Die Politik ist tot, es lebe die Politik! - kleiner politischer Frühschoppen, Live-Ticker, Austicker und was man sonst noch so zur Meinungsbildung braucht - oder auch nicht...

    • Offizieller Beitrag

    So nun lasst uns doch mal einen Blick in die nahe europäische Zukunft werfen:


    Als nächstes steht die Wiederholung der österreichischen Präsidentenwahl an. Hier ist es ja nach wie vor nicht unwahrscheinlich, dass es diesmal Hofer tatsächlich doch schaffen könnte. Sein "Ihr werdet euch noch wundern, was alles möglich ist" klingelt mir immer noch in Ohren. Und man sollte nicht vergessen, dass in Österreich nach wie vor noch größtenteils die Verfassung der deutschen Weimarer Republik gilt - wir wissen alle welche fatalen Lücken diese Verfassung in den falschen Händen hat.


    Dann wäre im April 2017 die französische Präsidentenwahl, bei der es ja ebenfalls nicht gerade unwahrscheinlich ist, dass LePen diese tatsächlich gewinnen könnte.


    Und am Ende steht die deutsche Bundestagswahl 2017. Nach aktuellem Stand der Dinge muss man sich hoffentlich keine größere Sorge bezüglich der AfD machen (zweistellig könnte drin sein, aber nicht so groß, dass man am Ende sagen müsste "We're fucked").
    Allerdings könnte ein Zusammentreffen folgender Faktoren durchaus aus meiner Sicht dafür sorgen, dass die AfD bis zur Bundestagswahl unangenehm deutlich weiter durch die Decke geht:
    1.) Ihr fehlt aktuell ein charismatischer "Kanzlerkandidat". Petry ist intern bereits unten durch, Gauland zu alt und hat kein Charisma, Höcke dagegen trieft so dermaßen aus jeder Pore "Nazi", dass er für viele (hoffentlich) als Kandidat unwählbar wäre.
    Wenn die AfD jedoch einen sehr charismatischen Kandidaten findet, der das Rezept von Trump auf deutsche Befindlichkeiten umgewandelt wiederholt (Fakten egal, gefühlte Wahrheiten zählen, einfache konkrete Rezepte bereithalten, dabei aber möglichst den gewohnten braunen Sprachduktus a la Höcke vermeidet), dann sieht das ggf. anders aus. Leif-Erik Holm wäre ggf. so ein Kandidat.
    2.) Gleichzeitig müsste mit genügend Vorlauf zur Bundestagswahl die Türkei den Flüchtlingsdeal aufkündigen und dafür sorgen, dass wieder - wenn nicht sogar mehr - Flüchtlinge wie Ende letzten / Anfang dieses Jahres nach Deutschland strömen.


    Dann könnte es auch in Deutschland für die gewohnten politischen Verhältnisse echt gefährlich werden. Das Schlimme an Trump ist ja auch, dass er den europäischen Populisten nun gezeigt hat, wie es funktionieren kann. Er hat sozusagen eine Blaupause geliefert.


    Eure Meinung dazu?

  • Abgesehen davon stellst du es gerade so dar, als hätten die Prognosen einen Erdrutschsieg von Hillary vorausgesagt. Davon kann aber überhaupt keine Rede sein. Es ging nur um ein paar Prozentpunkte Vorsprung in den Umfragen.


    Ich habe mal verlinkt, wie drastisch die NY Times in der Wahlnacht die Gewinnprognose korrigieren musste.


    http://www.nytimes.com/electio…t/president?smid=tw-share


    Stand Mitternacht sah man einen Clinton-Sieg noch bei einer Wahrscheinlichkeit von 80% gegenüber 20% Trump. 6 Stunden später hat sich das völlig umgekehrt (Trump 95%, Clinton 5%).


