For Absent Friends...

  • Lieber TM!


    Ich lese Unverständniss und Groll in deinem Beitrag. Warum stört es Dich, wenn die Kollegen Trauer tragen? Hier gibt es einen Ort, wo man kurz innehält und an jemanden denkt, den man schon lange kennt und nun vermisst. Ob man sich dabei selbst Scheiße fühlt, weiß ich nicht. Ich rede nur von Trauer.


    Aber mich würde interessieren, warum Dich das stört? Selber schlechte Erfahrungen gemacht? Gibt es eine Geschichte?


    :huhu:

    I know a farmer who looks after the farm.
    With water clear, he cares for all his harvest.
    I know a fireman who looks after the fire.

    • Offizieller Beitrag

    Ich lese Unverständniss und Groll in deinem Beitrag.

    Unverständnis: ja, Groll: nein. Wieso? Weil es provokant geschrieben ist? Weil ich Stilmittel der Satire wie Ironie und Sarkasmus benutze?:gruebel:

    Warum stört es Dich, wenn die Kollegen Trauer tragen?

    Es ist weniger das Wenn als vielmehr das Wie - der Tod wird in unserer Gesellschaft so gern als furchtbarer Schicksalsschlag überhöht, den es wort- und tränenreich (und möglichst öffentlich) zu beklagen gilt und nicht einfach als normales Ende eines jeden Lebens, das früher oder später sowieso kommt und mit dem daher jederzeit gerechnet werden muss. Hier kommt jedoch noch ein besonderer Aspekt dazu:

    Hier gibt es einen Ort, wo man kurz innehält und an jemanden denkt, den man schon lange kennt und nun vermisst.

    Genau das ist der Punkt: Was wir zu kennen glauben, ist nur die äußere Fassade einer Person des öffentlichen Lebens, die uns letztlich nur eine freundliche und sympathische Projektionsfläche für unsere Wünsche, Vorlieben und Hoffnungen zur Verfügung stellt. Viele Stars geben sich gern selbst besonders "volksnah" und vermitteln so den Eindruck, jedermanns Freund zu sein. Doch das ist ein fundamentaler Irrtum: Freundlichkeit und Sympathie sind nicht zu verwechseln mit Freundschaft und Nähe!


    Zum Teil ist dieser Irrtum durchaus verständlich. Gerade Musik ist in der Lage, starke Emotionen zu erzeugen, das ist ja das Schöne daran. Es kann nur dann ein Problem werden, wenn Fans anfangen zu glauben, dass die Musik nur für sie persönlich komponiert wurde, dass die Texte nur ihre eigene Lebenssituation reflektieren. Dann kann es schnell ziemlich merkwürdig werden. Irgendwann werden dann Ansprüche gestellt - sie sollen sich doch gefälligst wiedervereinigen! Oder das neue Album jetzt aber mal zackig rausbringen. Und 10 Jahre Zeit lassen geht gar nicht! Und es soll gefälligst so klingen wie das alte! Wir Fans haben doch Rechte! - Die extreme Variante dessen nennt man Stalking, ein Problem, das die meisten Personen haben, die in der Öffentlichkeit stehen - sie werden unerbittlich von verwirrten Zeitgenossen verfolgt, die sich ernsthaft einbilden, dass ihre Zuneigung auf Gegenseitigkeit beruhe und die sich nicht einmal unter der Androhung von Strafen vom Gegenteil überzeugen lassen. John Lennon -das sollte man nicht vergessen- wurde von einem seiner Fans ermordet!

    Aber mich würde interessieren, warum Dich das stört? Selber schlechte Erfahrungen gemacht? Gibt es eine Geschichte?

