TotW: [18.05.-24.05.2015]: GENESIS - Heathaze


  • Sehr schön, Herr Frost! Aber...


    Zu der hier zitierten Passage erlaube ich mir rotzfrech die Darlegung einer etwas anderen Interpretation:


    "Throw some bread to the ducks instead, it's easier that way" habe ich immer als "Spiel das Spiel (des Fischers) einfach mit" verstanden, als Aufgeben, sich fügen. Weshalb ich dann "Feel like an alien..." auch nicht als Aufforderung sondern als "zu kraftlos, um mich aufzubäumen" lese. Nicht mal für das "I" reicht die Kraft, "Ich" spielt keine Rolle mehr, das Selbst ist verloren.


    Entgegen der üblichen Vorgehensweise werde ich jetzt aber kein "Ist ja nur meine bescheidene Meinung"-Blabla dranhängen. Ich fühle mich nämlich heute so unbescheiden. Oder bin ich so kurz vor dem Finale heute abend auf Krawall gebürstet?:gruebel:

    al's Lebensweisheiten:

    "Man muss sich seiner Arroganz schon bewusst sein, um sie genießen zu können."

  • Sehr schöne Interpretationen. Nur, ich glaube auch nicht wirklich, dass die Sache mit den Enten etwas sinnvolles bedeuten soll. Enten gehören zu den Wasservögeln. Wo von einem ausgetrockneten Flussbett die Rede ist, wird eine Entenpopulation mangels Wasservorräte eher kaum vorzutreffen sein. Wie soll es da sinnvoll sein, etwas zu füttern was nicht da ist?


    Der Fischer in dem Flussbett ist ein Bild für jemanden der zwanghaft an irgendwelchen Verhaltensmustern festhält. Ein "Hallo, Sie da, Sie werden da nie was fangen" würde eher mit einem "Weiß was denn der da? Ich angele hier schon mein Leben lang" quittiert werden. Das Bild mit den Enten interpretiere ich eher als ein behutsames Aufeinanderzugehen: Erst Vertrauen aufbauen und dann dem anderen langsam die Augen öffnen, it's easier that way:


    Das Ganze würde sich dann wohl so abspielen:


    ENTENFÜTTERER: Guten Tag, heute schon was gefangen?
    FISCHER: Nein, heute leider noch garnicht.
    ENTENFÜTTERER: Das wird schon. Gute Dinge kommen zu denen die Warten, heißt es doch...
    FISCHER: Mag sein...Ähm, Warum werfen Sie eigentlich Brotstücke um sich?
    ENTENFÜTTERER: Ich füttere die Enten.
    FISCHER: Aber hier sind doch keine Enten.
    ENTENFÜTTERER: Stimmt, die sind mit den Fischen weg.
    FISCHER: Ja, die Fische sind auch nicht mehr da, genau wie das Wasser... Hm, soll ich Sie ein Stück auf meinem Segelboot mitnehmen? Ich will eine Reise in den kühleren Norden machen, die heißen Südwinde sind gerade günstig.
    ENTENFÜTTERER: Danke, sehr gerne. Machen wir, dass wir von diesem Firth of Fifth wegkommen. Mein Name ist übrigens Duke.

  • Sehr schön, Herr Frost! Aber...


    Zu der hier zitierten Passage erlaube ich mir rotzfrech die Darlegung einer etwas anderen Interpretation:


    Entgegen der üblichen Vorgehensweise werde ich jetzt aber kein "Ist ja nur meine bescheidene Meinung"-Blabla dranhängen. Ich fühle mich nämlich heute so unbescheiden. Oder bin ich so kurz vor dem Finale heute abend auf Krawall gebürstet?:gruebel:


    Hüte Dich vor dem Frostman, der seine Überlegungen in einen gut frequentierten Forumsthread wirft
    aber gib ihm bloß nicht recht, er weiß es ja auch nicht besser
    Mach dir lieber deine eigenen Gedanken und lass das Forum daran teilhaben, da haben alle mehr davon
    ich fühl mich wie ein Genesisfan in einem Genesisforum ...

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")

  • Orangegrelle Thesen zum Fischen und Entenfüttern


    1. Der Fisherman fischt. An seiner „line“ hängen Netze. Würde er ein Boot vertauen wollen, hätte er eine "rope“.


    2. Die Enten sind keine Halluzination. Sie kommen von irgendeiner Stelle der Flusslandschaft, die noch Wasser führt.


    3. Das „...instead“ in Verbindung mit dem „it`s easier that way“ bezieht sich nicht nur auf die Empfehlung, dem Fischer nicht zu sagen, dass er auf dem falschen Trip ist – das „instead“ bezieht sich auf mehr. Nämlich auch darauf,
    dass es besser ist, Enten zu füttern,
    ... als sich generell mit so Fishermen-Leuten abzugeben, die auf dem falschen Trip sind.
    ... als zu meinen, in der realen Welt dann gleich ganz Großes stemmen zu müssen und Unmögliches möglich machen zu sollen und Wunder vollbringen zu wollen (wie der Fischer, der im ausgetrockneten Flussbett nach Fischen sucht).
    ... als gar nix zu tun.
    ... als sich zu betäuben.
    ... als jetzt schon gleich den Schritt in die richtige Welt vorzunehmen, wo sich der Protagonist doch jetzt noch nicht in der Lage dazu fühlt.
    Mit anderen Worten: Der Protagonist überlegt keineswegs, wie er auf subtilere Weise mit dem Fischer anbandeln und an ihn herankommen könnte.


    4. Jaaaa, der Protagonist fühlt sich so schlaff und so deplatziert/derangiert, dass er das „I“ zum Schluss bei „Feel like an alian“ nicht mitsingt.

    5. Ich habe natürlich Recht.


    6. Dass andere Forumsianer ebenfalls überzeugt sind, Recht zu haben, ist kurios und toll und faszinierend und beweist: Die Heathaze Lyrics sind genial wie die Gedichte von Gottfried Benn, die in der Schule auch jeder anders interpretiert hat. So muss es sein mit echter Kunst!


    7. Trotzdem habe natürlich ich Recht...


    8. Kteschs Dialog zwischen Fischer und Entenfütterer ist – auch wenn er nix mit Heathaze zu tun hat;) – wunderbar, großartig, erstklassig! Tony Banks sollte den unbedingt fortschreiben und in neue Akkorde kleiden für einen neuen SdW.

    2 Mal editiert, zuletzt von svenchris () aus folgendem Grund: Ergänzung

  • 5. Ich habe natürlich Recht.


    6. Dass andere Forumsianer ebenfalls überzeugt sind, Recht zu haben, ist kurios und toll und faszinierend und beweist: Die Heathaze Lyrics sind genial wie die Gedichte von Gottfried Benn, die in der Schule auch jeder anders interpretiert hat. So muss es sein mit echter Kunst!


    7. Trotzdem habe natürlich ich Recht...


    Dann hätten wir das geklärt. ;) Trotzdem werde ich mein abwegigen Thesen weiterhin verbreiten. Beware!

    I'll never find a better time to be alive than now.

    Peter Hammill (on "X my Heart")

  • Svenchris, al board, ktesch & Aprilfrost: Ihr macht mir Freude! Schön, was dieser wunderbare Song bei Euch für Kreativität freisetzt.

    Ich habe "feel like an alien…" eigentlich auch immer so verstanden, daß der Erzähler sich selbst als Fremden begreift, der die anderen bei ihrem ritualisierten, vermeintlich sinnlosen Tun betrachtet, leicht mit dem Kopf schüttelnd.
    Dazu würde das Bild des Fischers passen, der im Trockenen seine Leine auswirft.
    Gleichzeitig dürfte auch die Formulierung "ausgetrocknetes Flußbett" ein erneuter Hinweis darauf sein, daß wir gerne der Versuchung erliegen, noch dort fischen zu wollen, wo einmal etwas war, denn der Fluß war ja nicht immer ausgetrocknet, früher war die große Liebe ein sprudelnder Quell bzw. vor allem ein sich bewegender Wasserlauf. Und Trockenheit bedeutet in den allermeisten Fällen den Tod.

