• Die Existenzkrise der frühen 70gerGenesis kann man in den Fotos von Peters Gesicht lesen. Er sieht er so burned-out aus 1975 auf einem Foto mit Jill und Anna.


    Heute sind die Castings-Seller (Susan Boyle!) in 2 Wochen Topseller, Phil in der Forbes-Liste, Bowie als reichster Artist mit 900 Mio gelistet, von Beckham mal gar nicht zu sprechen. Vergessen ist, wie hart die Anfänge für Garagenbands damals gewesen sein müssen. (Oder auch heute, Farin Urlaub meinte mal, die Beatsteaks würden alles in Equipment stecken und keinen Penny verdienen.)

    Ich komme darauf, weil im Moment in Berlin gerade das Jubiläum der SCHERBEN gefeiert wird, und der Geldmangel auf dem Hof in Fresenhangen - legendär - sich bis heute nicht verflüchtigt hat.
    Ans Herz gehen mir auch Fußballer(jungs)stars wie David Odonkor, die entweder auf den harten Stahlstühlen im Ziehen-Sie-eine-Nummer-Bereich der Arge oder in tapferen kleinen Minivereinen versuchen müssen, ihre Nase über dem Wasser zu halten.


    1982 nach dem jahrelang vorbereiteten WOMAD-Event in "Shepp't'nMalle'" muss Pete nicht nur absolut pennyless gewesen sein, sondern absolu abgespackt (200'000 Pfund war damals das 12fache von heute, glaub ich).


    Wie grandios ist das denn: sofort umzuschalten und sich rauskämpfen? Mit den alten Freunde derart gut auseinandergegangen zu sein, dass man sie anfunken kann. Dass sogar (Steve) aus Südamerika einfliegt, um durch seine Hilfe auch nur für nur 1 Lied mitzutun? Gegen alle Widrigkeiten in kürzester Zeit zu proben, nebenbei ein Riesen-Event aufziehen, das sich so schnell rumspricht, für das die Fans aus der ganzen Welt anreisen und alles alles nur dafür, dass man andere Leute nicht mit offenen Rechnungen hängen lässt :love:...


    Ich widme mein Herzblut den Präkaristen, die durchhalten, sich nicht unterkriegen lassen, alles versuchen, um die Nase über Wasser zu halten. Den müden, die trotz allem eigene Initiative ergreifen und ihre Rechnungen bezahlen.


    Und Dir, Margie, weil Du Dir immer die letzten Federn ausrupfst, damit niemand durch Dein Verhalten zu Schaden kommt.


    Anregende Beispiele, welche Musiker, Künstler oder Fussballer sich - ohne adoptiert zu werden - durch eigene Kraft wieder auf die Beine gestellt haben, würden mein Weltbild erhellen: Gern hier

  • Zitat

    Wie grandios ist das denn: sofort umzuschalten und sich rauskämpfen? Mit den alten Freunde zu gut auseinandergegangen zu sein, dass man sie anfunken kann. Dass sie sogar (Steve) aus Südamerika einfliegen, um nur 1 Lied mitzuspeilen?


    Und Anthony Phillips freundlich wieder ausladen...


    Beispiele für Leute die sich aus der eigenen Scheiße (in die sie sich meist gedankenlos reinritten) selbst wieder rausgezogen haben? Hmm... mir viele da ganz spontan nur Gunther Gabriel (ich habs wirklich geschrieben... :rolleyes: ) ein, allerdings hält der sich inzwischen für die Reinkarnation von Johnny Cash, so dass die Frage bleibt, ob ein fröhliches Hos... naja, ist ja auch egal.


    Ansonsten ist es vielleicht anregender sich seine Inspiration bei Leuten zu suchen die nicht völlig enthirnt ihr Geld in großen Müllsäcken zum Hochofen tragen. Aber das kann natürlich jeder halten wie er will. :)

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • Jaaa, Gabriel passt super ;) (so oder so...)