    Auwei, wollen wir jetzt hier in Küchenpsychologie verfallen? Lassen wir das doch lieber. Sagen wir mal, ich fand es geboten, mich von jener Art Fan zu distanzieren, die ihre Idole offenbar mit nahen Angehörigen verwechselt. ;)

  • Ja, ich bin jemand der hier Trauer getragen hat - schon öfter! Warum?
    Natürlich kenne ich einen Chris Squire nicht persönlich, aber er hat mit seinem Dasein mein Leben berührt. Ist denn Musik nicht dafür gedacht? Oder Literatur, oder Kunst? Hat denn nicht jeden Menschen hier im Forum Musik von Genesis und Co. irgendwann einmal zu tiefst berührt? Verbindet nicht jeder irgendeine Situation in seinem Leben mit (dieser)Musik? Ist es dann nicht von Interesse, wer hinter dieser Musik steckt? Wollen wir nicht wissen, was für ein Leben unsere Musiker führen? Hier hat doch schon fast jeder Chapter & Verse gelesen, oder? So bekommt anonyme Musik ein menschliches, intimes Gesicht. Dieses Gesicht kann man dann mit anderen Menschen teilen, es kann sogar ein Club, ein Forum im www entstehen. Ja, da haben wir nun auch noch eine soziale Komponente. Mich bringen diese Punkte dann so weit, hier meine Betroffenheit kund zu tun, wenn ein nicht mehr Anonymus, der meine Leben individuell und sozial bereichert hat, stirbt.
    Natürlich spielt auch noch die Zeit eine ganz wichtige, natürliche Rolle: Chris Squire, bzw. die Musik, für die er steht, kenne, höre ich seit 40 Jahren. Ich dachte, sie ist unsterblich, er ist unsterblich, ich bin unsterblich......aber.....das ist ein Irrtum. Ich werde alt und muss auch irgendwann gehen....schade?


    P. S.: Natürlich ist Chris Squire kein Freund von mir, natürlich kann ich unterscheiden zwischen Freundlichkeit und Freundschaft. Sicher bin ich Realist genug, um keine Heldenverklärung zu begehen. Wir hatten in Deutschland eine grausige Zeit, wo dies Politik war....Natürlich weiß ich um den Einfluss der Medien und dem Spiel öffentlicher Personen mit ihnen und deren klägliches, oder brutales Scheitern....Natürlich trifft mich der Tod Verwandter oder Freunde viel tiefer. Aber: s. o. ;)

  • Ja, ich bin jemand der hier Trauer getragen hat - schon öfter! Warum?
    Natürlich kenne ich einen Chris Squire nicht persönlich, aber er hat mit seinem Dasein mein Leben berührt. Ist denn Musik nicht dafür gedacht? Oder Literatur, oder Kunst? Hat denn nicht jeden Menschen hier im Forum Musik von Genesis und Co. irgendwann einmal zu tiefst berührt? Verbindet nicht jeder irgendeine Situation in seinem Leben mit (dieser)Musik? Ist es dann nicht von Interesse, wer hinter dieser Musik steckt? Wollen wir nicht wissen, was für ein Leben unsere Musiker führen? Hier hat doch schon fast jeder Chapter & Verse gelesen, oder? So bekommt anonyme Musik ein menschliches, intimes Gesicht. Dieses Gesicht kann man dann mit anderen Menschen teilen, es kann sogar ein Club, ein Forum im www entstehen. Ja, da haben wir nun auch noch eine soziale Komponente. Mich bringen diese Punkte dann so weit, hier meine Betroffenheit kund zu tun, wenn ein nicht mehr Anonymus, der meine Leben individuell und sozial bereichert hat, stirbt.
    Natürlich spielt auch noch die Zeit eine ganz wichtige, natürliche Rolle: Chris Squire, bzw. die Musik, für die er steht, kenne, höre ich seit 40 Jahren. Ich dachte, sie ist unsterblich, er ist unsterblich, ich bin unsterblich......aber.....das ist ein Irrtum. Ich werde alt und muss auch irgendwann gehen....schade?


    P. S.: Natürlich ist Chris Squire kein Freund von mir, natürlich kann ich unterscheiden zwischen Freundlichkeit und Freundschaft. Sicher bin ich Realist genug, um keine Heldenverklärung zu begehen. Wir hatten in Deutschland eine grausige Zeit, wo dies Politik war....Natürlich weiß ich um den Einfluss der Medien und dem Spiel öffentlicher Personen mit ihnen und deren klägliches, oder brutales Scheitern....Natürlich trifft mich der Tod Verwandter oder Freunde viel tiefer. Aber: s. o. ;)


    Philosophieren am Strand:cool:. In der Nähe vom Ballermann....mit einigen Drinks....;)?
    Was solls, TM hat eben eine andere Ansicht als wir,ist doch auch in Ordnung. Man muss eben differenzieren. Vor 3 Monaten ist mein Nachbar gestorben, das gehört aber nicht hierher, da den sonst keiner kennt. Ich erwähne das, da TM von weiss-nicht-mehr wievielen Toten auf der Welt pro Tag, oder war es pro Monat gesprochen hat.

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

  • Philosophieren am Strand:cool:. In der Nähe vom Ballermann....mit einigen Drinks....;)?
    Was solls, TM hat eben eine andere Ansicht als wir,ist doch auch in Ordnung. Man muss eben differenzieren. Vor 3 Monaten ist mein Nachbar gestorben, das gehört aber nicht hierher, da den sonst keiner kennt. Ich erwähne das, da TM von weiss-nicht-mehr wievielen Toten auf der Welt pro Tag, oder war es pro Monat gesprochen hat.


    Nix Ballermann - Finca mit Pool:cool:TM hat ja auch Recht, wenn er mahnend an die Auswirkungen des Starkultes erinnert.
    Aber, neulich, bei unserem letzten Telefonat, sagte mir Chris noch, dass er sich auf die nächste Sauftour mit mir durch Berlin, wie im letzten Jahr, freut, aber dann .......Mit Steve war ich auch schon einen trinken, komisch, dass er mich nie erwähnt und der Tony, der hat mir erst vorgestern von seiner neuen Rosenzucht erzählt, ach wie Phil sich über das Album seines Sohnes gefreut hat, nur Peter ist schwer beschäftigt im Studio, hat keine Zeit für seinen besten deutschen Kumpel.....äh.....die Sonne, die Hitze, der Alkohol...wie ist mir....:D

    • Offizieller Beitrag

    Natürlich kenne ich einen Chris Squire nicht persönlich, aber er hat mit seinem Dasein mein Leben berührt.

    Das ist der Irrtum. Nicht sein Dasein, sondern bestenfalls sein Werk hat dich berührt - Verwechslung von Künstler mit seiner Kunst. ;)

    Ist denn Musik nicht dafür gedacht? Oder Literatur, oder Kunst? Hat denn nicht jeden Menschen hier im Forum Musik von Genesis und Co. irgendwann einmal zu tiefst berührt? Verbindet nicht jeder irgendeine Situation in seinem Leben mit (dieser)Musik? [...] Mich bringen diese Punkte dann so weit, hier meine Betroffenheit kund zu tun, wenn ein nicht mehr Anonymus, der meine Leben individuell und sozial bereichert hat, stirbt.

    Danke für diese ehrlichen Kommentare. Es ist offenbar tatsächlich so, wie ich vermutet hatte. Natürlich weckt Musik Emotionen (schrieb ich das nicht oben?), Emotionen verlangen nach Bindung - dass diese jedoch nur höchst einseitig ist, wird nur zu gern vergessen und verdrängt. Diese Art von Star-Fan-Beziehung erinnert mich in dieser Ausprägung an die Frühzeit des Fernsehens, wo es Menschen gab, die sich feine Sachen angezogen haben, bevor sie das Gerät einschalteten, weil sie dachten, der Sprecher könne sie auch sehen.


    Durch die stete Beschäftigung mit "seinem" Star kommt man ihm jedoch nur vermeintlich näher. Man ist verleitet, Gemeinsamkeiten zu sehen, wo immer man sie vermutet. Man kleidet sich wie sein Star, manche verkleiden sich sogar als ihr Star. Ich habe mal eine Frau getroffen, ein Phil Collins-Fan - manch einer mag sie vielleicht kennen - die nicht nur Schlagzeug spielt, sondern ihren Vornamen offiziell in 'Phildas' geändert hat. Solche Leute machen mir wirklich Angst.


    Aber jemanden kennenlernen kann man doch nicht ernsthaft durch Hören seiner Musik oder Lesen seiner Biografie (ich dachte immer, die einzigen, die sowas glauben seien Bravo-Leser) - das geht doch nur in der persönlichen Interaktion, die Aufrichtigkeit, Offenheit und bilaterale Kommunikation voraussetzt.

    Chris Squire, bzw. die Musik, für die er steht, kenne, höre ich seit 40 Jahren. Ich dachte, sie ist unsterblich, er ist unsterblich, ich bin unsterblich......aber.....das ist ein Irrtum. Ich werde alt und muss auch irgendwann gehen....schade?

    Ja, kognitive Dissonanz ist schon was Spezielles, da muss man erstmal hinterkommen: Überall auf der Welt sterben die Menschen um uns herum, aber wir blenden das völlig aus. Die Musik ist unsterblich, der Musiker und wir selbst damit automatisch auch. - Naja, wenn einen dann die Realität eingeholt hat, tröstet vielleicht der Gedanke, dass Musik tatsächlich unsterblich ist, jedenfalls solange es Abspielgeräte und Strom gibt. ;)
    Ich finde, das ist eine ziemlich gute Nachricht!

  • Der Umgang mit Sterben und Tod ist eine der persönlichsten, intimsten Angelegenheiten, die mir einfallen. Da soll jeder gerne seinen ganz individuellen Weg finden, dem auch Ausdruck zu verleihen.
    Ich selbst fühle mich öfter mal betroffen, wenn Personen des öffentlichen Lebens resp. Künstlerpersönlichkeiten sterben. Und je näher ich dem Werk eines Künstlers stehe, desto betroffener reagiere ich wohl. Für mich ist eine künstlerische Äußerung auch ein kommunikativer Akt. Immer wieder habe ich z.B. bei klassischen Musikstücken den Eindruck, da teile sich mir jemand auf geistige Art über die Zeit hinweg mit. Damit entsteht dann auch so etwas wie eine (einseitige) geistige Verbundenheit. Trotzdem gehöre ich nicht zur "R.I.P."-Fraktion, diese Botschaften entsprechen einfach nicht dem, was mir gemäß ist.
    Ich habe das schon öfter geschrieben: Peter Gabriel hat mich durch seine Musik und nicht zuletzt seine menschliche Präsenz und Ausstrahlung auf der Bühne mehrfach sehr beeindruckt und berührt. Er hat mir damit etwas gegeben, ich scheue mich nicht zu sagen: menschliche Hinwendung, ja sogar Hingabe. Dass mir diese menschliche Hingabe nicht "geschenkt", sondern verkauft wurde, dass sie mir ja auch keinesfalls exklusiv zuteil wurde, ist mir natürlich bewusst. Aber sie sorgt mit Sicherheit dafür, dass mir sein Hinscheiden - sollte er vor mir gehen - nicht egal ist, nicht egal sein kann. Ich bin mir sicher, dass ich für diesen Fall auch Trauer empfinden würde. Ganz natürlich.

  • "Is it rolling, Bob?"


    Der legendäre Produzent Bob Johnston (Dylan, Cash, Cohen, Simon&Garfunkel u.a.) ist gestern verstorben.


    August 14 2015: Legendary producer Bob Johnston died yesterday - R.I.P. - All Dylan - Bob Dylan related music


    [Blockierte Grafik: http://alldylan.com/wp-content/uploads/2014/05/bobjohnston_al-clayton.jpeg]


    Bild: Johnston (rechts) mit Dylan und Cash bei den Aufnahmesessions für Dylans "Nashville Skyline"

    "Don't get up gentlemen, I'm only passing through"