesellschaft gebracht.

    1.) Ein Glück für den Diskurs, dass Deine singuläre Einschätzung von Relevanz nicht allgemeingültig ist.

    2.) Es macht mich fassungslos, wohin die Mehrheit unserer Gesellschaft die politische Debatte hat rücken lassen, dass manche nicht mehr bemerken, wie weit rechts von der Mitte das neue Normal zu sein scheint.

    al's Lebensweisheiten:

    "Man muss sich seiner Arroganz schon bewusst sein, um sie genießen zu können."