    [PS: So friedlich, wie ich gestimmt bin, törnen mich unkige Interna, obundwarum Phillips nicht mit auf
    der Bühne stand, nicht ab, weil das uns Aussenstehende eigentlich nichts angeht. Außerdem wird dadurch ja grundsätzlich nichts gestört, er hat dadurch kein Geld verloren oder anderen Schaden genommen :rolleyes: ]

  • Naja, schön ist das ja, was Du da geschrieben hast, aber Freude kommt nun wahrscheinlich nur auf, wenn es die erbetenen anregenden Beispiele hagelt. Scheint niemandem was einzufallen, kein gutes Zeichen. Bevor der Wind des Vergessens über diese Seite weht, will ich zumindest ein paar kleine Behauptungen beitragen, obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich Deine Zielgruppe getroffen habe.

    Ich mußte an Peter Hammill denken. Ich glaube nicht, daß der verschuldet war, habe aber den Eindruck, daß er - ob mit oder ohne Band - in seinem Leben noch keine Note gespielt hat, die er nicht wollte. War vielleicht nie richtig oben dabei, schien aber immer Spaß an den kleinen Club-Gigs zu haben und vertreibt nun seit 20 Jahren seine Scheiben über sein eigenes Label. Und ein beständiger kleiner Stamm von Leuten will das hören. Damit wird man kein Schloßbesitzer, aber vielleicht künstlerisch zufrieden. Und seine Van Der Graaf Generator sind heute noch oder wieder progressiver als die meisten Bands, die landläufig so etikettiert werden.

    Steven Wilson ist vielleicht auch kein schlechtes Beispiel. Pleite war der sicher auch nicht. Aber am Anfang haben sich wahrscheinlich nicht allzu viele Leute für sein eigenwilliges Zeug interessiert. Seine Band war ursprünglich ein Fake, heute sind sie Kult. Bands wie Tull und King Crimson vertrauen ihm ihr Material an, und die Kenntnisse, wie man damit umgeht, hat er sich meines Wissens selbst beigebracht. Er haut permanent neue Platten raus, arbeitet mit spannenden Leuten zusammen, sitzt neben Alan Parsons im Studio und wirkt aber nicht so, als würde er demnächst den Soundtrack für ein neues Automobil liefern. (Was sollte das auch für ne Karre sein)?

    Noch schwieriger ist sicherlich das Überleben im Film, der teuersten aller Künste. Miraz Bezar hat vor drei Jahren sein letztes Hemd verkauft, um den wunderbaren Streifen "Min Dit" schaffen zu können. Die Welt hat davon vielleicht eher am Rande Kenntnis genommen, aber der Film hat einige Festivalerfolge eingefahren und sein Publikum gefunden. Allerdings hat auch Fatih Akin Geld reingesteckt. Ohne Freunde oder zumindest wohlmeinende Unterstützer kannst Du hier einpacken.

    Bestimmt fällt uns allen, wenn wir ein wenig nachdenken, noch mehr ein, und die Welt ist gar nicht so schlecht.
    Wer aber ist Margie?

  • Joe Cocker
    Ich finde, er ist ein gutes Beispiel für das Auf und Ab im Leben.
    Ende der 60er musste er für lau touren, da er sich beim Plattenvertrag
    über den Tisch hat ziehen lassen. Dann gewaltigen Erfolg mit
    Woodstock, gefolgt von Absturz durch Drogen und Alkohol.
    Dahinsiechen und chronischer Geldmangel - sogar Knast, bestimmten
    sein Leben in den 70er Jahren.
    Und dennoch wieder aufgerappelt und bis heute erfolgreich Platten aufgenommen.


    Man muss seine Musik nicht mögen, aber ich ziehe vor jedem den Hut,
    dem es gelingt in seinem Leben das Ruder wieder rumzureißen.