    Zumindest dieses nicht gerade bedeutungslose Medium hatte hier Clinton sehr deutlich vorne. Insgesamt wird die Niederlage der Demoskopie bei dieser Wahl auch prinzipiell von niemandem angezweifelt. Das ist einfach eine Tatsache. Insofern habe ich keine Lust, darüber weiter zu diskutieren.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • Dieses auch nicht so bedeutungsvoll Medium hat sich öffentlich für Clinton ausgesprochen und die Situation vielleicht zu rosig eingeschätzt. Vielleicht beruht ihre Erhebung auch auf einer repräsentativen Befragung der Mitarbeiterschaft, keine Ahnung. Andererseits bin ich mir aber ziemlich sicher, dass sie mit dieser "alles wird gut"-Prognose Clinton geschadet und insbesondere Trump-Wähler mobilisiert haben


    Das Prognose-Thema finde ich langsam langweilig zu lesen. Jeder kann sich ja über die Methoden informieren und feststellen, dass das auch nur ein Handwerk mit begrenzten Möglichkeiten ist. Fachliche Fehler liegen bestimmt nicht vor, wohl aber zu hohe Erwartungen an die Aussagekraft. Wenn ein Befragter z. B. angibt Clinton zu wählen, am Wahltag unter der Woche aber angesichts der guten Prognosen dem Feierabendbier den Vorzug gegenüber der Wahlkabine gibt, ist das ebenso unberechenbar wie -wir hatten es schon- das Wetter.

    Saw that look of recognition

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  • Es wird nicht richtiger, wenn du es ständig wiederholtst.


    Die Gewinnprognose wurde auch nicht "korrigiert", wie von dir behauptet. Die Bekanntgabe der Wahlergebnisse aus den einzelnen Staaten hat nunmal neue Voraussetzungen geschaffen, die die die Wahrscheinlichkeit für den Endausgang der Wahl erheblich beeinflusst hat. Wenn bei einer Prognose der Fall eintritt, der nur 20% Wahrscheinlichkeit erhalten hat, dann ist die Prognose nicht falsch. Wer hierin eine "Niederlage der Demoskopie" sieht, hat offensichtlich keine Ahnung von Wahrscheinlichkeit und Statistik. Das begreifen leider sehr viele nicht, da kannst du auch noch so viel von "Tatsachen" sprechen. Clinton hat mehr Stimmen als Trump erhalten, wie von der Prognose vorhergesagt. Dass der Vorsprung ein paar Prozentpunkte unterhalb der Prognose lag (und Trump aufgrund das Wahlsystems dann gewonnen hat), liegt innerhalb der normalen Bandbreiten. Hätten die Prognosen ein Verhältnis von 60 zu 40 vorausgesagt, dann wäre das Ergebnis jetzt tatsächlich eine Niederlage.


    Der von dir im letzten Post dargestellte Widerspruch ist jedenfalls ganz eindeutig keiner.

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

  • Es wird nicht richtiger, wenn du es ständig wiederholtst.


    Die Gewinnprognose wurde auch nicht "korrigiert", wie von dir behauptet. Die Bekanntgabe der Wahlergebnisse aus den einzelnen Staaten hat nunmal neue Voraussetzungen geschaffen, die die die Wahrscheinlichkeit für den Endausgang der Wahl erheblich beeinflusst hat. Wenn bei einer Prognose der Fall eintritt, der nur 20% Wahrscheinlichkeit erhalten hat, dann ist die Prognose nicht falsch. Wer hierin eine "Niederlage der Demoskopie" sieht, hat offensichtlich keine Ahnung von Wahrscheinlichkeit und Statistik. Das begreifen leider sehr viele nicht, da kannst du auch noch so viel von "Tatsachen" sprechen. Clinton hat mehr Stimmen als Trump erhalten, wie von der Prognose vorhergesagt. Dass der Vorsprung ein paar Prozentpunkte unterhalb der Prognose lag (und Trump aufgrund das Wahlsystems dann gewonnen hat), liegt innerhalb der normalen Bandbreiten. Hätten die Prognosen ein Verhältnis von 60 zu 40 vorausgesagt, dann wäre das Ergebnis jetzt tatsächlich eine Niederlage.


    Der von dir im letzten Post dargestellte Widerspruch ist jedenfalls ganz eindeutig keiner.


    Kannst du mir dann mal bitte erklären, wie die NY Times anfangs zu einer Siegwahrscheinlichkeit von 80% für Clinton kommt?

