PHIL COLLINS: Autobiografie "Not Dead Yet" erscheint am 20.10.2016

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    Dann wäre die Biographie, was Heuchlerei betrifft, nur schwer zu toppen.


    Jeder Autor einer Autobiographie stellt sich in ein vorteilhaftes Licht, denn der Autor stellt sein eigenes Leben vor, wie er es subjektiv erlebt hat. Wer in einer Autobiographie eine aufrichtige, ungeschönte, streng tatsachenorientierte, abgewogene, allen Beteiligten gerecht werdende Darstellung erwartet, hat das Grundgesetz dieser Textgattung schlicht und ergreifend nicht verstanden.


    Für genau diese Leute hat Collins dem Ganzen ein paar Worte vorangestellt, die ich hier mal in eigener Übersetzung widergebe:
    "Was ihr hier gerade lest, ist mein Leben, mit meinen Augen gesehen. Es passt vielleicht nicht zu den Erinnerungen, die andere Beteiligte haben, aber es ist hier genau so beschrieben, wie ich mich daran erinnere. Ich war immer schon überzeugt, dass wir alle unsere "Abblendmomente" haben, in denen sich jeder anders an ein und dieselbe Szene erinnert - oder überhaupt nicht mehr. Manchmal prägt eine solche Erinnerung das Leben eines Menschen, obwohl sich andere, die dabei waren, überhaupt nicht mehr daran erinnern."

  • Hauptsache, Alessio geht es gut, denn er ist jetzt das Wichtigste!
    Ach nee, das war ja Familie Lombardi. :rolleyes:


    Ansonsten gilt:


    "When couples break up, it's always the other persons fault... it's only after time has passed by and the dust has settled, and you got a little bit older, and you got a little bit wiser, that you can actually realize - it DID take two people to fuck up!!!"


    (Phil Collins, 13.12.1997, London, Ansage zu "Do You Remember?")

    31.10.1997 PHIL COLLINS (Hannover)
    11.06.2004 PHIL COLLINS (Berlin)
    15.06.2007 GENESIS (Hamburg)
    15.06.2012 ROACHFORD (Kiel)
    24.06.2012 MIKE & THE MECHANICS (Kiel)
    18.05.2014 STEVE HACKETT (Hamburg)

  • Wer in einer Autobiographie eine aufrichtige, ungeschönte, streng tatsachenorientierte, abgewogene, allen Beteiligten gerecht werdende Darstellung erwartet, hat das Grundgesetz dieser Textgattung schlicht und ergreifend nicht verstanden.

    Unabhängig von Wesensmerkmalen gewisser Literaturgattungen kann es doch auch sehr wohl sein, dass einfach sowohl Phil als auch seine Ex-Frau bequem im postfaktischen Zeitalter angekommen sind. Dabei ist keine Gelegenheit zu früh, um zu erkennen, dass einfach nichts wahr ist und deshalb alles erlaubt sein muss. Auch in Rockstar-Biographien. :rolleyes:

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    Wer in einer Autobiographie eine aufrichtige, ungeschönte, streng tatsachenorientierte, abgewogene, allen Beteiligten gerecht werdende Darstellung erwartet, hat das Grundgesetz dieser Textgattung schlicht und ergreifend nicht verstanden


    Naja aber es macht auch in einer Autobiographie einen Unterschied, ob man einige für einen weniger schöne etwas aufhübscht bzw. sie - weil für einen persönlich wenig relevant - einfach weglässt oder vergißt oder ob man sich im Gegensatz dazu quasi als Heiliger hinstellt und die Schuld einzig jemand anderem zuschiebt.


    Nehmen wir mal an, seine Ex-Frau hätte hier recht, dass Mr. Collins im Vorfeld der Trennung seinen Hosenschlitz nicht immer habe geschlossen halten können, so macht es einen Unterschied ob er in seiner Autobiographie kurz anreißt, dass er durch einige Groupies aus heutiger Sicht damals seinen Teil zu beigetragen hat, was ihm damals so gar nicht als relevant vorkam (jugendlche Fehler); oder ob er sich an diesen Stellen selbst aus heutiger Sicht als Heiliger hinstellt (vereinfacht: "mir war Familie immer das wichtigste, bis meine Frau mich mit dem Maler betrog..."). Bei ersterer Darstellung wäre dem heutigen Collins kein Zacken aus der Krone gefallen, das andere wäre (unter dem Vorbehalt, dass seine Ex recht hat) doch ziemlich übel geheuchelt.
    Was dann umso unverständlicher ist, gibt er doch recht freimütig später im Buch zu, seine Dann-Frau Jill mit seiner Jugendliebe wider besseren Wissens betrogen zu haben und später dann nochmals mit Orianne. Interessantes Detail übrigens, dass zumindest das Buch sich so liest, als wäre mit diesem "ersten" Fremdgehen sein Leben im Anschluss bis nahezu heute aus den Fugen geraten:
    Tolle Karriere und Familie mit frischer Tochter -> 1. Fremdgehen -> Stress mit Jill -> Both Sides (Karriereknick 1, verkauft sich nicht toll) -> 2. Fremdgehen mit Orianne -> Scheidung -> öffentliche Hinrichtung, seitdem zeigt die Karrierekurve immer weiter nach unten, jedes Album verkauft sich immer schlechter -> Orianne verlässt ihn -> Abrutsch in die Alkoholabhängigkeit


    Was ich unabhängig von dem Wahrheitsgehalt über die Umstände seiner ersten Scheidung aber wirklich völlig schlechten Stil finde, ist die Schilderung der Ursache seines offiziell 1. Fremdgehen während der WCD-Genesis-Tour. Nicht er sei wirklich Schuld dran sondern - Achtung! - seine Ex-Frau Andrea, die ihm die Telefonnummer seiner Jugendliebe mit Hinweis, sie sei vor Ort, unter die Nase gehalten habe, wohlwissend, dass er bei diesem Angebot und dieser Jugendliebe unaufhaltlich schwach werden würde.
    Mein Gott muss er seine 1. Ex-Frau hassen, ihr sogar Hinterlist und die Schuld an seinem Fremdgehen und damit dem Scheitern seiner 2. Ehe unterzuschieben. Ganz schlechter Stil.

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    Naja aber es macht auch in einer Autobiographie einen Unterschied, ob man einige für einen weniger schöne etwas aufhübscht bzw. sie - weil für einen persönlich wenig relevant - einfach weglässt oder vergißt oder ob man sich im Gegensatz dazu quasi als Heiliger hinstellt und die Schuld einzig jemand anderem zuschiebt.


    Ehrlichkeit ist etwas, das ich in einer Autobiographie nicht erwarte:
    Wenn Phil das so sieht, dann sieht er das so.
    Wenn die Frauen in seinem Leben das anders sehen, dann sehen sie das so.
    Wenn du dazu deine Meinung hast, dann ist das auch so.
    Wie verschiedene Leute dasselbe Ereignis wahrnehmen, muss sich zwingend zusammenpassen und tut es auch in aller Regel nicht. Bei der Aufnahme von Zeugenaussagen zu einem Unfallhergang kommt das schon vor, um wieviel verstärkt sich der Effekt, wenn man 30 Jahre mit den bitteren Gefühlen lebt!


    Zitat

    Bei ersterer Darstellung wäre dem heutigen Collins kein Zacken aus der Krone gefallen, das andere wäre (unter dem Vorbehalt, dass seine Ex recht hat) doch ziemlich übel geheuchelt.
    Was dann umso unverständlicher ist, gibt er doch recht freimütig später im Buch zu, seine Dann-Frau Jill mit seiner Jugendliebe wider besseren Wissens betrogen zu haben

    Eigentlich nur "unverständlich", wenn man in dem Buch umfassende Aufrichtigkeit erwartet.

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    Eigentlich nur "unverständlich", wenn man in dem Buch umfassende Aufrichtigkeit erwartet.


    Wie auch immer man die Wichtigkeit des Wahrheitsgehaltes in einer Autobiographie bewerten mag:
    Sollte er an dieser entscheidenden Stelle nicht aufrichtig sein (und man kann mir nicht erzählen, dass man bei sowas emotional intensivem wie einer Scheidung "vergessen" hat, dass die eigenen Bettgeschichten im Vorfeld mit dazu geführt haben), dann wirft das nun einmal ganz objektiv - genauso wie die ziemlich deutliche Schuldzuweisung bei seiner 2. Trennung - einfach kein gutes Licht auf good old Phil.

  • Hat sich denn noch keine Ex-Affäre gemeldet, weil sie frecherweise von Phil in seiner Autobiographie ignoriert wurde? Für eine der Affären müsste doch locker gerichtlich eine Miturheberschaft an In The Air Tonight zu erstreiten sein.


    Vielleicht gab es auch gar keine Affären, weil Phil so viel gearbeitet hat. Und wenn doch, interessiert mich das am allerwenigsten in seiner Biographie. Ebensowenig erwarte ich eine Auflistung sämtlicher Alkoholika, mit denen er die Nacht (und den Tag) verbracht hat. Das gilt auch für die Tourdaten, die nicht korrekt sein müssen. Gefühlt korrekt reicht hier.


    Denn: Das Buch wurde auch nicht als umfassende Enzyklopädie in 10 Bänden mit vollständiger Sammlung aller Tourdaten, Affären und Besäufnisse beworben. Zum Glück. Es ist also ganz offenkundig sehr subjektiv und das soll es auch sein. Je kürzer der Text, desto mehr muss weggelassen werden. Das sollte jedem klar sein. Und Weglassen darf Phil nach Belieben, denn er steht auch nicht als Zeuge oder Angeklagter vor Gericht.


    Da es eine Autobiographie ist, entscheidet allein der Autor über Wichtig und Unwichtig. Wichtig ist also jede Ex-Frau. Unwichtig ist quasi jede Affäre. Alles andere müsste in BUNTE stehen... :huhu:

  • Zitat

    Ebensowenig erwarte ich eine Auflistung sämtlicher Alkoholika, mit denen er die Nacht (und den Tag) verbracht hat.


    Der arme Regenwald ...


    Prinzipiell sehe ich es jedoch ähnlich, wenngleich ich mich natürlich generell immer wieder darüber wundere, was die Leute am Privatleben von Personen, die sie nicht persönlich kennen, so interessiert. Da lob ich mir doch eher Bücher wie "Ein überdimensionales Meerschwein frisst die Erde auf", welches zwar auch einiges an Details abseits der Konzerte zu bieten hat, aber nie wirklich eingehend das Privatleben der Bandmitglieder beleuchtet.


    Andererseits sind Collins gescheiterte Beziehungen nun mal auch das Fundament seiner Karriere und so "muss" man sich wohl auch über sein Privatleben informieren, wenn man über seine Karriere lesen will.


    Ich frage mich nur manchmal, wie Collins Laufbahn wohl ausgesehen hätte, wenn es Facebook schon 1980 gegeben hätte ...

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

    Einmal editiert, zuletzt von Herma ()

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    Ich frage mich nur manchmal, wie Collins Laufbahn wohl ausgesehen hätte, wenn es Facebook schon 1980 gegeben hätte ...


    Dann hätte er großartige Hits geschrieben wie On Facebook Tonight (mit einem großartigen Schlagzeugeinsatz), You Can't Hurry Your Modem, Don't Let Him Steal Your Profile Away und Do You Know, Do You Like?

  • Hätte er überhaupt solche Lieder schreiben müssen (und seit wann ist don't let him ... ach egal) oder wäre er nicht schon aufgrund dessen, dass er vermutlich alles unreflektiert in seine Facebookchronik geschrieben hätte, ein (Internet)Star geworden?

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.