  • Spontan zum Thema fällt mir ein:


    Leonard Cohen


    Cohen, den seine Naivität ein ums andere Mal in Schwierigkeiten gebracht hatte, steckte auch nicht auf, als ihn seine Managerin (und mit der der alte Schwerenöter natürlich auch was hatte) um 14 Millionen Dollar betrog. Der Mann ist jetzt 78 und tourt immer noch und nimmt Platten auf. Wahnsinn.


    Kevin Coyne


    Coyne, ein kautziger Sänger, Maler und Songwriter, den Sting mal auf eine Stufe mit Dylan stellte, hatte sein Leben lang mit mangelnden Erfolg und zeitweise mit Alkoholismus und erheblichen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Auch er ließ sich nie hängen, und hat glaube ich, insgesamt an die 20 Alben veröffentlicht. Ich habe ihn mal live gesehen, damals schon von Krankheit schwer gezeichnet. Er trat mit Sauerstoffgerät auf und lieferte trotzdem einen Hammerauftritt. Leider war sein Kampf mit 60 Jahren endgültig zuende.


    Robert Wyatt


    Keine Ahnung, ob der jemals schon kurz vor dem Bankrott stand, besonders viel Kohle dürfte er aber auch nicht verdient haben. Wyatt fiel in jungen Jahren von einem Balkon und wurde querschnittsgelähmt. Die Art wie er mit diesem Schicksalsschlag umging und der Welt in der Folge einige wunderschöne wie sperrige Alben schenkte, nötigt mir den allerhöchsten Respekt ab.

  • Mut macht das! Wenn man dazu die Artikel liest, vor allem Cohen, was für ein Mann!


    Woodstock
    Absolute finanzielle Katastrophe, bei der alle anderen, nur nicht die Veranstalter gut wegkamen.


    http://www.tagesspiegel.de/kul…le-woodstock/1555764.html


    Die Woodstock Story: Die Entstehung eines Mythos (1854-1969) - Sylvia Kekulé - Google Books



    Anfang der 90'ger: Das Waldfestival in Nordfriesland - 4 Jahre Crossover-Fun. Es war gigantisch. Aber auch 1000 Sonnenblumen helfen nicht gegen Regen... Angeblich sind am Ende alle Rechnungen bezahlt worden.


    Dieses Jahr im Pech: Das Sachsener Metal-Festival "With Full Force".
    Gewitter, Blitzeinschläge, Bühne teilsfutsch, 51 Verletzte, Riesenschaden.


    Den Organisatoren aller kleinen Indipendent-Events abseits vom großen Kommerz da draußen in rauer See wünscht man immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel...

  • Zu Weihnachten ein kleines Kerzchen ins Fenster für meinen Lieblings-Procrastinator,
    nun mit 72 auch nicht mehr wie früher auf allen Filmfestivals dieser Welt zu sehen:


    Terry Gilliam
    begnadet visuell mit Perfektionismus-Overload...


    Terrys Comic-Art, als Füller zwischen den Sketchen in Monty Python's
    Flying Circus gedacht, wurde d e r Seller und d a s Markenzeichen
    (nicht nur darin ähnelt er Peter G. mit seinen Old Michael Geschichten)
    Seine ersten Regie-Arbeiten zeigten schon den Weg: nie im Budget,
    immer zeitlich überzogen, aber geniale kleine Sternenfunkler
    Sein Mini-Vorspann mit den alten Bank-Angestellten, die die Wallstreet piratern,
    war teurer als der ganze Python-Film.
    Legendär: Für seine "Bring-out-your-Deads"-Sequenz im Holy Grail ließ
    der Perfektionist den armen Michael Palin gefühlte 50Mal durch den Dreck
    kriechen. Im Cut war Michael dann gar nicht mehr zu sehen :p
    "Du spielst mit den Schauspielern als wären es deine Schnittmännchen!"


    Eine Welt voller Piraten, Zeitdiebe, sprechender Tiere und schräger historischer
    Bezüge. Imdb-Movie zeigt ellenlange Nominierungen und, ja, auch Preise ...


    Die 1999-2002, 2005 und seit 2009 laufende DonQuichotte Verfilmung war
    bekanntlich von eine Million Missgeschicken gestört, so herrschte im trockensten
    Gebiet Spaniens wochenlang Sintflut-Regen und, und, und.


    Aber Terry gibt, scheints, nicht auf...
    http://www.iwatchstuff.com/201…sedly-trying-don-quix.php


  • Terry Gilliams ist auf der großen Filmbühne einer der wenigen echt durchgeknallten Visionäre und genießt zeitlebens meine Sympathie, auch wenn das künstlerische Ergebnis, vorsichtig ausgedrückt, nicht immer ganz rund ausfiel. Wozu er im Stande ist, wenn die Götter es gut meinen, hat er mit "Brazil" und "12 Monkeys" gezeigt, und das ist schon eine Weile her.
    Nachdem er mehrere Produzenten in Ruin und Wahnsinn getrieben hat, fassen ihn die Geldgeber nur noch mit heißen Fingern an.
    Don Quioxote, dessen Scheitern man ihm nun wirklich nicht vorwerfen kann, ist wahrscheinlich sein tragisches Lebensprojekt. Jedem, der sich ein bißchen für das Medium interessiert, sei die äußerst unterhaltsame (aber auch traurige) Dokumentation "Lost in La Mancha" an's Herz gelegt, die kurioserweise spannender geworden ist als der Film es vielleicht je hätte sein können.

    Bei "Woodstock" fiel mir ein anderes Festival ein, das mittlerweile Kultstatus genießt: Glastonbury, wo auch Peter Gabriel schon mehrfach aufgetreten ist.
    Die Metamorphose von einer kleinen kostenlosen Hippie-Feier zum Riesen-Festival, an dem mittlerweile eine ganze Industrie hängt, dürfte relativ beispiellos sein.
    Sein Gründer, der Bauer Michael Eavis, hat dieses Projekt über den erstaunlichen Zeitraum von mehr als 40 Jahren über diverse Gipfel und durch finanzielle Täler manövriert, ist dabei mit dem Wachstum seines Babies unvermeidliche Kompromisse eingegangen, wird geliebt und verachtet und hat aber offenbar den besonderen Geist dieser Veranstaltung nie aus dem Auge verloren.
    Auch zwischenzeitliche Überlegungen, sie zu Grabe zu tragen, weil die Entwicklung sich teilweise verselbständigte, hat sie - vorerst - überstanden.

    Aufschluß darüber gibt Julien Temples aufregender Musikfilm "Glastonbury" aus dem Jahre 2006, der allerdings so rasant geschnitten ist, daß man nicht immer weiß, in welcher Ära man sich gerade befindet. Dennoch erzählt er mitreißend die Geschichte von Träumern, Aussteigern und Realisten, von der Kraft und den Grenzen einer Idee und vom eigentlich unmöglichen Spagat zwischen Mainstream und Gegenkultur.

    Temple hat in diesem Jahr, in dem das Festival pausiert, einen weiteren Film zum Gegenstand geliefert, "Glastonbury after hours", den ich noch nicht gesehen habe. Dem Vernehmen nach handelt es sich um den Versuch, das besondere Publikum, das dorthin pilgert, fokussiert zu porträtieren.

    • Offizieller Beitrag

    "Das Kabinett des Dr. Parnassus" finde ich übrigens auch ein ganz großes Werk von Gilliam, insbesondere wenn man die Umstände (Heath Ledger starb mitten in den Dreharbeiten, das Drehbuch wurde geändert, seine restlichen Parts durch Freunde übernommen und am Ende wirkt es sogar, als sei es genau so immer gewollt gewesen) bedenkt.

    Now our end has come so near
    But you’re still reminded
    On the way to loose our fear
    We walk – still we’re blinded