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  • Dieses auch nicht so bedeutungsvoll Medium hat sich öffentlich für Clinton ausgesprochen und die Situation vielleicht zu rosig eingeschätzt. Vielleicht beruht ihre Erhebung auch auf einer repräsentativen Befragung der Mitarbeiterschaft, keine Ahnung. Andererseits bin ich mir aber ziemlich sicher, dass sie mit dieser "alles wird gut"-Prognose Clinton geschadet und insbesondere Trump-Wähler mobilisiert haben


    Es gab schon vielfach Überlegungen, inwieweit Wahlprognosen letztlich die Wahlergebnisse beeinflussen können und ob sie dadurch letztlich der Demokratie schaden. Problematisch ist das insbesondere in Mehrparteiensystemen wie in Deutschland, wo man durchaus strategisch wählen kann (wenn ich z.B. weiß, dass die von mir präferierte Partei wahrscheinlich an der 5%-Hürde scheitern wird, vergebe ich meine Stimme wohl lieber an eine andere Partei, anstatt sie zu "verschwenden", klassischer Fall von Self Fulfilling Prophecy).

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  • Kannst du mir dann mal bitte erklären, wie die NY Times anfangs zu einer Siegwahrscheinlichkeit von 80% für Clinton kommt?


    Na, vermutlich die letzten Umfragewerte, in denen Clinton um ein paar Punkte vorne lag. Mit einer gewissen statistischen Wahrscheinlichkeit weicht das tatsächliche Ergebnis um ein paar Prozentpunkte nach oben oder unten ab. Aufgrund des Wahlsystems in den USA, nach dem man einen Bundesstaat nur ganz oder gar nicht gewinnt, kommt den "Swing States" noch eine besondere Bedeutung zu, die das ganze ein wenig komplizierter und unvorhersehbarer machen. Aber auch das unterliegt dann bestimmten Wahrscheinlichkeiten, die ebenfalls hauptsächlich mit Umfragen gemessen werden.


    Deine Frage lässt allerdings darauf schließen, dass bei dir ein Verständnisproblem hinsichtlich der Bedeutung von Wahrscheinlichkeit und Statistik vorliegt. 80% Gewinnwahrscheinlichkeit bedeutet nicht, die Prognose sieht Clinton bei 80% der Wählerstimmen. Es bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Clinton die Wahl knapp gewinnt, bei 80% lag. Und es heißt auch, dass Trump eben eine 20%ige Chance hatte - und eben nutzen konnte. Wenn bei einer Erkrankung die Überlebensquote bei 80% liegt und der Patient dann eben doch stirbt, ist die Prognose ja auch nicht falsch.

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  • Deine Frage lässt allerdings darauf schließen, dass bei dir ein Verständnisproblem hinsichtlich der Bedeutung von Wahrscheinlichkeit und Statistik vorliegt. 80% Gewinnwahrscheinlichkeit bedeutet nicht, die Prognose sieht Clinton bei 80% der Wählerstimmen.


    Eric, ich bin Förderschullehrer, nicht Förderschüler.:)



    Es bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Clinton die Wahl knapp gewinnt, bei 80% lag. Und es heißt auch, dass Trump eben eine 20%ige Chance hatte - und eben nutzen konnte. Wenn bei einer Erkrankung die Überlebensquote bei 80% liegt und der Patient dann eben doch stirbt, ist die Prognose ja auch nicht falsch.


    Wenn - wie geschehen - Trump die Wahl gewinnt, dann ist eine Meinungsumfrage, die einen Sieg Clintons voraussagt nicht genau so gut wie eine Meinungsumfrage, die einen Sieg Trumps voraussagt.


    Ich denke aber, wir haben uns jetzt hierüber genug ausgetauscht.

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  • :p Hashtag Statistik? Da fehlen noch Binsen von mir ^^


    Jörg Schönenborn, unserem stets verlässlich recherchierenden Prognose-Deuter, war tatsächlich im Verlauf der Wahlnacht zunehmende Fassungslosigkeit anzumerken, ebenso Moderatoren bei CNN und BBC. Die Statistiker selbst setzten live den Startschuß für die Prognosenschelte, die zwischen den Hochrechnungen Florida und Ohio im Netz überproportional anschwoll. aufregung über "Polling Disaster" verbreitete sich viral (auf den gleichen Wegen wie das unsägliche "another 9-11")


    Wirklich stehen wir vor einem Methodenbruch. Jahrzehntelang lieferten erprobte Kombinationen aus Art der Stichproben-Zusammensetzung und -Größe, Aufbau der Fragebögen, Erhebungsarten (teils nach Kabinengang, teils per Random-Telefonbuch-Abfrage) erstaunlich korrekte Vorhersagen. Und das, obwohl Generationen von Interviewern, die pro Befragung bezahlt wurden, gern auch mal kreativ zum genormten Stift griffen. Höhepunkt der Exaktheit war Mitte der 90ger, als noch kaum jemand Handy besaß und fast jeder Westler und zunehmende Ostler im Telefonbuch eingetragen waren. Bei uns zeigte sich der erste Einbruch 1998 (Rot-Grün war nicht hoch gesetzt). 2002 galt Schröder als sicherer Verlierer, dann kam die Flut. Schröders 2005er "glaub ich nicht, die Prognosen waren eindeutig für MICH" markierte die Wende: Gewann Merkel etwa nur, weil die Prognosen zu sicher für Schröder wetteten?(*)


    Je mehr Medien-Erfahrung die schweigende Mehrheit mitbringt, desto eher werden falsche Angaben gemacht. Trump zu supporten haben besonders viele Frauen verschwiegen. Für Hillary gilt heute: Zuviele Prognosen haben ihr sicher "die Frauen" bzw "die gebildeten Frauen" zugesprochen, so dass jene scheints beruhigt und zum Teil widersetzlich zu Hause blieben. In Florida und Wisconsin kippte die Farbe deshalb.


    Das #Poll-Versagen US, wie schon oft in vorhergehenden Postings thematisiert, krankt an der methodischen Unerfassbarkeit des Systems. Es wurden zumeist "bundesweite" Umfragen/Stichproben erhoben. Kaum innerhalb der Länder mit diesem schrägen, unberechenbaren Wahlmänner System. Bundesweit lagen die Polls richtig, sie hat wie Al Gore mehr Stimmen erhalten als der Republikaner. Eine im Ansatz ähnliche "Ungerechtigkeit" bzw Unkalkulierbarkeit sind unsere Überhangmandate.


    Für 2017 bei uns beginnt nun die Diskussion, ob nicht ALLE ( Medien, Parteien, Lobbyisten) auf die teure Anfertigung und Veröffentlichung von Umfragen freiwillig verzichten. Populismus 3.0 wächst unberechenbar, je mehr unsichere, ungebildete Unsinner sich Dazugehörigkeit zur Trendbewegung erhoffen.


    Ist das sinnvoll? durchsetzbar? Keine Umfragen in 2017?


    Nachtrag: Außerparlamentarische Opposition der liberalen Gesellschaft auf den Strassen der großen Städte. Das hat keiner vorhergesehen. Hö, wie bei Asterix , der Seher
    ^o^

    4 Mal editiert, zuletzt von Get-in-to-get-Out () aus folgendem Grund: (*) Jahreszahl u Denkfehler ausgemerzt dank Prophet

    • Offizieller Beitrag

    Bei uns zeigte sich der erste Einbruch 1998 und Schröders 2002er "glaub ich nicht, die Prognosen waren eindeutig für MICH" markierte die Wende. 2002 startete in D der Diskurs, den Royale und Eric ansprechen: Gewann Merkel etwa nur, weil die Prognosen zu sicher für Schröder wetteten?


    Kleine Korrekturanmerkung: Du meinst sicher 2005 statt 2002. 2002 hatte Schröder gegen Stoiber knapp aber doch souverän gewonnen. 2005 war das Jahr, als er deutlich knapper gegen Merkel verlor und seine berühmte "Glauben Sie im Ernst..." Sätze zum Besten gab.