Literaturklassiker in der Schule

  • Bukowskis Dialoge mögen "realistisch" sein in ihrer Sprache - für ihre Zeit. Natürlich hat sich die Sprache bis heute wieder ein Stück gewandelt, wenn Bukowski heute schriebe, würde er anders schreiben als damals. Was man aber dabei leicht aus dem Blick verliert: Shakespeares Prosa war damals auch "realistisch", genauso wie Ciceros Reden "realistisch" waren.


    Schön und gut. Ich lebe aber zur Zeit nicht weder zu Shakespeares Zeiten, noch im alten Rom. Warum soll ich mir dann diese Sprechweise antun. Du sagst selber richtig, dass sich die Sprache wandelt. Aber doch wohl wesentlich stärker vom alten Rom bis in die 60-iger Jahre, als die ersten Sachen von Bukowski erschienen, als von den 60-iger Jahren bis heute. So gesehen behaupte ich mal, dass Bukowski heute, würde er noch leben, kaum anders schreiben würde als damals seine ersten Sachen erschienen sind., ist ja auch nicht so lange her.
    Warum soll ich mir in der Schule ¨Wilhelm Tell¨ gönnen, wenn der Lehrer(in) die Möglichkeit hat im Unterricht ¨Schindlers Liste¨ oder ¨Der Untergang¨zu zeigen.....

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

    2 Mal editiert, zuletzt von charles bukowski ()

    • Offizieller Beitrag

    Schön und gut. Ich lebe aber zur Zeit nicht weder zu Shakespeares Zeiten, noch im alten Rom. Warum soll ich mir dann diese Sprechweise antun.


    Zum Beispiel um den Schülern bewusst zu machen, dass sich die Sprache verändert. Im Übrigen: "antun", als wäre diese Sprache etwas unangenehmes, unschönes! Sie ist sicherlich nicht einfach, sie fordert den Leser geistig stärker als die heutigen Schriftsteller.


    Zitat

    Warum soll ich mir in der Schule ¨Wilhelm Tell¨ gönnen, wenn der Lehrer(in) die Möglichkeit hat im Unterricht ¨Schindlers Liste¨ oder ¨Der Untergang¨zu zeigen.....


    Weil ein Filmkonsum immer weitgehend passiv ist und Schüler beim Lesen eines Textes viel aktiver sein müssen (im Sinne von: Lesen, Wahrnehmen, Verstehen).


    Aber wir schweifen jetzt vielleicht doch zu sehr vom Thema der Literaturklassiker in der Schule ab.

    • Offizieller Beitrag

    Was sagt man dazu?Der Verband der Lehrer fordert anscheinend, die kommentierte Neuausgabe von "Mein Kampf" bundesweit in den Unterricht einzubringen.


    "Mein Kampf":****Lehrerverband****will Lektüre an Schulen**** - SPIEGEL ONLINE



    Warum nicht? Ich finde es gut, wenn Schüler im Geschichts- oder Sozialkundeunterricht mit dem Text konfrontiert werden - vorausgesetzt, das, was da steht, wird in den Kontext eines vernünftigen Kommentars gestellt. Dann haben sie zumindest einen Eindruck davon gewonnen; mehr als das wird ja bei der Länge des Geschreibsels und der Fülle der Lehrpläne nicht möglich sein.


    Ein zweiter Gedanke:


    Wenn man Bücher tabuisiert, wird es attraktiv, sie zu lesen. Wenn man sie im Unterricht bespricht, werden sie furchtbar langweilig - das kann man weiter oben im Thread in aller Epik nachlesen. Insofern ist Mein Kampf-Lektüre im Unterricht eine gute Möglichkeit, jegliches Interesse an dem Buch im Keim zu ersticken.


    Ein dritter Gedanke: Mein Kampf.... Literatur? Klassiker? Ähh...

  • Ich sehe das wie das wie martinus. Mein Schulunterricht hat mir zwar insgesamt gut gefallen, aber die Vermittlung von Wissen und die Förderung von Kompetenzen im Umgang mit dem Nationalsozialismus sind meiner Meinung nach in Deutschland (bzw. in Hessen, wo ich die Lehrpläne am besten beurteilen kann), noch ausbaufähig bzw. nicht sonderlich gelungen konzipiert.
    Welchen Sinn hat es bspw., Anne Franks Tagebuch schon in der 7. oder 8. Klasse zu lesen?
    Oder wie kann es sein, dass man in Deutschland Abitur (im Leistungskurs Geschichte!) macht, ohne auch nur ein einziges Konzentrationslager besichtigt zu haben?


    Die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrer auf diesem Gebiet ist übrigens auch verbesserungswürdig.


    (Mich wundert es daher wenig, wenn in politischen Großwetterlagen wie der aktuellen sogen. "Besorgte Bürger", "Patrioten" oder "Vaterlandsliebende" in den sozialen Netzwerken mit ihren Klarnamen bspw. fordern, "in Auschwitz die Öfen wieder anzuheizen" oder ähnlich Unfassbares in die Welt hinaus posaunen...)

  • Mein Schulunterricht hat mir zwar insgesamt gut gefallen, aber die Vermittlung von Wissen und die Förderung von Kompetenzen im Umgang mit dem Nationalsozialismus sind meiner Meinung nach in Deutschland (bzw. in Hessen, wo ich die Lehrpläne am besten beurteilen kann), noch ausbaufähig bzw. nicht sonderlich gelungen konzipiert.


    Ich bin kein Geschichtslehrer, von daher weiß ich nicht sehr gut Bescheid darüber, was genau und wie es vermittelt wird. Allerdings weiß ich, dass mir immer wieder (sehr viele!) Schüler genervt entgegentreten, wenn es um die NS-Zeit geht. Nach dem Motto: "Nicht schon wieder...:augenrollen:"
    Das finde ich immer enorm bedauerlich. Und es spricht m.E. dafür, dass du Recht hast, dass also der Umgang mit diesem Thema verbesserungsbedürftig ist und entsprechend zu wenig gute Konzeptionen da sind, derer man sich als Geschichtslehrer bedienen kann.


    Bezüglich des Klassikers "Mein Kampf": Ich bin da skeptisch, ob nicht das Lesen einer solchen Ganzschrift auch von vornherein Frust-verdächtig ist - das Ding soll doch auch für interessierte Erwachsene eher ermüdend zu lesen sein, oder? Von daher könnte ich mir eher vorstellen, dass man mit wichtigen Auszügen daraus arbeitet, die dann aber wirklich didaktisch und methodisch sehr gut aufbereitet gehören. Sonst produziert man auch da wieder vor allem Abwehrreaktionen.

  • Ich bin kein Geschichtslehrer, von daher weiß ich nicht sehr gut Bescheid darüber, was genau und wie es vermittelt wird. Allerdings weiß ich, dass mir immer wieder (sehr viele!) Schüler genervt entgegentreten, wenn es um die NS-Zeit geht. Nach dem Motto: "Nicht schon wieder...:augenrollen:.


    Ja, das meinte ich (auch) - Nationalsozialismus, Holocaust, Antisemitismus - selbst "Judentum" per se* kommen regelmäßig in vielen Fächern (Geschichte, Politik & Wirtschaft, Ethik/Religion, Deutsch, Kunst etc.) vor - aber nie in irgendeiner Weise koordiniert, dafür oft langweilig (da sich wiederholend), zahlenfixiert und oberflächlich...


    *Das gipfelte darin, im Rahmen des Deutschunterrichts (in besagter Anne Frank-Einheit) einen Klassenausflug u. a. in eine jüdische Privatschule in Frankfurt zu machen, was rückblickend betrachtet wirkte wie ein Ausflug in den Zoo (à la "Wir gehen uns mal echte Juden anschauen..."), obwohl das sicher nicht die Absicht des engagierten, jungen Lehrers war...

    • Offizieller Beitrag

    Ja, das meinte ich (auch) - Nationalsozialismus, Holocaust, Antisemitismus - selbst "Judentum" per se* kommen regelmäßig in vielen Fächern (Geschichte, Politik & Wirtschaft, Ethik/Religion, Deutsch, Kunst etc.) vor - aber nie in irgendeiner Weise koordiniert, dafür oft langweilig (da sich wiederholend), zahlenfixiert und oberflächlich...


    Ich finde es erfreulich, wenn das inzwischen so sein sollte; "zu meiner Zeit" betrachtete der Geschichtsunterricht maximal die Jahre bis Januar 1933 ("... führten zahlreiche Regierungswechsel zum Untergang der Weimarer Republik. Schöne Ferien!"). Alles danach fiel aus Geschichtslehrersicht in die Zuständigkeit der Sozialkundelehrer, die wiederum fanden, dass man sich mit der Gegenwart beschäftigen solle und alles vor ca. 1980 ("... das habt ihr ja sicher dort schon besprochen ...") ganz entschieden in die Zuständigkeit der Geschichtslehrer fiel.


    Nicht daher, aber auch nicht von ungefähr das Wort meines Geschichtslehrers: "Als Pseudo-Abiturienten mit unsolidem Halbwissen sollte Ihnen das bekannt sein!

  • Wer braucht schon Schiller?? Besonders das Gedicht Die Glocke? Kann man besser zusammenfassen in einem Gedicht:D
    Loch gegraben
    Bronze rin
    Glocke fertig
    Bim, Bim, Bim

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski