TotW [02.07.-08.07.12]: PETER GABRIEL - My Body Is A Cage

  • Zitat

    Wahnsinn, wie intensiv gerade dieser Song seine Wirkung bei euch entfaltet.


    Ich fühle mich da einfach mal (mit) angesprochen. Ich lass das Stück eigentlich gar nicht an mich ran, es liegt mir einfach auf den Ohren und "nervt" mich auf eine gewisse, klaustrophobische Art und Weise. Das ganze Arrangement ist mir zu hmm... dickflüssig. Als würde mir jemand Kirchsirup in die Ohren gießen.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • Bei mir ist's eher die gegenteilige Reaktion: Bei so 'ner aufgesetzten "Wir-sind-so-cool-und-ausgelassen-und-haben-alle-gute-Laune"-Musik werde ich recht schnell aggressiv und gereizt. Kommt schon mal vor, dass ich dann unkontrolliert um mich schlage.


    Das passt wahrscheinlich auch noch besser als der Ansatz, dass so eine Musik Depressionen auslöst. Ich finde es einfach unglaublich, wie viel oberflächlicher Kram so produziert wird und wie dämlich die meisten Texte sind, die einem so vorgesetzt werden. Ob es nun so ein Dreck ist wie "Das geht ab" von den Atzen, inhaltslose Arschwackelmucke wie Lady Gaga oder Aura Dione ("Ge-ge-e-jo-jo uuh la-la hmm, let's go, Geronimo") oder diese monotonen und dämlichen Popsongs von Leuten wie Martin Solveig & Dragonette, bei denen der Text gefühlt zu 90% aus dem Wort "Hello" besteht. Es kann einem schon echt gewaltig auf den Geist gehen und auch Agressionen auslösen.


    Umso schöner, dass sich dann auch mal jemand mit Depressionen und Klaustrophobie beschäftigt. Die Welt ist halt nicht einfach nur Party, Freibiersaufen und Topmodelsuche! ;)

  • Als nächstes singt uns noch jemand den Regenwald wieder her. :p :D

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • Äh, ja, ver(s)ehrter littlewood, dürfen wir Dich dann ab nun - for more reasons -
    Kleinholz nennen? :D:mrgreen::)



    Du oder Ihr könnt mich natürlich nennen wie Ihr wollt, (außer "Woodie Baby", s. Monty Python's Flying Circus - Sir Eddie-Baby Ross interview - YouTube) auch wenn "Kleinholz" ein wenig martialisch klingt, aber der hoffentlich nicht despektierliche Ausdruck "Versehrte" bezog sich auf die leidvollen körperlichen Erfahrungen, welche die Rezensenten thepriest und Eric mit dem Song zu verbinden genötigt waren. Zur Ehrerbietung wollte ich mich jetzt nicht aufschwingen, auch wenn ich die betreffenden Beiträge – wie gesagt – mit Interesse gelesen habe.

    Die Welt ist halt nicht einfach nur Party, Freibiersaufen und Topmodelsuche! ;)



    Wie – nicht?? Und ich dachte immer...
    Hm, das macht alles viel komplizierter...............

  • Diese Art von Stücken macht es schwer für mich, zu einer für mich und Euch befriedigenden Eischätzung zu gelangen.
    Ich meine Stücke,die (m.E.) nur durch die erzählte Geschichte leben und ohne Text irgrndwie leer und trostlos wären.Stücke,die zwar letztlich Hoffnung preisen,jedoch über einen langen Zeitraum bierernst dunkle Schatten an die graue Tapete werfen. Stücke, die(musikalisch und textlich) so überdeutlich Verlorenheit verkünden.

    Ich verstehe (vielleicht) das Anliegen des Autors und bin auch bei jedem,der mit dem Text eine persönliche Erfahrung verbindet.Bei aller Empathie möchte ich aber dann gerne auch eine klare Auflösung "hören", eine Perspektive sehen, mit reflektiertem Abstand,Zynismus oder Humor zurückblicken können,damit es irgendwie weitergehen kann.

    Mein Eindruck ist, dass sich in dem Stück sowohl textlich als auch musikalisch vieles wiederholt ,ohne dass sich daraus für mich neue Aspekte des "Leids" ergeben oder ich noch tiefer in die subjektive Bedrängnis des Protagonisten blicken könnte.
    Die Wendung der Sichtweise/Hoffnung am Ende des Stückes wird im Arrangement aufgegriffen und Gabriel schafft es , die veränderten Haltungen auch stimmlich zu prägen.

    Ich habe eine Meinung zu dem Stück,finde aber keine angemessene Note,in der sie sich abbildet.

    ? P

    Hier steht nichts wichtiges! Trotzdem danke für's Lesen.

  • Ich finde es interessant, dass es doch eine ganze Menge Leute gibt, die anscheinend keinen Zugang zu dieser Art von "emotional geprägter Musik" (mangels eines besseren Begriffs) finden. Es gibt ja immerhin eine ganze Menge Musiker und Bands, die mehr oder weniger regelmäßig dieses Feld beackern. Johnny Cash (den haben wir gerade im anderen Thread), Radiohead, Nirvana, in weiten Teilen Sigur Rós oder Tori Amos, um nur ein paar zu nennen. Könnt ihr mit denen grundsätzlich auch eher weniger anfangen?

    Depression ist anscheinend (oder zumindest für mich) die Emotion, die mit am Schwierigsten musikalisch umzusetzen ist. Fröhliche Musik gibt es reichlich und wenn man nicht gerade in komplett falscher Stimmung ist, dann macht solche Musik auch gute Laune. Ähnliches gilt für agressive Musik, für romatische Musik oder für trauriges. Jedem fallen wohl auf Anhieb ein paar Nummern ein, die ihn in die entsprechende Stimmung versetzen können. Aber depressive Musik macht mich nicht wirklich depressiv. Ich kann zwar erkennen, dass diese Musik genau diese Stimmung auszudrücken versucht, aber es färbt nicht ab. Das heißt nicht, dass mich diese Musik nicht berührt, ganz im Gegenteil. Sie packt mich regelrecht, verpasst mir eine Gänsehaut. Manchmal bin ich so ergriffen und überwältigt, dass mir regelrecht die Luft wegbleibt. Es sind also durchaus starke Emotionen, die da hervorgerufen werden, nur depressiv macht sie mich eben nicht. Eher sind das geradezu Streicheleinheiten für die Seele. Das hat irgendwie etwas Befreiendes, Erlösendes. Nein, mich macht das nicht depressiv, eher geht es mir nach solcher Musik sogar besser.

    Bei My Body Is A Cage (in Gabriels Version) kommt das Beste am Schluss. Der orchestrale Mittelteil ist zwar voluminös, kraftvoll und aufregend. Interessanter wird es aber danach, wenn sich die Tonart ändert, Gabriel mit noch flehenderer, noch zerbrechlicherer Stimme singt. Ist das aber wirklich Hoffnung, die wir da hören? Oder ist das eher der Höhepunkt der Verzweiflung? Am Anfang des Songs singt Peter ja sehr beherrscht. Er klingt frustriert und resigniert. Im Mittelteil baut sich dann eine Spannung auf. Immer wieder die leisen Worte "...is a..", als wenn er nach den passenden Worten suchen würde, was sein Körper denn eigentlich ist. Doch dann schreit er doch nur wieder "My body is a cage" heraus, geradezu frustriert und wütend darüber, dass er zu keiner anderen Lösung gelangen konnte. Nach der Resignation am Anfang, der Unsicherheit mit abschließender Wut im orchestralen Mittelteil, höre ich am Ende die reine Verzweiflung in seiner Stimme.

    An wen ist das flehende "Set my body free" gerichtet? Wenn der Schlüssel in seinem Bewusstsein/Verstand liegt, kann die Aufforderung im Grunde nur an ihn selbst gerichtet sein. Aber es klingt so, als würde er sich Hilfe herbeisehnen - obwohl er weiß, dass nur er selbst sich helfen kann? Was bedeutet die Zeile "Just because you're forgotten doesn't mean you're forgiven" (nur weil man dich vergissen hat, bedeutet das nicht, dass man dir auch vergeben hat)? Ich finde die Zeile genial, aber wie fügt sie sich in den Kontext ein? Wer hat ihn vergessen und was muss vergeben werden? Muss er sich vielleicht selbst verzeihen? Ist das der Schlüssel? Falls das der Fall ist, besteht ja vielleicht doch Hoffnung. Dann ist diese Verzweiflung, die ich am Ende meine rauszuhören vielleicht einfach nur die sehr schwere und schmerzhafte, aber notwendige Erkenntnis, dass der Protagonist sich selbst aus dem Dreck ziehen muss, sich nur selbst helfen kann. Vielleicht klingt ja auch deshalb das allerletzte Wort des Textes, das für sich alleinstehende "free", so versöhnlich. Dann zumindest ergeben auch die Chöre am Schluss einen Sinn; vielleicht wohnen wir Zuhörer hier einfach einer Erlösung bei. Und vielleicht ist das auch der Grund, warum mich dieser Song nicht depressiv stimmt ;).

    “THE NIGHT WE TRACKED DOWN PHIL COLLINS, BECAME BEST FRIENDS WITH HIM, AND TALKED HIM INTO REUNITING WITH PETER GABRIEL, AND THEN WE GOT TO SING BACKUP ON THE NEW GENESIS ALBUM AND IT WAS AWESOME!”

    — Barney Stinson, How I Met Your Mother, Season 7, Episode 21 ‘Now We’re Even’

  • Dass die Stimme am Ende eher in ein Flehen übergeht, finde ich noch überzeugender als meine geäußerten Gedanken. Was ich so toll an diesem Aufbau des Stückes finde, ist die Möglichkeit, dass der Schlussteil den Song - und damit auch mich als Hörer - nachträglich aus dem Loch rausholt (in welches ich vorher nur per Simulation gefallen bin). Ich erlebe das auch eher als heilsam.

  • Der Song gefällt mir sehr gut. 13 Punkte. Teile davon wurden mal in einer Folge von Dr. House gespielt. Ich glaube als er von einer Veranda eines Hotelzimmers in den Pool springt.

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

    Einmal editiert, zuletzt von charles bukowski ()