Etwas konkreter wäre schön...
Sprache beschreibt die Welt, wie der Sprecher / die Sprecherin sie wahrnimmt oder wahrnehmen oder haben möchte. Wenn ich dich beispielsweise als "Jungchen" ansprechen würde, würde ich damit signalisieren, dass ich dir nicht den Status eines Erwachsenen zugestehe, dass ich dich darüber hinaus nicht einmal als "normalen" Jungen, sondern als einen kleinen Jungen betrachte; das würde überdies eine gewisse Herablassung signalisieren. Die Sprache des Einzelnen beschreibt also seine Sicht der Welt.
Sprache gestaltet aber auch die Sicht auf die Welt. Früher glaubten die Menschen, die Materie bestünde im Grunde aus allerkleinsten Teilchen, die nicht mehr weiter zerteilt werden könnten. Diese Teile nannten sie "un-teilbare", a-tomos. Als man dann erkannte, dass die unteilbaren Dinge doch geteilt werden konnten, brauchte man dafür ein neues Wort und beschrieb den Vorgang dann in einem schönen Oxymoron als Spaltung des Unteilbaren. Das ließ sich vorher nicht ausdrücken - es ließ sich nicht einmal denken: Unteilbares teilen zu wollen ist unsinnig. Und man begann tatsächlich erst, an so etwas zu denken, als klar wurde, dass das Unteilbare mitunter zerfällt, kaputtgeht, also wohl doch teilbar war.
Diese beiden Prozesse, die ich hier mit Sicherheit auf sträfliche Weise verkürzt und vereinfacht dargestellt habe, beeinflussen einander: "Lehrer" sind Menschen, die lehren. Das Suffix -er bezeichnet "Personen, die etwas tun". Das Suffix -er bezeichnet aber auch das Maskulinum. Das Wort "Lehrer" bezeichnet also eine männliche Person, die lehrt. Warum? Weil in der Zeit, in der sich die Tätigkeit des Lehrers herausbildete, die lehrenden Personen männlich waren. Die Sprache beschreibt also den damaligen Befund: Lehrende Personen sind Lehrer; ein feminines oder geschlechtsneutrales Wort gab es nicht, weil es keine weiblichen Lehrpersonen gab. Damit gestaltet sich aber auch durch die Sprache die Sicht auf die Welt: Lehrer sind männlich, Punkt. Frauen haben in dem Beruf nichts zu suchen. Sonst gäbe es ja eine weibliche Form des Wortes.
Das Ganze ist natürlich nicht in Stein gemeißelt: Sprache entwickelt sich weiter, die Sicht auf die Welt entwickelt sich weiter - aber häufig auch erst in aktiver "Auflehnung" gegen das Weltbild, das die Sprache vermittelt.
Soweit in aller Knappheit und Unschärfe dieses Thema. Du wirst vermutlich den einen oder anderen Punkt darin angreifen, mutzel, darum noch einmal der Hinweis: Das ist der Versuch, dir in sehr groben Zügen zu skizzieren, auf welche Weise die Sprachgeschichte in diese Diskussion hereinspielt. Es sind keine besonders geeigneten Beispiele, sondern die ersten, die mir in den Sinn gekommen sind. Fasse sie als Exkurs auf, nicht als Diskussionsbeitrag. Ich werde dazu nichts weiter sagen, denn um dir ein sprachwissenschaftliches und sprachhistorisches Seminar mit besonderer Berücksichtigung der Geschlechter- und Genderthematik zu halten, fehlt mir die Zeit; das musst du bitte gegebenenfalls dann im Selbststudium betreiben.