Dann häng ich mich hier mal dran, obwohl es ein anderer Ort war:
Der Stadtgarten in Hamburg. Ein großer Park, ein Ausflugsgrün, und mittendrin ein Caféhaus aus alten Zeiten. Hier haben vor vielen, vielen Jahrzehnten schon meine Großeltern Torte gegessen, und heute ist alles noch immer so: Es gibt die Torten, und es gibt gediegen-gemütliche Gasträume, draußen Biergartenstühle auf Kies, eine Eistruhe, eine Draußen-Biertheke, Ausflügler sitzen dort und genießen die Abendsonne - aber wo soll hier bitte ein Konzert sein?! HIER soll ein Konzert sein???? Ein Rockkonzert? Ray Wilson? HIER?? Ich kann es nicht glauben ... Wo ist das denn nun? Doch nicht bei dem Torten?? Ich frage einen Typen, der so aussieht wie jemand, der auf Konzerte geht, und tatsächlich will auch er zu Ray, doch auch er schaut etwas ratlos ins Ausflugsgrün und weiß nicht Bescheid. Aber dann gehen wir einfach in das gemütliche Café, an Räumen mit gestärkten Tischdecken vorbei, an dem Torten-Glasschrank vorbei - und stehen plötzlich drin: Wir sind in einem kleinen Konzertsaal. Eine Biertheke, Bilder der ganz jungen Beatles an der Wand, am Rand noch Tische und Stühle vor Sprossenfenstern und vorne die Bühne, alles ganz klein und intim, und in diesem kleinen Rahmen gab es ein großes Konzert! Es war famos! Ich fand es richtigrichtig gut! Ich hatte mir gar nichts vorgestellt - und dann das Beste erlebt: einen total sympathischen, total spielfreudigen, gut gelaunten Ray Wilson. Und er hat Stimmung verbreitet und schöne Stücke ausgepackt: Mama und Home by the Sea und die Teppichkrabbler und eigene Stücke, die ich gar nicht kannte, aber spontan gut fand. Ich war absolut angeknipst. So angeknipst, dass ich sogar mitsang bei einem Collins-Stück, das ich sonst eigentlich absolut gar nicht mag. Hier und heute an diesem Abend im Hamburger Café, da war das egal, die Stimmung passte, es stimmte alles - und es war irgendwie wieder ein bisschen schräg und verrückt wie in einem schönen Traum. Genesis im Café. Es war famos. Ich habe wieder gedacht: Ja, man muss Konzerte besuchen! Vor allem die kleinen!! Ray Wilson hat sich hinterher unter die Gäste gemischt und sich für Fotos hergegeben: Er hat das sehr freundlich gemacht, sehr zugewandt, sehr höflich. Ich war beeindruckt. Sag niemals nie. Ich hatte immer gedacht: Ich mag den Genesis-Pop der späten Jahre nicht, darum interessiert mich auch Ray Wilson nicht, und darum werde ich nie zu einem Ray-Wilson-Konzert gehen. Jetzt habe ich es per Zufall doch gemacht - und ich werde es ganz sicher wieder tun!