    Tja, die Enten. Ich halte alle Eure Deutungen für möglich. Auf jeden Fall fällt man nicht auf, wenn man Enten füttert. Eine vertraute Tätigkeit, bei der man in der Masse untertauchen kann. Außer, es sind keine da, weil der Fluß kein Wasser führt. Wenn aber der Fischer selbst im Trockenen fischt, falle ich ihm auch nicht auf, wenn ich imaginäre Enten füttere. Ich habe keine Konfrontation, auch das könnte ganz schlicht mit "it's easier that way" gemeint sein.

    Ich mußte übrigens noch an etwas anderes denken, obwohl dies vermutlich eher in die entgegengesetzte Richtung von Banks' Intention geht. Im 1966er Kultfilm "Blow Up", in gewisser Weise eine Reflexion über Realität und Imagination der Bildlichkeit, läßt Michelangelo Antonioni in der letzten Szene seinen Helden, den Fotografen Thomas (David Hemmings), ein Tennisspiel ohne Ball beobachten. Erst als er zum Komplizen wird, erwacht das Spiel zum "wirklichen" Leben. Vielleicht.
    Realität ist auch eine Frage der Übereinkunft.

    Enten im trockenen Flußbett

  • Mensch, littlewood, jetzt dachte ich, ich hätte die Enten eingezäunt und meinen Frieden mit ihnen, alles war gut, und der HSV hat sogar vorhin gewonnen, alles in bester, alter Ordnung, wunderbar, und nun wirfst Du neue, imaginäre Brotkrumen hin, und die Heathaze-Gedankenmühle dreht sich wieder, schrecklich...


    Aber wenn ich Deine Ausführungen und Deinen Tennisspielvergleich richtig deute: Es ist egal, ob da wirklich Enten sind oder nicht. Für den Fischer und den Phil sind sie da - also sind sie da! (Und wer weiß schon, was die wirkliche Wirklichkeit ist...)

  • Eins meiner Lieblingsstücke auf Duke.
    Obwohl ich immer das Gefühl hatte, der Song könnte in den Strophen noch mehr herausholen und dieser "Flötenersatz" nach dem Refrain ist bei mir auch grenzwertig.
    12 P.



    Tippspiel Statistiker :thumbup: - Abbuzze !

  • Die harmonisch ausschweifende Art in den Strophen ist natürlich noch ein Relikt aus alten Prog-Zeiten. Und weil die Band aber davon abgesehen hat, dem weitere musikalische Exkurse zuzugesellen, bleibt man einerseits beim typischen "And then there were three"-Stil hängen. Auf dieses Album hätte "Heathaze" auch gut passen können. Aber: Andererseits ist der Sound hier schon etwas luftiger, gelöster und steht damit auch für das, was "Duke" von seinem Vorgänger unterscheidet. Die hier nun wirklich intensiv diskutierte Poesie des Songs gewinnt dadurch, dass Banks nicht noch Extra-Klangwalzen in Dauerbetrieb drüberbrettern lässt - es reicht einfach so schon, um seinen Zauber zu entfalten. Das Verhältnis von Komposition und Instrumentation stimmt hier besser. 12 Punkte.


    2 Mal editiert, zuletzt von townman ()

  • . Die hier nun wirklich intensiv diskutierte Poesie des Songs gewinnt dadurch, dass Banks nicht noch Extra-Klangwalzen in Dauerbetrieb drüberbrettern lässt


    :D Geil, danke townman, Klangwalzen im Dauerbetrieb ist ein toller Satz, der mich zum Lachen bringt und manche ¨Leistungen¨ von Tony auf den Punkt bringt:topp: Mein alter ego hätte kaum eine bessere Zeile in einem Gedicht unterbringen können:).

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski